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  • 5 Sterne

    36 von 50 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Dreamworx, 25.03.2020

    Carola Neher wuchs in der rheinland-pfälzischen Provinz auf und ihr Leben scheint vorgezeichnet zu sein. Doch Carola rebelliert gegen die an sie gestellten Anforderungen aus der Familie und macht sich nach ein paar kleineren Engagements in der Provinz Anfang der 1920er Jahre auf nach Berlin, wo sie als Schauspielerin und Sängerin am Theater Erfolg haben möchte. Doch auch in Berlin macht sie erst einmal eine Durststrecke durch, bis sie den berühmten Autor Bertold Brecht kennenlernt, der sie schon bald zu seiner Muse und Geliebten macht, ihr zu Ruhm und Ansehen verhilft und in dessen „Dreigroschenoper“ er sie unsterblich machen will. Neher jedoch hat Brecht schnell durchschaut, der sich nimmt, was er kriegen kann und nicht gemacht ist für eine dauerhafte Beziehung. Stattdessen findet sie in dem feingeistigen Dichter Klabund ihre Liebe und heiratet ihn. Die Premiere der Dreigroschenoper wird sie nicht bestreiten, denn sie eilt nach Davos in die Schweiz, wo ihr Mann an Tuberkulose stirbt…
    Charlotte Roth hat mit „Die Königin von Berlin“ wieder einmal ihr grossartiges Können in die Waagschale geworfen, um Carola Neher, die bekannteste Theaterkünstlerin der Weimarer Republik, wieder lebendig werden zu lassen. Fesselnd und gefühlvoll zugleich lässt sie den Leser in das vergangene Jahrhundert abtauchen, um eine aussergewöhnliche Frau kennenzulernen, die für die Dinge kämpft, die sie liebt und ihr Leben in vollen Zügen auskostet. Roth hält sich sehr eng an die Autobiographie Nehers, doch drückt sie ihrer Geschichte mit ihrer besonderen Art, sie zu erzählen, und einer gelungenen fiktiven Mischung ihren ganz eigenen Stempel auf. Nicht nur Nehers Werdegang wurde akribisch recherchiert, sondern auch ihre Weggefährten, Liebschaften und zeitgenössische Künstler, die ihren Weg kreuzten. Gleichzeitig gelingt es ihr, den Leser in die Welt des Theaters zu entführen, wo er nicht als Zuschauer, sondern eher als Statist fungiert, der sich mit Neher eine Bühne teilt und sie bei ihrem Spiel beobachtet. Auch das damalige Lebensgefühl projiziert Roth einmalig, bringt die 20er Jahre wieder in die Gegenwart zurück und erlaubt einen Streifzug durchs Berlin der damaligen Zeit. Farbenprächtig und bildgewaltig wirkt die Geschichte wie ein Sog, dem man sich nicht entziehen kann, wobei auch die unterschiedlich gewählten Perspektiven dies forcieren.
    Roth lässt viele berühmte Persönlichkeiten wieder lebendig werden, damit der Leser sie in Aktion verfolgen und ihnen nachspüren kann. Carola Neher ist eine Frau mit eisernem Willen, Disziplin, Stärke und vor allem Mut, denn sie wagt sich aus einer biederen Welt hinaus ins Rampenlicht. Sie setzt auf Risiko, um ihren Traum zu leben. Carola ist nicht auf den Mund gefallen und recht selbstbewusst, was ihr einiges an Respekt einbringt. Brecht ist ein selbstverliebter und vor allem von sich selbst überzeugter Egomane und Frauenheld, der sich nicht anbinden lässt. Aber er ist auch eine künstlerische Grösse, dem das Theater noch heute einiges zu verdanken hat. Klabund oder besser Alfred Henschke ist ein feingeistiger und sensibler Mann, der eher unscheinbar im Hintergrund bleibt. Aber auch Lion Feuchtwanger, Elisabeth Bergner, Kurt Weill oder Hermann Scherchen bereichern die Geschichte mit ihren Auftritten.
    „Die Königin von Berlin“ ist eine Homage an eine in Vergessenheit geratene faszinierende und talentierte Künstlerin, die in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts die Theaterwelt auf den Kopf stellte. Lebendig, authentisch und jede Zeile wert. Absolute Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    25 von 44 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    LeLo2, 06.03.2020

    "Die Königin von Berlin" von Charlotte Roth ist wirklich ganz grosses Theater.

    Schon das Cover ist ein echter Blickfang und fängt sehr gut die Persönlichkeit von Carola Neher ein. Was mir an der Gestaltung des Romans besonders gefallen hat, ist die Idee mit einem "Grusswort Ihres Abendspielleiters" zu beginnen und dem ganzen Roman Züge eines Theaterstücks zu geben. Denn das ist der Roman: ganz grosses Theater. Und auch Carola Neher lebte allein dafür, so dass ein Roman, der sie würdigen soll, in Gestalt eines Theaterstücks einfach perfekt passt. Zudem zieht dieser tolle, packende Start den Leser gleich in den Bann der Geschichte. Das ist ausgesprochen gut gelungen.

    Bei der folgenden Erzählung wird das Leben von Carola in mehrere Akte geteilt. Durch die längst vergangene Handlung führen die Nachforschungen von Georg Becker, die er bei der Bibliothekarin Annette Dengler vertiefen will. Und so erfährt der "Zuschauer" nach und nach zusammen mit den beiden immer mehr über Carola als Persönlichkeit und wichtige Stationen ihres Lebens. Dabei ist der Schreibstil sehr unterhaltsam und witzig, spannend und mitreissend. Mit jeder Seite wurde es schwerer das Buch aus der Hand zu legen. Die Rahmenhandlung rund um Georg und Annette hätte es dennoch nicht gebraucht, denn die Spannung ging allein von Carola Neher und ihrem Leben aus. Mit Auftauchen der beiden wurde der Spannungsbogen unterbrochen, so dass ich in Versuchung war diese Episoden zu überblättern und direkt wieder in das Leben von Carola einzutauchen.

    Carola Neher hat eine faszinierende Energie und Zielstrebigkeit. Ihr ganzes Handeln und Sinnen ist darauf gerichtet eine erfolgreiche Schauspielerin zu sein. Nur kann sie sich ihrer vielen Rollen auch im privaten nicht entledigen und findet nicht so recht Zugang zu den Menschen in ihrem Leben. Und so fragt sie sich: "Bei mir funktioniert vielleicht etwas nicht so wie bei anderen Menschen. Was soll ich dagegen machen?"

    Dennoch gibt es zwei Männer, die eine grosse Rolle für sie spielen: Bertolt Brecht und Alfred Henschke.

    Bertolt Brecht sieht in ihr eine Seelenverwandte, seine Zwillingsschwester, die auch ausschliesslich für das Theater lebt. Und so verfolgt er über Jahre das Ziel mit ihr den Erfolg seines und ihres Lebens zu erreichen. In ihr Herz stiehlt sich dennoch ganz allmählich der eher erfolglose Alfred Henschke. Ihr Fredi, der sie sanft und bedingungslos liebt und ihr damit zeigt, was ihr von klein auf gefehlt hat. Die zarte Liebesgeschichte zwischen den beiden ist rührend.

    Neben all dem Glanz der Theaterwelt, werden auch zeitgeschichtliche Hintergründe aufgegriffen. Es ist interessant und schockierend, den langsamen Aufstieg Hitlers aufgrund von Missständen wie schwindendem Geldwert und Arbeitslosigkeit zu sehen. Ein deutlicher Schwerpunkt liegt jedoch auch dem Künstler- und Theaterleben der goldenen Zwanziger in Berlin.

    Für "Die Königin von Berlin" von Charlotte Roth kann ich eine begeisterte Leseempfehlung aussprechen. Es war faszinierend auf solch unterhaltsame Weise etwas über eine reale Persönlichkeit zu erfahren.

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  • 5 Sterne

    6 von 8 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Inge H., 02.06.2020

    Mal etwas völlig anderes!

    *Beurteilung*
    Ich muss gestehen, dass dies mein erster Charlotte Lyne Roman war und es ist gar nicht so einfach, dieses facettenreiche Buch zu beschreiben, weil ich mich ehrlich gesagt überhaupt nicht für Brecht und seine Werke, erst recht nicht für seine Muse Carola Neher interessiere. Es ist allein der vielschichtige Aufbau der Geschichte und der hervorragende Schreibstil der Autorin, der es mir angetan hat. Bereits die viel zu kurze Leseprobe bei Vorableben hatte mir sehr gut gefallen, besonders die Einleitung, weil die Autorin mich als Leserin persönlich angesprochen hatte. Es wirkte wie eine Szene im Theater und so holte Sie mich mehr oder weniger auf die Bühne. Das steigerte meine Laune und machte mich neugierig.

    Charlotte Lyne spricht den Leser als einen von vielen Zuschauer Ihres Publikums an und holt ihn damit auf ihre Bühne, wo zunächst einmal ein gewisser Georg Becker in Erscheinung tritt. Wir schreiben das Jahr 1979. Dieser Musiker versucht die Vergangenheit von Carola Neher zu ergründen und besucht dafür den kleinen pfälzischen Ort Weyher, wo er auf die liebe Annette trifft, die Bibliothekarin des Dorfes. Georg sucht hier nach Spuren von Carola Neher, deren Onkel in Weyher gelebt haben soll. Die beiden freunden sich schnell an und die liebe, junge Annette hilft ihm bei seiner Recherche. In den 1920er Jahren hatte Bertolt Brecht jene mir nichts sagende Carola als Schauspielerin für seine Theaterstücke entdeckt. Später wurde sie seine Muse und Geliebte. Durch diese erworbenen Kenntnisse über das Leben der Künstlerin beginnt Annette, ihr eigenes Leben zu überdenken. Und so pendelt der Roman zwischen beiden Erzählsträngen zeitlich und räumlich hin und her. Der Leser lernt viel über Bertolt Brecht und die damalige Kunst-, Literatur sowie Theaterszene, gleichzeitig begleiten wir die liebe Annette, die in einer völlig anderen Zeit aufgewachsen ist und trotzdem dafür kämpfen muss, ihre Wünsche zu realisieren. Fasziniert haben mich an diesem komplizierten Roman nicht die Fakten, sondern die Relativität und das Fiktive. Egal zu welcher Zeit man als Frau geboren wird, man hat immer sein Kreuz zu tragen und immer haben wir Weiber etwas zu meckern. Wir sind nie zufrieden mit dem was ist oder was wir haben.
    Ein Buch, nicht nur für Literatur und Theater interessierte Leserinnen und Leser geeignet, sondern auch für Querdenker. Die sollten sich vielleicht sogar noch mehr angesprochen fühlen.

    *Fazit*
    Der Schreibstil hat mich regelrecht begeistert. "Die Königin von Berlin" ist ein farbenprächtiges Porträt der Welt um Annette, Bertolt Brecht, Georg, Carola und Klabund, den habe ich ja ganz vergessen zu erwähnen, sorry, das ist auch so ein bunter Hund ... jedenfalls ist das Buch ganz perfekt in Szene gesetzt, überzeugend aufbereitet und so wirkt dieses Buch auch nach dem Einschlafen noch lange nach.

    © 2020 Frau-mit-Hut

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  • 4 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Bibliomarie, 06.03.2020

    Karoline Neher, geboren in der pfälzischen Provinz, hat nur ein Lebensziel: raus aus der Enge. Sie ist Schauspielerin, Sängerin und auch eine Femme fatale. Sie nimmt sich in den frühen Zwanziger Jahren, dass was ihr zusteht und für Sentimentalitäten hat sie keine Ader.

    Ihr Aufstieg ist kometenhaft. Sie verkehrt in den Kreisen Feuchtwanger, Wedekind, Weill, Brecht und Klabund, der wird ihr Ehemann, eine komplizierte und turbulente Zeit, für Brecht wird sie Muse und Geliebte. Er schrieb Rollen für sie und versagte doch kläglich, als sie Hilfe gebraucht hätte.

    Die Zwanziger Jahre waren auch ein politisch unruhige Zeit, Neher engagierte sich als Kommunistin und nach der Machtergreifung Hitlers ging sie mit ihrem zweiten Ehemann Anatol Becker zuerst nach Prag, später nach Moskau. Als Schauspielerin konnte sie nicht mehr arbeiten, im Zuge der „Säuberungen“ wurde Carola Neher verhaftet. Sie starb in einem Gefangenenlager in Russland an Typhus.

    Wie ein Theaterstück präsentiert Charlotte Roth ihren Roman um eine aussergewöhnliche Frau, damit stellt sie auch klar, dass sie keine Biografie vorlegt, sondern sich erzählerische Freiheit nimmt und die historisch belegten Ereignisse die Folie für ihren Roman sind.

    Charlotte Roth hat eine unglaublich mitreissende Art zu erzählen und ihr gelingt es, mich nach wenigen Seiten völlig in Bann zu ziehen. Auch wenn ich vorher nur sehr wenig über die Schauspielerin wusste, hat mich ihre Persönlichkeit fasziniert. Wäre Carola Neher 50 Jahre später geboren, sie wäre eine der grossen Figuren der Frauenbewegung geworden. Sie machte sich um Gleichberechtigung keine Gedanken – sie lebte sie, auch wenn der Preis dafür hoch war. Die Autorin hat die vielen Facetten dieser Frau in ihrem Roman gebündelt und damit eine Hauptfigur geschaffen, an der man sich auch reiben kann. Nur gleichgültig bleibt Carola Neher den Lesern nie.

    Eingebettet hat sie Carolas Geschichte in eine Rahmenhandlung, die zurück in die Pfalz führt. Dort taucht eines Tages Georg Becker auf, der sich für die Wurzeln der Familie Neher interessiert und mit der Bibliothekarin Anette Kontakt aufnimmt. Diese Einschübe sind ein Ruhepol und rundet diesen Roman ab.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    begine, 02.03.2020

    Turbulente Karriere
    Die Roman der Autorin Charlotte Roth lese ich immer wider gerne.
    Bei den neuen Buch „Die Königin von Berlin“ hatte ich erst bedenken, ob mich das Thema interessiert. In der Vorkriegszeit geht die Geschichte meist traurig aus.
    Die Schauspielerin Carola Neher war mir völlig unbekannt. Die Autorin bringt sie richtig gut in Szene. Wie Carola sich in die Filmszene einbringt ist witzig und spannend.
    Für ihre Kariere gibt sie alles. Sie arbeitet für Berthold Brecht, der in dieser Geschichte viel vorkommt.
    Ihre Liebe und Heirat mit dem Dichter Alfred Henschke wird turbulent und kurz.

    Ihr Sohn Georg kommt in diesem Roman auch zu Wort, dessen Leben nicht so einfach war.

    Charlotte Roth hat sich für diese interessante Lebensgeschichte gut informiert und brillant inszeniert.
    Es ist wieder ein unterhaltsamer lesenswerter Roman.

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  • 4 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    nicigirl85, 31.05.2020

    Titel: Eine vergessene Persönlichkeit zu neuem Leben erweckt...

    Als Fan von Charlotte Roth kam ich nicht umhin zu diesem Roman zu greifen, der irgendwie anders, aber dennoch gut ist.

    In der Geschichte geht es um Carola Neher, die vor dem zweiten Weltkrieg eine bekannte Schauspielerin war und heute beinahe vergessen scheint. Ihrem Traum hinterher jagend, lässt sie nichts unversucht, um ihr Schicksal zu meistern. Wird die Femme fatale die Liebe und das Glück finden?

    Da ich von Carola Neher zuvor noch nie etwas gehört hatte, war ich besonders neugierig auf den Roman.

    Zunächst einmal muss ich loben, dass der Roman wie eine Art Theatervorstellung gestaltet ist, unterteilt in Akte und versehen mit Zitaten. Ein Abendspielleiter startet und beendet die Handlung. So etwas habe ich zuvor noch nie gesehen und ich mochte die Idee sehr, passt sie doch hervorragend zu Brecht und zur Theaterschauspielerin.

    Die Handlung wird dem Leser über zwei Zeitebenen vermittelt. Wir begleiten Carola in den 20er Jahren und Ende der 70er Georg, der sich auf die Suche nach seiner Mutter begeben hat. Hier muss ich gestehen, dass die Geschehnisse rund um Carola deutlich fesselnder waren als Georgs Suche.

    Carola als schillernde Frauenfigur mochte ich sehr. Sie weiss was sie will und lässt sich nicht die Butter vom Brot nehmen. Ich empfand sie im Roman als Vorreiterin ihrer Zeit, denn nicht viele Frauen haben sich getraut ihren Eltern zu widersprechen und ihren eigenen Willen durchzusetzen.

    Georg hätte ich in der Geschichte ehrlich gesagt gar nicht gebraucht. Man empfindet wenig für ihn, so sehr steht er im Schatten seiner Mutter. Man spürt im gesamten Roman wie begeistert die Autorin von Frau Neher und dem Theater im Allgemeinen ist, dass Georg als Figur nur verlieren konnte. Ich bin ja sonst ein Fan von zwei Handlungssträngen, aber hier wäre dies nicht zwingend nötig gewesen.

    Ansonsten möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass es sich hier nicht um leichte Kost für Zwischendurch handelt, sondern durchaus anspruchsvoll ist. An die Sprachgewalt der Autorin muss man sich erst gewöhnen. Zu Beginn hatte ich ein paar Schwierigkeiten mich einzulesen, aber nach den ersten hundert Seiten kam ich dann in den richtigen Lesefluss. Dieses Buch ist eben doch anders als ihre historischen Romane, künstlerischer und nicht ganz so gefällig. Die vielen Namen zu Beginn haben mich auch einiges an Nerven gekostet, weil viele sehr ähnlich sind, aber letztlich habe ich mich rein gefunden.

    Frau Roth ist es gelungen meine Bildungslücke bezüglich Frau Neher zu schliessen, mich mehr mit Brecht und Co zu beschäftigen und mich zudem noch gut zu unterhalten. Was will man mehr?

    Das Glossar am Ende sorgte für noch mehr Klarheit. So etwas finde ich immer hilfreich und hätte sein Fehlen vermisst.

    Fazit: Ungewohnt anders und dennoch gut. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus. Gelungen!

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  • 5 Sterne

    4 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ulrike R., 03.05.2020

    München 1920: Karoline Neher ist noch sehr jung, als sie beschliesst der bürgerlichen Enge ihrer Herkunft zu entfliehen. Kurzerhand gibt sie ihre langweilige Arbeitsstelle bei der Bank auf, verlässt die Familie, entledigt sich ihres Vornamens. Ohne Geld und Plan verlässt sie mit dem nächsten Zug München. Als Carola setzt sie alles daran Schauspielerin zu werden. Es ist ein hartes Stück Arbeit, ein weiter Weg und es braucht sehr gute, auch intime Beziehungen, bis sie es schafft, dass Berlin ihr zu Füssen liegt in den letzten Jahren der Weimarer Republik.
    Die Königin von Berlin ist keine Biografie, schreibt die Autorin Charlotte Roth gleich zu Beginn ihres Romans in ihrem Grusswort als Abendspielleiter. Es ist ein Roman, der von einer Frau erzählt die für das Theater lebt. Was Biografen verboten ist, ist dem Romanautor gestattet. So folgt die Geschichte Carola Nehers ihrer eigenen Dramaturgie. Carola Neher lebte und spielte wirklich. Es ist dem erzählerischen Geschick der Autorin zuzuschreiben, dass alles was sie geschrieben hat, genau so hätte passieren können. Mit dieser gelungen Einleitung und dem Aufbau des Romans wie ein Theaterstück zu gestalten mit mehreren Akten und Vorhängen hat mich Charlotte Roth zum ersten Mal erwischt.
    Carola Neher war für ihre Zeit wohl eine besondere Frau. Sie ist nicht zu feige, ihrem Leben hinterherzuspringen, als es ihr davon zu schwimmen drohte. Sie weiss, ihre Talente und Reize dort einzusetzen, wo es nötig ist. „Ich werde schamlos sein müssen, sagt sie sich….Schamlos, ja. Aber nicht wahllos. Und der da gefällt mir nicht.“ Carola hält an einer Devise fest, die Karriere niemals für einen Mann aufzugeben. Bis diese Devise stark auf die Probe gestellt wird, als Carola auf Bertolt Brecht, den wohlbekannte Dramatiker, Begründer des epischen Theaters trifft und von ihm protegiert wird, und sie sich in den unscheinbaren und kränklichen Alfred Henschke, besser bekannt als Klabund, verliebt und diesen heiratet. Da wo mich Charlotte Roth zum zweiten Mal schwer erwischt hat, ist es als sie Klabund „Ich hab dich so lieb“ (mein Lieblingsgedicht) von Ringelnatz aufsagen lässt. Ich hab dich so lieb, ich könnte dir ohne Bedenken, eine Kachel aus meinem Ofen schenken… „Aber ich habe gar keinen Ofen“, sagt Klabund zu Carola. „Der Herr Ringelnatz, glaube ich, hat auch keinen. Ich mag ihn gerne. Den Herrn Brecht gern zu mögen fällt mir ein wenig schwerer, und dich mit ihm zu teilen, gelänge mir wohl leichter, wenn ich mich im gewachsen fühlte.“
    Der Herr Brecht kommt in diesem Buch nicht gut weg. Um grossartige Stücke zu schreiben, muss man nicht unbedingt ein grossartiger Mensch gewesen sein, sagt viele Jahrzehnte später Carolas Sohn in einem Nebenakt der Handlung. Bertolt Brecht schrieb Carola die Polly Peachum und den Barbara-Song aus der Dreigroschenoper auf den Leib. „Ja da musste doch viel geschehen, ja da gab es überhaupt kein Nein.“ Brecht war es nicht gewohnt, dass eine Frau zu ihm Nein sagte. Carola Neher tat es, als sie ihren Mann beim Sterben nicht alleine lassen wollte. Ob ihr das zum Verhängnis wurde Jahre später zum Ende ihres Lebens und von Brecht keine Unterstützung bekam - „ja da muss man kalt und herzlos sein…und man blieb ganz allgemein“ – wer weiss?
    Über Carolas Schicksal und Lebensende hält sich Charlotte Roth sehr kurz. Weil die Nazis sie für eine Kommunistin hielten, musste sie Deutschland verlassen und ging in die Sowjetunion. Weil sie nie Mitglied einer kommunistischen Partei war, schickte man sie dort in ein stalinistisches Straflager, wo sie 1942 starb. Bretter, die die Welt bedeuten, in einer Welt, die an einem Wendepunkt stand. Carola Neher wollte nie politisch sein, sie wollte immer nur spielen. Dieses Spiel ging nicht auf.

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  • 5 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    MonaLena, 04.03.2020

    Eine beinahe vergessene Königin
    Charlotte Roth schreibt über Carola Neher, die sich nach dem 1. Weltkrieg in den damaligen Nachkriegsjahren in München auf einen beschwerlichen Weg machte. Sie wollte unbedingt Schauspielerin werden. Mit nur ein paar Mark in der Tasche und aus einem Streit mit ihrer Mutter heraus will sie nach Berlin flüchten, landet aber erstmal in Baden-Baden. Diesen abenteuerlichen Weg und ihre Begegnungen mit ihren Männern, die aus wenn auch meist unerwiederter Liebe zu ihr, diesen Weg begleiten und ihn dadurch fördern. Durch ihren besten Freund Julius, den sie auch nicht lieben kann, schafft sie es von Baden-Baden wieder zurück nach München. Mit seiner Hilfe und der ihres neuen Liebhabers, kein anderer als Bertold Brecht, bekommt sie ihre erste richtige Rolle. Dann geht sie mit Brecht nach Berlin. Dort lernt sie den ebenfalls nicht besonders erfolgreichen Dichter Klabund kennen und lieben. Ein Wettkampf um ihre Gunst beginnt. Sie schafft den gewünschten Durchbruch und wird ein gefeierter Star in Berlin.
    Charlotte Roth baut ihren Roman, der ausdrücklich keine authentische Biografie der Carola Neher sein soll, in dem Heimatort derer Mutter, in der Pfalz auf. Dort trifft eine einsame junge Frau, die durch die Krankheit ihrer Mutter an ihren Heimatort gekettet ist, auf einen Herrn mittleres Alters, einen Musikdozenten, der die Geschichte der Schauspielerin Carola Neher erforscht. Gemeinsam blättern sie in den wenigen Fotos und Erinnerungen, die sie im Heimatmuseum finden. Daraus ensteht eine Geschichte, die das Leben in dieser kurzen Zeitspanne zwischen zwei Weltkriegen, lebendig macht.
    Das die Zeit nach Brecht und Klabund, sowie das nicht so gute Ende des Lebens der Carola Neher, nur so kurz am Rande abgehandelt wurde,
    fand ich sehr schade. Ansonsten kann ich das Buch nur empfehlen. Es hat mir die Geschichte der damaligen Zeit, aus dem Blickwinkel des Lebensweges einer starken Frau erzählt, die mich sehr beeindruckt hat, näher gebracht.

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  • 5 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Inge W., 28.05.2020 bei bewertet

    Faszinierendes Portrait der kapriziösen Carola Neher. Eine interessante Frau in einer spannenden Zeit, war die Muse von Brecht, Klabunds Seelenverwandte und der schillerndste Stern Berlins in den zwanziger Jahren. Wo sie auftritt, jubeln die Menschen der geheimnisvollen Carola Neher zu. Die Theater reissen sich um sie. Berlin liegt ihr zu Füssen in jenen letzten Jahren der Weimarer Republik. In durchfeierten Nächten verdreht sie einem berühmten Mann nach dem anderen den Kopf – doch im Herzen bleibt sie allein. Das ändert sich, als sie dem Dichter Klabund begegnet, ein Suchender und ein Getriebener wie sie selbst. Ausgerechnet sie, die begehrte femme fatale, verliebt sich in den scheuen, zurückhaltenden Dichter, der von der gleichen inneren Glut verzehrt wird wie sie selbst. Was keiner für möglich gehalten hätte, tritt ein: Sie heiratet ihn. Doch eine brave Ehefrau wird Carola nicht, denn schon bald lockt sie das wilde Leben – und die Künstler Berlins, darunter Bertold Brecht, der ihr die Chance ihres Lebens bietet …Schon in der Leseprobe erfährt man einiges aus dem aussergewöhnlichen Leben und Schicksal der Schauspielerin Carola Neher. Charlotte Roth erzählt in diesem Roman ihre ganze Geschichte, gibt ihr eine Stimme. Und mit jedem Satz, den ich lese, wird es für mich unbegreiflicher, wie diese selbstbewusste, willensstarke und wunderschöne Frau so in Vergessenheit geraten konnte. Immerhin war sie eine sprudelnde Inspirationsquelle für Bertold Brecht, eine femme fatale im Berlin des 20. Jahrhunderts, und eine Herzensbrecherin für viele andere, die ihrem Charme erlagen. Carola Neher, damals ein Star seiner Zeit, heute längst vergessen, dient als literarische Vorlage für den Roman. Charlotte Roth lässt nicht nur die Figur, die die Muse Bertolt Brechts war, sondern auch die Zeit, die goldenen Zwanziger in Berlin, durch ihr Werk wieder auferstehen. Sie verbindet Fiktion und Biografie ganz lebendig und nimmt kunst- und kulturinterssierte Leserinnen mit auf eine interessante Zeitreise. Ihre Geschichte würdigt die Schauspielerin, die sich an die Spitze des Weimarer Theaterlebens kämpfte und sich als Ikone eines modernen Frauentyps inszenierte. Als Interpretin grosser Rollen in legendären Inszenierungen der Dramen Klabunds, Brechts und Horváths schrieb sie Bühnen- und Filmgeschichte. Vorhang auf für Carola Neher. Ein Roman, der im Gedächtnis bleibt! Hinterlässt einen nachhaltig prägenden Eindruck. Sehr empfehlenswert, diese schillernde Lektüre, besonders für die Fans von "Babylon Berlin"....Komisch, skurril und sehr Berlin. Mehr Berlin geht eigentlich nicht. Sehr lesenswert!

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  • 4 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    bookloving, 10.05.2020 bei bewertet

    *Fesselndes Portrait der in Vergessenheit geratenen Ikone Carola Neher*
    In ihrer Romanbiografie „Die Königin von Berlin“ hat sich die Bestsellerautorin Charlotte Roth dem bewegten Leben von Carola Neher angenommen, und setzt der heute weitgehend in Vergessenheit geratenen Ikone der Weimarer Republik gekonnt ein Denkmal. Die Schauspielerin und Sängerin Carola Neher war in den 1920er Jahren die Muse einiger berühmter Künstler, brannte für das Theater und wurde schliesslich mit Brechts Dreigroschenoper als Polly und ihrem „Barbara-Song“ unsterblich.
    Einem Theaterstück gleich hat Charlotte Roth ihren Roman als einen Drei-Akter mit einigen Zwischenspielen inszeniert. Geschickt hat sie ihre eigentliche Geschichte um Carola Neher in eine interessante Rahmenhandlung eingebettet, die im Jahr 1979 in dem kleinen Ort Weyher an der Südlichen Weinstrasse angesiedelt ist und von der aus die Spurensuche nach Carola und ihrer Familie aufgerollt wird.
    Den einzelnen Romanteilen wurden passender Weise Szenenangaben aus der Dreigroschenoper von Bertolt Brecht vorangestellt sowie Gedichtzeilen des Dichters Klabund, Nehers an Tuberkulose erkranktem, ersten Ehemann, der bürgerlich Alfred „Fredi“ Henschke hiess.
    Zu Beginn ihres Romans macht die Autorin dem Leser in einem unterhaltsamen „Grusswort des Abendspielleiters“ deutlich, dass sie bewusst keine Biografie zu Carola Neher sondern einen Roman über diese aussergewöhnliche Frau schreiben wollte, sich zwar an Fakten und historisch verbürgte Begebenheiten orientiert, aber auch einige dramaturgische Freiheiten in Bezug auf Schauplätze, Figuren und zeitliche Abläufe genommen hat.
    Sehr eingehend hat sich die Autorin mit Nehers, Klabunds und Bertolt Brechts Biografie beschäftigt. Aber auch das kultur- und theatergeschichtliche Umfeld jener Zeit sowie das politische und zeitgeschichtliche Geschehen während der Weimarer Republik hat sie sehr gründlich recherchiert und äusserst anschaulich und authentisch in ihre Geschichte eingebaut. Im angehängten Glossar kann der interessierte Leser verschiedene wissenswerte Begriffserklärungen sowie Erläuterungen zu damals bekannten Schauplätzen und angesagten Treffpunkten nachlesen.
    Mit ihrem ansprechenden, sehr mitreissenden Schreibstil gelingt es Charlotte Roth sehr schnell uns auf eine faszinierende Zeitreise in die Welt der Goldenen Zwanziger Jahre mitzunehmen – eine faszinierende Zeit zwischen Armut, den Nachwirkungen des ersten Weltkriegs, rasantem Fortschritt, beispielloser kultureller Aufbruchsstimmung, gesellschaftlichen Umbrüchen, politischen Unruhen, ungezügeltem Vergnügen und Dekadenz. Doch schon bald setzen Weltwirtschaftskrise und der aufkommende Nationalsozialismus dem Ganzen ein Ende. Zugleich nimmt sie uns aber auch mit in die faszinierende Welt des Theaters jener Zeit.
    Sehr abwechslungsreich und einfühlsam hat die Autorin in sorgfältig ausgewählten Episoden das aussergewöhnliche Lebensbild von Carola gezeichnet, die sich sehr hartnäckig und zielstrebig zu einer gefeierten Schauspielerin der 1920ger und 30ger Jahre hochgearbeitet hat. Mit ihrem extravaganten Erscheinungsbild wurde sie zu einer Ikone des modernen Frauentyps und pflegt ihr Image als „femme fatale“.
    Es ist Roth hervorragend gelungen, uns an den bedeutsamen Stationen ihrer Karriere und ihres turbulenten Privatlebens teilhaben zu lassen und diese zu einer fesselnden, abwechslungsreichen und sehr stimmigen Geschichte mit viel Zeitkolorit zusammen zu fügen. Zwar ist es mir nicht sofort gelungen, Bezug zu Carola und ihrem teilweise sehr kompromisslosen, egoistischen Verhalten aufzubauen, aber schliesslich hat mich ihre extrovertierte, lebendige Persönlichkeit und ihr recht kapriziöses Innenleben doch zunehmend in den Bann gezogen.
    Schon früh entschliesst sie sich gegen den Widerstand der Mutter, den Weg zur Schauspielerei einzuschlagen und will unbedingt auf die Bühne. Anfang der 20er-Jahre erhält sie zwar erste, kleinere Rollen in Baden-Baden, München und Breslau, doch wird ihr von Kritikern das Talent zur bedeutenden Darstellerin wegen ihres eigenwilligen Stils abgesprochen. Dank ihres Aussehens, ihrer Erotik und ihres extremen Ehrgeizes gelangt sie schliesslich dennoch an die Spitze des Theaterlebens während der Weimarer Republik und glänzt auf dem Höhepunkt ihres Ruhms in einigen grossen Rollen und legendären Inszenierungen. Vielen berühmten Persönlichkeiten aus den Theater- und Kunstkreisen begegnen wir im Laufe der Handlung wie beispielsweise Julius Gellner, Feuchtwanger, Wedekind, Benn oder Weill. Zwei Männer, die in ihrem Leben eine ganz besondere Rolle gespielt haben, ihr grosser Bewunderer und späterer Ehemann Klabund und der Dramaturg Bertolt Brecht, dessen Muse und Geliebte sie über längere Zeit ist, erhalten natürlich sehr viel Raum in der Handlung. Vor allem die ambivalente Figur von Brecht mit all seinen Licht- und Schattenseiten ist Roth hervorragend gelungen und wirkt äusserst überzeugend und authentisch.
    Schade nur, dass die Autorin ihre Erzählung mit dem Höhepunkt von Carolas Karriere nur noch kurz anreisst. Über die letzten, bedrückenden Stationen ihres wechselvollen Lebens - von ihrer Flucht vor den Nazis in die Sowjetunion, ihrem Martyrium bis hin zu ihrem tragischen Tod im stalinistischen Gulag - erhalten wir in der Rahmenhandlung sowie im Nachwort „Ihr Abendspielleiter verabschiedet sich“ nur noch einen knappen Einblick und wenige Hintergrundinformationen.
    FAZIT
    Ein sehr interessanter und abwechslungsreich erzählter Roman über die fast völlig in Vergessenheit geratene Carola Neher – eine gefeierte Schauspielerin und Ikone der Weimarer Republik!
    Feinfühlig und lebendig portraitiert Charlotte Roth die faszinierende Persönlichkeit von Carola Neher in all ihren schillernden Facetten und nimmt uns mit auf eine fesselnde Zeitreise.

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  • 5 Sterne

    4 von 8 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Philo, 10.03.2020

    Mit diesem Buch ist Charlotte Roth ein wahres Meisterwerk gelungen. In brillanter Weise öffnet sie den Vorhang und lässt ihre Leser teilhaben an einem Theaterstück, das in den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts spielt und auf dessen Darstellerliste viele auch heute noch bekannte Namen stehen. Carola Neher aber habe ich nicht gekannt. Ich bin total fasziniert von ihrer Persönlichkeit, geprägt von einer schrecklichen Kindheit und dem Wunsch, sich in ihrem weiteren Leben von nichts und niemandem von ihrem Weg abbringen zu lassen. Sie will Schauspielerin werden und dieses Vorhaben setzt sie auch über alle persönlichen Gefühle und Beziehungen.

    Über Baden Baden und München gelangt sie nach Berlin. Sie lernt Bertolt Brecht kennen, der von ihr begeistert ist und der für sie ein Stück schreiben will, mit dem sie ihr ganzes Können unter Beweis stellen kann. Brecht hat viele Liebschaften, aber nur Carola Neher kann ihm Paroli bieten, ohne dass dies ihrer Beziehung schaden würde. Er nennt sie Barbara und seine Begeisterung für sie ist ungebrochen.

    Eine wichtige Figur des Buches ist der Schriftsteller Alfred Henschke, genannt Klabund. Als Carola und Klabund sich kennenlernen, fühlen sie sich sofort zueinander hingezogen, und er wird ab diesem Moment an voller Liebe und Fürsorge für sie da sein. Carola aber gibt sich voll und ganz diesem rauschhaften Theaterleben und den gesellschaftlichen Vergnügungen hin, wohl wissend, dass Klabund, der schwer krank war, an ihrem Leben nicht teilhaben kann. Ich habe Klabund bewundert für seine Fürsorge und Grossherzigkeit, der niemals auch nur ein gewisses Mass an Entgegenkommen eingefordert hätte. Im Gegenteil hat er Carola immer darin bestärkt, ihren Weg zu gehen.

    Bertolt Brecht ist ein schwieriger Charakter, der unbeirrt seinen Weg geht und an dem sich seine Weggefährten die Zähne ausbeissen. Anerkennung findet nur Barbara, die genau wie er nur den eigenen Weg vor Augen hat.

    Geboren ist Carola Neher 1920 in Weyher bei Edenkoben in der Pfalz, wo es ein kleines Heimatmuseum gibt, in dem sich noch Dokumente aus ihrem Leben befinden, zu denen 1979 ein Besucher um Auskünfte bittet. In vielen Gesprächen zischen dem Besucher und Annette, die das kleine Museum leitet, wird das ganze Leben von Carola Neher auf eine ganz besondere Art wieder wachgerufen. Die Gespräche der beiden ziehen sich in eigenen Kapiteln durch das ganze Buch und nach und nach wird dem Leser klar, weshalb der Besucher ein solches Interesse an Carola Neher hat.

    Ich hoffe, dass auch viele Leser Interesse daran haben, Carola Neher näher kennenzulernen und empfehle ihnen daher dieses Buch.

    Der Autorin sei Dank für dieses wunderbare Buch. Es war ein besonderes Lesevergnügen.

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  • 4 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    HanneK., 02.04.2020

    Sie war die Muse von Bertolt Brecht, so liest man es auf dem Cover. Doch wer war Carola Neher? "Die Königin von Berlin", das ist der Titel von dem neuen Roman der Autorin Charlotte Roth.
    Es beginnt in einem kleinen Ort Sommer 1979, Weyher in der Pfalz. Dort öffnet sich der Vorhang zur Geschichte. Viele Menschen hatten das Dorf verlassen, waren in die Welt gezogen. Nicht so Annette, denn ihre Mutter war schwer erkrankt. Annette hatte viele Funktionen im Dort. So war sie auch Leiterin des Heimatmuseums voN Weyher. Doch das wurde kaum besucht. Interessant wird es, als ein Fremder sich nach Dokumenten einer Familie Ziegler erkundigt. Fotos wären für ihn sehr interessant. Er ist auf der Suche nach einer Verwandten der Zieglers, Carola Neher.
    Rückblick München 1920. Dort lebt die Familie Baronek-Neher. Mit ihrer Tochter aus zweiter Ehe, Karoline, hatte die Mutter so ihre Probleme. Man könnte sagen, sie hatte Flausen im Kopf. Das Künstlergen des Vaters machte sie untriebig. Bei einem gemeinsamen Einkauf "flieht" Karoline, um ihren Traum zu verwirklichen. Sie will Schauspielerin werden, egal was da komme.
    Die jeweiligen Kapitel sind wie eine Art Theaterstück aufgeführt. Zu jedem Akt wird auf die geschilderten Jahre hingewiesen.
    Wer also war Karoline/Carola Neher?
    Eine Frau aus einem vergangenen Jahrhundert.
    Eine Geschichte, die sich nicht immer leicht lesen lies und dennoch sehr interessant.
    All das zu einer Zeit, ein Jahrhundert zurück.
    Carola Neher gehörte für mich zu den Frauen, bei deren Name ich zunächst kein Bild im Kopf hatte. Schnell stellt sich heraus, sie ist eine Frau für die damaligen Verhältnisse mit einem sehr starken Willen. Sehr gut bringt die Autorin dem Leser das Verhältnis von Brecht und Neher nahe. Den Namen Brecht kennt man und nach diesem Buch wahrscheinlich noch ein bisschen besser. Aber auch den Namen Carola Neher. Das hinter der Person Brecht ein eigensinniger und ziemlich selbstverliebter Mensch steckt, zeigt sich im weiteren Lauf des Romans. Und dann ist da noch Alfred Henschke, der sich Klabund nennt. Carola und Klabund, es ist eine zarte, feine Verbundenheit, eine Liebesgeschichte.
    Was alles so durch die Nachforschungen von Annette und Georg herauskommt, ist nicht immer so ganz einfach zu lesen.
    "Die Königin von Berlin" ist ein interessanter Zeitroman mit geschichtlichem Hintergrund. War es anfangs doch nicht so ganz einfach in einen Lesefluss zu kommen, es wurde interessant, ansprechend, lesenswert.
    Erinnerungen an einen vergessenen Star

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    S. K., 25.03.2020 bei bewertet

    Carola Neher wuchs in der rheinland-pfälzischen Provinz auf und ihr Leben scheint vorgezeichnet zu sein. Doch Carola rebelliert gegen die an sie gestellten Anforderungen aus der Familie und macht sich nach ein paar kleineren Engagements in der Provinz Anfang der 1920er Jahre auf nach Berlin, wo sie als Schauspielerin und Sängerin am Theater Erfolg haben möchte. Doch auch in Berlin macht sie erst einmal eine Durststrecke durch, bis sie den berühmten Autor Bertold Brecht kennenlernt, der sie schon bald zu seiner Muse und Geliebten macht, ihr zu Ruhm und Ansehen verhilft und in dessen „Dreigroschenoper“ er sie unsterblich machen will. Neher jedoch hat Brecht schnell durchschaut, der sich nimmt, was er kriegen kann und nicht gemacht ist für eine dauerhafte Beziehung. Stattdessen findet sie in dem feingeistigen Dichter Klabund ihre Liebe und heiratet ihn. Die Premiere der Dreigroschenoper wird sie nicht bestreiten, denn sie eilt nach Davos in die Schweiz, wo ihr Mann an Tuberkulose stirbt…
    Charlotte Roth hat mit „Die Königin von Berlin“ wieder einmal ihr grossartiges Können in die Waagschale geworfen, um Carola Neher, die bekannteste Theaterkünstlerin der Weimarer Republik, wieder lebendig werden zu lassen. Fesselnd und gefühlvoll zugleich lässt sie den Leser in das vergangene Jahrhundert abtauchen, um eine aussergewöhnliche Frau kennenzulernen, die für die Dinge kämpft, die sie liebt und ihr Leben in vollen Zügen auskostet. Roth hält sich sehr eng an die Autobiographie Nehers, doch drückt sie ihrer Geschichte mit ihrer besonderen Art, sie zu erzählen, und einer gelungenen fiktiven Mischung ihren ganz eigenen Stempel auf. Nicht nur Nehers Werdegang wurde akribisch recherchiert, sondern auch ihre Weggefährten, Liebschaften und zeitgenössische Künstler, die ihren Weg kreuzten. Gleichzeitig gelingt es ihr, den Leser in die Welt des Theaters zu entführen, wo er nicht als Zuschauer, sondern eher als Statist fungiert, der sich mit Neher eine Bühne teilt und sie bei ihrem Spiel beobachtet. Auch das damalige Lebensgefühl projiziert Roth einmalig, bringt die 20er Jahre wieder in die Gegenwart zurück und erlaubt einen Streifzug durchs Berlin der damaligen Zeit. Farbenprächtig und bildgewaltig wirkt die Geschichte wie ein Sog, dem man sich nicht entziehen kann, wobei auch die unterschiedlich gewählten Perspektiven dies forcieren.
    Roth lässt viele berühmte Persönlichkeiten wieder lebendig werden, damit der Leser sie in Aktion verfolgen und ihnen nachspüren kann. Carola Neher ist eine Frau mit eisernem Willen, Disziplin, Stärke und vor allem Mut, denn sie wagt sich aus einer biederen Welt hinaus ins Rampenlicht. Sie setzt auf Risiko, um ihren Traum zu leben. Carola ist nicht auf den Mund gefallen und recht selbstbewusst, was ihr einiges an Respekt einbringt. Brecht ist ein selbstverliebter und vor allem von sich selbst überzeugter Egomane und Frauenheld, der sich nicht anbinden lässt. Aber er ist auch eine künstlerische Grösse, dem das Theater noch heute einiges zu verdanken hat. Klabund oder besser Alfred Henschke ist ein feingeistiger und sensibler Mann, der eher unscheinbar im Hintergrund bleibt. Aber auch Lion Feuchtwanger, Elisabeth Bergner, Kurt Weill oder Hermann Scherchen bereichern die Geschichte mit ihren Auftritten.
    „Die Königin von Berlin“ ist eine Homage an eine in Vergessenheit geratene faszinierende und talentierte Künstlerin, die in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts die Theaterwelt auf den Kopf stellte. Lebendig, authentisch und jede Zeile wert. Absolute Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Monika, 26.02.2020

    Die Autorin Charlotte Roth hat es wieder einmal geschafft, mich zu überraschen, zu faszinieren und mich mit einer Geschichte über eine ganz aussergewöhnliche Frau zu fesseln.

    Carola Neher, die junge Frau aus der Provinz, macht sich auf den Weg, ein grosser Star zu werden. Nichts möchte sie lieber, als auf der Bühne zu stehen und umjubelt zu werden. Anfangs gelingt ihr das nur in Massen. Sie kann sich mit kleinen Engagements gerade so über Wasser halten. Von Baden-Baden über München geht es schliesslich nach Berlin, das Ziel ihrer Träume. Hier pulsiert das Leben. Hier wird Theater gespielt. Hier wird gefeiert. Hier wird gelebt. Berlin liegt ihr zu Füssen, dennoch fühlt sich die junge Schauspielerin allein.

    Bertold Brecht ist stets an ihrer Seite. Er fördert sie. Er fordert sie. Er macht sie zu seinem Star. Er liebt die Frauen, sie liebt die Männer. Sie teilen das Bett, doch nicht das Leben.

    Carola lernt den Schriftsteller Alfred Henschke kennen, auch bekannt unter seinem Pseudonym Klabund. Sie ist das Leben pur. Er, der eher stille Begleiter, geplagt von einer Lungenkrankheit, die nicht heilen will. Dennoch, sie verlieben sich, sie heiraten. Es folgt eine sehr turbulente Beziehung. Klabund hält sich wegen seiner Krankheit oft in Davos auf. Hier geht es ihm besser, doch Carola muss auf der Bühne stehen. Ohne Bühne kann sie nicht leben.

    Brecht schreibt "Die Dreigroschenoper", die Musik dazu stammt von Kurt Weill. Die Rolle der Polly Peachum ist Carola auf den Leib geschrieben, doch dann ereilt sie ein Anruf aus der Schweiz.

    "Die Königin von Berlin" - da gibt es nichts zu überlegen. Diese Geschichte muss einfach gelesen werden! Ein faszinierender Roman mit liebenswerten Figuren, die mir direkt ans Herz gewachsen sind. Beim Lesen habe ich intensiv den Wunsch verspürt, mit Carola durch Berlin zu ziehen, mit ihr zusammen als beste Freundin, die Nacht zum Tag zu machen. Und dann Klabund, ach, ja Klabund! Meine heimliche Lieblingsfigur in dieser aussergewöhnlichen Geschichte. Man möchte ihn umarmen, ihn trösten, ihm beistehen, ihm irgendwie helfen.

    "Die Königin von Berlin" - diese Geschichte mag man nicht beiseite legen. Man muss einfach immer weiter lesen. Mit grosser erzählerischer Kraft und viel Einfühlungsvermögen geschrieben, entwickelt die Autorin einen unheimlichen Sog. Eine Geschichte, so temporeich wie der Schreibstil der Autorin. Ein echtes Juwel, wunderbar, wunderschön und einfach unwiderstehlich. Unbedingt lesen!

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  • 5 Sterne

    3 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    MonaLena, 04.03.2020 bei bewertet

    Eine beinahe vergessene Königin
    Charlotte Roth schreibt über Carola Neher, die sich nach dem 1. Weltkrieg in den damaligen Nachkriegsjahren in München auf einen beschwerlichen Weg machte. Sie wollte unbedingt Schauspielerin werden. Mit nur ein paar Mark in der Tasche und aus einem Streit mit ihrer Mutter heraus will sie nach Berlin flüchten, landet aber erstmal in Baden-Baden. Diesen abenteuerlichen Weg und ihre Begegnungen mit ihren Männern, die aus wenn auch meist unerwiederter Liebe zu ihr, diesen Weg begleiten und ihn dadurch fördern. Durch ihren besten Freund Julius, den sie auch nicht lieben kann, schafft sie es von Baden-Baden wieder zurück nach München. Mit seiner Hilfe und der ihres neuen Liebhabers, kein anderer als Bertold Brecht, bekommt sie ihre erste richtige Rolle. Dann geht sie mit Brecht nach Berlin. Dort lernt sie den ebenfalls nicht besonders erfolgreichen Dichter Klabund kennen und lieben. Ein Wettkampf um ihre Gunst beginnt. Sie schafft den gewünschten Durchbruch und wird ein gefeierter Star in Berlin.
    Charlotte Roth baut ihren Roman, der ausdrücklich keine authentische Biografie der Carola Neher sein soll, in dem Heimatort derer Mutter, in der Pfalz auf. Dort trifft eine einsame junge Frau, die durch die Krankheit ihrer Mutter an ihren Heimatort gekettet ist, auf einen Herrn mittleres Alters, einen Musikdozenten, der die Geschichte der Schauspielerin Carola Neher erforscht. Gemeinsam blättern sie in den wenigen Fotos und Erinnerungen, die sie im Heimatmuseum finden. Daraus ensteht eine Geschichte, die das Leben in dieser kurzen Zeitspanne zwischen zwei Weltkriegen, lebendig macht.
    Das die Zeit nach Brecht und Klabund, sowie das nicht so gute Ende des Lebens der Carola Neher, nur so kurz am Rande abgehandelt wurde,
    fand ich sehr schade. Ansonsten kann ich das Buch nur empfehlen. Es hat mir die Geschichte der damaligen Zeit, aus dem Blickwinkel des Lebensweges einer starken Frau erzählt, die mich sehr beeindruckt hat, näher gebracht.

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  • 5 Sterne

    eine Kundin, 29.03.2020 bei bewertet

    Die Muse Brechts
    In „Die Königin von Berlin“ hat die Autorin Charlotte Roth wiedereinmal ihr feines Gespür für Historisches unter Beweis gestellt. Erzählt sie doch in ihrem neuen Werk die Lebensgeschichte der Carola Neher – die nicht nur mit einem unglaublichen Talent für Theater und Schauspiel gesegnet sondern auch die Muse Bertolt Brechts war. Leider ist sie aber auch ein Opfer der politischen Umstände ihrer Zeit. Denn es ist die Epoche der Weimarer Republik und die Menschen haben anderes zu tun als ins Theater zu gehen, müssen sie doch täglich ihren eigenen Kampf ums Überleben ausfechten. Der entscheidende Durchbruch und damit einhergehende grosse Bekanntheitsgrad bis in unsere Tage, ist ihr leider verwert geblieben. Um so schöner, dass sich die Autorin dieser Persönlichkeit angenommen hat. Durch den ausgezeichneten Erzählstil nimmt die Geschichte immer mehr an Tempo zu. Man möchte wissen wie es mit der Beziehung zu Brecht weitergeht oder was Klabund vor hat. Und was ist mit dem Barbaralied? Viele Fragen, die man beantwortet bekommen will. Und deshalb bleibt man dran und in Null Komma nichts ist der Roman auch schon wieder zu Ende – leider. Ich wurde toll unterhalten und kann diesen Roman nur empfehlen. Ich vergebe 5 von 5 Sterne.

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  • 4 Sterne

    Magnolia, 13.03.2020

    In ihrem Roman „Die Königin von Berlin“ erzählt Charlotte Roth von der heute vergessenen Schauspielerin Carola Neher, der Muse vieler berühmter Männer und die als Brechts erste Polly damals auf dem Höhepunkt ihres Schaffens war.

    Die junge Karoline will unbedingt Schauspielerin werden, sie beobachtet die Grossen dieses Fachs mit ihren Federboas, wie sie dahergeflattert kommen. Um ihr Ziel zu erreichen, geht sie ganz schön dreist zu Werke. Sie ist eine ausgebuffte Lügnerin, eine Träumerin, ein Aufschneiderin, ein Möchte-gerne-Gross – Frechheit siegt. „Das kann ich auch, das kann ich besser“ - so sind ihre Gedanken. Über Feuchtwanger lernt sie Brecht kennen und dieser will sie haben. Das erste Gespräch zwischen ihr und Bertolt ist amüsant, ja frivol. Sie sind sich ähnlich. Beide gehen forsch zu Werke, die Anziehungskraft zwischen ihnen ist sofort da, sofort spürbar. Die Männerwelt liegt ihr zu Füssen, sie aber sagt von sich selbst „was kann ich dafür, dass ich nicht lieben kann“. Doch dann begegnet sie Fredi – Alfred Henschke, der als Dichter Klabund sein Dasein fristet. Er ist gleich hin und weg von ihr und, was sie nie für möglich gehalten hat, sie ist in ihn verliebt. Mehr noch – sie heiraten. Die Liebe der zwei zueinander ist so einfühlsam, so liebevoll beschrieben, dass einen warm ums Herz wird. Sie liebt ihren Klabund, ohne Frage. Ist aber gleichzeitig egoistisch bis zum Abwinken. Sie will ihre Jugend, ihre Freiheit, ihren unstillbaren Lebenshunger in vollen Zügen geniessen und genau das macht sie auch. Er gönnt ihr ihre Abenteuer, auch wenn die Eifersucht an ihm nagt.

    Im zweiten Handlungsstrang sucht Georg Becker nach einer Frau aus dem Berlin der zwanziger Jahre: Carola Neher. Die Bibliothekarin Annette hilft ihm dabei und bringt ihr Leben für eine Weile etwas durcheinander.

    Ärgern über Carola musste ich mich oft. So ein selbstgerechtes, egoistisches Wesen wie sie ist zwar keine Seltenheit, trotzdem war ihr immer ihre Karriere und das Drumherum wichtiger als der sanftmütige und immer kränker werdende Fredi. Das grösste Ekelpaket war wohl Brecht in seiner Selbstgerechtigkeit. Er nahm sich was er wollte ohne Rücksicht auf Verluste und er bekam auch immer, was er wollte. Die Fetzen wären geflogen, wäre Brecht ständig an Carolas Seite gewesen.

    Das Leben der Neher bis zum Tod ihres Alfie, wie ihn Carla auch nannte, ist sehr ausführlich. Ihr weiteres Leben, ihre zweite Heirat, ihr Sohn und ihr tragisches Ende kommen leider nur als Randnotiz vor. Hier wäre die ganze Dramatik ihres weiteren Lebens fernab der schillernden Theaterwelt ein ganz anderes Kapitel geworden. Schade, dass dem nicht mehr Platz eingeräumt wurde. Trotz alledem fühlte ich mich von dem Roman gut unterhalten und das, was ich zu lesen bekam, hat alle möglichen Gefühle in mir geweckt. Ich war aufgebracht über so viel Selbstverliebtheit, besser gesagt von so viel Unverfrorenheit von Carola, aber vor allem von Brecht und war zutiefst ergriffen von der selbstlosen Liebe Klabunds zu seiner Carla. Nebenbei bemerkt: Carola Neher habe ich nicht gekannt, nie gehört. Um mir ein Bild von ihr zu machen, suchte ich Fotos von ihr und dann auch von Klabund, der gar nicht so schlecht aussah, wie in ihn mir beim Lesen vorgestellt habe. Das Coverbild mit Gepard ist sehr gut ausgesucht, es passt hervorragend zum mondänen Leben einer Diva.

    Der Roman ist gut zu lesen, bietet gute Unterhaltung und ist eine Zeitreise ins mondäne Künstlerleben der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Eine Leseempfehlung für alle, die sich gerne zurückbeamen und gut unterhalten lassen wollen.

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  • 4 Sterne

    Ascora, 01.04.2020

    Schauspielerin und Muse

    Das Cover zeigt ein sanft koloriertes Schwarzweissfoto von Carola Neher, das 1927 anlässlich eines Besuches im Berliner Tierpark entstanden ist. Carola sitzt dabei auf einer Parkbank und kuschelt mit einem ausgewachsenen Gepard, der stolz neben ihr auf der Bank sitzt. Bereits ein Hinweis um welche ungewöhnliche Frau es sich in diesem Buch handelt.
    Der Klappentext: „Ein aufregender Roman über Carola Neher, eine der schillerndsten Schauspielerinnen der Weimarer Republik von der Bestseller-Autorin Charlotte Roth. Wo sie auftritt, jubeln die Menschen der geheimnisvollen Carola Neher zu. Die Theater reissen sich um sie. Berlin liegt ihr zu Füssen in jenen letzten Jahren der Weimarer Republik. In durchfeierten Nächten verdreht sie einem berühmten Mann nach dem anderen den Kopf – doch im Herzen bleibt sie allein. Das ändert sich, als sie dem Dichter Klabund begegnet, ein Suchender und ein Getriebener wie sie selbst. Ausgerechnet sie, die begehrte femme fatale, verliebt sich in den scheuen, zurückhaltenden Dichter, der von der gleichen inneren Glut verzehrt wird wie sie selbst. Was keiner für möglich gehalten hätte, tritt ein: Sie heiratet ihn. Doch eine brave Ehefrau wird Carola nicht, denn schon bald lockt sie das wilde Leben – und die Künstler Berlins, darunter Bertold Brecht, der ihr die Chance ihres Lebens bietet …“
    Zum Inhalt: Carola Neher, um 1900 in München geboren war ab den 20er Jahren als Schauspielerin unterwegs auf verschiedenen Bühnen und in verschiedenen, meist kleinen Rollen bis sie schliesslich 1926 nach Berlin ging und auf Berthold Brecht traf. Mit ihm verknüpfte sich ihr Erfolg und sie verband eine Leidenschaft. Ein Bühnen- und Filmerfolg folgte auf den nächsten bis sie 1933 nach Prag floh und nach Moskau weiterreiste. Dort wurde sie 1936 verhaftet und starb 1942 in Lagerhaft. Charlotte Roht hat nun aus dem schillernden Leben dieser jungen und erfolgreichen Frau einen Roman erschaffen, von dem sie selbst in ihrem Vorwort schreibt, es sei keine Biographie, sondern ein Roman. Sie hat sich dichterische Freiheiten erlaubt, die ein Biograph nicht getan hätte, doch ist vielleicht gerade deswegen ein einfühlsamer und interessanter Roman über Carola Neher entstanden? Ein Roman der seinem Leser eine faszinierende Frau und eine schwierige Zeit gekonnt näherbringt.
    Der Stil: Charlotte Roht hat diesen Roman wie ein Theaterstück in verschiedene Akte aufgeteilt, jeder Akt ein wichtiger Abschnitt in Carolas Leben. Die Geschichte wird dabei von Georg, einem Zeitzeugen der jungen Bibliothekarin Annette erzählt, die gerade dabei ist über Carola Neher zu recherchieren. Es wird schon deswegen in der 3. Person erzählt. Der Schreibstil ist flüssig, mitreissend und bildlich, so dass man als Leser gut in diese aufregende Zeit der 20er und 30er Jahre eintauchen kann und „echte“ Theaterluft schnuppern kann. Auch wenn es sich um einen Roman handelt, sind die wichtigen Fakten gut recherchiert und auch das Zeitgefühl kommt überzeugend rüber. Am Ende des Buches wartet ein ausführliches Glossar, leider kein Personenverzeichnis, aber hier kann man noch so einiges informatives nachlesen.
    Mein Fazit: Eine äusserst gelungene Romanbiographie über eine faszinierende Frau, die zumindest mir völlig unbekannt war, natürlich kenn man Berthold Brecht, aber seine Muse?

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  • 4 Sterne

    LaberLili, 26.03.2020

    Die (Berliner) Künstlerszene der 1920er/1930er

    Ich bin eine sehr grosse Anhängerin von Romanbiografien; in der Hinsicht ist Lewinskys „Gerron“ im Übrigen mein Heiliger Gral und da sammelte „Die Königin von Berlin“ nun weitere Extrapunkte bei mir, da letztlich auch Gerrons Name immer mal wieder genannt wurde – obschon Kurt Gerron in diesem Roman weiterhin nun eher völlig aussen vor ist.

    Ehe ich diesen Roman las, war mir Carola Neher völlig unbekannt, weswegen der überschwängliche Klappentext mich zunächst etwas irritierte, der für mich immer noch so wirkt als müsse man Carola Nehers Namen zweifelsohne und ganz unbedingt kennen. Tue bzw. tat ich aber nicht. Mit Klabund konnte ich etwas anfangen, mit Bertolt Brecht konnte ich noch mehr anfangen, aber Carola Neher war bislang tatsächlich komplett an mir vorbeigegangen. Weiterhin kommen im Roman später noch sehr viele der damaligen und auch heute noch grossen Namen vor (Frank Wedekind, Gottfried Benn, Else Lasker-Schüler…), die ich alle konkret einordnen konnte, aber Carola Neher? Nie gehört, oder wenn doch, dann zumindest nicht weiter erinnert. Für mich war die grosse Frage da eher: Wie konnte Carola Nehers Name so sehr in Vergessenheit geraten, wenn sie doch zur damaligen Zeit eine solch grosse Nummer war, während man ihre „Mitprominenten“ durchaus noch im Gedächtnis hat?
    Diese Frage hat sich für mich persönlich auch nach der Lektüre nicht beantwortet; es scheint mir, als habe man irgendwann einfach aufgehört, von ihr zu sprechen. Aus den Augen, aus dem Sinn sozusagen.

    Mir hat „Die Königin von Berlin“ allerdings sehr gut gefallen, nicht nur, weil ich so Carola Neher „kennenlernen“ durfte, sondern weil ich die beschriebenen Dynamiken zwischen den diversen damaligen Künstlern ungemein faszinierend fand. Tatsächlich fand ich in diesem Fall weniger Carola Neher, also die eigentliche Hauptfigur des Romans, spannend, sondern eher, aus wie vielen superberühmten Namen sich die Künstlerszene damals überhaupt zusammensetzte. Mir ist während des Lesens erst so richtig bewusst geworden, wer eigentlich zu welcher Zeit gleichzeitig gelebt und gewirkt hatte.
    Ich habe die so bezeichnete „Königin von Berlin“ generell einfach nicht so sehr als das Zentrum des Romans empfunden, wozu auch beigetragen haben mag, dass mir die Erzählposition eher distanziert erschienen ist; nicht ganz weit weg, aber eben auch nicht wirklich nah an Carola Neher, wobei auch mir die hier wichtigen Nebenfiguren eher oberflächlich beschrieben schienen. Um auf „Gerron“ von Lewinsky zurückzukommen: Jene Romanbiografie wirkte auf mich sehr viel persönlicher und intimer, aber hier könnte man natürlich auch sagen, dass Charlotte Roth es einfach nicht gewagt hat, den real existiert habenden Personen bestimmte Worte in den Mund zu legen oder ihnen spezifische taten ganz definitiv zuzuschreiben. Da ist „Die Königin von Berlin“ definitiv sehr viel vorsichtiger gehalten. Ein bisschen persönlicher würde ich mir den Roman durchaus gewünscht haben, aber er ist eben ein wunderbarer Einblick in die damalige Künstlerszene, die insbesondere in Berlin vorherrschte.

    Wer da einen speziellen Hang zur, auch literarischen, Kultur hat, wird sich sicherlich ganz generell auch an diesem Roth-Roman erfreuen können!

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  • 5 Sterne

    skandinavischbook, 06.03.2020

    Meine Meinung:
    Bereits nach den ersten ca 50 Seiten , zieht die spannende Geschichte, den Leser fast spielerisch in ihren Bann ! Dabei kommt eine gut erzählte und recherchierte Handlungen und eine Menge Tiefgang nicht zu kurz !

    Die Autorin hat ein Talent dafür Geschehnisse , so real und eindringlich zu beschreiben , dass der Leser völlig gebannt vor dem Buch sitzt , und förmlich in eine andere Welt eintaucht .

    Im Laufe der Zeit , entwickelt dieses Buch einen solchen Sog , dem ich mich nicht entziehen konnte . Ich habe dieses Buch an einem Tag förmlich verschlungen und geliebt! Denn es ist ein (Historischer) Roman ,der spannend und interessant ist und dennoch eine Menge Tiefgang hat. Einziger Kritikpunkt ist, dass ich erst nach etwas 50 Seiten einen richtigen Zugang zur Geschichte finden konnte, aber dann war ich absolut begeistert!

    Fazit :
    Das Buch ist atmosphärisch dicht und absolut faszinierend erzählt!
    Niveauvoll , atmosphärisch dicht und mit einer Gänsehaut machenden Spannung !
    Ein beinahe durch und durch gelungenes Buch !

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