Der Vulkan - Roman unter Emigranten (ePub)
Ein junger Mensch sass in einem Berliner Pensionszimmer und schrieb einen Brief.
Berlin, den 20. April 1933. Lieber Karl! Ich hoffe, Du bist gut in Paris angekommen und fühlst Dich wohl. Ich bin einmal zehn Tage lang dort gewesen - weisst Du, damals mit den...
Berlin, den 20. April 1933. Lieber Karl! Ich hoffe, Du bist gut in Paris angekommen und fühlst Dich wohl. Ich bin einmal zehn Tage lang dort gewesen - weisst Du, damals mit den...
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Produktinformationen zu „Der Vulkan - Roman unter Emigranten (ePub)“
Ein junger Mensch sass in einem Berliner Pensionszimmer und schrieb einen Brief.
Berlin, den 20. April 1933. Lieber Karl! Ich hoffe, Du bist gut in Paris angekommen und fühlst Dich wohl. Ich bin einmal zehn Tage lang dort gewesen - weisst Du, damals mit den drei Jungens aus unserer Klasse; Du durftest damals nicht mitkommen, weil Deine Eltern sagten, Paris ist ein zu gefährliches Pflaster für einen jungen Menschen. Das Allerschönste, woran ich mich in Paris erinnern kann, ist der Blick von der Place de la Concorde die Champs-Élysées hinauf bis zum Arc de Triomphe. Das ist wirklich grossartig. Ich bin doch etwas neidisch, dass Du das nun jeden Tag geniessen kannst. Ob Du sehr viel Schwierigkeiten mit der Sprache hast? Und ob Du es jetzt bereust, dass Du immer so sündhaft faul gewesen bist, gerade in der französischen Stunde? - Aber ich stelle mir vor, in Paris lernt man ja die Sprache fast von selbst.
Lieber Karl, ich denke sehr oft an Dich - fast immer, wenn ich gerade mal nichts anderes zu tun habe - wie es Dir gehen mag, und ob Du Deinen Entschluss nicht bereust. Denn es ist doch ein grosser, schwerer Entschluss - sich von der Heimat zu trennen.
Ich habe mir das alles während der letzten Wochen hin und her überlegt, und ich bin zu der ganz festen inneren Entscheidung gekommen: Du hast einen Fehler gemacht.
Missverstehe mich nicht, Karl: es ist ein anständiger Fehler, den Du gemacht hast. Aber doch ein Fehler.
Ich weiss nicht, ob es noch irgendeinen Sinn hat, Dir zuzureden: Komme zurück! Ich fürchte, es hat keinen Sinn mehr. Als ich Dir, vor drei Wochen, am Bahnhof Zoo auf Wiedersehen gesagt habe, fühlte und wusste ich, dass wir uns sehr lange nicht wiedersehen werden.
Natürlich könntest Du auch jetzt noch Deine Meinung ändern und zurückkehren - wohin Du gehörst. Da Du ja ein sogenannter "Arier" bist und Deine alten Herrschaften feine Beziehungen haben, würde man Dir sicher alle Deine Sünden verzeihen - wenn Du jetzt erklärst, dass alles nur jugendliche Torheit und Unwissenheit von Dir gewesen ist.
Du würdest Dir natürlich wie ein Schuft vorkommen, wenn Du eine solche Erklärung abgeben müsstest. Aber vielleicht wäre es in diesem Augenblick das Klügste und das Anständigste, was Du machen kannst. Denn jetzt brauchen wir hier Burschen wie Dich. Hier können sie jetzt nützlich sein, und nur hier.
Was gibt es denn im Ausland für Dich zu tun? Bei den Franzosen auf uns Deutsche schimpfen? Aber Karl! Ich kenne Dich doch! Das bringst Du ja gar nicht fertig. Du weisst viel zu ...
Berlin, den 20. April 1933. Lieber Karl! Ich hoffe, Du bist gut in Paris angekommen und fühlst Dich wohl. Ich bin einmal zehn Tage lang dort gewesen - weisst Du, damals mit den drei Jungens aus unserer Klasse; Du durftest damals nicht mitkommen, weil Deine Eltern sagten, Paris ist ein zu gefährliches Pflaster für einen jungen Menschen. Das Allerschönste, woran ich mich in Paris erinnern kann, ist der Blick von der Place de la Concorde die Champs-Élysées hinauf bis zum Arc de Triomphe. Das ist wirklich grossartig. Ich bin doch etwas neidisch, dass Du das nun jeden Tag geniessen kannst. Ob Du sehr viel Schwierigkeiten mit der Sprache hast? Und ob Du es jetzt bereust, dass Du immer so sündhaft faul gewesen bist, gerade in der französischen Stunde? - Aber ich stelle mir vor, in Paris lernt man ja die Sprache fast von selbst.
Lieber Karl, ich denke sehr oft an Dich - fast immer, wenn ich gerade mal nichts anderes zu tun habe - wie es Dir gehen mag, und ob Du Deinen Entschluss nicht bereust. Denn es ist doch ein grosser, schwerer Entschluss - sich von der Heimat zu trennen.
Ich habe mir das alles während der letzten Wochen hin und her überlegt, und ich bin zu der ganz festen inneren Entscheidung gekommen: Du hast einen Fehler gemacht.
Missverstehe mich nicht, Karl: es ist ein anständiger Fehler, den Du gemacht hast. Aber doch ein Fehler.
Ich weiss nicht, ob es noch irgendeinen Sinn hat, Dir zuzureden: Komme zurück! Ich fürchte, es hat keinen Sinn mehr. Als ich Dir, vor drei Wochen, am Bahnhof Zoo auf Wiedersehen gesagt habe, fühlte und wusste ich, dass wir uns sehr lange nicht wiedersehen werden.
Natürlich könntest Du auch jetzt noch Deine Meinung ändern und zurückkehren - wohin Du gehörst. Da Du ja ein sogenannter "Arier" bist und Deine alten Herrschaften feine Beziehungen haben, würde man Dir sicher alle Deine Sünden verzeihen - wenn Du jetzt erklärst, dass alles nur jugendliche Torheit und Unwissenheit von Dir gewesen ist.
Du würdest Dir natürlich wie ein Schuft vorkommen, wenn Du eine solche Erklärung abgeben müsstest. Aber vielleicht wäre es in diesem Augenblick das Klügste und das Anständigste, was Du machen kannst. Denn jetzt brauchen wir hier Burschen wie Dich. Hier können sie jetzt nützlich sein, und nur hier.
Was gibt es denn im Ausland für Dich zu tun? Bei den Franzosen auf uns Deutsche schimpfen? Aber Karl! Ich kenne Dich doch! Das bringst Du ja gar nicht fertig. Du weisst viel zu ...
Autoren-Porträt von Klaus Mann
Klaus Mann lebte von 1906 bis 1949 und war ein deutscher Schriftsteller.
Bibliographische Angaben
- Autor: Klaus Mann
- 2020, 1. Auflage, 830 Seiten, Deutsch
- Verlag: Books on Demand
- ISBN-10: 375043591X
- ISBN-13: 9783750435919
- Erscheinungsdatum: 14.01.2020
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