Er ist der bedeutendste der amerikanischen Independent-Regisseure. John Sayles, Regisseur, Produzent, Drehbuchautor, Darsteller und Script Doctor, wurde 1950 als Sohn irisch-deutscher Eltern geboren, schrieb schon in der Schulzeit Kurzgeschichten, studierte Film und Psychologie, und schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch, während er als Schriftsteller tätig war. Erste Erfolge ermöglichten ihm die Drehbucharbeit für Joe Dantes Horrorfilm "Piranha" (1978) und andere Low-Budget-Produktionen. Er finanzierte sein Spielfilmdebüt "Die Rückkehr nach Secaucus" 1979 selbst. Der Film schildert das Treffen einer Gruppe ehemals radikaler Studenten, wurde für einen Drehbuch-"Oscar" nominiert und beeinflusste wesentlich Lawrence Kasdans "Der grosse Frust" (1983). Sayles' nächster Film "Lianna", in dem eine verheiratete Hausfrau ihr lesbisches Coming Out erlebt, wurde bereits im Kino vertrieben, die Teenager-Komödie "Baby, it's you" (mit Rosanna Arquette) ein Publikumserfolg. Sayles schaffte sich in den folgenden Jahren eine Nische, indem er als Script Doctor (oft ungenannt) an Mainstream-Produktionen feilte, und mit diesem Geld die eigenen persönlichen Filme realisierte, denen man kaum ansieht, mit wie wenig Produktionsmitteln sie entstanden sind. "Der Typ vom anderen Planeten" ist eine Science-Fiction-Komödie über einen Ausserirdischen (Joe Morton), der in Ellis Island landet und sich in Harlem niederlässt. "Matewan" (1987) schildert einen Arbeitskampf von Bergleuten im Virginia der 20er Jahre; der nicht in Deutschland gelaufene "Acht Mann und ein Skandal" ist ein Baseball-Film um den Wett-Skandal des "Chicago White Sox"-Teams. Mit "City of Hope" (1991) entstand Sayles' erstes Meisterwerk, das in der Art der Gesellschaftspanoramen von Robert Altman von Korruption in Amtsstuben, Pfusch beim Häuserbau und Vater-Sohn-Konflikten erzählt, in einem aufregenden visuellen Stil, der vor allem durch die fliessenden Erzählübergänge innovativ war. Das unsentimentale Behindertendrama "Passion Fish" (mit Mary McDonnell) führt in die Südstaaten-Provinz und in die Bayous, der als Kinderfilm angelegte "Das Geheimnis des Seehundbabys" in die mythische Welt irischer Sagen. Sayles' zweites Meisterwerk wurde "Lone Star", in dem die Aufklärung eines Jahre zurückliegenden Verbrechens, der Mord an dem sadistischen Sheriff (Kris Kristofferson), das Leben in einer texanischen Grenzstadt am Rio Grande verändert. Auch hier gelangen Sayles innovative Zeit- und Raumübergänge. In dem auf Spanisch gedrehten "Men With Guns" berichtet Sayles über einen Arzt in Lateinamerika, der zwischen die Fronten eines Bürgerkrieges gerät. Sein drittes Meisterwerk "Limbo - Wenn der Nebel sich lichtet" (1998) beleuchtet erst die Interaktionen in einer Fischereistadt und wird in der zweiten Hälfte zu einer ungewöhnlichen Robinsonade mit einem Fischer, einer gestrandeten Country-Sängerin (Mary Elizabeth Mastrantonio) und deren Tochter. Sayles arbeitet häufig mit den Schauspielern Chris Cooper ("Lone Star") und David Strathairn ("Limbo"). Zu den vielen Filmen, deren Dialoge er als Script Doctor rettete oder bearbeitete, gehören "Apollo 13", der Western "Schneller als der Tod", der Horrorfilm "Mimic" und "Gefährliche Freundin".
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