Betriebswirtschaftslehre und Nationalsozialismus (PDF)
Eine institutionen- und personengeschichtliche Studie
Die nationalsozialistische Machtergreifung hatte auch auf die deutsche Wissenschaftslandschaft schwerwiegende Auswirkungen: Hochschullehrer wurden entlassen, Universitätsverfassungen geändert, neue inhaltliche Schwerpunktsetzungen gefordert und neue...
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Produktinformationen zu „Betriebswirtschaftslehre und Nationalsozialismus (PDF)“
Die nationalsozialistische Machtergreifung hatte auch auf die deutsche Wissenschaftslandschaft schwerwiegende Auswirkungen: Hochschullehrer wurden entlassen, Universitätsverfassungen geändert, neue inhaltliche Schwerpunktsetzungen gefordert und neue Institutionen geschaffen. Peter Mantel untersucht die institutionelle und personelle Entwicklung des Faches Betriebswirtschaftslehre unter dem NS-Regime und in der Nachkriegszeit. Ein Schwerpunkt sind dabei die Schicksale der verfolgten Hochschullehrer. Dazu trägt der Autor unter anderem biographische Daten zu allen Hochschullehrern der BWL im Untersuchungszeitraum (1928 bis 1955) zusammen. Die faktenreiche Untersuchung bietet einen umfassenden Überblick über die Entwicklung der BWL im ersten Halbjahrhundert ihres Bestehens.
Lese-Probe zu „Betriebswirtschaftslehre und Nationalsozialismus (PDF)“
4 Verfolgte Hochschullehrer der Betriebswirtschaftslehre (S. 348-349)Zwei Betriebswirte1 wurden durch das NS-Regime ermordet: Der Prager Gustav Flusser und der Mannheimer Joseph Koburger. Weitere wählten – eine häu?ge Todesursache verfolgter Juden im Dritten Reich2 – nach Diskriminierungen den Freitod. Zahlenmäßig bedeutender waren aber die Entlassungen aus dem Hochschuldienst sowie die Emigrationen, die sich dem oft anschlossen.
Das entscheidende Gesetz, das es dem NS-Regime erlaubte, ihm missliebige Beamte zu entlassen, war das zynisch betitelte „Gesetz zurWiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933. Dieses richtete sich nicht nur explizit gegen Juden, sondern beinhaltete auch mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe, die es dem Regime erlaubten, praktisch jeden ihm missliebigen Hochschullehrer zu entlassen.3 Die Diskriminierungen und Verfolgungen im Dritten Reich reichen von leichten Behinderungen sogenannter – zwangsläu?g „arischer“ – „Volksgenossen“ bis hin zu Massenmorden4, primär an Nicht-„Ariern“:
• Auf der niedrigsten Stufe der Benachteiligungen wurde durch den Aufbau einer Drohkulisse versucht, die jeweiligen Opfer daran zu hindern, sich widerständig zum NS-Staat zu verhalten. Durch diese Drohkulisse sollte erreicht werden, dass sich die Betroffenen der NS-Bewegung anschlossen und durch die Integration in diese auch das System stabilisierten. An den Universitäten waren typische Beispiele dafür die Aufforderungen der Dozentenschaftsleiter zum Eintritt in die NSDAP, die Bespitzelungen des Vorlesungsbetriebs durch willfährige Studenten und die Indoktrinationen in P?icht- Dozentenlagern.
Dieser Form der Ein?ussnahme war praktisch jeder Dozent ausgesetzt, der sich nicht ohnehin willfährig bzw. aktivistisch verhielt. Im Regelfall wurde man (als Nichtjude) aber nicht verfolgt, sondern nur
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bedrängt. Häu?g übereinstimmende Nachkriegsberichte in Entnazi?zierungsbögen und Erinnerungen deuten aber darauf hin, dass es unter den wissenschaftlich seriösen Betriebswirten wohl „tacit knowledge“ war, dass es wegen der Bedrängungen zwar opportun war, of?ziell NS-Treue zu bekunden5, sich inof?ziell aber gleichzeitig im engeren Kreis kritisch über den Nationalsozialismus zu äußern.
Die Vermutung liegt nahe – wenn sie auch nur indirekt veri?zierbar ist –, dass derartige inof?zielle Misstrauensbekundungen gegenüber dem NS auch Teil der informellen Berufungskriterien waren: Selten gelang es ausgewiesenen Nationalsozialisten, berufen zu werden – selbst wenn der Druck der Partei stark war; meist verhinderten negative Gutachten der alteingesessenen Fachvertreter derartige Berufungen. Auch die Mehrzahl der Studenten belegte – so die Aussage des Zeitzeugen Erich Potthoff6 – kaum bei erwiesenen Nationalsozialisten wie Hohlfeld und Geldmacher, wenn sich dies vermeiden ließ.
• Gefährlicher waren direkte Drohungen gegenüber „missliebigen“ Hochschullehrern; diese waren häu?g zumindest indirekt auch mit beru?ichen Nachteilen verbunden. Sie reichten von der Drohung mit Maßregelung über die Be- oder Verhinderung von Beförderungen bis hin zur Brandmarkung von Arbeiten als „nicht-nationalsozialistisch“.7 Derartigen Benachteiligungen waren zum einen diejenigen Dozenten ausgesetzt, die nicht oder kaum mit dem NS konform gingen – was sich zum Beispiel in ihrer Weigerung, der NSDAP beizutreten, zeigte; zum anderen aber diejenigen Wissenschaftler, die teilweise Anknüpfungspunkte zum NS hatten, aber wissenschaftlich eine als „liberalistisch“ verleumdete BWL vertraten.
• Mittelschwere (bis schwere) Diskriminierungen: Die Drohungen wurden wahr gemacht und die Betroffenen mussten Sanktionen wegen ihrer Abstammung oder Haltung erleiden. Dies reichte von verzögerten Berufungen bis zur Entlassung von der Hochschule. Während die jüdischen Betriebswirte dieser Art von Diskriminierung vollkommen schutzlos ausgeliefert waren8, konnten ihre „arischen“ Kollegen versuchen, sich gegen die Verfolgungen zu wehren. Zwar hatte dies im Normalfall wenig Aussicht auf Erfolg, es gibt aber Beispiele – wie den Fall Passow – wo zumindest Teilerfolge erzielt wurden.
Die Vermutung liegt nahe – wenn sie auch nur indirekt veri?zierbar ist –, dass derartige inof?zielle Misstrauensbekundungen gegenüber dem NS auch Teil der informellen Berufungskriterien waren: Selten gelang es ausgewiesenen Nationalsozialisten, berufen zu werden – selbst wenn der Druck der Partei stark war; meist verhinderten negative Gutachten der alteingesessenen Fachvertreter derartige Berufungen. Auch die Mehrzahl der Studenten belegte – so die Aussage des Zeitzeugen Erich Potthoff6 – kaum bei erwiesenen Nationalsozialisten wie Hohlfeld und Geldmacher, wenn sich dies vermeiden ließ.
• Gefährlicher waren direkte Drohungen gegenüber „missliebigen“ Hochschullehrern; diese waren häu?g zumindest indirekt auch mit beru?ichen Nachteilen verbunden. Sie reichten von der Drohung mit Maßregelung über die Be- oder Verhinderung von Beförderungen bis hin zur Brandmarkung von Arbeiten als „nicht-nationalsozialistisch“.7 Derartigen Benachteiligungen waren zum einen diejenigen Dozenten ausgesetzt, die nicht oder kaum mit dem NS konform gingen – was sich zum Beispiel in ihrer Weigerung, der NSDAP beizutreten, zeigte; zum anderen aber diejenigen Wissenschaftler, die teilweise Anknüpfungspunkte zum NS hatten, aber wissenschaftlich eine als „liberalistisch“ verleumdete BWL vertraten.
• Mittelschwere (bis schwere) Diskriminierungen: Die Drohungen wurden wahr gemacht und die Betroffenen mussten Sanktionen wegen ihrer Abstammung oder Haltung erleiden. Dies reichte von verzögerten Berufungen bis zur Entlassung von der Hochschule. Während die jüdischen Betriebswirte dieser Art von Diskriminierung vollkommen schutzlos ausgeliefert waren8, konnten ihre „arischen“ Kollegen versuchen, sich gegen die Verfolgungen zu wehren. Zwar hatte dies im Normalfall wenig Aussicht auf Erfolg, es gibt aber Beispiele – wie den Fall Passow – wo zumindest Teilerfolge erzielt wurden.
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Autoren-Porträt von Peter Mantel
Dr. Peter Mantel, Dipl.-Kfm., Dipl.-Vw., M.A., LL.M. (EMLE), LL.B., promovierte bei Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Jürgen Kocka am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin. Er ist derzeit Koordinator des Landes-Exzellenzprojekts "A History of Aging Societies" an der Universität Rostock.
Bibliographische Angaben
- Autor: Peter Mantel
- 2010, 2010, 926 Seiten, Deutsch
- Verlag: Gabler, Betriebswirt.-Vlg
- ISBN-10: 3834985155
- ISBN-13: 9783834985156
- Erscheinungsdatum: 21.09.2010
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