Kritische Erwachsenenbildung (PDF)
Analysen und Anstösse
Mit dieser Aufsatzsammlung werden aktuelle Themengebiete der erwachsenenpädagogischen Theoriedebatte aufgegriffen und kritisch diskutiert. Wichtige Orientierungspunkte sind vor allem eine Kritische (Bildungs-) Theorie und die Machtanalytik Foucaults....
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Produktinformationen zu „Kritische Erwachsenenbildung (PDF)“
Mit dieser Aufsatzsammlung werden aktuelle Themengebiete der erwachsenenpädagogischen Theoriedebatte aufgegriffen und kritisch diskutiert. Wichtige Orientierungspunkte sind vor allem eine Kritische (Bildungs-) Theorie und die Machtanalytik Foucaults. Angesichts der gesellschaftlichen Krisendynamik, in die sich die gegenwärtige Erwachsenenbildung verstrickt findet, gewinnen kritische Perspektiven zunehmend an Relevanz.
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8. Kontrolliert autonom: ein Lagebericht (S. 119-120)8.1 Freiheits-Rhetorik: Entfesselung, Entgrenzung, Deregulierung
In feucht-fröhlichen Nächten sangen frühere Studentengenerationen manchmal das Lied: ‚Wir verkaufen unsrer Oma ihr klein Häuschen...‘. Damals war von neoliberalen Globalisierungsschüben noch nicht die Rede. Heute allerdings stehen ganz andere Dinge zum Verkauf an: Weiterbildungseinrichtungen, Schulen, Universitäten, sogar ganze Bildungssysteme. Wer es nicht glauben will, klinke sich unter dem Stichwort ,GATS‘ ins Netz ein.
Die Verhandlungen über das ,General Agreement on Trade in Services‘ zielen auf eine weltweite Vermarktung (nicht nur von Post, Strom, Wasser oder Gas, sondern auch) von Wissenschaft, Forschung und Bildung. Das Ganze geschieht ohne nennenswerte öffentliche Auseinandersetzung, ohne Transparenz – aber mit massiven Konsequenzen für die betroffenen Einrichtungen und Menschen. Die nationalen, ,hoheitsstaatlich‘ regulierten Sektoren sollen für international operierende, private Konzerne geöffnet werden. Und nicht nur dies: Sobald einmal die neuen Märkte etabliert sind, sollen sich die öffentliche Hand bzw. Institutionen des Gemeininteresses tunlichst zurückhalten.
Ihr Engagement wäre wettbewerbsverzerrend, führte zu ,ungerechtfertigten‘ Marktvorteilen – kurz: es wäre nicht fair. Mit der Forderung, dass Bildung und Wissenschaft fortan als Waren von Privatanbietern für Privatkunden gehandelt werden, verbinden sich zweifellos Profitinteressen. Alles in dieser Welt hat seinen Preis – also auch die Bildung. Wo liegt das Problem? Das Problem liegt in den Risiken und Nebenwirkungen, die sich mit der Verheißung individualisierter, vielgestaltiger, dynamischer Bildungsmärkte verbinden. Denn die angebliche Befreiung aus staatlicher Gängelung
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und Bevormundung bedeutet zugleich, Bildungs- und Forschungsprozesse in wachsendem Maß den Interessen kapitalkräftiger Dritter auszuliefern.
Der ungenierte Ruf nach Bildungs-Eliten und Elite-Bildung zieht letztendlich eine fortschreitende Segregation der Bildungslandschaft nach sich. An ihr geht die Freiheits- Rhetorik, mit der uns jede neue Deregulierungsmaßnahme schmackhaft gemacht werden soll, zu Protest. Das neoliberale Pathos der Freiheit unterstellt, alle wüssten, was damit gemeint ist. Mehr noch: wie selbstverständlich wird behauptet, dass ,wo Freiheit drauf steht, auch Freiheit drin ist‘.
Das aber lässt sich mit guten Gründen bezweifeln. Denn wer in die aktuellen Reformmaßnahmen einwilligt, unterwirft sich zugleich einem ganzen Netz neuartiger Kontrollprozeduren. Sie tragen dazu bei, dass die globalen ‚Reformstrategien‘ (mit Hilfe eines immer umfangreicheren Arsenals von ,Reforminstrumenten‘) sich rücksichtsloser denn je bis in die kleinste pädagogische Alltagsszene durchsetzen können. Auf diese Weise verlängert die heraufziehende ,Kontrollgesellschaft‘ ihre Effekte bis in den letzten Winkel des Bildungssystems.
Der ungenierte Ruf nach Bildungs-Eliten und Elite-Bildung zieht letztendlich eine fortschreitende Segregation der Bildungslandschaft nach sich. An ihr geht die Freiheits- Rhetorik, mit der uns jede neue Deregulierungsmaßnahme schmackhaft gemacht werden soll, zu Protest. Das neoliberale Pathos der Freiheit unterstellt, alle wüssten, was damit gemeint ist. Mehr noch: wie selbstverständlich wird behauptet, dass ,wo Freiheit drauf steht, auch Freiheit drin ist‘.
Das aber lässt sich mit guten Gründen bezweifeln. Denn wer in die aktuellen Reformmaßnahmen einwilligt, unterwirft sich zugleich einem ganzen Netz neuartiger Kontrollprozeduren. Sie tragen dazu bei, dass die globalen ‚Reformstrategien‘ (mit Hilfe eines immer umfangreicheren Arsenals von ,Reforminstrumenten‘) sich rücksichtsloser denn je bis in die kleinste pädagogische Alltagsszene durchsetzen können. Auf diese Weise verlängert die heraufziehende ,Kontrollgesellschaft‘ ihre Effekte bis in den letzten Winkel des Bildungssystems.
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Autoren-Porträt von Ludwig A. Pongratz
Dr. Ludwig A. Pongratz ist Professor für Allgemeine Pädagogik/Erwachsenenbildung an der TU Darmstadt.
Bibliographische Angaben
- Autor: Ludwig A. Pongratz
- 2010, 2010, 181 Seiten, Deutsch
- Verlag: VS Verlag für Sozialw.
- ISBN-10: 3531925865
- ISBN-13: 9783531925868
- Erscheinungsdatum: 08.09.2010
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eBook Informationen
- Dateiformat: PDF
- Grösse: 1.21 MB
- Ohne Kopierschutz
- Vorlesefunktion
Pressezitat
"Der Autor bezieht sich auf ein breites Theoriegebäude, muss aber nicht viele Worte verlieren, um seine Position deutlich zu machen. Er demonstriert vielmehr mit unterschiedlichen Formaten vom Interview bis zur Glosse, dass die Einführung in kritische Wissenschaft auch kurzweilig sein kann." Ausserschulische Bildung, 2-2011
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