Halb auf dem Baum und andere Komödien
Ganz gleich, ob Peter Ustinov die Geschichte von vier verdrossenen Offizieren, eine Romeo-und-Julia-Tragödie zwischen einem sowjetischen Gesandten und einer amerikanischen Botschaftertochter, die Altersbösartigkeit eines Paares nach sechzig Jahren Ehe...
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Ganz gleich, ob Peter Ustinov die Geschichte von vier verdrossenen Offizieren, eine Romeo-und-Julia-Tragödie zwischen einem sowjetischen Gesandten und einer amerikanischen Botschaftertochter, die Altersbösartigkeit eines Paares nach sechzig Jahren Ehe oder die Aufmüpfigkeit erwachsener Kinder gegenüber ihren Eltern in Szene setzt - in jeder der vier Komödien verführt uns der Autor aufs neue mit seinem schelmischen Talent und Temperament. Sir Peter Ustinov (1921 - 2004) bleibt unvergessen.
LESEPROBE
Erster Akt
Das Büro der Alliierten Militärregierung in Herzogenburg,einem Dorf im Harz, um das sich nach dem Zweiten Weltkrieg England, Frankreich,Amerika und Russland streiten. Infolge dieses auf höchster Ebene ausgetragenenStreites ist das landschaftlich reizvolle und unschuldige Dörfchen jetzt mitvier Obersten »gesegnet«, die von ihren Regierungen damit beauftragt wordensind, den Zank im Intimeren fortzusetzen. Das Schlachtfeld ist ein schäbigesZimmer, das deutliche Zeichen der Zerstörung verrät, jedoch durch reichlicheVerwendung von Sperrholz, Pappe und Asbest bewohnbar gemacht worden ist. DieEinrichtung ist so nüchtern und zweckmässig, wie es nur beim Militär möglichist. Ein Tuch (Platte auf zwei Böcken), vier Stühle, einige Aktenschränke. DieWände sind restlos mit alten Bekanntmachungen bedeckt, die alle entweder »dringend«oder »wichtig« sind. Ferner hängen an den Wänden ein grosses Foto einer nacktenFrau, die sich spielerisch hinter einem grossen Ball versteckt; eine Zeichnungeiner Bulldogge mit ihren Jungen; die Reproduktion einer Strassenszene vonUtrillo und ein gerahmtes Porträt von Josef Stalin. Vom Fenster in derHinterwand kann man einen dichten Wald sehen, aus dem in der Ferne die Zinneneines Schlosses undeutlich hervorragen.
Rechts und links je eine Tür.
Beim Aufgehen des Vorhangs sieht man Oberst WesleyBreitenspiegel gefährlich weit in seinen Stuhl zurückgelehnt, Füsse auf dein lisch.Er raucht eine Zigarre. Er ist kahlköpfig und trägt eine randlose Brille.Oberst Desmond de S. Rinder-Sparrow sitzt ganz vorn auf der Kante einesStuhles, Pfeife rauchend. Seine Augen sind verschleiert, nach der Art einesMannes, der ein Weltreich auf seinen Schultern zu tragen hat und von seinemgrössten Feind hypnotisiert ist - dem Horizont. Nunmehr folgt die längste Pausein der Geschichte des Theaters; gegen Ende dieser Pause muss der
DESMOND : Mir scheint, uns ist der Gesprächsstoff ausgegangen. (Noch eineTange Pause)
WESLEY: Yeah...
DESMOND: Was?
WESLEY: Yeah...
DESMOND: Ja ... (Pause)
WESLEY: Haben Sie schon mal an Selbstmord gedacht? DESMOND (äusserstinteressiert): Weiss Gott nein. Sie? WESLEY: Nein.
DESMOND: Hören Sie, alter Junge, Sie sind doch nicht... ich meine...
WESLEY (etwas irritiert): Weshalb sind Sie soverlegen? DESMOND: Ja, ich möchte es eigentlich gar nicht sagen. WESLEY: Dann lassenSie's doch.
DESMOND: Sie werden doch nichts Unbesonnenes tun?
WESLEY: Nein. Wenn Sie es nicht unbesonnen nennen, mit Ihnen Golfzu spielen.
DESMOND: Das ist durchaus nicht, was ich meinte. Sie sprachenso plötzlich von Selbstmord...
WESLEY: Ach, du lieber Gott. Meine Frau würde schön toben. (Desmond lacht) Worüberlachen Sie denn?
DESMOND: Weil Sie dabei Ihre Frau erwähnt haben.
WESLEY: Meine Frau ist nicht komisch. Sie ist absolut nicht komisch.Übrigens mach' ich mir auch nicht viel aus Lachen. Im Herzen bin ich einromantischer Mensch. (Desmond lacht wieder) Worüber freuen Sie sich dennpetzt?
DESMOND: Ich hab' mir einen Romantiker immer sehr gross und hagervorgestellt, mit langen Haaren und so.
WESLEY: Soll das heissen, Sie haben noch nicht einmal genugPhantasie, um sich einen Romantiker mit Glatze vorzustellen? DESMOND: Wenn ichehrlich sein soll, ich hab' noch nie drüber nachgedacht.
WESLEY (kräftig): Dann wird's Zeit, dass Sie Sie'stun! Vor Ihnen sitzt ein Mann, der nur von einem träumt-einen Befehl in derdenkbar glanzvollsten Weise zu verweigern.
DES MOND (schockiert): Einen Befehl zu verweigern?
WESLEY: Ja... am liebsten hätte ich bei Waterloogegen den Rat aller Sachverständigen angegriffen und nicht auf die Nacht unddie Preussen gewartet.
DESMOND (mit Besitzerstolz): Dazu hätten Sie erst malbritischer Offizier sein müssen.
WESLEY: Sie sind wie eine Frau: auf alles gleich die Handdrauf halten, was?
DESMOND: Ich führe Tatsachen an.
WESLEY: O. K., O. K. Ich lasse Ihnen Ihr Waterloo.
DESMOND: Ich will es gar nicht unbedingt haben. WESLEY: Und danngönnen Sie's mir nicht mal?
DESMOND: Oh, ich schenk's Ihnen, wenn Sie unbedingt wollen. WESLEY: Jetzt willich's nicht mehr. Ich bin verärgert.
DES MOND: Das tut mir leid. Es war nicht meine Absicht, solcheUmstände zu machen.
WESLEY (trotzig). Immerhin hab' ich noch Washingtonund die Belagerung von Yorktown.
DESMOND: Ja, das haben Sie wohl.
WESLEY: Passen Sie auf, jetzt werd' ich Ihnen mal erzählen,wie romantisch ich bin.
DESMOND: Sind Sie ganz sicher, dass Sie mir das noch nichterzählt haben?
WESLEY: Wissen Sie, Sie sind der erste Mann, der esfertigbringt, mir jede Lust zur Unterhaltung zu nehmen.
DESMOND: Ich habe Schweigen immer vorgezogen.
WESLEY (rachsüchtig): Dann tut's mir leid, dass ich Sieenttäuschen muss.
DESMOND: Ich bin Enttäuschungen gewöhnt, alter junge. WESLEY: Na, alsoich nicht. Mein Romantizismus ist völlig ichbezogen und selbstsüchtig. Er istnach innen gekehrt, wie mir mein Psychoanalytiker sagt, und zwar hauptsächlichinfolge einer gewissen Unzulänglichkeit meines Vaters.
DESMOND: Jedenfalls scheint er doch imstande gewesen zu sein,Sie in die Welt zu setzen.
WESLEY: Den Ausgleich bildete die Vollnatur meiner Mutter undein gewisser Doktor Purkiss.
DESMOND: War das der Hausarzt?
WESLEY: In mehr als einer Hinsicht.
DESMOND: Ach so ...
WESLEY: Es wurde ein Kompromiss erzielt. Einer meiner Vornamenist Purkiss.
DESMOND: Wie ungewöhnlich.
...
© Ullstein Buchverlage
Sir Peter Ustinov, 1921 in London geboren, Schauspieler, Entertainer par excellence, Moderator, Schriftsteller, liberaler Kosmopolit, UNICEF-Botschafter und Menschenfreund, schrieb Theaterstücke, Filmdrehbücher, Romane, führte in acht Filmen Regie und inszenierte zahlreiche Opern. Er starb am 28. März 2004 am Genfer See.
- Autor: Peter, Sir Ustinov
- 2005, 1. Auflage., 352 Seiten, Masse: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: List TB.
- ISBN-10: 3548605877
- ISBN-13: 9783548605876
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