Eine Stimme für Frühchen

Vorwort von Sabine Schreiber(...)Während ich dies hier im Arztzimmer sitzend schreibe, alarmiert im Nebenzimmer unzähligeMale der Monitor unseres aktuellen Sorgenkindes. Die kleine Rica ist wenige Stunden alt und auch sie ist winzig. 940 g wiegt sie.Aufgrund von Komplikationen in der Schwangerschaft musste Rica plötzlich vorzeitig auf die Welt geholt werden, um ihr Leben und das Ihrer Mutter zu schützen. Dabei wären noch 12 Wochen Zeit gewesen bis zum eigentlichen Geburtstermin. Nun liegt die kleine Rica im Inkubator und schlägt sich wacker mit ihrer Maske zur Atemunterstützung und den vielen Kabeln und Schläuchen. Doch seit einer Stunde nehmen trotz einiger Medikamente die Atempausen bei Rica zu. Besorgt erhöhen wir die Dosis der atemstimulierenden Medikamente und nehmen Rica Blut ab, um eine gefährliche Infektion auszuschliessen. Zum Glück diesbezüglich Entwarnung. Ricas Mama ist besorgt. Aber wir haben einen Plan für Rica und dafür brauchen wir die Hilfe ihrer Mama. Die Schwester bringt einen bequemen Sessel für Mama, legt ihr ihren kleinen Schatz mitsamt allen Kabeln und Maske zur Atemunterstützung bäuchlings auf die nackte Brust und deckt die kleine Rica mitsamt der Mutter kuschelig zu. Bei gedimmtem Licht dürfen die zwei jetzt kuscheln. Der Monitor alarmiert noch eine Weile häufiger, dann werden die Abstände zwischen den Alarmen grösser und grösser und plötzlich bemerke ich, lange keinen Alarm mehr gehört zu haben. Stattdessen höre ich eine leise sanfte Stimme von nebenan: "La le Lu, nur der Mann im Mond..." In unserer heutigen Neonatologie machen wir Grosses möglich.Winzige Winzlinge können medizinisch behandelt werden, wir haben gute Behandlungsmöglichkeiten für Komplikationen, sehr gute Gerätschaften, unzählige Medikamente, fachlich sehr kompetentes Pflegepersonal und bestens ausgebildete und erfahrene Ärzte. Und dennoch braucht es für unsere Frühstarter mehr. Und das sind SIE, liebe Eltern! Der Glücksfaktor für ihr Kind, für ihren kleinen Kämpfer im Inkubator,

Julia Schierhold ist Mutter von fünf Kindern, zwei davon späte Frühchen.Die eineiigen Zwillinge kamen in der 35. Schwangerschaftswoche zur Welt."Eine Stimme für Frühchen" ist das erste Buch der Diplom-Finanzwirtin. Zum Schreiben inspirierte sie die ehrenamtliche Arbeit im Bereich der Frühgeborenen.Dabei erfuhr sie von der Geschichte eines kleinen Mädchens, das gerade einmal 225 g wog. Ihr Vater sass an ihrem Bettchen und las ihr vor - jedoch gab es keine speziellen Bücher zum Vorlesen am Inkubator und so wurde die Idee zu diesem Buch geboren, das Eltern und Kinder auf ihrem langen, harten Weg unterstützt. Was es heisst, um das Leben eines Kindes zu bangen, weiss Julia aus eigener Erfahrung.Die 2002 geborene Tochter Antonia erkrankte im Alter von vier Jahren schwer an einer nicht beherrschbaren Epilepsie. Sie kämpft sich jeden Tag durch ihr Leben. Antonia hat lange Jahre von nur 12 g Kohlenhydraten am Tag gelebt - das hat ihre Anfälle um 75 % reduziert. Sie hat eine Integrativklasse an einer Waldorfschule besucht und arbeitet nun in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Aber nicht nur sie - sondern alle Kinder - zeigen der allein- erziehenden Mutter, dass nicht alles im Leben wie geplant läuft und dass Leben Liebe ist.