Passagen Literaturtheorie / Abenteuer, Kitsch und Katastrophe

Der Konflikt zwischen der Weite des Daseins und der Sehnsucht nach Enge bildet die Grundlage dieser Prolegomena zu einer daseinsanalytisch motivierten Literatur- und Kulturwissenschaft. Die drei Begriffe im Titel des Buches entsprechen drei Formen des Erschliessens von Welt, denen allen eine gemeinsame Befindlichkeit eingeschrieben ist: das Bestreben nach Begrenzung. Damit werden sie zu Schlüsselbegriffen einer literarischen Anthropologie, die in den Erkenntnissen der Daseinsanalyse in der Tradition von Jean-Paul Sartre und Ludwig Binswanger ihren Ausgang nimmt. An ausgewählten Texten aus dem Corpus der Weltliteratur vom Mittelalter bis in die Gegenwart wird vorgeführt, wie ein residuales Bedürfnis nach Daseinsverengung immerfort auf ein Schliessen der aufgestossenen Fenster zur Welt drängt, wie der offene Horizont der Landschaft im ritterlichen Epos den von Kartographen umrissenen Heterotopien weicht, wie schliesslich die Vision vom apokalyptischen Untergang die Geschichte ihrer Offenheit beraubt und in das enge Korsett der Idee von einer Weltgeschichte zwängt. Dem stehen indes Dichter und Denker entgegen, die in trotziger Hoffnung auch weiterhin ihre Flaschenpost der Weite anvertrauen.