Memoria / Geheimnis der Templer Bd.3
Thriller. Deutsche Erstausgabe
Gefährlicher Einsatz im Dschungel von Mexiko:
FBI-Agent Reilly erschießt einen für die Drogenmafia arbeitenden Forscher. Und dann wird der Fall persönlich: Reillys Exfreundin wird ermordet und Reilly kommt einem uralten Geheimnis auf der Spur.
FBI-Agent Reilly erschießt einen für die Drogenmafia arbeitenden Forscher. Und dann wird der Fall persönlich: Reillys Exfreundin wird ermordet und Reilly kommt einem uralten Geheimnis auf der Spur.
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Memoria / Geheimnis der Templer Bd.3 “
Gefährlicher Einsatz im Dschungel von Mexiko:
FBI-Agent Reilly erschießt einen für die Drogenmafia arbeitenden Forscher. Und dann wird der Fall persönlich: Reillys Exfreundin wird ermordet und Reilly kommt einem uralten Geheimnis auf der Spur.
FBI-Agent Reilly erschießt einen für die Drogenmafia arbeitenden Forscher. Und dann wird der Fall persönlich: Reillys Exfreundin wird ermordet und Reilly kommt einem uralten Geheimnis auf der Spur.
Klappentext zu „Memoria / Geheimnis der Templer Bd.3 “
Ein uraltes Mysterium. Die Spur führt in den Dschungel. Und Jahrhunderte zurück.Im Urwald von Mexiko erschiesst FBI-Agent Reilly einen für die Drogenmafia arbeitenden Forscher. Jahre später erreicht ihn ein Anruf: Seine Exfreundin wurde ermordet, ihr Sohn hat überlebt. Und Reilly erfährt jetzt erst, dass er der Vater ist. Der kleine Alex zeigt allerdings eine unerklärliche Scheu vor ihm. Bald ahnt Reilly, dass die Drogenmafia hinter dem Mord steckt. Offenbar geht es um ein sehr altes Geheimnis aus dem Dschungel.
Und die Narcos haben es auf das Kind abgesehen. Nur warum? Es stellt sich heraus, dass Alex in Therapie war. Bei einem Neurobiologen mit äusserst seltsamen Forschungsgebieten. Der Mann ist spurlos verschwunden.
Ein neuer Thriller mit FBI-Agent Reilly und Archäologin Tess Chaykin - die Fortsetzung von «Scriptum» und «Dogma».
Lese-Probe zu „Memoria / Geheimnis der Templer Bd.3 “
Memoria von Raymond KhouryAus dem Englischen von Anja Schünemann
I
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Durango, Vizekönigreich Neuspanien (heutiges Mexiko) 1741 Grauen befiel Álvaro de Padilla, als seine Visionen sich auflösten und seine müden Augen allmählich wieder klar zu sehen begannen.
Der Jesuitenpater fragte sich, in was für eine Welt er jetzt eintrat. Die Ungewissheit machte ihm Angst, war zugleich jedoch auf seltsame Weise berauschend. Er hörte seinen eigenen stoßweisen Atem, fühlte den Puls seines wild hämmernden Herzens in den Schläfen und versuchte sich zu beruhigen. Allmählich nahm seine Umgebung wieder Gestalt an. Als seine Finger das Stroh der Matt e erspürten, auf der er lag, wusste er, dass er von seiner Reise zurückgekehrt war.
Seine Wangen fühlten sich eigenartig an, und als er sie mit den Fingern berührte, erkannte er, dass sie tränenüberströmt waren. Dann wurde ihm bewusst, dass auch sein Rücken nass war, als habe er nicht auf einem trockenen Bett, sondern in einer Pfütze gelegen. Er fragte sich, woher das kam, überlegte, ob der Rücken seiner Soutane schweißdurchtränkt war, doch gleich darauf bemerkte er, dass auch seine Beine nass waren, und er begann zu zweifeln, ob das Schweiß war.
Was er gerade erlebt hatte, war ihm unbegreiflich.
Er versuchte sich aufzusetzen, aber alle Kraft schien aus seinem Körper gewichen. Er hatte den Kopf kaum von der Matte gehoben, als dieser bleischwer wurde und wieder auf das Strohbett zurückfiel.
« Bleibt liegen », sagte Eusebio de Salvatierra. « Euer Geist und Körper brauchen Zeit, sich zu erholen. »
Álvaro schloss die Augen, aber der Schock, der ihn noch immer durchströmte, ließ sich nicht verdrängen.
Er hätte es nicht geglaubt, wenn er es nicht selbst erlebt hätt e. Doch das hatte er soeben, und es war verstörend, erschreckend und ... verblüff end. Ein Teil von ihm wagte kaum darüber nachzudenken, während ein anderer Teil verzweifelt danach drängte, es noch einmal zu erleben, jetzt, sofort. Noch einmal in das Unmögliche eintauchen. Aber der schroff e, disziplinierte Teil von ihm trat das Flämmchen dieser kranken Vorstellung rasch aus und brachte ihn wieder auf den Pfad der Tugend zurück, dem er sein Leben geweiht hatte.
Er sah Eusebio an. Sein Mitbruder lächelte ihm zu, sein Gesicht ein Inbild der Gelassenheit.
« Ich komme in einer oder zwei Stunden zurück, wenn Ihr wieder ein wenig zu Kräften gekommen seid. » Der Priester nickte ihm ermutigend zu. « Für das erste Mal habt Ihr Euch gut gehalten, mein alter Freund. Wirklich sehr gut. »
Álvaro fühlte, wie die Angst wieder von ihm Besitz ergriff. « Was habt Ihr mit mir gemacht? »
Eusebio musterte ihn mit einem beseelten Blick, dann legte er die Stirn in nachdenkliche Falten. « Ich fürchte, ich habe eine Tür geöffnet, die Ihr vielleicht nie wieder werdet schließen können. »
Mehr als zehn Jahre waren vergangen, seit sie gemeinsam hierher nach Nueva España - Neuspanien - gekommen waren, ordinierte Priester der Gesellschaft Jesu, ausgesandt von ihren Ältesten in Kastilien, um die mittlerweile langjährige Tradition fortzusetzen, in noch nicht erschlossenen Gebieten Missionen aufzubauen. Ihre Aufgabe war es, die armen Seelen der Eingeborenen aus der Dunkelheit ihres Götzenkultes und ihrer heidnischen Verderbtheit zu erretten.
Es war eine Herausforderung, aber sie waren nicht die Ersten. In der Nachfolge der conquistadores waren seit mehr als zweihundert Jahren franziskanische, dominikanische und jesuitische Missionare in die Neue Welt aufgebrochen, und nach zahlreichen Kriegen und Aufständen waren viele Eingeborenenstämme von den Kolonisatoren unterworfen und in die Kultur der Spanier und der Mischlinge, mestizos, eingegliedert worden. Gleichwohl gab es noch viel Arbeit zu tun und viele Stämme zu bekehren.
Mit der Hilfe von bereits Bekehrten errichteten Álvaro und Eusebio ihre Mission in einem üppigen, bewaldeten Tal tief in den Falten der Sierra Madre Occidental, im Kerngebiet des Stammes der Wixáritari. Mit der Zeit wuchs die Mission. Mehr und mehr kleine Gemeinschaft en, die isoliert überall in den wilden Bergen und Schluchten lebten, schlossen sich ihrer congregación an. Die Priester bauten eine enge Bindung zu diesen Menschen auf, und gemeinsam hatten Álvaro und Eusebio Tausende Eingeborener getauft. Anders als die Franziskaner, die von den Indianern erwarteten, europäische Lebensweisen und Wertvorstellungen zu übernehmen, folgten die zwei Priester der jesuitischen Tradition, den Indianern viel von ihrer früheren Kultur zu lassen. Sie lehrten die Menschen den Gebrauch von Pflug und Axt und machten sie mit Bewässerungssystemen, neuen Feldfrüchten und Viehhaltung vertraut. All das trug entscheidend zur Verbesserung der Lebensbedingungen bei und brachte den Priestern die Achtung und Dankbarkeit der Eingeborenen ein.
Hinzu kam, dass Eusebio, anders als der strenge Álvaro, ein warmherziger, leutseliger Mann war. Die Eingeborenen nannten ihn seiner bloßen Füße und der schlichten Kleidung wegen Motoliana, « armer Mann », und gegen Álvaros Rat hatte er den Namen angenommen. Er lebte die Leitsätze vor, die er predigte. Seine Bescheidenheit, sein vorbildlicher Lebenswandel und seine wohldurchdachten Äußerungen machten großen Eindruck auf die Eingeborenen. Bald stand er sogar in dem Ruf, Wunder zu tun.
Es begann während einer Dürre, die die bevorstehende Ernte der Eingeborenen zu vernichten drohte. Eusebio riet ihnen, in einer Prozession zur Missionskirche zu ziehen, mit Gebeten und ausgiebigen Geißelungen. Bald regnete es in Strömen, und die Ernte fiel sogar besonders reichlich aus. Das Wunder wiederholte sich ein paar Jahre später, als die Region unter zu starken Regenfällen litt. Auch dieses Unheil wurde durch ähnliche Maßnahmen abgewendet, und Eusebios Ansehen wuchs. All das führte dazu, dass sich ihm allmählich Türen öffneten.
Türen, die vielleicht besser verschlossen geblieben wären.
Als die anfangs zurückhaltenden Eingeborenen sich ihm nach und nach öffneten, fühlte Eusebio sich immer mehr in ihre Welt hineingezogen. Was als Bekehrungsmission begonnen hatte, wurde zu einer aufgeschlossenen Entdeckungsreise für ihn selbst. Er fing an, Ausflüge tief in die Wälder und Schluchten der unwirtlichen Berge zu unternehmen, er wagte sich in Gegenden, in die noch nie ein Europäer vorgedrungen war, und begegnete Stämmen, die Fremde normalerweise mit einer Pfeil- oder Speerspitze empfingen.
Von seiner letzten Reise kehrte er nie zurück.
Fast ein Jahr nach seinem Verschwinden brach Álvaro, der das Schlimmste befürchtete, mit einer kleinen Gruppe Eingeborener auf, nach seinem verschollenen Freund zu suchen. So kam es, dass sie nun hier an einem kleinen Feuer vor dem strohgedeckten xirixi des Stammes, dem Gotteshaus der Ahnen, saßen und über das Unmögliche sprachen.
« Mir scheint, Ihr seid für diese Leute eine Art Hohepriester geworden, oder täusche ich mich? »
Álvaro war erschüttert über seine Erfahrung. Auch wenn das Essen seinem Körper wieder etwas Kraft zurückgegeben und das Feuer ihn gewärmt und seine Soutane getrocknet hatte, war er nach wie vor höchst aufgebracht.
« Sie haben mir mehr gezeigt, als ich ihnen jemals zeigen könnte », erwiderte Eusebio.
Álvaros Augen weiteten sich vor Schreck. « Aber - mein Gott, Ihr übernehmt ihre Sitten, ihre gotteslästerlichen Ideen. » Er schien geradezu verängstigt. Dann beugte er sich vor und zog die Augenbrauen zusammen. « Hört mir zu, Eusebio. Ihr müsst diesem Wahnsinn ein Ende machen. Sofort. Ihr müsst diesen Ort verlassen und mit mir zur Mission zurückkehren. »
Eusebio sah seinen Freund an, und Mutlosigkeit befiel ihn. Ja, es war schön, seinen alten Gefährten wiederzusehen, und es freute ihn, Álvaro an seiner Entdeckung teilhaben zu lassen. Doch er begann sich zu fragen, ob er nicht einen gewaltigen Fehler begangen hatte.
« Es tut mir leid, aber das kann ich nicht », sagte Eusebio ruhig. « Noch nicht. »
Er konnte seinem Freund nicht erklären, dass er noch eine Menge von diesen Leuten zu lernen hatte. Dinge, die er nicht im Traum für möglich gehalten hätt e. Er war überrascht gewesen, als er entdeckte - langsam, Schritt für Schritt und seinen tief verwurzelten Überzeugungen zum Trotz -, welch starke Verbindung die Eingeborenen zu ihrem Land hatten, zu den Lebewesen, mit denen sie es teilten, und zu den Kräften, die von ihm auszugehen schienen. Er hatte mit ihnen über die Erschaffung der Welt gesprochen, über das Paradies und den Sündenfall. Er hatte ihnen von der Fleischwerdung und der Sühne erzählt. Sie hatten im Gegenzug ihre Einsichten mit ihm geteilt. Und was er hörte, rüttelte ihn auf. Für seine Gastgeber standen die Welt der Sterblichen und die mystischen Sphären in Wechselbeziehung miteinander. Was ihm normal erschien, hielten sie für übernatürlich. Und was sie ganz selbstverständlich als normal - als die Wahrheit - betrachteten, kam ihm vor wie magische Vorstellungen.
Zu Anfang.
Jetzt wusste er es besser.
Diese Wilden, das hatte er erkannt, waren edle Menschen. «
Ihre medicina zu nehmen, ihre heiligen Tränke », sagte er zu Álvaro, « hat mir neue Welten eröffnet. Was Ihr eben erlebt habt, ist erst der Anfang. Ihr könnt nicht erwarten, dass ich einer solchen Offenbarung den Rücken kehre. »
« Ihr müsst », beharrte Álvaro. « Ihr müsst mit mir zurückkehren. Jetzt, ehe es zu spät ist. Und wir dürfen nie wieder über das hier sprechen. »
Eusebio fuhr überrascht zurück. « Nicht darüber sprechen? Denkt nach, Álvaro. Gerade über das hier müssen wir sprechen. Wir müssen es studieren und begreifen und beherrschen lernen, damit wir dieses Wissen mitnehmen und nach unserer Rückkehr mit unserem eigenen Volk teilen können. »
Auf Álvaros Gesicht zeichnete sich Entsetzen ab. « Es mit unserem Volk teilen? » Er spie die Worte aus wie Gift. « Ihr wollt anderen von dieser, dieser ... dieser Blasphemie erzählen? »
« Diese Blasphemie ist eine Erleuchtung. Eine höhere Wahrheit, die sie erfahren müssen. »
Álvaro war jetzt außer sich vor Zorn. « Eusebio, ich warne Euch », zischte er. « Der Teufel hat mit seinem Elixier seine Klauen tief in Euch geschlagen. Ihr droht in Verdammnis zu fallen, mein Bruder. Ich kann das nicht tatenlos mitansehen, bei Euch nicht und auch sonst bei keinem Glaubensbruder. Ihr müsst errettet werden. »
« Ich habe die Pforten des Himmels bereits durchschritten, mein alter Freund », entgegnete Eusebio ruhig. « Und die Aussicht von hier ist atemberaubend. »
Es dauerte fünf Monate, bis Álvaro eine Nachricht an den Erzbischof und den Prälat-Vizekönig in Mexiko-Stadt geschickt, ihre Antworten erhalten und seine Männer zusammengerufen hatte, und so war es Winter, als er an der Spitze einer kleinen Armee erneut in die Berge aufbrach.
Um seinen Freund aufzuhalten.
Um seinen frevlerischen Ideen ein Ende zu machen, koste es, was es wolle.
Um dem Teufel mit seinen heimtückischen Versuchungen das Handwerk zu legen und seinen Freund vor der ewigen Verdammnis zu bewahren.
Bewaffnet mit Bogen, Pfeilen und Musketen, erklomm die vereinigte Streitmacht aus Spaniern und Indianern die ersten Ausläufer der Sierra. Die steilen, unwegsamen Pfade waren von dichtem, verfilztem Gestrüpp bedeckt. Winterregen hatte die Wege, die gewunden an den zerklüfteten Bergen hinaufführten, zu tiefen, steinigen Kanälen ausgewaschen, und herabhängende Äste erschwerten das Vorankommen zusätzlich. Man hatte sie gewarnt, es gebe in dieser Gegend Berglöwen, Jaguare und Bären, aber die einzigen Lebewesen, denen sie begegneten, waren gierige zopilote-Geier, die über ihren Köpfen kreisten und auf ein blutiges Festmahl lauerten, und Skorpione, die sie bis in ihren unruhigen Schlaf verfolgten.
Je höher sie aufstiegen, umso kälter wurde es. Den Spaniern setzte die Kälte schwer zu, sie waren ein viel wärmeres Klima gewohnt. Tagsüber kämpft en sie sich über nasse, felsige Hänge voran, nachts kauerten sie um ihre Lagerfeuer, bis sie sich endlich, Meile um beschwerliche Meile, dem dichten Wald um die Siedlung näherten, in der Álvaro Eusebio zuletzt gesehen hatte.
Zu ihrem Erstaunen fanden sie die Pfade, die sich durch den Wald schlängelten, von gewaltigen Baumstämmen versperrt, die offenbar von den Eingeborenen gefällt worden waren. Der Befehlshaber der Truppe, der einen Hinterhalt befürchtete, wies seine Männer an, das Tempo zu verlangsamen, was ihr Leiden noch verlängerte. Die Nerven aufs äußerste angespannt, krochen sie zwischen den dichten Trauerkiefern durch einen düsteren Wald. Nach drei quälenden, zermürbenden Wochen erreichten sie endlich die Siedlung.
Es war niemand dort.
Die Eingeborenen und Eusebio waren verschwunden.
Álvaro gab nicht auf. Er trieb seine Männer weiter, und die eingeborenen Fährtenleser verfolgten die Spur des Stammes durch die Gebirgsfalten der Sierra, bis sie am vierten Tag an eine tiefe barranca kamen. Über die Schlucht, an deren Grund ein Fluss toste, war eine Hängebrücke gespannt gewesen.
Die Seile der Brücke waren durchtrennt.
Es führte kein Weg hinüber.
Überwältigt von Zorn und Verzweiflung starrte Álvaro auf die Seile, die über die Felskante hingen.
Er sah seinen Freund nie wieder.
II
Mexiko
Vor fünf Jahren
« Drücken Sie verdammt noch mal ab und sehen Sie zu, dass Sie hier rauskommen », blafft e Munro in mein Headset. « Wir müssen verschwinden, SOFORT! »
Was du nicht sagst.
Ich sah mich hastig nach allen Seiten um. Von überall auf dem Gelände ertönten Dreiersalven und lange anhaltendes Rattern von Maschinengewehren. Dann drangen ein paar dumpfe Einschläge und ein gequältes Stöhnen aus dem Sprechfunk, und ich wusste, dass es wieder einen aus unserem Acht-Mann-Team erwischt hatte.
Mein Körper erstarrte, während in meinem Inneren widerstreitende Impulse miteinander rangen. Ich richtete den Blick wieder auf den Mann, der neben mir kauerte. Sein Gesicht war schweißüberströmt und schmerzverzerrt, in seinem Oberschenkel klafft e eine blutende Wunde. Seine Lippen zitterten, seine Augen waren vor Angst geweitet, als wisse er, was bevorstand. Ich schloss die Hand fester um das Griffstück meiner Pistole. Mein Finger tippte unentschlossen an den Abzug, als sei er glühend heiß.
Munro hatte recht.
Wir mussten uns zurückziehen, ehe es zu spät war. Aber -
Wieder schlugen Geschosse in die Wände um mich herum ein.
« Das ist nicht Ziel unserer Mission », sagte ich tonlos in das Mikrophon, den Blick starr auf meine verwundete Beute gerichtet. « Ich muss versuchen - »
« Was versuchen? », versetzte Munro. « Ihn rauszutragen? Sind Sie vielleicht Superman? » Ein anhaltendes Rattern drang aus dem Headset und hämmerte wie ein Pressluftbohrer auf mein Trommelfell ein. Dann wieder Munros eindringliche Stimme. « Knallen Sie den Hurensohn endlich ab, Reilly. Tun Sie es. Sie haben gehört, was er getan hat. ‹ Im Vergleich dazu wird Meth so langweilig wie Aspirin erscheinen ›, erinnern Sie sich? Und Sie haben Skrupel, diesen Dreckskerl aus dem Weg zu schaffen? Wollen Sie ihn lieber laufen lassen, ist das Ihr Beitrag zur Verbesserung der Welt? Wohl kaum. Das wollen weder Sie noch ich auf dem Gewissen haben. Wir sind hergekommen, um eine Aufgabe zu erfüllen. Wir haben unsere Befehle. Wir befinden uns im Krieg, und er ist der Feind. Also vergessen Sie Ihre blödsinnige Moral, knallen Sie den Mistkerl ab und machen Sie, dass Sie wegkommen. Ich warte nicht länger. »
Seine Worte hallten noch in meinem Schädel wider, als die nächste Salve die Rückwand des Labors aufriss. In einem Hagel von Holzsplittern und Glasscherben warf ich mich zu Boden und suchte hinter einem der Laborschränke Deckung. Mein Blick huschte zu dem Wissenschaftler hinüber. Keine Frage, Munro hatte recht. Es gab keine Möglichkeit, ihn mitzunehmen. Nicht mit dieser Verletzung. Nicht, wenn wir vor einer kleinen Armee kokainwütiger banditos fliehen mussten.
Verdammt, so hatte es nicht laufen sollen.
Es sollte ein schneller, klinischer Eingriff werden, ausgeführt von mir, Munro und den übrigen sechs kampferprobten Jungs unseres OCDETF-Kommandos. OCDETF stand für Organized Crime Drug Enforcement Task Force, die Einsatztruppe zur Bekämpfung organisierter Drogenkriminalität, ein Regierungsprogramm, in dem die Kräfte von elf Behörden vereinigt wurden, darunter meine, das FBI, und Munros DEA, die Drogenbehörde. Wir sollten im Schutz der Dunkelheit unbemerkt auf das Gelände vordringen, McKinnon finden und rausholen. Das heißt ihn und seine Forschungsergebnisse. So weit, so gut, jedenfalls was das unbemerkte Vordringen aufs Gelände betraf. Der Einsatz war allerdings nach McKinnons unerwartetem Anruf in aller Hast geplant worden. Viel Zeit zur Vorbereitung war uns nicht geblieben, und die Informationen, die wir über das abgelegene Drogenlabor beschaffen konnten, waren vage, aber ich rechnete uns dennoch ganz gute Chancen aus. Immerhin waren wir entsprechend ausgerüstet - Maschinenpistolen mit Schalldämpfern, Nachtsichtbrillen, schusssichere Westen. Über uns kreiste eine Überwachungsdrohne. Außerdem hatten wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite. Und wir hatten in unseren nunmehr vier Monaten in Mexiko bereits mehrmals ziemlich erfolgreiche Überraschungsangriffe auf andere Labors durchgeführt.
Schnell rein und schnell wieder raus, glatt und sauber.
Was das « Rein » betraf, lief auch alles wie am Schnürchen. Aber dann kam uns McKinnons Last-Minute-Überraschung in die Quere, Munro drehte durch, der Wissenschaftler bekam einen Schuss in den Oberschenkel, und damit war das « Raus » gründlich vermasselt.
Copyright © 2012 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
Durango, Vizekönigreich Neuspanien (heutiges Mexiko) 1741 Grauen befiel Álvaro de Padilla, als seine Visionen sich auflösten und seine müden Augen allmählich wieder klar zu sehen begannen.
Der Jesuitenpater fragte sich, in was für eine Welt er jetzt eintrat. Die Ungewissheit machte ihm Angst, war zugleich jedoch auf seltsame Weise berauschend. Er hörte seinen eigenen stoßweisen Atem, fühlte den Puls seines wild hämmernden Herzens in den Schläfen und versuchte sich zu beruhigen. Allmählich nahm seine Umgebung wieder Gestalt an. Als seine Finger das Stroh der Matt e erspürten, auf der er lag, wusste er, dass er von seiner Reise zurückgekehrt war.
Seine Wangen fühlten sich eigenartig an, und als er sie mit den Fingern berührte, erkannte er, dass sie tränenüberströmt waren. Dann wurde ihm bewusst, dass auch sein Rücken nass war, als habe er nicht auf einem trockenen Bett, sondern in einer Pfütze gelegen. Er fragte sich, woher das kam, überlegte, ob der Rücken seiner Soutane schweißdurchtränkt war, doch gleich darauf bemerkte er, dass auch seine Beine nass waren, und er begann zu zweifeln, ob das Schweiß war.
Was er gerade erlebt hatte, war ihm unbegreiflich.
Er versuchte sich aufzusetzen, aber alle Kraft schien aus seinem Körper gewichen. Er hatte den Kopf kaum von der Matte gehoben, als dieser bleischwer wurde und wieder auf das Strohbett zurückfiel.
« Bleibt liegen », sagte Eusebio de Salvatierra. « Euer Geist und Körper brauchen Zeit, sich zu erholen. »
Álvaro schloss die Augen, aber der Schock, der ihn noch immer durchströmte, ließ sich nicht verdrängen.
Er hätte es nicht geglaubt, wenn er es nicht selbst erlebt hätt e. Doch das hatte er soeben, und es war verstörend, erschreckend und ... verblüff end. Ein Teil von ihm wagte kaum darüber nachzudenken, während ein anderer Teil verzweifelt danach drängte, es noch einmal zu erleben, jetzt, sofort. Noch einmal in das Unmögliche eintauchen. Aber der schroff e, disziplinierte Teil von ihm trat das Flämmchen dieser kranken Vorstellung rasch aus und brachte ihn wieder auf den Pfad der Tugend zurück, dem er sein Leben geweiht hatte.
Er sah Eusebio an. Sein Mitbruder lächelte ihm zu, sein Gesicht ein Inbild der Gelassenheit.
« Ich komme in einer oder zwei Stunden zurück, wenn Ihr wieder ein wenig zu Kräften gekommen seid. » Der Priester nickte ihm ermutigend zu. « Für das erste Mal habt Ihr Euch gut gehalten, mein alter Freund. Wirklich sehr gut. »
Álvaro fühlte, wie die Angst wieder von ihm Besitz ergriff. « Was habt Ihr mit mir gemacht? »
Eusebio musterte ihn mit einem beseelten Blick, dann legte er die Stirn in nachdenkliche Falten. « Ich fürchte, ich habe eine Tür geöffnet, die Ihr vielleicht nie wieder werdet schließen können. »
Mehr als zehn Jahre waren vergangen, seit sie gemeinsam hierher nach Nueva España - Neuspanien - gekommen waren, ordinierte Priester der Gesellschaft Jesu, ausgesandt von ihren Ältesten in Kastilien, um die mittlerweile langjährige Tradition fortzusetzen, in noch nicht erschlossenen Gebieten Missionen aufzubauen. Ihre Aufgabe war es, die armen Seelen der Eingeborenen aus der Dunkelheit ihres Götzenkultes und ihrer heidnischen Verderbtheit zu erretten.
Es war eine Herausforderung, aber sie waren nicht die Ersten. In der Nachfolge der conquistadores waren seit mehr als zweihundert Jahren franziskanische, dominikanische und jesuitische Missionare in die Neue Welt aufgebrochen, und nach zahlreichen Kriegen und Aufständen waren viele Eingeborenenstämme von den Kolonisatoren unterworfen und in die Kultur der Spanier und der Mischlinge, mestizos, eingegliedert worden. Gleichwohl gab es noch viel Arbeit zu tun und viele Stämme zu bekehren.
Mit der Hilfe von bereits Bekehrten errichteten Álvaro und Eusebio ihre Mission in einem üppigen, bewaldeten Tal tief in den Falten der Sierra Madre Occidental, im Kerngebiet des Stammes der Wixáritari. Mit der Zeit wuchs die Mission. Mehr und mehr kleine Gemeinschaft en, die isoliert überall in den wilden Bergen und Schluchten lebten, schlossen sich ihrer congregación an. Die Priester bauten eine enge Bindung zu diesen Menschen auf, und gemeinsam hatten Álvaro und Eusebio Tausende Eingeborener getauft. Anders als die Franziskaner, die von den Indianern erwarteten, europäische Lebensweisen und Wertvorstellungen zu übernehmen, folgten die zwei Priester der jesuitischen Tradition, den Indianern viel von ihrer früheren Kultur zu lassen. Sie lehrten die Menschen den Gebrauch von Pflug und Axt und machten sie mit Bewässerungssystemen, neuen Feldfrüchten und Viehhaltung vertraut. All das trug entscheidend zur Verbesserung der Lebensbedingungen bei und brachte den Priestern die Achtung und Dankbarkeit der Eingeborenen ein.
Hinzu kam, dass Eusebio, anders als der strenge Álvaro, ein warmherziger, leutseliger Mann war. Die Eingeborenen nannten ihn seiner bloßen Füße und der schlichten Kleidung wegen Motoliana, « armer Mann », und gegen Álvaros Rat hatte er den Namen angenommen. Er lebte die Leitsätze vor, die er predigte. Seine Bescheidenheit, sein vorbildlicher Lebenswandel und seine wohldurchdachten Äußerungen machten großen Eindruck auf die Eingeborenen. Bald stand er sogar in dem Ruf, Wunder zu tun.
Es begann während einer Dürre, die die bevorstehende Ernte der Eingeborenen zu vernichten drohte. Eusebio riet ihnen, in einer Prozession zur Missionskirche zu ziehen, mit Gebeten und ausgiebigen Geißelungen. Bald regnete es in Strömen, und die Ernte fiel sogar besonders reichlich aus. Das Wunder wiederholte sich ein paar Jahre später, als die Region unter zu starken Regenfällen litt. Auch dieses Unheil wurde durch ähnliche Maßnahmen abgewendet, und Eusebios Ansehen wuchs. All das führte dazu, dass sich ihm allmählich Türen öffneten.
Türen, die vielleicht besser verschlossen geblieben wären.
Als die anfangs zurückhaltenden Eingeborenen sich ihm nach und nach öffneten, fühlte Eusebio sich immer mehr in ihre Welt hineingezogen. Was als Bekehrungsmission begonnen hatte, wurde zu einer aufgeschlossenen Entdeckungsreise für ihn selbst. Er fing an, Ausflüge tief in die Wälder und Schluchten der unwirtlichen Berge zu unternehmen, er wagte sich in Gegenden, in die noch nie ein Europäer vorgedrungen war, und begegnete Stämmen, die Fremde normalerweise mit einer Pfeil- oder Speerspitze empfingen.
Von seiner letzten Reise kehrte er nie zurück.
Fast ein Jahr nach seinem Verschwinden brach Álvaro, der das Schlimmste befürchtete, mit einer kleinen Gruppe Eingeborener auf, nach seinem verschollenen Freund zu suchen. So kam es, dass sie nun hier an einem kleinen Feuer vor dem strohgedeckten xirixi des Stammes, dem Gotteshaus der Ahnen, saßen und über das Unmögliche sprachen.
« Mir scheint, Ihr seid für diese Leute eine Art Hohepriester geworden, oder täusche ich mich? »
Álvaro war erschüttert über seine Erfahrung. Auch wenn das Essen seinem Körper wieder etwas Kraft zurückgegeben und das Feuer ihn gewärmt und seine Soutane getrocknet hatte, war er nach wie vor höchst aufgebracht.
« Sie haben mir mehr gezeigt, als ich ihnen jemals zeigen könnte », erwiderte Eusebio.
Álvaros Augen weiteten sich vor Schreck. « Aber - mein Gott, Ihr übernehmt ihre Sitten, ihre gotteslästerlichen Ideen. » Er schien geradezu verängstigt. Dann beugte er sich vor und zog die Augenbrauen zusammen. « Hört mir zu, Eusebio. Ihr müsst diesem Wahnsinn ein Ende machen. Sofort. Ihr müsst diesen Ort verlassen und mit mir zur Mission zurückkehren. »
Eusebio sah seinen Freund an, und Mutlosigkeit befiel ihn. Ja, es war schön, seinen alten Gefährten wiederzusehen, und es freute ihn, Álvaro an seiner Entdeckung teilhaben zu lassen. Doch er begann sich zu fragen, ob er nicht einen gewaltigen Fehler begangen hatte.
« Es tut mir leid, aber das kann ich nicht », sagte Eusebio ruhig. « Noch nicht. »
Er konnte seinem Freund nicht erklären, dass er noch eine Menge von diesen Leuten zu lernen hatte. Dinge, die er nicht im Traum für möglich gehalten hätt e. Er war überrascht gewesen, als er entdeckte - langsam, Schritt für Schritt und seinen tief verwurzelten Überzeugungen zum Trotz -, welch starke Verbindung die Eingeborenen zu ihrem Land hatten, zu den Lebewesen, mit denen sie es teilten, und zu den Kräften, die von ihm auszugehen schienen. Er hatte mit ihnen über die Erschaffung der Welt gesprochen, über das Paradies und den Sündenfall. Er hatte ihnen von der Fleischwerdung und der Sühne erzählt. Sie hatten im Gegenzug ihre Einsichten mit ihm geteilt. Und was er hörte, rüttelte ihn auf. Für seine Gastgeber standen die Welt der Sterblichen und die mystischen Sphären in Wechselbeziehung miteinander. Was ihm normal erschien, hielten sie für übernatürlich. Und was sie ganz selbstverständlich als normal - als die Wahrheit - betrachteten, kam ihm vor wie magische Vorstellungen.
Zu Anfang.
Jetzt wusste er es besser.
Diese Wilden, das hatte er erkannt, waren edle Menschen. «
Ihre medicina zu nehmen, ihre heiligen Tränke », sagte er zu Álvaro, « hat mir neue Welten eröffnet. Was Ihr eben erlebt habt, ist erst der Anfang. Ihr könnt nicht erwarten, dass ich einer solchen Offenbarung den Rücken kehre. »
« Ihr müsst », beharrte Álvaro. « Ihr müsst mit mir zurückkehren. Jetzt, ehe es zu spät ist. Und wir dürfen nie wieder über das hier sprechen. »
Eusebio fuhr überrascht zurück. « Nicht darüber sprechen? Denkt nach, Álvaro. Gerade über das hier müssen wir sprechen. Wir müssen es studieren und begreifen und beherrschen lernen, damit wir dieses Wissen mitnehmen und nach unserer Rückkehr mit unserem eigenen Volk teilen können. »
Auf Álvaros Gesicht zeichnete sich Entsetzen ab. « Es mit unserem Volk teilen? » Er spie die Worte aus wie Gift. « Ihr wollt anderen von dieser, dieser ... dieser Blasphemie erzählen? »
« Diese Blasphemie ist eine Erleuchtung. Eine höhere Wahrheit, die sie erfahren müssen. »
Álvaro war jetzt außer sich vor Zorn. « Eusebio, ich warne Euch », zischte er. « Der Teufel hat mit seinem Elixier seine Klauen tief in Euch geschlagen. Ihr droht in Verdammnis zu fallen, mein Bruder. Ich kann das nicht tatenlos mitansehen, bei Euch nicht und auch sonst bei keinem Glaubensbruder. Ihr müsst errettet werden. »
« Ich habe die Pforten des Himmels bereits durchschritten, mein alter Freund », entgegnete Eusebio ruhig. « Und die Aussicht von hier ist atemberaubend. »
Es dauerte fünf Monate, bis Álvaro eine Nachricht an den Erzbischof und den Prälat-Vizekönig in Mexiko-Stadt geschickt, ihre Antworten erhalten und seine Männer zusammengerufen hatte, und so war es Winter, als er an der Spitze einer kleinen Armee erneut in die Berge aufbrach.
Um seinen Freund aufzuhalten.
Um seinen frevlerischen Ideen ein Ende zu machen, koste es, was es wolle.
Um dem Teufel mit seinen heimtückischen Versuchungen das Handwerk zu legen und seinen Freund vor der ewigen Verdammnis zu bewahren.
Bewaffnet mit Bogen, Pfeilen und Musketen, erklomm die vereinigte Streitmacht aus Spaniern und Indianern die ersten Ausläufer der Sierra. Die steilen, unwegsamen Pfade waren von dichtem, verfilztem Gestrüpp bedeckt. Winterregen hatte die Wege, die gewunden an den zerklüfteten Bergen hinaufführten, zu tiefen, steinigen Kanälen ausgewaschen, und herabhängende Äste erschwerten das Vorankommen zusätzlich. Man hatte sie gewarnt, es gebe in dieser Gegend Berglöwen, Jaguare und Bären, aber die einzigen Lebewesen, denen sie begegneten, waren gierige zopilote-Geier, die über ihren Köpfen kreisten und auf ein blutiges Festmahl lauerten, und Skorpione, die sie bis in ihren unruhigen Schlaf verfolgten.
Je höher sie aufstiegen, umso kälter wurde es. Den Spaniern setzte die Kälte schwer zu, sie waren ein viel wärmeres Klima gewohnt. Tagsüber kämpft en sie sich über nasse, felsige Hänge voran, nachts kauerten sie um ihre Lagerfeuer, bis sie sich endlich, Meile um beschwerliche Meile, dem dichten Wald um die Siedlung näherten, in der Álvaro Eusebio zuletzt gesehen hatte.
Zu ihrem Erstaunen fanden sie die Pfade, die sich durch den Wald schlängelten, von gewaltigen Baumstämmen versperrt, die offenbar von den Eingeborenen gefällt worden waren. Der Befehlshaber der Truppe, der einen Hinterhalt befürchtete, wies seine Männer an, das Tempo zu verlangsamen, was ihr Leiden noch verlängerte. Die Nerven aufs äußerste angespannt, krochen sie zwischen den dichten Trauerkiefern durch einen düsteren Wald. Nach drei quälenden, zermürbenden Wochen erreichten sie endlich die Siedlung.
Es war niemand dort.
Die Eingeborenen und Eusebio waren verschwunden.
Álvaro gab nicht auf. Er trieb seine Männer weiter, und die eingeborenen Fährtenleser verfolgten die Spur des Stammes durch die Gebirgsfalten der Sierra, bis sie am vierten Tag an eine tiefe barranca kamen. Über die Schlucht, an deren Grund ein Fluss toste, war eine Hängebrücke gespannt gewesen.
Die Seile der Brücke waren durchtrennt.
Es führte kein Weg hinüber.
Überwältigt von Zorn und Verzweiflung starrte Álvaro auf die Seile, die über die Felskante hingen.
Er sah seinen Freund nie wieder.
II
Mexiko
Vor fünf Jahren
« Drücken Sie verdammt noch mal ab und sehen Sie zu, dass Sie hier rauskommen », blafft e Munro in mein Headset. « Wir müssen verschwinden, SOFORT! »
Was du nicht sagst.
Ich sah mich hastig nach allen Seiten um. Von überall auf dem Gelände ertönten Dreiersalven und lange anhaltendes Rattern von Maschinengewehren. Dann drangen ein paar dumpfe Einschläge und ein gequältes Stöhnen aus dem Sprechfunk, und ich wusste, dass es wieder einen aus unserem Acht-Mann-Team erwischt hatte.
Mein Körper erstarrte, während in meinem Inneren widerstreitende Impulse miteinander rangen. Ich richtete den Blick wieder auf den Mann, der neben mir kauerte. Sein Gesicht war schweißüberströmt und schmerzverzerrt, in seinem Oberschenkel klafft e eine blutende Wunde. Seine Lippen zitterten, seine Augen waren vor Angst geweitet, als wisse er, was bevorstand. Ich schloss die Hand fester um das Griffstück meiner Pistole. Mein Finger tippte unentschlossen an den Abzug, als sei er glühend heiß.
Munro hatte recht.
Wir mussten uns zurückziehen, ehe es zu spät war. Aber -
Wieder schlugen Geschosse in die Wände um mich herum ein.
« Das ist nicht Ziel unserer Mission », sagte ich tonlos in das Mikrophon, den Blick starr auf meine verwundete Beute gerichtet. « Ich muss versuchen - »
« Was versuchen? », versetzte Munro. « Ihn rauszutragen? Sind Sie vielleicht Superman? » Ein anhaltendes Rattern drang aus dem Headset und hämmerte wie ein Pressluftbohrer auf mein Trommelfell ein. Dann wieder Munros eindringliche Stimme. « Knallen Sie den Hurensohn endlich ab, Reilly. Tun Sie es. Sie haben gehört, was er getan hat. ‹ Im Vergleich dazu wird Meth so langweilig wie Aspirin erscheinen ›, erinnern Sie sich? Und Sie haben Skrupel, diesen Dreckskerl aus dem Weg zu schaffen? Wollen Sie ihn lieber laufen lassen, ist das Ihr Beitrag zur Verbesserung der Welt? Wohl kaum. Das wollen weder Sie noch ich auf dem Gewissen haben. Wir sind hergekommen, um eine Aufgabe zu erfüllen. Wir haben unsere Befehle. Wir befinden uns im Krieg, und er ist der Feind. Also vergessen Sie Ihre blödsinnige Moral, knallen Sie den Mistkerl ab und machen Sie, dass Sie wegkommen. Ich warte nicht länger. »
Seine Worte hallten noch in meinem Schädel wider, als die nächste Salve die Rückwand des Labors aufriss. In einem Hagel von Holzsplittern und Glasscherben warf ich mich zu Boden und suchte hinter einem der Laborschränke Deckung. Mein Blick huschte zu dem Wissenschaftler hinüber. Keine Frage, Munro hatte recht. Es gab keine Möglichkeit, ihn mitzunehmen. Nicht mit dieser Verletzung. Nicht, wenn wir vor einer kleinen Armee kokainwütiger banditos fliehen mussten.
Verdammt, so hatte es nicht laufen sollen.
Es sollte ein schneller, klinischer Eingriff werden, ausgeführt von mir, Munro und den übrigen sechs kampferprobten Jungs unseres OCDETF-Kommandos. OCDETF stand für Organized Crime Drug Enforcement Task Force, die Einsatztruppe zur Bekämpfung organisierter Drogenkriminalität, ein Regierungsprogramm, in dem die Kräfte von elf Behörden vereinigt wurden, darunter meine, das FBI, und Munros DEA, die Drogenbehörde. Wir sollten im Schutz der Dunkelheit unbemerkt auf das Gelände vordringen, McKinnon finden und rausholen. Das heißt ihn und seine Forschungsergebnisse. So weit, so gut, jedenfalls was das unbemerkte Vordringen aufs Gelände betraf. Der Einsatz war allerdings nach McKinnons unerwartetem Anruf in aller Hast geplant worden. Viel Zeit zur Vorbereitung war uns nicht geblieben, und die Informationen, die wir über das abgelegene Drogenlabor beschaffen konnten, waren vage, aber ich rechnete uns dennoch ganz gute Chancen aus. Immerhin waren wir entsprechend ausgerüstet - Maschinenpistolen mit Schalldämpfern, Nachtsichtbrillen, schusssichere Westen. Über uns kreiste eine Überwachungsdrohne. Außerdem hatten wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite. Und wir hatten in unseren nunmehr vier Monaten in Mexiko bereits mehrmals ziemlich erfolgreiche Überraschungsangriffe auf andere Labors durchgeführt.
Schnell rein und schnell wieder raus, glatt und sauber.
Was das « Rein » betraf, lief auch alles wie am Schnürchen. Aber dann kam uns McKinnons Last-Minute-Überraschung in die Quere, Munro drehte durch, der Wissenschaftler bekam einen Schuss in den Oberschenkel, und damit war das « Raus » gründlich vermasselt.
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Autoren-Porträt von Raymond Khoury
Khoury, RaymondRaymond Khoury, im Libanon geboren, wuchs in den USA auf. Raymond Khoury, im Libanon geboren, wuchs in den USA auf. Er studierte Architektur und arbeitete in der Finanzbranche, bevor sein erster Roman «Scriptum» erschien. «Scriptum» wurde in 35 Sprachen übersetzt und erreichte eine Weltgesamtauflage von 5 Millionen. In Deutschland stand «Scriptum» monatelang auf Platz eins der Bestsellerliste.
Bibliographische Angaben
- Autor: Raymond Khoury
- 2012, Neuausg., 510 Seiten, Masse: 12,5 x 19 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzung: Schünemann, Anja
- Übersetzer: Anja Schünemann
- Verlag: Rowohlt TB.
- ISBN-10: 3499259761
- ISBN-13: 9783499259760
- Erscheinungsdatum: 01.11.2012
Rezension zu „Memoria / Geheimnis der Templer Bd.3 “
Khourys Roman ist randvoll mit Non-stop-Thrill und genügend Tod, Verderben und Spannung, um jeden Leser zu packen. bookreporter.de
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