Kleiner Mann, grosser Mann - alles vertauscht (ePub)
oder Max Schreyvogels Last und Lust des Geldes
Ich erinnere mich noch gut des Augenblicks, da Unheil unser Heim betrat.
Es war der erste November. Ich stand am Fenster, draussen war es nasskalt und neblig.
Wir hatten eben zu Mittag gegessen, unsere Tochter - wir riefen sie Mücke oder Mückchen - lag...
Es war der erste November. Ich stand am Fenster, draussen war es nasskalt und neblig.
Wir hatten eben zu Mittag gegessen, unsere Tochter - wir riefen sie Mücke oder Mückchen - lag...
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Produktinformationen zu „Kleiner Mann, grosser Mann - alles vertauscht (ePub)“
Ich erinnere mich noch gut des Augenblicks, da Unheil unser Heim betrat.
Es war der erste November. Ich stand am Fenster, draussen war es nasskalt und neblig.
Wir hatten eben zu Mittag gegessen, unsere Tochter - wir riefen sie Mücke oder Mückchen - lag schon in ihrem Bett. Obersekretär Vormann vom Steueramt flötete eine Treppe tiefer, wie immer, wenn er sich rasierte. Und Karla nähte mir bei lebendigem Leibe hinten den Hosenknopf an, der am Morgen auf dem Büro abgesprungen war.
Du musst aber stillstehen, Max! rief Karla. Sonst kann ich dir den Knopf nicht annähen. - Mücke, turne nicht in deinem Bett, du sollst schlafen!
Wer ist gestorben im Haus, Kerlchen? fragte ich.
Gestorben? - Als wie warum?
Drei Angströhren kommen in das Haus - sicher doch vom Begräbnisinstitut.
Keine Ahnung rührte mich beim Anblick der düster durch den Nebel spiegelnden Seidenhüte an, dass sie uns gelten könnten, dass sie für eine lange Zeit alles Glück und allen Frieden aus unserm kleinen Heim zu Grabe tragen sollten!
Karla erklärte, es sei keiner im Haus gestorben, und schalt auf die Löcher im Knopf, die im Dämmern nicht zu erkennen waren ...
Und unterdes hätten wir alle Zeit gehabt, das Bett mit der turnenden Mücke in unsere Schlafstube zu schieben und so dem Unheil zu entgehen!
Aber nichts weiss der Mensch ...
Ferne auf der Treppe klangen dumpf viele Schuhe ... Ach, warum hatten wir auch nicht wie andere bessere Leute eine Entreetür mit Klingel und Namensschild?! Warum wohnten wir auf der Mansarde, in zwei vom Dachboden abgeschlagenen Stuben, die jeder ohne Warnung und Vorbereitung betreten konnte?! Alles wäre bei Klingel und Entreetür anders gekommen!
Tuck - Tuck - Tuck - Duliöh! sang Herr Steuerobersekretär Vormann und hatte das Rasieren jetzt wohl hinter sich. Die Mücke krähte. Es klopfte an unserer Tür.
Immer rein in den deutschen Bund! rief Karla, voreilig wie stets.
Meine Jacke! flüsterte ich aufgeregt und lief schon selbst nach ihr.
Au! Du hast mich gestochen, Max! rief Karla empört.
Eins - zwei - drei - Schornsteinfeger! krähte die Mücke entzückt.
In der Tür standen drei Zylinderhüte, jetzt entblössten Hauptes. Der Vorderste, der Kleine, der Bärtige mit den spiegelnden Augengläsern, hielt ein Papier in der Hand.
Einen Augenblick musterte jede Partei die andere verblüfft - weiss der Himmel, was zu sehen sie erwartet hatten! Uns kamen die drei schwarzen Männer bestimmt gänzlich unverhofft. Karla lutschte an ihrem blutenden Finger, ich angelte nach meinem Jackett, und die kleine ...
Es war der erste November. Ich stand am Fenster, draussen war es nasskalt und neblig.
Wir hatten eben zu Mittag gegessen, unsere Tochter - wir riefen sie Mücke oder Mückchen - lag schon in ihrem Bett. Obersekretär Vormann vom Steueramt flötete eine Treppe tiefer, wie immer, wenn er sich rasierte. Und Karla nähte mir bei lebendigem Leibe hinten den Hosenknopf an, der am Morgen auf dem Büro abgesprungen war.
Du musst aber stillstehen, Max! rief Karla. Sonst kann ich dir den Knopf nicht annähen. - Mücke, turne nicht in deinem Bett, du sollst schlafen!
Wer ist gestorben im Haus, Kerlchen? fragte ich.
Gestorben? - Als wie warum?
Drei Angströhren kommen in das Haus - sicher doch vom Begräbnisinstitut.
Keine Ahnung rührte mich beim Anblick der düster durch den Nebel spiegelnden Seidenhüte an, dass sie uns gelten könnten, dass sie für eine lange Zeit alles Glück und allen Frieden aus unserm kleinen Heim zu Grabe tragen sollten!
Karla erklärte, es sei keiner im Haus gestorben, und schalt auf die Löcher im Knopf, die im Dämmern nicht zu erkennen waren ...
Und unterdes hätten wir alle Zeit gehabt, das Bett mit der turnenden Mücke in unsere Schlafstube zu schieben und so dem Unheil zu entgehen!
Aber nichts weiss der Mensch ...
Ferne auf der Treppe klangen dumpf viele Schuhe ... Ach, warum hatten wir auch nicht wie andere bessere Leute eine Entreetür mit Klingel und Namensschild?! Warum wohnten wir auf der Mansarde, in zwei vom Dachboden abgeschlagenen Stuben, die jeder ohne Warnung und Vorbereitung betreten konnte?! Alles wäre bei Klingel und Entreetür anders gekommen!
Tuck - Tuck - Tuck - Duliöh! sang Herr Steuerobersekretär Vormann und hatte das Rasieren jetzt wohl hinter sich. Die Mücke krähte. Es klopfte an unserer Tür.
Immer rein in den deutschen Bund! rief Karla, voreilig wie stets.
Meine Jacke! flüsterte ich aufgeregt und lief schon selbst nach ihr.
Au! Du hast mich gestochen, Max! rief Karla empört.
Eins - zwei - drei - Schornsteinfeger! krähte die Mücke entzückt.
In der Tür standen drei Zylinderhüte, jetzt entblössten Hauptes. Der Vorderste, der Kleine, der Bärtige mit den spiegelnden Augengläsern, hielt ein Papier in der Hand.
Einen Augenblick musterte jede Partei die andere verblüfft - weiss der Himmel, was zu sehen sie erwartet hatten! Uns kamen die drei schwarzen Männer bestimmt gänzlich unverhofft. Karla lutschte an ihrem blutenden Finger, ich angelte nach meinem Jackett, und die kleine ...
Autoren-Porträt von Hans Fallada
Hans Fallada (Rudolf Ditzen) lebte von 1893 bis 1947 und war ein deutscher Schriftsteller.
Bibliographische Angaben
- Autor: Hans Fallada
- 2018, 1. Auflage, 401 Seiten, Deutsch
- Verlag: Books on Demand
- ISBN-10: 3746079942
- ISBN-13: 9783746079943
- Erscheinungsdatum: 29.01.2018
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