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  • 5 Sterne

    3 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    https://lieslos.blog/, 13.10.2020

    Als Buch bewertet

    Gleich vorab:
    Ein absolut lesenswerter Wälzer!

    Zeitreise ins tiefste Spätmittelalter - ins Jahr 1313.
    Ausflug in ein Dorf in der Talschaft, heute Kanton, Schwyz in der Schweiz.

    Der ca. 13- jährige Eusebius, genannt Sebi, ist der Protagonist dieses umfangreichen und lesenswerten Werkes von Charles Lewinsky.

    Wir begleiten ihn auf ca. 680 Seiten und über ca. drei Jahre hinweg.

    Sebi wächst mit seinen beiden älteren Brüdern, die ein Stück Land bestellen bei seiner Mutter auf.
    Der Vater ist früh verstorben.
    Sebi selbst hat mit Feldarbeit nichts am Hut und auch das Soldatenleben ist nichts für ihn.
    Er trägt zum Auskommen der Familie bei, indem er dem örtlichen und bereits betagten Totengräber dabei hilft, Gräber auszuheben.

    Ansonsten hört bzw. erfindet der etwas verträumte und naive Teenager liebend gern Geschichten oder verbringt Zeit bei Halbbart, dem sonderbaren Fremden aus weiter Ferne, der sich im Ort niedergelassen hat.

    Halbbart „erklärt“ Sebi die Welt, das Leben und die Menschen. Er wird eine Art geistiger Lehrmeister, ich möchte fast sagen vielleicht sogar eine Art Vaterersatz für den Jungen.

    Der zunächst rätselhafte Name Halbbart, der dem Roman seinen Titel gibt, rührt daher, dass der Bart dieses klugen und in der Medizin bewanderten Fremden nur noch auf einer Seite spriesst, während die andere Hälfte seines Gesichts von Brandnarben entstellt ist.

    Der Eigenbrötler Halbbart, der im Roman nur phasenweise und mit unterschiedlicher Gewichtung eine Rolle spielt, wird z. B. aufgrund seiner Heilkünste gerufen, nachdem Sebis ältester Bruder Geni einen furchtbaren Unfall hatte und die Behandlung der örtlichen Mediziner versagt hatte.

    Einige Rezensenten sind der Meinung, dass der Titel nicht besonders passend gewählt ist, weil Halbbart im Gegensatz zu Sebi nicht durchgängig eine Rolle spielt. Meines Erachtens ist jedoch das Gegenteil der Fall.
    Da es in dem Roman unterm Strich ganz besonders um die Selbstfindung Sebis geht, bei der Halbbart eine ganz zentrale und durchgängige Rolle spielt, ist der Titel meines Erachtens nicht nur passend, sondern sogar bravourös gewählt.

    „Halbbart“ ist eine sog. „Coming-of-Age-Geschichte“, die sich vor bedeutenden und interessanten historischen Ereignissen abspielt und bei der es viele Weisheiten und Anekdoten am Rande zu entdecken und geniessen gibt.

    Wir erfahren einerseits etwas über den Marchenstreit zwischen dem Kloster Einsiedeln und den Landleuten von Schwyz und andererseits etwas über die dadurch ausgelöste Schlacht am Morgarten, der ersten Schlacht zwischen den Eidgenossen und den Habsburgern, die am Anfang der Schweizer Habsburgerkriege steht.

    Es geht in dem Buch um so Vieles, v. a. um Sebis Identitätsentwicklung, seine Ablösung und Suche nach sich selbst und seinem Weg, aber auch um die Macht von Kirche und Aberglauben.

    Immer wieder entdeckt man zwangsläufig, verblüfft und teilweise erschüttert Parallelen zwischen Damals und Heute, obwohl so viel Zeit dazwischen liegt.
    Einige Beispiele für solche Parallelen in der Handhabung oder auch nur, was die Bedeutung dieser Themen anbelangt, sind der Umgang mit Wahrheit und Fremdem, Vorurteile, Gewalt gegen Frauen, Gruppenzwang, Machtmissbrauch, kirchliche Heuchelei oder Auswirkungen von Glaube.
    Unsere angeborenen tiefen Reflexe und unser archaisches Funktionsmuster schlagen durch, egal ob im Mittelalter oder in der Gegenwart.
    Die Themen der Menschheit und die Gefühle der Menschen ändern sich im Grunde nur von der Gewichtung her, nicht aber, was deren Präsenz betrifft.
    Dem Leser wird hier oft der Spiegel vorgehalten.
    Meist ist das Spiegelbild nicht sehr gefällig.

    Für das wunderbare Aufzeigen dieser Parallelität und resultierenden Aktualität ziehe ich den Hut vor dem Autor.

    Um die Atmosphäre des Mittelalters spürbarer zu machen, verwendet der Autor viele Helvetismen, sprachliche Besonderheiten, mit denen ich mir ohne das ausführliche Glossar auf der Website von Diogenes manchmal etwas schwer getan hätte.
    Meist sind die schwyzerdütschen Begriffe jedoch selbsterklärend oder so gewählt, dass sie einfach in den Kontext passen.

    Der Roman ist einerseits herzerwärmend, anrührend, märchenhaft, tieftraurig und klug, andererseits grausam und schonungslos.

    Die Vielfalt an Themen und Wirkungen auf das Innenleben des Lesers ist bravourös austariert.
    Zu keinem Zeitpunkt wird es unaushaltbar, klischeehaft, langatmig oder gar langweilig.

    Sowohl die Themen, als auch die Zeit und die Charaktere werden in all ihrer Komplexität, Vielschichtigkeit und Tiefgründigkeit behandelt.

    „Halbbart“ hat mich sprachlich und inhaltlich überzeugt.
    Charles Lewinsky schreibt feinfühlig, malerisch, bildhaft, detailliert, schonungslos, manchmal lyrisch und poetisch über eine grosse Vielfalt an Themen.

    Das Buch regt zum Mit- und Nachdenken an und hallt nach.

    Für mich war dieser tiefgründige, abwechslungsreiche, interessante und unterhaltsame Roman ein absolutes Highligt, das ich sehr gerne weiterempfehle!
    Ich kann nun nachvollziehen, warum er auf der Longlist des deutschen Buchpreises 2020 gelandet ist.

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  • 5 Sterne

    5 von 7 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Nil_liest, 30.10.2020

    Als Buch bewertet

    Es war einmal ein junger Mann namens Eusebius in einer fernen Zeit. Er lebte unweit des Benediktinerklosters Einsiedeln in der Schweiz und erzählte Geschichten.
    So könnte man den Roman ‚Der Halbbart‘ von Charles Lewinsky sehr grob zusammenfassen, der es bis auf die Longliste des deutschen Buchpreises 2020 geschafft hat.
    Das Werk von stolzen 677 Seiten, dass gedruckt wie Bibelpapier anmutet, umfasst 83 Kapitel. Man könnte sagen der Roman besteht aus 83 einzelnen Geschichten, die für sich fast alleine existieren könnten, aber als Summe aller Teile zu einem grossen Gesamtmeisterwerk verschmelzen.
    Sebi, so nennen Eusebius alle aus dem Dorf, ist der Ich-Erzähler des Romans und nimmt uns mit auf eine Reise durch seine Lebenswelt. Er erzählt Geschichte um Geschichte, wo natürlich der titelgebende Halbbart eine tragende Rolle spielt. Aber nicht nur von ihm erfahren wir viel, auch viele andere Personen tauchen auf, da sind die beiden Brüder, die unterschiedlicher nicht sein könnten, es folgen Priester, ein Schmied mit Tochter, das Teufels-Anneli und viele andere. Das Ganze spielt um 1300 und wird auch dialektisch mit Helvetismen durchmengt um ein zeitgetreues Kolorit zu gewinnen. In der Tat schafft Charles Lewinsky mit diesem Roman ein brillantes Werk, in dem er den Zeitgeist durch die erzählten Taten lebendig werden lässt sowie deren damalige Bewertung. Wenn eine Vergewaltigung die Schuld des Opfers ist und der Raub von Kirchenmobiliar als schlimmste aller Greultaten empfunden wird, ist die Moral und die Ehrfurcht eine andere als die heutige.
    Charles Lewinsky ist ein grosser Erzähler, der es nonchalant schafft uns auf eine fiktive Reise in die Vergangenheit mitzunehmen, die ich fast als echt empfunden habe. Da klappte ich das Buch zu und dachte: Ja, so muss es sich zugetragen haben. Wie der Roman auch endet: „Das war eine sehr schöne Geschichte, Eusebius. Man wird sie bestimmt noch lange erzählen, und irgendwann wird sie die Wahrheit sein.“ (S. 677)
    Spannend ist auch die Art der Erzählung, zwar ist Sebi der Haupterzähler, aber im Grunde genommen sind in diesem Roman die Figuren das Beiwerk und die Geschichten der rote Faden.
    Lasst euch darauf ein – euer Geist wird es euch danken!

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  • 5 Sterne

    11 von 16 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    liesmal, 10.10.2020

    Als Buch bewertet

    Das Buch „Der Halbbart“ von Charles Lewinsky, erschienen bei Diogenes, beginnt im Jahr 1313 in einem kleinen Dorf in der Talschaft Schwyz. Die Titelfigur, der Halbbart, ist ein Eigenbrötler, ein sonderbarer Fremder, der sich abseits des Dorfes einen Unterstand gebaut hat, seinen Lebensraum. Dort trifft ihn der Sebi, ein Junge, der mit seinen beiden älteren Brüdern im Dorf wohnt.

    Das Cover zeigt einen Ausschnitt aus dem Bild „Die Kindheit“ von Ferdinand Hodler. Zu sehen ist ein kleiner Junge, der so aussieht, wie ich mir den Sebi vorstelle.

    Der Sebi hört dem Halbbart gerne zu, ist sehr wissbegierig und liebt Geschichten. Der Halbbart erzählt nicht viel aus seinem eigenen Leben, doch es ist spürbar, dass er Schlimmes erlebt haben muss.

    Der Einstieg ins Buch ist mir nicht ganz leichtgefallen, weil ich mich in einer ganz anderen Welt wiederfand. Der Autor hat mich nämlich direkt mitgenommen in ein fremdes Land und eine Zeit vor 700 Jahren. Der aussergewöhnliche Schreibstil unter Verwendung vieler Helvetismen forderte zu Beginn hohe Konzentration beim Lesen, hatte aber bald einen ganz besonderen Charme. Lewinsky lässt den Sebi erzählen von seinen Erlebnissen – als Totengräber, im Kloster, vom Soldatenleben und von seiner grossen Leidenschaft, Geschichten nicht nur zu hören, sondern auch selbst welche zu erfinden und zu erzählen. So wird dieses Buch mit seinen vielen kleinen Geschichten ganz grossartig zu einer ganz grossen Geschichte zusammengefasst. Dabei bringen nicht nur die historischen Ereignisse der damaligen Zeit, wie zum Beispiel der Marchenstreit, Spannung, sondern auch der Glaube an fremde Mächte, Teufel und Engel findet Raum und sorgt in so mancher Situation für Gänsehaut. Doch das Buch ist bei weitem nicht finster, sondern es bringt mich durch Sebis liebevolle Art immer wieder zum Lachen und bietet vor allem durch seine kleine Perpetua ganz besondere emotionale Momente.

    Jedes der fast gleichmässig langen Kapitel trägt eine Überschrift, die wie eine kleine Zusammenfassung zu lesen ist.

    Für mich war „Der Halbbart“ mit seinen vielen ganz unterschiedlichen Charakteren ein ganz besonderes Leseerlebnis und ein grosses Vergnügen. Von Herzen gern gebe ich meine Empfehlung für das Buch – das übrigens über viele, viele wunderbare Zitate verfügt, wie dieses Beispiel zeigt:

    „Geschichten ausdenken ist wie lügen, aber auf eine schöne Art.“

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Esther R., 02.10.2020

    Verifizierter Kommentar
    Als eBook bewertet

    Das ist eine ausgezeichnete Lektüre, ausserordentlich phantasievoll und das Ganze aus der Sicht eines Buben beschrieben, der im Verlauf der Geschichte auch auf beste Art zum Erwachsenen wird.

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  • 3 Sterne

    7 von 13 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Katrin E., 11.09.2020

    Als eBook bewertet

    Gemischte Gefühle

    Ich habe eine Zeit gebraucht um in das Buch und die Geschichte einzutauchen. Die Geschichte ist teilweise sehr wirr beziehungsweise für mich nicht richtig nachvollziehbar.

    Wir begleiten Sebi, einen Träumer der so gar nicht in die Zeit um 1300 passt. Seine Kindheit und auch sein Erwachsenwerden sind von vielen Ereignissen und Schicksalen geprägt.

    Der Aufbau mit den Kapitelüberschriften und auch die (finde ich) guten Recherchen zu der beschriebenen Zeit finde ich sehr gut gelungen.

    Ich bin bei dem Buch hin und her gerissen. Ich hatte meine Probleme in die Geschichte zu kommen und dennoch wollte ich es unbedingt zu Ende lesen. Daher 3 Sterne, denn die Hintergründe und Den Aufbau des Buches fand ich sehr interessant und toll, die Geschichte an sich leider etwas zäh.

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  • 5 Sterne

    7 von 13 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Magnolia, 17.09.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    In einem Dorf in der Talschaft Schwyz lebt Eusebius - Sebi genannt - mit seinen älteren Brüdern Poli, einem Hitzkopf sondersgleichen und dem klugen Geni, der genau das Gegenteil verkörpert. Und dem Sebi hören wir zu in diesem Buch, lauschen seinen vielen Geschichten. Durch seine Freundschaft zum Halbbart, der vom Herzogtum Österreich herübergekommen ist, lernt er, gerade mal 13 Jahre jung, viel über das Leben.

    „Ein Roman voller Schalk und Menschlichkeit, der zeigt, wie aus Geschichten Geschichte wird.“

    Das Buch spielt im Jahre 1313 und etwas danach. Ein wenig abgewandelt könnte es genauso im Hier und Jetzt verankert sein. Gewisse Dinge ändern sich einfach nie. Was gut ist, wird immer gut bleiben, all das Schlechte ist wohl nie auszurotten.

    „Der Halbbart“ - das ist so ein ganz eigener Erzählstil. Ich brauchte schon ein wenig Zeit, um mich damit anzufreunden. Schnell war aber so richtig drin und gefangen in den Geschichten, die Sprache gefiel mir immer besser und ich liess mir so manchen Ausdruck, so manchen Satz auf der Zunge zergehen. Die schweizerischen Begriffe, auch wenn man sie nicht alle gleich versteht, erklären sich meist von selbst. Schön fand ich auch die kurzen Kapitel mit ihren Überschriften, die gleich einen Vorgeschmack auf das Nachfolgende vermitteln.

    Indem der Sebi seine Geschichten erzählt, bekommt man einen Einblick ins mittelalterliche Leben. Er begegnet Menschen, begleitet sie ein Stück des Weges, trifft sie immer wieder und lernt aus allem. Er ist ein sehr kluger, nachdenklicher Halbwüchsiger, der aber in dieser Zeit schon ziemlich erwachen sein muss. Er ist es, der den Halbbart als erster so richtig wahrnimmt. Und er geht mit offenen Augen durchs nicht immer leichte Leben.

    Der Aberglaube spielt schon immer eine grosse Rolle und je weniger die Leute haben, desto mehr klammern sie sich an so manchen Mythos. Da wird von so mancherlei Volksbelustigung erzählt, von den Grausamkeiten, den menschlichen Abgründen. Das Klosterleben wird ebenso durchleuchtet wie das der Soldaten und Söldner. Einfach das Leben – verpackt in Geschichten. Es sind weise, lebenskluge Sachen, die da erzählt werden. Von den Menschen in all ihren Facetten. Dieses Buch ist voller Poesie, voll von Lebensweisheiten und Lebensmut, die sich bis zum heutigen Tag nicht geändert haben. Dinge, die damals passiert sein könnten, wären auch in der jetzige Zeit oftmals passend.

    Auf diesen Roman habe ich mich so richtig eingelassen. Und ich finde, genau das sollte man. Ohne Vorurteile einfach lesen, zuhören, die Gefühle erspüren. Dann ist man hier genau richtig. All diese weisen Worte sind immer gültig: "Am meisten tut man für den Frieden, wenn man jeden auf seine Art verrückt sein lässt." Zeitlos - passt auf viele Menschen und Gelegenheiten. Diese sinnigen Sätze – und es gibt so einige davon - gefallen mir ausgesprochen gut.

    Es ist kein Buch zum nebenher lesen, man muss sich einfühlen, dem Sebi, dem Halbbart und all den anderen Raum lassen. Im richtigen Leben ist das halt oft so, dass Wunschdenken das eine ist, die Realität aber eine ganz andere Sprache spricht. Ein Buch, das vieles vermittelt und zum nachdenken anregt. Dem Sebi hätte ich noch stundenlang zuhören können.
    Charles Lewinsky ist ein grossartiges, eindrucksvolles, sehr empfehlenswertes Werk gelungen, das einfach gelesen werden will.

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Kristall, 20.09.2020

    Als Buch bewertet

    Klappentext:
    „Der Sebi ist nicht gemacht für die Feldarbeit oder das Soldatenleben. Viel lieber hört und erfindet er Geschichten. Im Jahr 1313 hat so einer es nicht leicht in einem Dorf in der Talschaft Schwyz, wo die Hacke des Totengräbers täglich zu hören ist und Engel kaum von Teufeln zu unterscheiden sind. Doch vom Halbbart, einem Fremden von weit her, erfährt der Junge, was die Menschen im Guten wie im Bösen auszeichnet – und wie man auch in rauhen Zeiten das Beste aus sich macht.
    Ein Roman voller Schalk und Menschlichkeit, der zeigt, wie aus Geschichten Geschichte wird.“

    Autor Chalres Lewinsky hat „Der Halbbart“ verfasst. Die Geschichte um Sebi löste bei mir beim lesen einen wahrlichen Sog aus. Sebi zog einen an, genauso wie die Gegend um die Talschaft Schwyz mit all seinen Orten und der Landschaft. Als dann eines Tages der Halbbart in Erscheinung trat, musst das Buch ohne Pause von mir regelrecht ausgelesen werden. Alles erschien mystisch, ein wenig in Nebel getaucht, eben aus einer längst vergangenen Zeit. Lewinsky nimmt dabei kein Blatt vor den Stift und schreibt straff, ehrlich und sogar etwas düster, jedenfalls für mein Gusto. Der Halbbart wird, heute würde man dazu „Buddy“ sagen, für Sebi zum Freund (oder gar Vaterersatz? Wer weiss...), zum Vertrauten. Ob dies nun der richtige Umgang für den Jungen war, sei dahingestellt. Beide profitieren von einander und das ist es was zählt. Der Halbbart konnte seine Erfahrungen weiter geben und Sebi war ein gelehriger Zuhörer. Lewinsky beschreibt die Menschen der Zeit sehr authentisch. Jedenfalls kann man das behaupten, wenn man geschichtliche Literatur dieser Zeit kennt und diese schätzt. Seine Wortwahl ist dabei hier und da gewöhnungsbedürftig, authentisch vielleicht für die Schweizer... aber ganz ehrlich, wie auch sonst, hätte diese Geschichte denn sonst niedergeschrieben werden sollen?! Hier passt alles und für mich war es fast wie ein Märchen aus längst vergangener Zeit, welches man nicht gross kennt, sich nicht gern erzählt aber wenn man es erzählt, dennoch alle schweigend zuhören. Sebi und der Halbbart wirken wie aus dem Zauberstab entsprungen. Sie zeigen uns das wahre Gesicht der damaligen Zeit um 1313 und der Gegend um die Talschaft Schwyz. Es war eine harte Zeit, voller Entbehrungen, Hunger, Gewalt, Krieg....Sie merken selbst, ein schönes und buntes „Märchen“ ist es wahrlich nicht, aber Lewinsky hatte dies auch nicht so im Sinn - Sebi ist Sebi mit dem Halbbart und dessen Erzählungen, Sichtweisen und dem gewissen Etwas, welches jeder Leser für sich selbst schätzen, oder gar verachten mag.
    Von mir gibt es 5 von 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    Annafrieda, 14.10.2020

    Als Buch bewertet

    Diese Geschichte zugrunde liegt der Marchenstreit, der Grenzkonflikte zwischen Klöstern und Talschaften im Spätmittelalter beschreibt.
    Der Halbbart ist ein Flüchtling, der in einem Dorf landet und dort langsam Fuss fasst. Besonders Sebi, ein Junge auf der Suche nach seiner Bestimmung, fühlt sich zu ihm hingezogen und es entwickelt sich eine Freundschaft zwischen ihnen. Der Halbbart hat schlimme Dinge erlebt und hat entstellende Narben davon getragen. Doch durch seine Art und sein Heilwissen schafft er es, das Vertrauen vieler Menschen zu erlangen.
    Halbbarts Geschichte wird im Laufe der Geschichte zu Sebis Geschichte, in der wir ihn auf seinem Weg begleiten dürfen. Der Zusammenhalt zwischen ihm und seinem Bruder in diesen schwierigen Zeiten hat mich beeindruckt. Zusammen trotzen sie allen Widrigkeiten.

    Und interessant fand ich, dass ich zu keiner Zeit das Gefühl hatte, über ein tatsächliches historisches Geschehen zu lesen. Es machte mich sogar neugierig und ich habe mich noch ausführlicher über den Marchenstreit informiert. Erschreckend war die Gewalt, mit der hier Menschen ihr eigenes Ego aufpolierten.

    Über allem steht die die Obrigkeit, die Kirche. Sie hat einen immensen Einfluss auf das Leben der Menschen, prägt ihren Alltag. Die Angst vor dem Teufel spricht fast aus jedem Gedanken, den Sebi hat, auch aus seinen Geschichten. Bildung gab es meist nur für jemanden, der sich als Mönch verdingte oder das Glück hatte, adelig zu sein.

    Die Figuren sind fein ausgearbeitet, die Charaktere rund glaubhaft. Die Sprache ist gut gewählt, sie erzeugt das Bild der damaligen Zeit.

    Alles in allem bin ich begeistert, wie Lewinsky alle Fäden miteinander verwoben hat, wie magisch die Geschichten in der Geschichte auf mich gewirkt haben und wie fantasievoll er Sebis' Leben mit all seinen Facetten zu einem dreidimensionalen Bild erweckt hat. Ich kann nur sagen: unbedingt lesenswert!

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  • 4 Sterne

    Peggy S., 23.10.2020

    Als Buch bewertet

    Eusebius und sein turbulentes Leben
    Eusebius ist ein armer Bauernjunge, der mit seiner Mutter und seinen beiden Brüdern zusammen in einem kleinen Haus in einem Alpental wohnen. Doch nicht nur ihr bescheidenes Leben als auch ihr eigenen Leben ändert sich radikal mit dem Unfall seines Bruders Geni, der bei Holzfallarbeiten schwer verletzt wird. Nahezu zeitgleich taucht plötzlich Halbbart auf, ein schwer gezeichneter Mann, der alles verloren hat und nach langer Flucht nun in Eusebius Tal gestrandet ist. Nach dem Unfall von Geni wird zwar sein Bein gerichtet und auch versorgt doch will es nicht heilen, auch nicht mit noch so vielen Gebeten, die ihnen die Mönche aufgetragen haben. In seiner Not eilt er zu Halbbart, der ihn erklärt wenn Geni überleben soll muss das Bein entfernt werden. Das geschieht und Geni überlebt. Doch nun fangen die Probleme erst richtig an. Geni kann nicht mehr mithelfen. Um einen Esser wenige zu haben wird Sebi nun in ein Kloster geben, aus dem er nach einem düsteren Ereignis flieht. Um Sebi zu schützen wird er unter anderen Namen bei einem Schmied versteckt. Unterdessen stirbt die Mutter und die beiden restlichen Brüder Geni und Poli treiben mehr und mehr auseinander. Dann taucht auch noch ihr Onkel auf, ein ehemaliger Soldat und damit kehrt auch der Krieg in das Tal. So wird Abt des Klosters überfallen und getötet und Horden von gewalttätigen Exsoldaten sorgen für jede Menge Chaos, Angst und Unruhe. Er will sogar Sebi zum Soldaten machen, doch Sebi hat andere Pläne und macht sich auf den Weg zu Geschichtenerzählerin um dort ihr Handwerk zu erlernen. Als er dann nach längerer Zeit in sein Tal zurückkehrt ist nichts mehr wie es war. Geni sein Bruder, der die Gemüter beruhigen sollte und damit den Grundstein für Frieden legen sollte wird verschleppt. Doch es kommt noch viel schlimmer. Poli hat schon wieder ein Fehnchen gegründet und viele um sich gescharrt. Doch er ist nur ein kleines Rad im Getriebe in den Machenschaften eines leibhaftigen Teufels, der über Leichen geht nur um des Ruhmes willen.

    Der Autor schafft es den Leser in eine längst vergangene Welt zu entführen. Dies gelingt ihm durch einen naiven ja kindlichen Erzählstil um den Leser nicht nur das Grundgerüst des Mittelalters das Leben, Arbeiten und soziales Grundgerüst zu erklären, sondern auch die Abgestumpftheit und Brutalität aber auch die Gottesgläubigkeit und den allgegenwärtigen Teufel.

    Der Handlungsrahmen umfasst mehrere Jahre, in dem das Leben und Wirken von Eusebius im Mittelpunkt steht. An sich finde ich es wirklich interessant die verschiedenen Lebensetappen von Sebi kennenzulernen, jedoch kam es einen dann zeitweise wirklich so vor als würde immer wieder das gleiche oder in abgewandelter Form erzählt. Keine Frage man kann wirklich viel über das Leben im Mittelalter lernen aber in der Mitte des Buches hatte ich einen ziemlichen Hänger. Kurz gesagt der Autor hätte ruhig an der einen oder anderen Stelle, die Handlung ein wenig straffen können.

    Die Figuren fand ich richtig gut beschrieben auch warum und wieso so gehandelt haben, wie sie es taten. Obwohl das Buch ja „Der Halbbart“ heisst spielt der Sebi ja eigentlich die Hauptrolle. Schade fand ich persönlich, dass das Katterlie irgendwann im Kloster verschwunden ist. Dafür kamen dann immer mehr Figuren und der Personenkreis wurde immer grösser, was zeitweilig ziemlich unübersichtlich war. Und der Halbbart mit dem man Anfangs Mitleid hatte, von den man dann dachte ok scheint doch ein ganz netter zu sein, entwickelte sich dann in eine Richtung, die man nicht für möglich gehalten hatte.

    Fazit: Ein recht umfangreicher historischer Roman, der nicht nur verständlich sondern auch so geschrieben ist, das man sich alleine durch den naiven Erzählstil, leicht in die Zeit denken kann. Wer nicht vor langen historischen Romanen zurückschreckt ist hier genau richtig, nicht zuletzt wegen der genauen Beschreibungen sondern auch wegen dem ganz besonderen Erzählstil der es einen wirklich leicht man sich in die Geschichte hinein zu versetzen.

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  • 5 Sterne

    yellowdog, 27.09.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Die Handlung von Der Halbbart ist im frühen 14.Jahrhundert angelegt und der Schweizer Schriftsteller Charles Lewinsky erzeugt auch sprachlich ein Gefühl für die Zeit.

    Der Roman wird durch die Erzählperspektive geprägt.
    Der Erzähler Sebi ist ein naiver Junge, der aber auch manchmal ganz klug und vernünftig sein kann.
    Er ist fasziniert vom neuen Einwohner der Gegend, dem Halbbart. So wird ein kluger, welterfahrener Mann genannt, dem aufgrund von Brandwunden im Gesicht nur auf einer Gesichtshälfte ein Bart spriesst.
    Für Sebi ist er ein Quell des Wissens. Erst nach einer Weile erfährt der Leser auch mehr vom Schicksal des Halbbarts.

    Es ist ein umfangreicher Roman und die Ironie erinnert mich ganz leicht an Thomas Manns Joseph und seine Brüder. Auch Charles Lewinsky nutzt einen charismatischen Plauderton, allerdings sehr genau ausgeführt, um die Geschichte des Dorfes und seiner Einwohner, des Halbbarts und Sebis und seinen Brüdern zu erzählen.
    Es ist amüsant, aber es gibt auch ernste Themen.
    Und am Ende ist es auch eine Coming-of-Age-Geschichte, die Sebis Weg zeigt. Er taugt weder zum Soldat noch zum Mönch. Er ist kein mutiger Junge, aber wenn es darauf ankommt, ist er da und schliesslich weiss er, was er will. Es ist eigentlich unmöglich diesen Protagonisten nicht zu mögen.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    nicigirl85, 03.10.2020

    Als Buch bewertet

    Titel: Reise ins grausige Mittelalter...

    Aufmerksam geworden bin ich auf diesen Roman aufgrund der Buchpreisnominierung. Gebannt begann ich zu lesen.

    In der Geschichte geht es um den etwa Zwölfjährigen Sebi, der am liebsten Geschichten hört und auch gern selber Geschichten erzählen würde. Er träumt gern vor sich hin, doch ist das gut in Zeiten des düsteren Mittelalters?

    Der Roman besticht vor allem durch seine Sprachgewalt, denn der Erzählstil und die verwendeten Worte sind einfach nur schön. Ich habe mir viele kluge Sätze notiert.

    Sebi fungiert als Ich- Erzähler und war mir bereits auf den ersten Seiten sympathisch, da ich mich sehr gut mit ihm identifizieren konnte. Als Kind und manchmal auch heute noch, träume ich mich gerne mal weg und vergesse die Welt um mich herum. Unser Eusebius hat ein Talent für das Beobachten und Werten vom Verhalten anderer. Hier hatte man oft das Gefühl, dass er längst erwachsen ist, was vielleicht an der rauen Zeit liegt, in der er gross wird.

    Seine beiden Brüder könnten unterschiedlicher kaum sein. Während ich Geni sehr bewundert habe wie er mit seinem Schicksal umgeht, so habe ich Poli so manches Mal verwünscht für seine gewalttätige Art.

    Meine absolute Lieblingsfigur hingegen war der Namensgeber des Buches: der Halbbart. Er ist ein Mensch mit sieben Siegeln. Manche Geheimnisse um ihn werden gelüftet, als Leser ist man fasziniert von ihm und seinem Schicksal. Leider verblasst er im Verlaufe der Geschichte immer mehr und ich habe nicht alles erfahren was ich mir gewünscht hatte. Und die Andeutungen waren meines Erachtens zu wenig, um sich als Leser seine Geschichte selbst weiterspinnen zu können.

    Besonders eindrücklich ist es dem Autor gelungen das Mittelalter darzustellen, denn es ist von Grausamkeiten und Entbehrlichkeiten geprägt. Ich musste ein ums andere Mal schlucken was die Figuren des Romans so aushalten müssen.

    Während ich bis ungefähr zur Mitte des Buches richtig Freude an der Geschichte hatte und kaum aufhören konnte zu lesen, liess sich die Lektüre mit der Zeit immer beschwerlicher lesen und ich kann gar nicht genau sagen wieso. Irgendwie fesselte mich das Erzählte nicht mehr so sehr, ich brauchte lange, um das Gelesene zu verarbeiten und oft liefen angefangene Erzählstränge irgendwie ins Leere.

    Und so verbleibe ich nach der Lektüre etwas ratlos zurück. Selten musste ich so lange über einer Rezension sitzen, eh mir die richtigen Worte einfielen. Der Roman ist gewiss nicht schlecht, hat meine Erwartungen einfach nur bedingt erfüllt.

    Fazit: Sprachlich eine Wucht, zum Schluss etwas zäh. Als Leser wird man immer wieder gefordert, das muss man mögen. Ich spreche dennoch eine Empfehlung aus, weil mich die Lektüre sehr nachdenklich gestimmt und mir einiges abverlangt hat.

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  • 4 Sterne

    Barbara T., 29.09.2020

    Als Buch bewertet

    Geschichten aus dem Mittelalter
    Der Roman „Der Halbbart“ versetzt den Leser nach Schwyz im Jahre 1313. In einem kleinen Dorf wohnt Eusebius, mit seiner Mutter und zwei älteren Brüdern Geni und Poli. Eusebius, den alle Sebi nennen, ist ein aufgeweckter Junge und sehr guter Beobachter.
    Als eines Tages ein Fremder im Dorf erscheint, der man aufgrund seines Aussehens Halbbart nennt, sucht Sebi seine Gesellschaft und versucht so viel wie möglich von ihm zu lernen. Der Halbbart scheint ein Mann mit vielen praktischen Fähigkeiten zu sein und er hilft gerne den Menschen im Dorf. Nur über seine tragische Vergangenheit möchte er lieber nicht sprechen.

    Dieses Buch hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Im Mittelpunkt steht natürlich Sebi, der die ganze Geschichte erzählt. Er ist ein aufgeweckter Junge, der gut beobachten und noch besser erzählen kann. Er wächst in einer Welt, in der der Glaube und Aberglaube den Alltag beeinflussen und die prägen nachhaltig auch seine Gedanken und Geschichten.
    Mit den Augen des 13-jährigen Buben konnte ich in diese mittelalterliche Welt eintauchen und das mühsame Leben der Dorfbewohner betrachten. Mit der Naivität eines Kindes erzählt Sebi über den Alltag der ungebildeten Menschen, über das scheinbar bessere Leben der Reicheren im Dorf und den enormen Einfluss der Kirche. Seine Erzählungen sind so offen, aufrichtig und unkritisch, dass man über seine kindliche Naivität oft schmunzeln muss.
    Der geheimnisvolle Halbbart spielt eine grosse Rolle im Sebis Leben. Es ist offensichtlich, dass der Halbbart ein gebildeter Mensch ist und viel, nicht nur Gutes, in seinem Leben mitmachen müsste. Sein Wissen teilt er gern mit Sebi, der ihn von Anfang an als einen Freund und nicht als einen Fremden behandelt.
    Natürlich kommen auch die geschichtlichen Ereignisse in diesem Roman vor. Sebi und seine Brüder wurden in diese Geschehnisse verwickelt. Dazu gibt der Autor zwar keine Quellennachweise, dafür aber erzählt viele interessante Geschichten. Wieviel sie der Wahrheit entsprechen, müsste man es selbst herausfinden. Denn in dem Interview für Literatur-Lounge sagt der Autor selbst:
    Ein Roman soll keine Unterrichtsstunde sein. Es geht nicht um Geschichte, sondern um Geschichten.
    FAZIT:
    „Der Halbbart“ von Charles Lewinsky ist ein wunderbarer Roman voller Geschichten, Märchen und Weisheiten, die das Herz jedes Lesers berühren. Obwohl es eine Geschichte über das Mittelalter ist, ist sie in vielen Punkten aktueller denn je. Wunderschön erzählt, berührend, aufschlussreich – einfach lesenswert!

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  • 4 Sterne

    Johann B., 17.09.2020

    Als eBook bewertet

    Ist „Der Halbbart“ tatsächlich ein Roman? Im Jahr 1313 dürfen wir das harte Leben der Dorfbevölkerung in der Schweiz kennenlernen. Und hier genau den Eusebius, genannt Sebi. Er lebt mit Mutter und zwei Brüdern in einem kleinen Dorf und dort hat sich ebenfalls der Halbbart häuslich niedergelassen. Nein, nicht in einem Haus, eher an einem Unterstellplatz. Warum nennen ihn die Leute so? Alle haben hier einen Spitznamen. So heisst ein Mann Bruchi, weil er sich beide Beine brach. Aber noch einmal zum Sebi. Der erzählt gerne und viel und nicht nur das Kloster Einsiedeln kommt in seinen Geschichten vor.

    Zitat aus dem Buch und ein Gedanke Sebis: „Wenn die Knochen der Heiligen derart durcheinander kommen, wie soll das bei der Auferstehung werden? Wenn eine Hand am falschen Arm ist, oder eine Rippe da, wo sie nicht hingehört?“

    Der Autor nutzte für sein Buch eine Sprache der alten Zeit. Viele Ausdrücke gehören zum Schwyzer-deutsch, sind aber im Zusammenhang gut zu verstehen. Warum der Verlag diesen Titel wählte, das kann ich nicht nachvollziehen. Ist doch die Hauptperson der junge Eusebius. Er schreibt von den Mönchen und den Äbten und wie sie das Volk unterdrückten. Wie Kräuterfrauen den Menschen bei Erkrankungen zur Seite standen und der Totengräber viele Kinder begraben musste. Es war ein schweres und karges Leben damals, aber die Menschen waren zufrieden. Sie kannten es nicht anders.

    Wer ohne Buch, Radio oder Fernsehen leben muss, der hört gerne den Geschichtenerzählern zu. Die kamen immer im Winter, da die Dorfbewohner im Sommer keine Zeit zum Zuhören hatten. Wahrscheinlich hat der Sebi deshalb auch so gerne Geschichten erzählt, weil er seine Familie und Freunde unterhalten wollte. „Der Halbbart“ ist keine Zusammenhängende Story, die hier wiedergegeben wird. Viel mehr eine Aneinanderreihung vieler kleiner Aufzeichnungen, die teils brutal und teils amüsant sind. Schön fand ich, wie der Autor es schaffte, die damalige Atmosphäre so genau darzustellen. Mein Kopfkino funktionierte sehr gut. Vier Sterne und eine Empfehlung gibt es von mir.

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  • 4 Sterne

    leseratte1310, 10.12.2020

    Als Buch bewertet

    Schweiz 1313: Der Sebi lebt mit seiner Mutter und seinen älteren Brüdern in einem kleinen Dorf. Es gibt viel zu tun, doch der Sebi ist weder für die harte Arbeit noch für das Soldatenleben oder das Klosterleben gemacht. Er ist ein Freund von Geschichten, sei es die gehörten oder auch seine eigenen ausgedachten. Als dann ein Fremder ins Dorf kommt mit einem Gesicht voller Brandnarben, bekommt er von den Dörfler einen Namen verpasst, wie bei allen anderen auch. Er ist der „Halbbart“. Er bleibt für sich und redet kaum. Aber mit dem Sebi, mit dem redet er und der Sebi ist fasziniert von diesem Fremden. Sebi versteht nicht alles, was der Fremde sagt, aber das macht nichts.
    Der Autor Charles Lewinsky erzählt mir grosser Fabulierlust. Die Sprache ist entsprechend üppig. Das Buch umfasst ungefähr 700 Seiten und die Schrift ist sehr klein, dass macht das Lesen anstrengend. Es passiert auch gar nicht so viel in dieser Geschichte, meist sind es die Alltäglichkeiten. Aber das wird alles sehr detailliert und erzählfreudig berichtet.
    Die Geschichte spielt in der Zeit des Marchenstreit, bei dem die einfachen Leute zwischen die Interessen der Mächtigen geraten, sei es die der geistlichen oder die der weltlichen Machthaber. Da harte und oft auch gewalttätige Leben im Mittelalter wird gut dargestellt.
    Ich mochte den etwas naiven Sebi mit seiner hoffnungsfrohen Einstellung, der mit dem geheimnisvollen Fremden gut klarkommt. Erst so nach und nach erfahren wir, was dem Halbbart widerfahren ist. Der Halbbart wird von Sebi zum Freund erkoren. Der Vater vom Sebi ist schon lange tot und der Dreizehnjährige kann eine männliche Bezugsperson, zu der er aufschauen kann, gut gebrauchen. Aber auch die anderen Personen sind individuell (was sich schon in ihren Namen ausdrückt) und interessant beschrieben.
    Es ist kein Buch, das einen mit seiner Spannung gefangen nimmt, dennoch hat es mir Freude bereitet.

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  • 3 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elaine L., 19.09.2020

    Als Buch bewertet

    Dieses Buch lässt mich mit etwas gemischten Gefühlen zurück. Der Autor Charles Lewinsky entführt hier die Leser_innen ins Jahr 1313 in die Talschaft Schwyz, wo die Menschen mit ihrer eigenen Hände Arbeit ihren Lebensunterhalt irgendwie ansatzweise sicherstellen müssen und die katholische Kirche über allem thront und sich jede Grausamkeit und jedes Verbrechen leisten kann ohne dafür zur verdienten Rechenschaft gezogen zu werden. Das dann Menschen beginnen sich dagegen zu wehren ist nur allzu verständlich und so ist es gut, dass diese in diesem Buch auch vorkommen. Allerdings werden sie eher kriegslüstend und raubend oder zutiefst rachsüchtig dargestellt und im Vordergrund stehen andere Charaktere, die zwar Ungerechtigkeiten sehen, diese aber von sich aus nicht ändern wollen. Wie der Hauptprotagonist dieses Buches - der junge Sebi -, der zwar viele Weisheiten erhält oder in sich entwickelt, aber trotz allem am christlichen Glauben festhält. Als Frauengestalten finden sich nur eine Schmiedtochter, die nach der Vergewaltigung durch einen Priester ins Kloster geht und Nonne wird und damit genau zu dieser verlogenen Sorte Menschen, die ihr das angetan haben, und eine alte Geschichtenerzählerin, die sich unter Drogen setzen muss um noch ihren Beruf ausüben zu können. Das ist mir definitiv zu wenig und die Geschichte wirkt extrem patriarchal.
    Die Erzählweise mit dem Schweizer Dialekt ist ganz nett, kann aber über die inhaltlichen Schwächen des Buches nicht hinwegtäuschen.

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  • 4 Sterne

    0 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    leseratte1310, 10.12.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Schweiz 1313: Der Sebi lebt mit seiner Mutter und seinen älteren Brüdern in einem kleinen Dorf. Es gibt viel zu tun, doch der Sebi ist weder für die harte Arbeit noch für das Soldatenleben oder das Klosterleben gemacht. Er ist ein Freund von Geschichten, sei es die gehörten oder auch seine eigenen ausgedachten. Als dann ein Fremder ins Dorf kommt mit einem Gesicht voller Brandnarben, bekommt er von den Dörfler einen Namen verpasst, wie bei allen anderen auch. Er ist der „Halbbart“. Er bleibt für sich und redet kaum. Aber mit dem Sebi, mit dem redet er und der Sebi ist fasziniert von diesem Fremden. Sebi versteht nicht alles, was der Fremde sagt, aber das macht nichts.
    Der Autor Charles Lewinsky erzählt mir grosser Fabulierlust. Die Sprache ist entsprechend üppig. Das Buch umfasst ungefähr 700 Seiten und die Schrift ist sehr klein, dass macht das Lesen anstrengend. Es passiert auch gar nicht so viel in dieser Geschichte, meist sind es die Alltäglichkeiten. Aber das wird alles sehr detailliert und erzählfreudig berichtet.
    Die Geschichte spielt in der Zeit des Marchenstreit, bei dem die einfachen Leute zwischen die Interessen der Mächtigen geraten, sei es die der geistlichen oder die der weltlichen Machthaber. Da harte und oft auch gewalttätige Leben im Mittelalter wird gut dargestellt.
    Ich mochte den etwas naiven Sebi mit seiner hoffnungsfrohen Einstellung, der mit dem geheimnisvollen Fremden gut klarkommt. Erst so nach und nach erfahren wir, was dem Halbbart widerfahren ist. Der Halbbart wird von Sebi zum Freund erkoren. Der Vater vom Sebi ist schon lange tot und der Dreizehnjährige kann eine männliche Bezugsperson, zu der er aufschauen kann, gut gebrauchen. Aber auch die anderen Personen sind individuell (was sich schon in ihren Namen ausdrückt) und interessant beschrieben.
    Es ist kein Buch, das einen mit seiner Spannung gefangen nimmt, dennoch hat es mir Freude bereitet.

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