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Preis der Macht

Sabine Ebert über Fürstinnen, die nicht "systemkonform" waren, Recht und Unrecht im Mittelalter und warum der Blick zurück so wichtig ist.

Mit einer Gesamtauflage von 4 Mio Büchern ist Sabine Ebert eine der erfolgreichsten Autorinnen historischer Romane. Jetzt erscheint ihr neues Werk, das Finale der "Schwert und Krone"-Saga: "Preis der Macht". Foto: © FinePic, Helmut Henkensiefken

Die Leidenschaft steckt im Detail

Ein romantisches Liebesabenteuer vor historischer Kulisse – das ist nicht Sabine Eberts Sache. Das Mittelalter verklären möchte sie nicht. Lieber aufklären, neugierig machen, wahre Geschichte zum Leben erwecken. Denn historische Genauigkeit und Details faszinieren sie selbst am meisten. "Mir ist es wichtig, dass wir unsere Geschichte kennen, dass wir wissen, wie unsere Vorfahren lebten und wie hart sie Dinge erkämpften, die uns heute selbstverständlich sind", erklärt sie im Weltbild Interview (weiter unten). Das Streben nach Macht oder die Tatsache, dass Kriege die Ärmsten am härtesten treffen, das seien alles "wiederkehrende Muster, aus denen wir auch etwas über das Heute lernen können", so die Bestsellerautorin.

Krönender Abschluss: Das Finale der "Schwert und Krone"-Saga

Grosse Erfolge feierte die ehemalige Journalistin Sabine Ebert bereits mit ihrer fünfteiligen Hebammen-Saga, deren erster Band, "Das Geheimnis der Hebamme", auch von der ARD verfilmt wurde. Anfang 2017 erschien ihr Roman "Schwert und Krone – Meister der Täuschung" als Auftakt einer Reihe über den Aufstieg Friedrich Barbarossas im 12. Jahrhundert. Ab sofort ist der fünfte und finale Band erhältlich. "Preis der Macht" beginnt dort, wo Teil 4 endete, im Jahr 1167, beim desaströsen Italien-Feldzug Friedrich Barbarossas. Nur mit Mühe entkommt das Kaiserpaar über die Alpen. Doch dort warten bereits neue Konflikte und Machtkämpfe.

Tipp: Sie wollen gleich weiterlesen?

Sie haben Band 5, "Preis der Macht", bereits verschlungen? Dann ist das der beste Zeitpunkt, um mit der "Hebammen"-Saga zu beginnen! Denn im 5. Band der "Schwert und Krone"-Reihe lässt Sabine Ebert die Handlungsstränge ihrer beiden grossen Mittelalter-Reihen zusammenlaufen. Die "Hebammen"-Bände schliessen sich chronologisch an die "Schwert und Krone"-Reihe an.

Bestsellerautorin Sabine Ebert über Fürstinnen, die nicht "systemkonform" waren, Recht und Unrecht im Mittelalter und warum der Blick zurück so wichtig ist.

Was für ein Mensch war Friedrich Barbarossa? Was weiss man über ihn und was haben Sie ihm "angedichtet"?

Sabine Ebert: Zeitgenossen schildern ihn als charismatischen, gutaussehenden Mann, begnadeten Reiter und gefürchteten Heerführer. Er regierte fast vierzig Jahre als König bzw. Kaiser. Ihm heute ein Denkmal zu setzen, kann nicht meine Aufgabe sein - schon wegen der Grausamkeit seiner Kriegsführung, auch wenn man einräumen muss, dass damals alle Seiten derart gnadenlos vorgingen. Er strebte energisch nach Macht, liess keine Kränkung ungerächt, doch im Gegensatz zum herkömmlichen Bild konnte er sich dieser Macht nie sicher sein, sondern musste die Fürsten für sich gewinnen. Das schafft Spannungen, die der Geschichte jähe Wendungen geben. Fast gar nichts wissen wir über seine erste Frau, Adela von Vohburg, deren Spuren die staufische Geschichtsschreibung gründlich getilgt hat. Doch gibt es einige Anhaltspunkte, aus denen ich ihr Bild formen kann.

Das Mittelalter war ja eine Männerwelt, einfache Frauen im Vergleich zu heute rechtlos. Wie erschaffen Sie Ihre Frauenfiguren im Roman, obwohl wir über die Fürstinnen jener Zeit nur wenig wissen?

Sabine Ebert: Wir kennen kaum die Geburtsjahre der Fürsten und Könige, geschweige denn die ihrer Frauen. Die Geschichtsschreibung reduziert sie im Wesentlichen auf das Gebären von Kindern, von Erben. Wenn eine Fürstin einmal in einer Chronik erwähnt wird – abgesehen von Lobgesängen über ihre Frömmigkeit –, dann deshalb, weil sie sich nicht systemkonform verhielt. Diese Bemerkungen muss man sorgfältig ausloten. Es gab durchaus Frauen an der Seite mächtiger Männer, die mitregierten – wie Kaiserin Richenza. Doch das durfte sie nur, weil ihr Mann dies erlaubte. Auch andere Fürstinnen, wenngleich sicher nicht alle, nahmen Einfluss auf ihre Ehemänner. Doch sie mussten das sehr diplomatisch tun, um ihre Männer vor den Gefolgsleuten nicht blosszustellen.

Die "Schwert und Krone"-Saga fasst insgesamt ca. 3.000 Seiten und verwebt zahlreiche Schicksale – historischer Persönlichkeiten sowie fiktiver. Wie schafft man es eigentlich, Struktur in so ein grosses Figurenensemble zu bringen?

Sabine Ebert: Diesmal erzähle ich die Geschichte aus der Perspektive der Fürsten und ihrer Frauen. Das heisst, zunächst muss ich eine ausführliche Zeittafel über wichtige Stationen ihres Lebens und ihrer Regentschaft erarbeiten ... Wann und wo sie sich ihre Lebenswege und Interessen kreuzten, welcher Konflikte zwischen ihnen bestanden. Das sind dann die Momente, die ich in Szene setze. Dass im letzten Band alle Handlungsstränge und Lebensläufe zu Ende erzählt werden, gelingt auch deshalb, weil ich praktisch schon von der ersten Szene des ersten Bandes an auf dieses Finale zuarbeite. Die Kernpunkte des Geschehens filtriere ich bereits, bevor ich beginne zu schreiben, und vertiefe danach meine Recherchen. Dabei finde ich stets viele weitere interessante Details, die noch Eingang finden.

Sie beschwören für uns eine Vergangenheit herauf, die faszinierend fremd und auch erschreckend brutal ist. Wie anders waren die Menschen im 12. Jahrhundert tatsächlich?

Sabine Ebert: Die Lebens- und Vorstellungswelt der Menschen war bis in die intimsten Details von der Kirche dominiert. Es gab keine Selbstbestimmung, und geheiratet wurde nicht aus Liebe, sondern aus dynastischen und finanziellen Gründen. Die Frauen waren nicht rechtsmündig und hatten zu gehorchen. Mädchen galten mit zwölf als heiratsfähig, seine Frau zu verprügeln, war „gutes Recht“ des Mannes. Unvorstellbar heute für uns! Und auch die Rechtsprechung war aus unserer Sicht extrem grausam. Die Menschen damals empfanden es jedoch als gerecht, wenn jemand hart bestraft wurde, der ein Brot gestohlen hatte – weil dieser Diebstahl zum Hungertod des Bestohlenen führen konnte. Andererseits gab und gibt es wohl zu jeder Zeit Liebe und Hass, Angst und Mut, Neid und Barmherzigkeit.

Sie sagen: "Geschichte verwurzelt uns, schafft Identität und lässt uns das Heute besser verstehen." Was können wir aus der "Schwert und Krone"-Reihe für uns heute mitnehmen?

Sabine Ebert: Wir brauchen den Blick auf unsere Geschichte, denn das sind unsere Wurzeln. Ein Grundmotiv der Reihe lautet: Wer an die Macht will, muss es auch wirklich wollen, mit allen Mitteln. Ist das heute so anders? Eine weitere Botschaft: Krieg ist eine furchtbare Sache und trifft die Armen am schlimmsten. Keiner kann ihm entkommen. Krieg verroht. Und in all der Grausamkeit lässt uns nur Barmherzigkeit Menschen bleiben.
Mir ist es wichtig, dass wir unsere Geschichte kennen, dass wir wissen, wie unsere Vorfahren lebten und wie hart sie Dinge erkämpften, die uns heute selbstverständlich sind. Es gibt wiederkehrende Muster, aus denen wir auch etwas über das Heute lernen können. Und ein Blick zurück lässt uns Errungenschaften der modernen Zeit viel mehr wertschätzen.