Der Engel des Patriarchen
Emmanuela, Mitte vierzig, verwitwet, ein erwachsener Sohn, ist eine moderne, selbstbewusste Frau, die als Leiterin einer Bankfiliale in Port-au-Prince mitten im Leben steht und mit den Erzählungen ihrer Cousine Paula, genannt Couz, nichts anfangen kann. Sie...
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Produktinformationen zu „Der Engel des Patriarchen “
Klappentext zu „Der Engel des Patriarchen “
Emmanuela, Mitte vierzig, verwitwet, ein erwachsener Sohn, ist eine moderne, selbstbewusste Frau, die als Leiterin einer Bankfiliale in Port-au-Prince mitten im Leben steht und mit den Erzählungen ihrer Cousine Paula, genannt Couz, nichts anfangen kann. Sie hält die Geschichten von Engeln, Dämonen und einem Fluch, der auf der Familie lasten soll, für Spintisierereien. Dennoch muss sie zugeben, dass um sie herum seltsame Dinge geschehen. Irgendetwas ist "anwesend", dringt in ihr Leben und das ihres Sohnes ein, beginnt ein zerstörerisches Werk. Sollte Couz Recht haben und der "Engel des Patriarchen" neue Opfer fordern?Kettly Mars' neuer Roman zieht den Leser in einen Strudel aus Emotionen und überraschenden Wendungen. Die düstere Faszination hält bis zur letzten Seite an.
Lese-Probe zu „Der Engel des Patriarchen “
In der stickigen Wärme des kleinen Büros wurde [Jacques] um fünfundsechzig Jahre zurückversetzt, wie er als kleiner Junge in kurzen Hosen barfuss unter der blendenden Sonne durch die Savanne von Truitier lief. Es waren Sommerferien, sein Bruder, seine beiden Schwestern und er verbrachten sie im Haus ihres Grossvaters auf den Ländereien, die sich über Hunderte carreaux de terre mit Reis- und Zuckerrohrfeldern erstreckten. [...] Jacquot war allein und erforschte die Ruinen der stillgelegten Zuckerfabrik seines Grossvaters, die etwa vierhundert Meter vom Wohnhaus entfernt im hitzeflimmernden Gestrüpp lag. Ein paar Sekunden lang vergass Jacques den Schmerz in seiner Brust. Er vergass diesen verdammten Rauch, der ihn erstickte. Andere Düfte, die schwarze sandige Erde von Truitier, vermischt mit Kuhfladen und dem Zitronenund Uringeruch riesiger blühender tcha-tcha-Sträucher stiegen ihm in die Nase. Die Männer waren bereits am Ort, als er, versunken in die Betrachtung des verrosteten Getriebes einer Zuckerrohrmühle, ihre Anwesenheit wahrnahm. Reflexartig hatte er sich hinter dem rostigen Wrack eines Zuckerkessels versteckt. Es war den Kindern verboten, sich vom Haupthaus zu entfernen, sie durften sich nie ausser Sicht der Sippe befinden, die im grossen Hof um das Haus des Patriarchen angesiedelt war. Die Gruppe bestand aus seinem Grossvater Horacius Melfort, Notar Victorin Orlando, Doktor Nathaniel Séphasse und zwei weiteren Erwachsenen, die er nicht kannte. Sie trugen Strassenanzüge, flache Strohhüte und, wie üblich bei den Alten, Schuhe in zwei Farben. Sie redeten lebhaft und schienen eine wichtige Frage zu erörtern. Jacques konnte weder alles hören, noch alles verstehen, aber Fetzen der Unterhaltung erreichten ihn deutlich. Er hörte vom Marquis von Truitier reden. Er fragte sich, wer das sein könnte. Man wollte dem Marquis, der ungeduldig wurde, ein Lamm opfern. »Wann?«, fragte Notar Orlando. »Spätestens morgen!«, antwortete energisch der eine der Fremden mit den dicken
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zerzausten Brauen und dem stechenden Blick. »Es eilt. Wir haben schon zu lange gezaudert!« »Pst! Leiser! Man kann uns hören!«, sagte der andere Fremde, der kränklich wirkte und seine vorstehenden Augen nach rechts und links verdrehte. Jacques machte sich hinter dem Zuckerkessel noch kleiner. Das Kind hörte Worte wie Bankrott ... Feinde ... Wahlen. Es konnte die fiebernde Eile spüren, die die Männer in einer mit Händen zu greifenden Anspannung hielt. Und plötzlich, es riss die Augen auf, hörte es seinen Namen. Doktor Séphasse bat seinen Grossvater, das Lamm zu bezeichnen. Es entstand eine lange Stille. Drei Fliegen schwirrten um den Hut von Notar Orlando, die er mit einer ärgerlichen Handbewegung verjagte. Darauf liess der alte, gebeugte Mann mit seiner krächzenden Stimme hören: »Jacquot!« »Sehr gut!«, stimmte der Mann mit den zerzausten Augenbrauen zu, »der Marquis wirdzufrieden sein. Aber diesmal, Magistrat, keine Hinhaltemanöver!«, sagte er streng und suchte den Blick von Horacius Melfort, der die Augen senkte. Jacques wurde am selben Abend krank, litt an schrecklichen Koliken und weigerte sich eine ganze Woche lang, sein Bett zu verlassen. Die Medikamente, die ihm seine Mutter auf Anordnung des guten Doktor Séphasse verabreichte, schienen ihm keinerlei Linderung zu bringen. Er sagte niemandem etwas, und als sein Bammel vorüber und die Ferien zu Ende waren, vergass er die Geschichte. Immerhin erzählte er viele Jahre später seiner grossen Schwester Paula davon, die spirituelle Fähigkeiten besass. Sie sagte ihm, sie habe von den Älteren eine Version der Geschichte vom Pakt ihres Grossvaters gehört. Das war eine immer mit sparsamen Worten geflüsterte Geschichte zwischen Mythos und Realität. Sie sagte, dass ihre Leben davon geprägt seien. Der Marquis von Truitier sei in Wirklichkeit das Pseudonym, mit dem diese Männer aus Diskretion den Engel Yvo belegten. Fünfundsechzig Jahre später waren seine Abgesandten zur Stelle, hier in dem kleinen Büro, im immer dichter werdenden Rauch. I
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Bibliographische Angaben
- Autor: Kettly Mars
- Altersempfehlung: Ab 14 Jahre
- 2019, 256 Seiten, Masse: 13,4 x 21,3 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzer: Ingeborg Schmutte
- Verlag: litradukt
- ISBN-10: 3940435317
- ISBN-13: 9783940435316
- Erscheinungsdatum: 18.10.2019
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