Die langen Arme
Roman
In rasantem Tempo erzählt Blogbuster-Gewinner Sebastian Guhr die Geschichte zweier aussergewöhnlicher Schwestern, die sich von starren Denkmustern nicht aufhalten lassen.
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Die langen Arme “
In rasantem Tempo erzählt Blogbuster-Gewinner Sebastian Guhr die Geschichte zweier aussergewöhnlicher Schwestern, die sich von starren Denkmustern nicht aufhalten lassen.
Klappentext zu „Die langen Arme “
Als Antje und Yvette ein weitverzweigtes Tunnelsystem unter ihrer DDR-Kleinstadt entdecken, können sie ihrem wissenschaftlichen Eifer endlich ungestört nachgehen und an ausgefallenen Apparaturen herumbasteln. Doch dann beobachtet Antje, wie ihre Schwester sich zunehmend verändert und einen gefährlichen, aber weltverändernden Plan fasst: Kann sie gar die Mauer zum Einsturz bringen?
Lese-Probe zu „Die langen Arme “
Die Welt von übermorgenIch hatte der erstbesten Arbeiterin meine Glückwunschkarte in die Hand gedrückt und dafür ein dickes Buch geschenkt bekommen, dessen Schutzumschlag die Erde und einen darum kreisenden Satelliten zeigte. Hinter der Frau ratterte das Fliessband weiter, und ich machte mir Sorgen über den Rückstand, den sie aufholen musste. Die Arbeiterin sagte noch etwas, aber ich wollte schnell fort. Ich drückte das Buch gegen meine Brust, rannte davon und fand mich in einer anderen Halle wieder. An einer Wand hingen Schutzbrillen, die mir gefielen, obwohl es nur billige Dinger aus Plastik waren. Ich blickte mich um, schnappte mir eine der Brillen - ich konnte sie bei meinen Experimenten gut gebrauchen -, schob sie in den Ärmel meines Pullovers und bemerkte erst jetzt, dass ein Wachmann mich beobachtete. Zum Glück glotzte der nur und begriff nichts, sodass ich genug Zeit hatte, mich unter eine andere Schulklasse zu mischen, die gerade dabei war, das Büromaschinenwerk zu verlassen.
Zu gehen, ohne etwas zu sagen, war eine schlechte Angewohnheit von mir. Aber nicht aus Gleichgültigkeit, sondern weil ich es vor Aufregung oft einfach vergass. Erst auf dem Feldweg zur Tongrube wurde ich ruhig genug, um das Geschehene zu überdenken. Hatte jedes Kind ein Buch bekommen? Oder war ich mit dem Klasseneigentum geflohen? Ich blickte zum Büromaschinenwerk zurück, dessen Flachbau nur noch als ein grauer Streifen am Horizont lag. Niemand war mir gefolgt. Ich wischte über den Buchumschlag und las erst jetzt den Titel: Die Welt von übermorgen. Das klang vielversprechend. Seit Yvette und ich das Teleskop gebaut hatten, interessierten wir uns für das Weltall, und damit auch für die Erde. Und im Gegensatz zu meiner kleinen Schwester interessierte ich mich auch für Menschen; sie waren so etwas wie schwarze Löcher für mich, sie machten mir Angst, zogen mich aber trotzdem an.
... mehr
Yvette sass mit geschlossenen Augen am Ufer der Tongrube, neben ihr miauten drei Katzen in einem Käfig. Da sie erst in die siebte Klasse ging, hatte sie noch keine Verpflichtungen gegenüber einer Patenbrigade. Ihre Füsse steckten bis zu den Knöcheln im Wasser, und in ihren Händen hielt sie ein Stück Käse, der durch zwei Plastikschläuche mit ihrer Nase verbunden war. Sie hatte die Augen geschlossen und machte ein Gesicht, als würde sie aufmerksam lauschen. Yvette war besessen davon, Düfte nicht nur zu riechen, sondern auch zu hören.
Als die Katzen mich sahen, fauchten sie mich an, während Yvette die Schläuche aus der Nase zog.
»Wartest du schon lang?«
»Nö.«
»Guck mal!« Ich hockte mich neben sie ans Ufer und zeigte ihr die Schutzbrille und das Buch. Die Brille untersuchte sie nur kurz, aber das Buch hielt sie sich zunächst unter die Nase, dann an ihr Ohr. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich ein paar Sekunden lang auf die Informationen, die im Papier steckten.
Anfangs hatte ich mich darüber lustig gemacht, dass Yvette angeblich Gerüche hören konnte, bis ich diese Fähigkeit bei mir selbst entdeckte. Ich blieb allerdings eine Dilettantin und nahm mein synästhetisches Talent hin wie einen Fuss, der von Geburt an nur vier Zehen hat, oder wie eine tiefe Stimme, für die man ja auch nichts kann. Yvette dagegen trainierte ihre Begabung.
»Schade«, sagte sie endlich. »Das ist es nicht, nein.«
Sie schüttelte enttäuscht den Kopf. »Kommt nicht an den Käse ran ... weiss nicht ... Käsegebläse.«
Mit der Sprache, die ich oder Vater oder die Leute in der Stadt benutzten, hatte Yvette schon immer ihre Probleme. Sie formulierte selten einen vollständigen Satz, und sprach ausserdem sehr schnell.
»Es ist zum Lesen gemacht«, sagte ich, »nicht zum Riechen.« Ich nahm ihr das Buch aus der Hand und schlug es an einer beliebigen Stelle auf.&l
Yvette sass mit geschlossenen Augen am Ufer der Tongrube, neben ihr miauten drei Katzen in einem Käfig. Da sie erst in die siebte Klasse ging, hatte sie noch keine Verpflichtungen gegenüber einer Patenbrigade. Ihre Füsse steckten bis zu den Knöcheln im Wasser, und in ihren Händen hielt sie ein Stück Käse, der durch zwei Plastikschläuche mit ihrer Nase verbunden war. Sie hatte die Augen geschlossen und machte ein Gesicht, als würde sie aufmerksam lauschen. Yvette war besessen davon, Düfte nicht nur zu riechen, sondern auch zu hören.
Als die Katzen mich sahen, fauchten sie mich an, während Yvette die Schläuche aus der Nase zog.
»Wartest du schon lang?«
»Nö.«
»Guck mal!« Ich hockte mich neben sie ans Ufer und zeigte ihr die Schutzbrille und das Buch. Die Brille untersuchte sie nur kurz, aber das Buch hielt sie sich zunächst unter die Nase, dann an ihr Ohr. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich ein paar Sekunden lang auf die Informationen, die im Papier steckten.
Anfangs hatte ich mich darüber lustig gemacht, dass Yvette angeblich Gerüche hören konnte, bis ich diese Fähigkeit bei mir selbst entdeckte. Ich blieb allerdings eine Dilettantin und nahm mein synästhetisches Talent hin wie einen Fuss, der von Geburt an nur vier Zehen hat, oder wie eine tiefe Stimme, für die man ja auch nichts kann. Yvette dagegen trainierte ihre Begabung.
»Schade«, sagte sie endlich. »Das ist es nicht, nein.«
Sie schüttelte enttäuscht den Kopf. »Kommt nicht an den Käse ran ... weiss nicht ... Käsegebläse.«
Mit der Sprache, die ich oder Vater oder die Leute in der Stadt benutzten, hatte Yvette schon immer ihre Probleme. Sie formulierte selten einen vollständigen Satz, und sprach ausserdem sehr schnell.
»Es ist zum Lesen gemacht«, sagte ich, »nicht zum Riechen.« Ich nahm ihr das Buch aus der Hand und schlug es an einer beliebigen Stelle auf.&l
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Autoren-Porträt von Sebastian Guhr
Sebastian Guhr wurde 1983 in Berlin geboren, wo er Philosophieund Germanistik studierte. Er veröffentlichte mehrere Romane undwar 2018 Gewinner des Blogbuster-Preises. Sebastian Guhr lebt in Berlin.
Bibliographische Angaben
- Autor: Sebastian Guhr
- 2019, 1. Auflage, neue Ausgabe, 176 Seiten, Masse: 12,2 x 18,3 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Kein & Aber
- ISBN-10: 3036958096
- ISBN-13: 9783036958095
- Erscheinungsdatum: 01.10.2019
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