In Filmgeschichten wird ihm stets sein "verheerender Zynismus" bescheinigt, was sich aus der Distanz der Jahre von einem Vorwurf zu einem Gütesiegel entwickelt hat. Denn Robert Aldrich (1918 - 1983) gehörte zu den unbequemen Regisseuren der 50er Jahre, die wegen ihrer Kämpfe mit den Studios um Zensureingriffe ihre eigenen Firmen gründeten (Aldrich zusammen mit Burt Lancaster, Star in seinen Western "Vera Cruz" und "Massai, der grosse Apache", einem der ersten Filme, die die Haltung Hollywoods gegenüber den Indianern revidieren). Aldrich hatte bei vielen bedeutenden Regisseuren (Chaplin, Renoir, Losey) assistiert und für das Fernsehen gearbeitet, als er 1953 mit einem Baseball-Drama in der Spielfilmregie debütierte. Mehrfach griff Aldrich Film-noir-Themen auf, so mit dem Detektivfilm "Rattennest", einer Mickey-Spillane-Verfilmung um den Privatdetektiv Mike Hammer, die 1955 als "brutal" galt, und dem unterschätzten modernen Film noir "Strassen der Nacht" (1975), in dem Burt Reynolds und Catherine Deneuve spielten. Sein Polizeifilm "Die Chorknaben" zeichnet Polizisten als rüde, sexgeile und pubertäre Gang von Säufern und Schlägern, seine Thriller "Was geschah wirklich mit Baby Jane?" und "Wiegenlied für eine Leiche" spielen, mit Altstars wie Bette Davis, in neogotischem Interieur. Im Kriegsfilm zeigte Aldrich mit "Ardennen 44", "Hügel des Schreckens", "Vor uns die Hölle" und "Zu spät für Helden" realistische Schreckensszenarien und todgeweihte Männer bei Einsätzen zur Bombenentschärfung. Dagegen inszenierte er mit seinem grössten Erfolg "Das dreckige Dutzend" (1967) den Krieg als Abenteuerschauplatz für Psychopathen und Killermaschinen, die auf ein Himmelfahrtskommando geschickt werden - ein Motiv, das viele Filme von Aldrich durchzieht. Zu Aldrichs makellosen Filmen gehören der Abenteuerfilm "Der Flug des Phoenix", in dem ein notgelandetes Flugzeug in der Wüste wieder flugtauglich gemacht werden muss, und die Hollywood-Abrechnungen "Hollywood-Story" (Venedig 1956: "Silberner Löwe") und "Grosse Lüge Lylah Clare" (mit Kim Novak in einer beherrschten Variation ihrer Figur aus Alfred Hitchcocks "Vertigo"). Aldrich eckte 1969 mit dem Lesben-Melodram "Das Doppelleben der Sister George" an, das merklich gealtert ist, und gab mit Sergio Leone als Co-Regisseur ein Gastspiel im Monumentalfilm ("Sodom und Gomorrha"). Sein Western "Keine Gnade mit Ulzana" (wieder mit Burt Lancaster) gehörte 1972 zu jenen Western, die als kritische Parabeln auf den Vietnam-Krieg der USA gelesen wurden und als antirassistischer Indianerwestern im Amerika vor Kevin Costners "Der mit dem Wolf tanzt" schockierte. Seine letzte Regiearbeit "Kesse Bienen auf der Matte" zeigt Peter Falk als Manager zweier Catcherinnen. In den 70er Jahren war Aldrich Päsident des Regisseurverbands der USA.
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