Wir Genussarbeiter (ePub)
Über Freiheit und Zwang in der Leistungsgesellschaft
Über die Tyrannei der Selbstoptimierung
Für uns Menschen von heute ist Arbeit nicht mehr nur Mühsal. Wir tun unsere Arbeit gern, verstehen uns gar als Genussarbeiter. Das Geniessen im engeren Sinn hingegen, der Müssiggang, gelingt uns immer seltener und...
Für uns Menschen von heute ist Arbeit nicht mehr nur Mühsal. Wir tun unsere Arbeit gern, verstehen uns gar als Genussarbeiter. Das Geniessen im engeren Sinn hingegen, der Müssiggang, gelingt uns immer seltener und...
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Produktinformationen zu „Wir Genussarbeiter (ePub)“
Über die Tyrannei der Selbstoptimierung
Für uns Menschen von heute ist Arbeit nicht mehr nur Mühsal. Wir tun unsere Arbeit gern, verstehen uns gar als Genussarbeiter. Das Geniessen im engeren Sinn hingegen, der Müssiggang, gelingt uns immer seltener und wird regelrecht zur Anstrengung. Warum aber sind wir als moderne Leistungsträger hyperaktiv bis zum Burnout und halten das Nichtstun kaum mehr aus? Geniessen nur, wenn wir arbeiten, oder höchstens noch beim Sport? Die Philosophin Svenja Flasspöhler geht den kulturellen und psychischen Ursachen von Arbeitssucht, Körperkult und Versagensangst auf den Grund und fragt nach dem prekären Verhältnis von Freiheit und Zwang in der heutigen Gesellschaft. Ihre eindringliche Analyse zeigt: Nur wenn wir inmitten des Optimierungswahns nicht ausschliesslich tun, sondern auch lassen, sind wir imstande, wirklich zu geniessen.
Für uns Menschen von heute ist Arbeit nicht mehr nur Mühsal. Wir tun unsere Arbeit gern, verstehen uns gar als Genussarbeiter. Das Geniessen im engeren Sinn hingegen, der Müssiggang, gelingt uns immer seltener und wird regelrecht zur Anstrengung. Warum aber sind wir als moderne Leistungsträger hyperaktiv bis zum Burnout und halten das Nichtstun kaum mehr aus? Geniessen nur, wenn wir arbeiten, oder höchstens noch beim Sport? Die Philosophin Svenja Flasspöhler geht den kulturellen und psychischen Ursachen von Arbeitssucht, Körperkult und Versagensangst auf den Grund und fragt nach dem prekären Verhältnis von Freiheit und Zwang in der heutigen Gesellschaft. Ihre eindringliche Analyse zeigt: Nur wenn wir inmitten des Optimierungswahns nicht ausschliesslich tun, sondern auch lassen, sind wir imstande, wirklich zu geniessen.
Autoren-Porträt von Svenja Flasspöhler
Svenja Flasspöhler ist promovierte Philosophin und Chefredakteurin des »Philosophie Magazin«. Seit 2013 ist sie Mitglied der Programmleitung des Philosophiefestivals phil.COLOGNE und seit 2017 Jurorin des »Bayerischen Buchpreises«. Ihr Buch »Mein Wille geschehe. Sterben in Zeiten der Freitodhilfe« (2007) wurde mit dem Arthur-Koestler-Preis ausgezeichnet, ihre Streitschrift »Die potente Frau« wurde ein Bestseller. Svenja Flasspöhler lebt mit ihrem Mann und den beiden gemeinsamen Kindern in Berlin.
Bibliographische Angaben
- Autor: Svenja Flasspöhler
- 2011, 208 Seiten, Deutsch
- Verlag: Penguin Random House
- ISBN-10: 3641061792
- ISBN-13: 9783641061791
- Erscheinungsdatum: 05.09.2011
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eBook Informationen
- Dateiformat: ePub
- Grösse: 0.56 MB
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Pressezitat
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.02.2012, Nr. 49 / Seite 26Was die Philosophin und stellvertretende Chefredakteurin des Magazins "Philosophie" Svenja Flasspöhler in Buchform vorlegt, ist Etikettenschwindel, Sympton einer Krise. Denn von Anfang bis Ende wird hier wieder nur über die schrecklichen Auswirkungen der Arbeit geklagt, unkritisch nachgebetet, dass "wir in einem Burn-out-Zeitalter leben" und was als Ergebnis herauskommt ist, dass man auch mal etwas sein lassen soll. Mit ein bisschen Freud, Marx und einer Dosis Hirnforschung gibt jemand vor, die Welt zu erklären durch eine Hinter-Welt, die nur dem Eingeweihten zugänglich ist. Der gravitätische Ton und die Humorlosigkeit, mit denen das vorgetragen wird, verfehlen nicht ihre Wirkung.
Da wird begierig aufgesogen, dass Triebverzicht nach Freud darauf zurückzuführen sei, dass unsere männlichen Vorfahren in einer Art homosexuellen Aktes das phallisch aufragende Feuer auspinkelten. Dass solche unfreiwillig komischen Deutungen heute wissenschaftlich, vorsichtig gesagt, als überholt gelten, hindert die Autorin nicht daran, sich vor lauter Begeisterung diese Pinkelgeschichte am liebsten über den Schreibtisch zu hängen. Und so geht es weiter, wenn Bettnässen nichts anderes als das Selbstherstellen mangelnder Mutterwärme sein soll und bei einer Frau "die öffentliche Zurschaustellung ihrer geistigen Fähigkeiten (. . .) bedeutete, dass sie sich selbst als im Besitz des Penis ihres Vaters zur Schau stellte". Da wird umstandslos eine frauenfeindliche Ikonographie des neunzehnten Jahrhunderts in eine Zeitdiagnose des einundzwanzigsten Jahrhunderts umgetitelt.
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Richtig lustig wird es, wenn angeblich das Über-Ich zum Geniessen zwingt und die Arbeitsleidenschaft nur durch Triebverzicht zu erklären sein soll. Wie ist dann das Phänomen Dominique Strauss-Kahn zu erklären, dessen Arbeitsleidenschaft keinesfalls mit Triebverzicht einherging? Doch solche mystisch klingenden psychoanalytischen Deutungen beschwichtigen offenbar die allgemeine Ratlosigkeit. Wie verzweifelt muss diese Ratlosigkeit sein, wenn man sich dazu hinreissen lässt, zu behaupten, "dass die Studierzelle nicht asketischer ist als ein Schlafzimmer. Oder ein Bordell. Denn all diese Orte haben gemeinsam, dass es in ihnen um die Produktion von Lust geht: Hier sollen Körpersäfte fliessen, dort Gedanken hervorsprudeln."
Sehr beliebt ist heute die Laienpsychologie, mit der man scheinbar alles erklären und vor allem Betroffenheit erzeugen kann. Nur leider stimmt dann meistens das meiste nicht. Dass "Aktivismus häufig nichts anderes als ein verzweifelter Kampf gegen die Depression" ist, klingt gut, kann in Wirklichkeit aber nur jemand behaupten, der noch nie eine schwere Depression erlebt hat. Mit den Begriffen "Arbeitssucht" und "Sportsucht" wird dann versucht, möglichst breite Bevölkerungskreise den psychisch Kranken zuzurechnen, und wenn es dramatisch heisst, neun Prozent der Deutschen seien "kaufsüchtig", dann wäre das Weihnachtsgeschäft ein einziger Horrortrip und man könnte weite Teile Deutschlands zu psychiatrischen Freilandversuchen erklären. In Wirklichkeit würden solche Zahlen natürlich die völlige Auflösung des Suchtbegriffs bedeuten.
Auch ansonsten ist psychiatrisch-psychotherapeutisch fast alles falsch, klingt aber trotzdem wegen des Klagehabitus gut: Natürlich ist Burn-out kein Euphemismus für Depression, natürlich gibt es keine "neurotische Selbstoptimierung", und es ist schlicht Volksverdummung, zu behaupten, dass "gerade Psychopharmaka enorme Nebenwirkungen" hätten und "Stimmungsaufheller" schnell gegen ein bedrückendes Gefühl auf der Brust wirkten. Man mag es einer jungen Philosophin durchgehen lassen: "Schmerz gibt Anlass zum Denken, wer ihn eindämmt, um möglichst schnell wieder arbeiten zu können, beugt sich dem Leistungsdiktat." Wer sich auch nur ein wenig mit wirklichen Schmerzen und moderner Schmerztherapie auskennt, kann bei solchen wirklichkeitsfremden Spekulationen aber nur den Kopf schütteln. Was man einer Philosophin allerdings nicht durchgehen lassen darf, ist, dass sie behauptet, dass Kant irre, bloss weil sie Kants transzendentalen philosophischen Pflichtbegriff in der Eile mit dem psychologischen Pflichtgefühl verwechselt. Und dann ist da noch dieses nervige inklusive "Wir", das schon im Titel prangt und das ganze Buch durchzieht.
Allerdings mit unfreiwillig komischen Effekten. So raunt es masochistisch: "Es scheint, als sehnten wir uns heute regelrecht nach dem Schmerz", und andererseits flötet es kapriziös: "Wer kennt sie nicht, die aufflammende Lust inmitten von Bibliotheksregalen?" "Wir", das scheint freilich bloss der engere Freundeskreis der Autorin zu sein. Auf diese jedenfalls Besserverdienenden wird dann aber, weil es an neuen Einsichten mangelt, ebenso umstandslos das alte marxistische Konstrukt der entfremdeten Arbeit angewandt, bei der man getrieben wird, auch abends und am Wochenende zu arbeiten, da man sonst nicht mehr im Sattel sitzt. Leute, bei denen der böse krakenhafte ausbeuterische Arbeitgeber in einer abgefeimten "Konkurrenzgesellschaft" profitgierig auch noch die Freizeit auffrisst, stehen andererseits aber nicht lustvoll in Bibliotheken, so dass die Klage spektakulär ins Leere läuft.
Svenja Flasspöhlers Kenntnis des Christentums ist erschreckend mager. Da wird dann aus dem - falschen - antikatholischen Klischee der "Werkgerechtigkeit" und dem - falschen - antiprotestantischen Klischee der Weltverachtung am Schreibtisch eine neue Sekte zusammengezimmert und umstandslos "Christentum" genannt. Leider ist auch unbekannt, dass die strenge Trennung von geistiger und körperlicher Liebe keineswegs die Auffassung des Christentums war, sondern der Irrtum seiner Häresien seit den Montanisten, den Enkratiten und den Manichäern. Luther und natürlich auch barocke Katholiken waren höchst genussfähig und die Gnade Gottes entlastete Christen vom Zwang, alles selbst machen zu müssen, wie noch der kluge Agnostiker Max Weber sehr gut wusste. Unvermeidlich dann die Klage über den Niedergang sexueller Lust, die es schon bei Freud gibt und die bei der Autorin darin gipfelt, Sexualität schon als "ehemaliges Glücksversprechen" in Rente zu schicken.
Das Buch ist eine Mischung von unverdautem Marxismus, dessen praktisches Scheitern an der Bibliothek der Autorin offensichtlich komplett vorbeigegangen ist, von unfreiwillig komischen Psychoanalyse-Highligths ohne ernsthaften Erkenntnisgewinn, von allgemeiner Zeitgeistklage, wie man sie sonst eher von Konservativen hört, und das alles aus einem Milieu der Besserverdienenden heraus, für die die Probleme der breiten Masse des Volkes offenbar "Peanuts" sind und die Billigwaren natürlich nur kaufen, weil die Jagd darauf so Spass macht, und nicht, weil sie sonst nicht über die Runden kommen. Es war immer schon richtig, dass man "zu viel des Guten" auch bei der Arbeit tun kann.
MANFRED LÜTZ
Svenja Flasspöhler: "Wir Genussarbeiter". Über Freiheit und Zwang in der Leistungsgesellschaft.
Deutsche Verlagsanstalt, München 2011. 208 S., geb. 17,99 [Euro].
Richtig lustig wird es, wenn angeblich das Über-Ich zum Geniessen zwingt und die Arbeitsleidenschaft nur durch Triebverzicht zu erklären sein soll. Wie ist dann das Phänomen Dominique Strauss-Kahn zu erklären, dessen Arbeitsleidenschaft keinesfalls mit Triebverzicht einherging? Doch solche mystisch klingenden psychoanalytischen Deutungen beschwichtigen offenbar die allgemeine Ratlosigkeit. Wie verzweifelt muss diese Ratlosigkeit sein, wenn man sich dazu hinreissen lässt, zu behaupten, "dass die Studierzelle nicht asketischer ist als ein Schlafzimmer. Oder ein Bordell. Denn all diese Orte haben gemeinsam, dass es in ihnen um die Produktion von Lust geht: Hier sollen Körpersäfte fliessen, dort Gedanken hervorsprudeln."
Sehr beliebt ist heute die Laienpsychologie, mit der man scheinbar alles erklären und vor allem Betroffenheit erzeugen kann. Nur leider stimmt dann meistens das meiste nicht. Dass "Aktivismus häufig nichts anderes als ein verzweifelter Kampf gegen die Depression" ist, klingt gut, kann in Wirklichkeit aber nur jemand behaupten, der noch nie eine schwere Depression erlebt hat. Mit den Begriffen "Arbeitssucht" und "Sportsucht" wird dann versucht, möglichst breite Bevölkerungskreise den psychisch Kranken zuzurechnen, und wenn es dramatisch heisst, neun Prozent der Deutschen seien "kaufsüchtig", dann wäre das Weihnachtsgeschäft ein einziger Horrortrip und man könnte weite Teile Deutschlands zu psychiatrischen Freilandversuchen erklären. In Wirklichkeit würden solche Zahlen natürlich die völlige Auflösung des Suchtbegriffs bedeuten.
Auch ansonsten ist psychiatrisch-psychotherapeutisch fast alles falsch, klingt aber trotzdem wegen des Klagehabitus gut: Natürlich ist Burn-out kein Euphemismus für Depression, natürlich gibt es keine "neurotische Selbstoptimierung", und es ist schlicht Volksverdummung, zu behaupten, dass "gerade Psychopharmaka enorme Nebenwirkungen" hätten und "Stimmungsaufheller" schnell gegen ein bedrückendes Gefühl auf der Brust wirkten. Man mag es einer jungen Philosophin durchgehen lassen: "Schmerz gibt Anlass zum Denken, wer ihn eindämmt, um möglichst schnell wieder arbeiten zu können, beugt sich dem Leistungsdiktat." Wer sich auch nur ein wenig mit wirklichen Schmerzen und moderner Schmerztherapie auskennt, kann bei solchen wirklichkeitsfremden Spekulationen aber nur den Kopf schütteln. Was man einer Philosophin allerdings nicht durchgehen lassen darf, ist, dass sie behauptet, dass Kant irre, bloss weil sie Kants transzendentalen philosophischen Pflichtbegriff in der Eile mit dem psychologischen Pflichtgefühl verwechselt. Und dann ist da noch dieses nervige inklusive "Wir", das schon im Titel prangt und das ganze Buch durchzieht.
Allerdings mit unfreiwillig komischen Effekten. So raunt es masochistisch: "Es scheint, als sehnten wir uns heute regelrecht nach dem Schmerz", und andererseits flötet es kapriziös: "Wer kennt sie nicht, die aufflammende Lust inmitten von Bibliotheksregalen?" "Wir", das scheint freilich bloss der engere Freundeskreis der Autorin zu sein. Auf diese jedenfalls Besserverdienenden wird dann aber, weil es an neuen Einsichten mangelt, ebenso umstandslos das alte marxistische Konstrukt der entfremdeten Arbeit angewandt, bei der man getrieben wird, auch abends und am Wochenende zu arbeiten, da man sonst nicht mehr im Sattel sitzt. Leute, bei denen der böse krakenhafte ausbeuterische Arbeitgeber in einer abgefeimten "Konkurrenzgesellschaft" profitgierig auch noch die Freizeit auffrisst, stehen andererseits aber nicht lustvoll in Bibliotheken, so dass die Klage spektakulär ins Leere läuft.
Svenja Flasspöhlers Kenntnis des Christentums ist erschreckend mager. Da wird dann aus dem - falschen - antikatholischen Klischee der "Werkgerechtigkeit" und dem - falschen - antiprotestantischen Klischee der Weltverachtung am Schreibtisch eine neue Sekte zusammengezimmert und umstandslos "Christentum" genannt. Leider ist auch unbekannt, dass die strenge Trennung von geistiger und körperlicher Liebe keineswegs die Auffassung des Christentums war, sondern der Irrtum seiner Häresien seit den Montanisten, den Enkratiten und den Manichäern. Luther und natürlich auch barocke Katholiken waren höchst genussfähig und die Gnade Gottes entlastete Christen vom Zwang, alles selbst machen zu müssen, wie noch der kluge Agnostiker Max Weber sehr gut wusste. Unvermeidlich dann die Klage über den Niedergang sexueller Lust, die es schon bei Freud gibt und die bei der Autorin darin gipfelt, Sexualität schon als "ehemaliges Glücksversprechen" in Rente zu schicken.
Das Buch ist eine Mischung von unverdautem Marxismus, dessen praktisches Scheitern an der Bibliothek der Autorin offensichtlich komplett vorbeigegangen ist, von unfreiwillig komischen Psychoanalyse-Highligths ohne ernsthaften Erkenntnisgewinn, von allgemeiner Zeitgeistklage, wie man sie sonst eher von Konservativen hört, und das alles aus einem Milieu der Besserverdienenden heraus, für die die Probleme der breiten Masse des Volkes offenbar "Peanuts" sind und die Billigwaren natürlich nur kaufen, weil die Jagd darauf so Spass macht, und nicht, weil sie sonst nicht über die Runden kommen. Es war immer schon richtig, dass man "zu viel des Guten" auch bei der Arbeit tun kann.
MANFRED LÜTZ
Svenja Flasspöhler: "Wir Genussarbeiter". Über Freiheit und Zwang in der Leistungsgesellschaft.
Deutsche Verlagsanstalt, München 2011. 208 S., geb. 17,99 [Euro].
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