Auf der Pfaueninsel
"Über Preußen und seine Geschichte ist in den vergangenen Jahren viel geschrieben worden. Aber noch nie, soweit zu sehen, wurde der Versuch unternommen, die preußische Geschichte, ihre...
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"Über Preußen und seine Geschichte ist in den vergangenen Jahren viel geschrieben worden. Aber noch nie, soweit zu sehen, wurde der Versuch unternommen, die preußische Geschichte, ihre Höhepunkte und Niederungen, aus der Perspektive eines einzigen Schauplatzes darzustellen, eines winzigen Ortes, der mit dem großen Kurfürsten in die Geschichte trat und mit Hitlers Untergang wieder aus der Geschichte verschwand." Die Zeit
Die Pfaueninsel, die lange Zeit nur eine unter vielen Inseln im Flusslauf der Havel war, wird erst durch die wunderliche Liebhaberei eines Kurfürsten und dann durch die unerlaubte Liebschaft eines Prinzen in die Geschichte geholt. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts ist die Pfaueninsel im Besitz des Hauses Hohenzollern und mit den Namen von preußischen Königen und Künstlern verbunden.
Sie erweist sich als ein Schauplatz preußischer Geschichte, von dem tatsächliche wie legendenhafte, große wie unbedeutende Ereignisse überliefert sind. Es ist der Ort, wo Alchimisten ihr dunkles Handwerk trieben, preußische Prinzen vor der Revolution von 1848 Zuflucht suchten und Hitlers Adjutanten das Testament des Diktators aus dem eingeschlossenen Berlin nach draußen brachten.
Dieser zum Klassiker gewordene Essay Wolf Jobst Siedlers, vor Jahren in der Reihe "Corso" und später als Fotobildband erschienen, wird nun als schöner, mit historischen Illustrationen geschmückter Geschenkband neu aufgelegt.
. Schön gestaltete und liebevoll illustrierte Neuausgabe.
. Preußische Geschichte aus ungewohnter Perspektive.
. Ein klassisch gewordener Essay Wolf Jobst Siedlers.
»Über Preussen und seine Geschichte ist in den vergangenen Jahren viel geschrieben worden. Aber noch nie, soweit zu sehen, wurde der Versuch unternommen, die preussische Geschichte, ihre Höhepunkte und Niederungen, aus der Perspektive eines einzigen Schauplatzes darzustellen, eines winzigen Ortes, der mit dem grossen Kurfürsten in die Geschichte trat und mit Hitlers Untergang wieder aus der Geschichte verschwand.« Die Zeit
Die Pfaueninsel, die lange Zeit nur eine unter vielen Inseln im Flusslauf der Havel war, wird erst durch die wunderliche Liebhaberei eines Kurfürsten und dann durch die unerlaubte Liebschaft eines Prinzen in die Geschichte geholt. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts ist die Pfaueninsel im Besitz des Hauses Hohenzollern und mit den Namen von preussischen Königen und Künstlern verbunden.
Sie erweist sich als ein Schauplatz preussischer Geschichte, von dem tatsächliche wie legendenhafte, grosse wie unbedeutende Ereignisse überliefert sind. Es ist der Ort, wo Alchimisten ihr dunkles Handwerk trieben, preussische Prinzen vor der Revolution von 1848 Zuflucht suchten und Hitlers Adjutanten das Testament des Diktators aus dem eingeschlossenen Berlin nach draussen brachten.
Dieser zum Klassiker gewordene Essay Wolf Jobst Siedlers, vor Jahren in der Reihe »Corso« und später als Fotobildband erschienen, wird nun als schöner, mit historischen Illustrationen geschmückter Geschenkband neu aufgelegt.
- Schön gestaltete und liebevoll illustrierte Neuausgabe.
- Preussische Geschichte aus ungewohnter Perspektive.
- Ein klassisch gewordener Essay Wolf Jobst Siedlers.
Ausstattung: mit zahlreichen Abbildungen
Auf der Pfaueninsel von Wolf Jobst Siedler
LESEPROBE
DIE GESCHICHTE, auch die grosse,verdichtet sich mitunter am kleinen Ort. Die Schlacht von Waterloo, die nichtnur über das Schicksal des Kaisers entschied, sondern die Ordnung Europas fürein halbes Jahrhundert festlegte, zog sich in den Mittagsstunden in dem Kampfum den Gasthof zusammen, der den schicksalhaften Namen Belle Alliance trug; immer wieder wurde er genommen und verloren.Sind noch Steine vorhanden? Suchend wandert man über die Felder bei Brüssel.
Ein dreiviertel Jahrtausend zuvorlagerten beide Heere einen Tag lang am Nebenfluss des Salto, als Konradin sich anschickte, nach dem Erbe derVäter zu greifen. Weder der Staufer noch Karl von Anjou setzten über die hölzerne Brücke, die den tiefeingegrabenen Wasserlauf überspannte; wer den Steg beschritt, musste die eigene Formation auflösen. So ritt der Schwabe ananderer Stelle durch das Bachbett auf jenen Weg, der ihn nach Tagliacozzo und schliesslich nach Neapel führte. Abernirgendwo eine Brücke, kein Fluss, nicht einmal dasSteilufer. Versunken, eingeebnet, verweht wie der Jüngling und wie die Staufer.
Die Geschichte ist vollerunscheinbarer Plätze dieser Art, an denen sich, obgleich selber ohneGeschichte, Geschichte vollzogen hat. In diesem Sinne halten Häuser, Bäume undInseln vielerlei Erinnerungen für den Reisenden bereit, sind Geheimschlüsselzur Öffnung vergangener Welten. Selbst der Wandel von Natur markiertGeschichte. So muss sich der Reisende beim Besuch von Agrigent oder Selinunt stetsvergegenwärtigen, dass die Tempelbezirke in alter Zeitinmitten von Buchenund Eichenwäldern standen. Es iströmische Hinterlassenschaft und maurisches Erbe, was an mediterranem Wuchsheute die Küsten säumt. Tatsächlich nimmt die Seele das Land der Griechenbesser als das Auge wahr.
In diesem Sinne lässtsich Geschichte erfahren, wohin immer der Schritt uns führt. So ist derVersuch dieses Bandes als Übung in der Aneignung des Beiläufigen gemeint. Einbelangloser Flecken in der Umgebung Berlins, ein schilfiges Eiland inmittender Havel, ruft dem inneren Auge Ereignisse herauf, die selbst dessen Geschickberührt haben, der den Namen Pfaueninsel nie gehört hat.
Auch in Miniaturen dieser Art liessesich Geschichte erfassen, auf andere, nicht mindere Weise als der des Historikers.
UND IMMER WIEDER Feuer über derInsel. Mit schwelendem Brand und beissendem Qualm tritt sie in die Geschichte.Die Rauchsäule steht so hoch über dem schilfigen Dickicht, dassdie Leute nicht nur im weiter flussaufwärts gelegenenKladow, sondern auch unten beim Gut Sakrow, wo man Fasanen- und Pfauenzucht treibt, denschwefligen Geruch schmecken und von dem Unwesen sprechen, das auf dem Eilandgetrieben wird, heiklen Prozeduren mit Zaubersprüchen bei Mondlicht.
Der Feuerschein eines ausbrennendenSchiffes erleuchtet weithin die nächtliche Wasserfläche, als sie zum letztenMal in der Geschichte ist. Ein Kurierflugzeug kreist in Wipfelhöhe um die Ufer,ein Flugboot wassert, Männer paddeln, vom flackernden Licht explodierender Munitionaus dem Dunkel gerissen. Dann ein Maschinengewehr aus der Gegend von Moorlakeher, schliesslich Stille. Die Insel sinkt ins Dunkle.
Dazwischen liegen drei Jahrhunderte.Bedenkliche Liebesfeste zwischen halben Kindern, die sich zu Eltern machen,sommerliche Idyllen eines Königspaares, dann der Kaiser und der König. Auf demKiesgrund vor dem Schloss deklamiert Demoiselle Rachelvor Zar Nikolaus Racines »Phädra«, und der Kaiser küsst der französischen Tragödin im Angesicht der Zarin dieHand und verzeiht, dass sie während derRevolutionsjahre als »Göttin der Freiheit« von der Bühne herab die Marseillaisegesungen. Ein paar Jahrzehnte später, und eintausend Gäste sind auf dem Rasenversammelt. Eine italienische Nacht, die Regierung hat geladen, Lampions machendie Kronen der Bäume zu Kandelabern, Dutzende von Mädchen in Pagenkostümen der Renaissance geleiten die Ankommenden zuihren Tischen, darunter die Söhne Mussolinis.
Dann wird Geschichte wieder zuNatur. Schilfumstandene Uferränder, weite Rasenflächen, hier und da Ruinenzerfallender Gebäude und ein paar Pfauen. Das Wärmereservoir der sich weitendenWasserfläche lässt Bäume zu, wie sie sonst hier obenim Norden nur in Botanischen Gärten gedeihen. Ins Geschichtslose gesunken, istdie Insel wieder, was sie war, bevor sie die Laune eines Prinzen entdeckte - einPlatz für Angler und Spaziergänger und Liebesleute, deren Schiff im UfergestrüppVerborgenheit sucht.
Die Pfaueninsel, die lange alsKaninchenwerder eine der vielen belanglosen Inseln im hier und da sichweitenden Flusslauf der Havel war, wird erst durch diewunderliche Liebhaberei eines Kurfürsten und dann durch die unerlaubteLiebschaft eines Prinzen in die Geschichte geholt. Aber auch da ist sie mehrderen Kulisse als deren Bühne; Monarchen und deren Gäste suchen hier Zuflucht,wenn ihnen die Weltgeschichte Zeit dazu lässt, Könige,Zaren und schliesslich auch der letzte Kaiser, den Deutschland erleben soll.Zum Schluss geht die wirkliche Geschichte über siehinweg. Die letzten Sendboten des Mannes, der Deutschland ruinieren wird,machen hier Station, bevor sie ihre Flucht in den rettenden Westen fortsetzen.
Dann ist die Insel plötzlich einFlecken im Niemandsland, Bojen markieren die Grenze zweier Weltmächte, nureinen Steinwurf weit von ihrem Schilfgürtel. Am Ende, als die Geschichte wiedergegangen ist, sinkt die Insel erneut in die Belanglosigkeit. Nur Spaziergängersuchen sie heim, Liebesleute finden Zuflucht in ihren Buchten. Aufs neue wird sie, was sie so lange war, bevor die Laune derZeit sie entdeckte - nichts als ein sandiges Überbleibsel der Eiszeit, derenWasser sich an diesem Ort verliefen. Lindwerder, Kälberwerder, Schwanenwerder -viele von ihnen gibt es hier im silbrig schimmernden Wasser der Havel. Diesehier aber ist eine Insel im Strom der Zeit.
DIE INSEL, wenig mehr alszwölfhundert Meter in der Länge und keine fünfhundert in der Breite, gehört zujenen Plätzen, die mit den Zeiten ihre Namen wechseln. Als sie Mitte des siebzehntenJahrhunderts aus der Namenlosigkeit auftaucht, nennen die Leute sie Kaninchenwerder,weil der Grosse Kurfürst, der Sieger von Fehrbellin, hier wie überall im Lande »Canienengärten« angelegt hat, wozu ein stattlichesHegerhaus gebaut worden ist. Bei sechs Groschen das Stück und achthundertKaninchen erwirtschaftete man zweihundert Thaler imJahr für die Kurfürstliche Kasse.
Insel und Zucht gehören zu dem amöstlichen Ufer gelegenen »Churfürstlichen Lustgut Glincken«,dessen Mitte ein Jagdschloss ist, das man dann in denfolgenden zweieinhalb Jahrhunderten immer wieder umbauen wird, bis es Anfangdes zwanzigsten jene Missgestalt erhält, in der esheute seine Besucher empfängt.
Es gibt Schlösser im Abgelegenen undsogar Unauffindbaren, zu denen ihre Bewohner Wege ziehen und Alleen bauenlassen müssen; andere verdanken ihr Dasein bequemen Chausseen, die denfürstlichen Besitzern ein leichtes Hingelangen ermöglichen. Das eine trifft fürmanche italienische Villen zu, das andere für die meisten märkischen Landsitze.An längst vorhandenen Landstrassen liegen sie wie aufgereiht, zumal an dem Weg,der von Berlin nach Potsdam oder mitunter, wie unter Friedrich, von Potsdamnach Berlin führt.
Zuerst also ist das alte Jagdschloss Glincken da, spät ersttritt gleich gegenüber auf der anderen Seite der Chaussee, die jeder von Berlinkommende Reisende nach Potsdam nehmen muss, das neueKlein-Glienicke hinzu, und schliesslich, einen Steinwurf weiter stromabwärts, dasvorletzte Schloss, das sich Preussens Dynastie baut, Babelsberg,im schottischen Tudor-Stil. Hier wird der zur Abdankung entschlossene KönigBismarck zum Ministerpräsidenten machen. Die preussischen Dinge nehmen eineWendung ins Grosse, aber nachher weiss man nicht, ob das ein Glück war.
Noch ein Schlosswerden sich die Hohenzollern bauen, gleich drüben auf der anderen Seite, amJungfern-See. Aber das geschieht schon im ersten grossen Krieg, der das Endeder Monarchie bringen wird. Der Kronprinz, der es im englischen Landhausstilerbaut und es, als er 1917 einzieht, nach seiner Frau »Cecilienhof« nennt,wird nicht mehr auf den Thron kommen; aber er wohnt hier bis in das Ende deszweiten grossen Krieges hinein. Dann kommen drei alte Männer und schaffen nichtnur Preussen, sondern das Deutsche Reich ab. Das Spiel ist zu Ende, das sichhier in der milden Seen- und Hügellandschaft seine Märchenwelt geschaffenhatte.
Die lehmige Landstrasse, die seitewigen Zeiten die beiden Residenzen verbindet, führt gerade an dieser Stelleüber den Fluss, weil der sich hier auf Steinwurfweiteverengt. Die massiven Bohlen des Brückenwerks, das ja nicht nur die Gespanneder Fuhrleute und die Wagen der Hofgesellschaft aushalten muss,sondern auch die Hufe der Potsdamer Schwadronen, werden seit fast zweihundertJahren schon immer wieder geteert und erneuert. In den Jahrhunderten zuvorbesorgte ein Fährmann das Übersetzen.
Es wird noch einmal zweiJahrhunderte dauern, bis die schweren Balken den Quadern einer Steinbrücke Platzmachen, die der königliche Baurat Schinkel selber gezeichnet hat. Übrigens wirdsie weit kürzer halten als das Holzwerk zuvor; sehr bald schon muss sie des unaufhörlich steigenden Verkehrs zwischenPotsdam und Berlin wegen durch eine moderne Eisenkonstruktion ersetzt werden,die dann, als für vier lange Jahrzehnte ihre Benutzung verwehrt war, »Brückeder Einheit« hiess.
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© SiedlerVerlag
- Autor: Wolf J. Siedler
- 2007, 3. Aufl., 111 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Masse: 12,6 x 20,8 cm, Leinen, Deutsch
- Verlag: Siedler
- ISBN-10: 3886808696
- ISBN-13: 9783886808694
- Erscheinungsdatum: 21.02.2007
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