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Dolly Röschli: Zwischen Himmel und Erde

Das schweizer Medium im Interview über Ängste, das Sterben und ihre Mission

Schon als Kind konnte sie Verstorbene sehen: Dolly Röschli spielte mit ihrem Urgrossvater Jakob, obwohl dieser schon lange tot war. Und es blieb nicht bei den Besuchen des Urgrossvaters. Immer wieder zeigten sich ihr Geistwesen, im Zug, im Restaurant, während eines Rockkonzerts. In den ersten 20 Jahren ihres Lebens war diese Gabe für die Schweizerin ein Fluch und sie fühlte sich überfordert, hatte Angst verrückt zu werden.

Heute arbeitet die dreifache Mutter als Medium im Zürcher Oberland mit einer eigenen Praxis. In ihrem neuen Buch "Hallo, Jenseits" erzählt sie von ihrem nicht immer einfachen Weg dahin. Sie musste lernen, ihre Fähigkeit mit dem Jenseits zu kommunizieren anzunehmen und sie zu kontrollieren. Inzwischen ist sie überzeugt: Wir sind nie allein und wir müssen uns vor dem Jenseits nicht fürchten. Im Interview spricht sie über ihren für Aussenstehende unglaublichen Draht "nach drüben".

Dolly Röschli im Gespräch über ihr soeben erschienenes Buch „Hallo, Jenseits“

Frau Röschli, Sie sind ...

Dolly Röschli: … bitte entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche, aber können wir uns nicht du sagen? Ich fühle mich im du wohler und biete dieses auch all meinen Kundinnen und Kunden an. Dolly ist übrigens wirklich mein Taufname. Mein Vater gab ihn mir in Erinnerung an seine Cousine Dolores.

Danke für das Du, das ich gerne annehmen, also: Dolly, du bist frisch gebackene Autorin. Wie fühlt sich das an?

Dolly Röschli: Ich muss ehrlich sagen, ich habe gemischte Gefühle. Einerseits freue mich sehr, das Buch nach beinahe zwei Jahren intensiver Arbeit endlich in Händen zu halten. Andererseits habe ich aber auch Respekt vor den Reaktionen, die kommen werden. Auch weil sie nicht nur mir gelten werden, sondern wohl auch meinem Mann und meinen drei Kindern.

Wie bist du auf die Idee gekommen ein Buch zu schreiben?

Dolly Röschli: Es war nicht so, dass ich eines morgens aufgestanden bin und gesagt habe, jetzt schreibe ich ein Buch …

Sondern?

Dolly Röschli: Es waren vielmehr Kundinnen und Kunden sowie Freunde und Freundinnen von mir, die mich über Jahre hinweg immer wieder gedrängt haben, ein Buch zu schreiben. Zudem werde ich häufig gefragt, wie es ist, Verstorbene zu sehen, wie ich mit meiner Gabe umgehe und wie alles begonnen hat. Zudem hatte ich immer das starke Gefühl, dass ich eine Verpflichtung habe, mein Wissen weiterzugeben. Den Start für das Buch habe ich aber lange Zeit vor mich hergeschoben. Vor allem, weil ich warten wollte bis meine Kinder grösser und selbständiger sind. Und jetzt wo es soweit ist, bin ich froh, das Projekt in Angriff genommen zu haben.

Wusstest du bereits früh, dass du später einmal als Medium arbeiten wirst?

Dolly Röschli: Als Teenager konnte ich mir nicht vorstellen, diese Arbeit einmal auszuüben. Ich hatte lange Zeit Angst vor meiner Gabe. Es war nicht leicht Verstorbene zu sehen, die ganz offensichtlich niemand anderer sehen konnte, ich war damit masslos überfordert. Während meiner Kindheit hatte ich deshalb nur ein Ziel: Ich wollte meine Fähigkeit loswerden und so wie alle anderen sein. Ich lenkte mich intensiv ab und vergrub mich in Büchern, spielte oft Klavier und betrieb intensiv Sport. Doch meine Fähigkeiten liessen sich nicht unterdrücken. Ich musste lernen zu akzeptieren, dass ich etwas kann, das andere nicht können. Der Weg dorthin war nicht immer einfach.

Es gibt reihenweise Bücher, die sich dem Thema Medialität widmen. Wieso sollte man ausgerechnet "Hallo, Jenseits" lesen?

Dolly Röschli: (lacht) Ja, das stimmt, es gibt wirklich viele Bücher zu diesem Thema. Mein Anliegen ist es, mein Wissen über das Sterben und das Leben danach weiterzugeben, denn je offener in einer Gesellschaft darüber gesprochen wird, desto leichter fällt es anzunehmen was eines Tages unweigerlich auf uns zukommen wird. Jeder von uns muss sich früher oder später mit dem eigenen Sterben auseinandersetzen und mir ist es ein grosses Bedürfnis einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Menschen die Angst vor dem Tod verlieren.

Wie geht deine Familie, dein Mann und eure drei Kinder, mit deinem Beruf um?

Dolly Röschli: Meine Familie kennt mich nicht anders, für sie ist es seit jeher völlig normal, dass ich mit Verstorbenen Kontakt aufnehmen kann. Manchmal versuchen meine Kinder, diese Gabe für sich zu nutzen und fragen mich, ob ich nicht dies oder jenes bei den Verstorbenen nachfragen könnte. Das mache ich natürlich nicht und sie verstehen inzwischen auch, dass es für uns alle wichtig ist, dass ich Arbeit und Privates trenne.

Du hast also ein ganz normales Privatleben?

Dolly Röschli: Ja, sicher, ein sehr normales. Ich führe kein Eremiten-Dasein und wir haben auch keine Räucherstäbchen oder Duftkerzen zu Hause.

Zurück zum Buch – was erfährt der Leser?

Dolly Röschli: Im ersten Teil des Buches erzähle ich von meinen persönlichen Erfahrungen, von meiner Kindheit und wie ich als Kleinkind zum ersten Mal Verstorbene sah und lernen musste, damit umzugehen. Im zweiten Teil des Buches erkläre ich, wie eine Sitzung abläuft, was man erwarten darf, wie ich Kontakt mit Verstorbenen aufnehme und wie ich mit ihnen kommuniziere. Im dritten Teil beschreibe ich das Sterben, wie dieser Prozess abläuft und gebe meine Erfahrungen und mein Wissen über das Jenseits weiter; sage, was uns erwartet und warum wir keine Angst haben müssen. Und gebe auch ein paar praktischen Übungen weiter, die uns näher zu uns selbst bringen können.

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