Die Burg der Könige, 8 Audio-CDs
Gekürzte Lesung. 601 Min.
1524: Die deutschen Lande werden von den Bauernkriegen zerrissen. Dem Adel droht der Machtverlust, dem Volk der Hunger. Die Herrschaft Karls V. ist in Gefahr. Da stoßen die Burgherrin Agnes und Mathis, der Sohn eines Burgschmieds, auf ein...
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1524: Die deutschen Lande werden von den Bauernkriegen zerrissen. Dem Adel droht der Machtverlust, dem Volk der Hunger. Die Herrschaft Karls V. ist in Gefahr. Da stoßen die Burgherrin Agnes und Mathis, der Sohn eines Burgschmieds, auf ein Geheimnis, das über die Zukunft der Krone entscheiden könnte. Den Schlüssel zu ihrem Schicksal birgt: der Trifels - Hort vieler Geheimnisse, legendäre Burg der Staufer.
Gelesen von Johannes Steck.
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1524. Die deutschen Lande werden von den Bauernkriegen zerrissen. Dem Adel droht der Verlust der Macht, dem Volk Hunger und Tod. Vier Menschen suchen ihre Bestimmung: Agnes, die Burgherrin der einst mächtigen Stauferburg Trifels, will ihr Erbe bewahren. Mathis, Sohn eines Burgschmieds, träumt von der Gleichheit der Menschen und schließt sich aufständischen Bauern an. König Franz von Frankreich strebt nach der Kaiserkrone. Karl V., gewählter deutscher König und selbst ernannter Kaiser, sieht seine Macht bedroht. Vier Menschen, vier Leben. Und ein Ort, der den Schlüssel zu ihrem Schicksal birgt: der Trifels. Legendäre Burg der Staufer.Hörprobe
Die Burg der Könige, 8 Audio-CDs
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Autoren-Porträt von Oliver Pötzsch
Oliver Pötzsch, geboren 1970, war jahrelang als Filmautor für den Bayerischen Rundfunk tätig. Heute widmet er sich ganz dem Schreiben. Er lebt in München. Seine historischen Romane um den Schongauer Henker Jakob Kuisl haben ihn weit über die Grenzen Deutschlands bekannt gemacht.
Autoren-Interview mit Oliver Pötzsch
Die heimliche Hauptfigur Ihres neuen Romans ist eine Burg in der Nähe von Speyer, der Trifels. Was für ein Verhältnis haben Sie zu Burgen? Oliver Pötzsch: Ich bin schon seit meiner Kindheit verrückt nach Burgen. Für einen Jungen ist das vermutlich nichts Ungewöhnliches, aber mittlerweile muss ich wohl von einem Tick sprechen, den auch meine Frau und meine beiden Kinder aushalten müssen ... Wir machen nämlich keinen Urlaub, in dem der Papa nicht mindestens eine Burg besichtigen darf. Und wenn wir durch das Burgenreiche Südtirol fahren, mache ich gerne ein Ratespiel: Wer zuerst eine Burg sieht, bekommt ein Gummibärchen - die krieg ich immer alle. Dieses Jahr hätte ich gerne einen Burgen-Urlaub in Schottland gemacht, ein Burgenhopping sozusagen, aber da hat meine Familie gestreikt. Die wollen jetzt einfach mal ans Meer ...
Wer wären Sie gerne auf einer Burg gewesen, wenn Sie dort gelebt hätten?
Oliver Pötzsch: Mir ist ganz wichtig zu unterscheiden: Die romantische Vorstellung von Burgen ist etwas anderes als die tatsächliche Welt derjenigen, die dort gelebt haben. Ehrlich gesagt: In dieser Welt hätte ich überhaupt nicht leben wollen. Das war ein sehr unwirtlicher Ort, es hat furchtbar gezogen, es war immer kalt, selbst im Sommer, die hygienischen Verhältnisse waren katastrophal, und es war auch saulangweilig. Es ist nämlich ein Missverständnis, dass viele Menschen auf einer Burg gelebt und dass sie ständig gefeiert haben. Meistens gab es nur eine ganz kleine Besatzung von 4-5 Wachleuten, dem Vogt und ein wenig Gesinde.
In einer romantischen Burgenwelt hingegen, wie ich sie mir als Kind vorgestellt habe, wäre ich vielleicht der Sohn des Burgvogts gewesen, ein Knappe, der zum Ritter ausgebildet wird.
Wofür steht eine Burg?
... mehr
Oliver Pötzsch: Eine Burg ist zunächst mal ein Symbol für eine körperliche Auseinandersetzung, für den Kampf schlechthin. Vor allem aber ist eine Burg ein Hort von Geschichten. Wie ein altes Kloster kann auch eine Burg eine sehr lange Geschichte erzählen. Ich habe mir als Kind immer vorgestellt, wie es dort zuging, habe mir die Geheimgänge ausgemalt, die Schatzkammern und finsteren Kerker.
Ist der Trifels in diesem Zusammenhang eine besondere Burg?
Oliver Pötzsch: Aber ja! Der Trifels war einst das Zentrum des Deutschen Reiches und kann deshalb besonders viele Geschichten erzählen. Schließlich war er eine der Hauptburgen der Staufer, dem berühmten Herrschergeschlecht des 12. und 13. Jahrhunderts, das deutsche Könige und Kaiser hervorgebracht hat. Von Barbarossa, dem Ur-Staufer sozusagen, heißt es, dass er unter dem Trifels schläft, einer der möglichen Orte neben dem Kyffhäuser. Das ist die eine Geschichte. Man kann auch vom legendären Normannenschatz erzählen, der mit dem Nibelungenschatz verglichen wird und sich dort wohl eine Zeitlang befunden hat. Er war so groß, dass 130 Esel nötig waren, um ihn zu transportieren. Außerdem wurde der berühmte Richard Löwenherz auf dem Trifels gefangen gehalten, und
schließlich bewahrte man hier die sogenannten Reichskleinodien auf, die man brauchte, um den deutschen König zu krönen. Wie wirkungsmächtig diese Geschichten sind, haben später auch die Nationalsozialisten erkannt. Sie wollten den Trifels zu einer NS-Pilgerstätte ausbauen. Der sogenannte große Kaisersaal zum Beispiel, wie man ihn heute dort vorfindet, geht noch auf die NS-Architektur zurück.
Alle diese Geschichten kommen im Roman vor, sind aber zum Zeitpunkt der Erzählung schon selbst Geschichte. Warum haben Sie die Handlung in das 16. Jahrhundert verlegt, in die Zeit der Bauernkriege?
Oliver Pötzsch: Mich interessieren historische Übergänge, die Prozesse, wenn eine Epoche in die andere übergeht. Außerdem wollte ich einmal den Niedergang einer Burg erzählen. Und so habe ich mich für den Beginn des 16. Jahrhunderts entschieden, wo die Zeit der Ritter zu Ende geht. Feuerwaffen und Soldaten spielen ab diesem Zeitpunkt eine immer größere Rolle und lösen den Kampf Mann gegen Mann, wie ihn die Ritter führten, ab. Und in diese Zeit, um 1525 herum, fallen auch die Bauernkriege, die, wie ich finde, in Romanen bisher sträflich vernachlässigt wurden. Nicht zu vergessen das Auftreten Luthers: der Beginn des Protestantismus und die Kirchenspaltung. Das heißt, in dieser kurzen Zeit, in der „Die Burg der Könige" spielt, konnte ich viel von der deutschen Geschichte erzählen.
Wie viel historische Korrektheit ist nötig, wie viel literarische Freiheit möglich?
Oliver Pötzsch: Für mich ist die erste Regel: Alles, was passiert, muss theoretisch möglich, also plausibel sein. Die zweite Regel: Die äußere Historie und die wichtigen großen Figuren müssen stimmen. Das heißt, wenn, wie hier, ein Götz von Berlichingen vorkommt, dann muss der auch ungefähr so sein, wie er in den Quellen belegt ist. Der darf zum Beispiel kein Holzbein haben. Da wären die Leser zu Recht beleidigt. Auch die Kulturgeschichte muss korrekt recherchiert sein. Im 16. Jahrhundert dürfen keine Kartoffeln vorkommen. Freiheit habe ich bei der Ausgestaltung dessen, was die einzelnen Figuren erleben.
Glauben Sie, dass die Menschen im 16. Jahrhundert anders waren?
Oliver Pötzsch: Sie waren komplett anders, gerade im Hinblick auf Brutalität. Ich habe mal gelesen, dass bei Shakespeare vor einer Theateraufführung zum Amüsement der Zuschauer Katzen angezündet und verbrannt wurden. Das gleiche galt für Hinrichtungen. Das war eine Zeit, die eben auch furchtbar langweilig war, kein Kino, kein Fernsehen, die einfachen Menschen konnten nicht lesen. Da war dann eine Hinrichtung das „Highlight" im Jahr, wo alle hingegangen sind. Vielleicht hat einen das nicht so berührt, weil man durch die hohe Sterblichkeitsrate, auch in der eigenen Familie, ständig vom Tod umgeben war.
Bis zum 18. Jahrhundert, bis zur Aufklärung, muss man das Weltbild auch immer in Verbindung mit dem Gottesbild sehen. Wenn die „Hexe" verbrannt wurde, dann war das aus Sicht der Leute gut für sie, denn dadurch hat sie sich die Hölle erspart. Sie hat davor ja auch die Absolution bekommen. Das kann man sich heute nur noch schwer vorstellen.
Genauso wenig wie die andere Funktion der Folter. Es gab damals eben kein Urteil ohne Geständnis - das war ein großer Fortschritt! Denn erst seit der Karolinischen Gerichtsordnung im 16. Jahrhundert gab es richtige Prozesse. Vorher existierte in vielen Bereichen die Praxis der Blutfehde. Natürlich ist uns heute klar, dass jemand gestehen wird, wenn ich dem Schmerzen zufüge. Sicher haben das auch damals einige Menschen so gesehen, aber die waren absolut in der Minderzahl.
Lassen Sie uns einen Blick in Ihre Werkstatt werfen: Wie legen Sie eine Figur an, damit sie trotz des historischen Abstandes glaubwürdig und interessant für die Leser wirkt?
Oliver Pötzsch: Nehmen wir als Beispiel Agnes, die Tochter des Burgvogts, meine weibliche Hauptfigur. Mir war klar, dass ich eine starke Frau brauche. Wenn Sie historische Romane erzählen, kommen Sie um eine Frauenfigur nicht herum. Und diese Figur muss eine gewisse Brechung haben, muss anders sein als die gewöhnlichen Frauen zu ihrer Zeit, damit sie einen inneren Konflikt haben kann. Agnes zum Beispiel habe ich einen Falken an die Seite gestellt. Die Falknerei war damals eine absolute Männersache. Das macht sie als Figur schon mal ungewöhnlich. Hinzu kommt, dass die Falknerei eigentlich ins Hochmittelalter gehört - man denke an das berühmte Falkenbuch von Friedrich dem Staufer, in dem Agnes gerne liest. Das heißt, Agnes ist eine Figur, die aufgrund verschiedener Attribute nicht in ihre Zeit hineinpasst. Sie ist ganz vernarrt ins Lesen und in die alte Zeit der Ritter, die auch für die Zeit der Burgen steht. Wobei sie aber am Ende einsieht, dass es hat keinen Sinn hat, darin zu verharren.
Zugleich ist sie als Frau aber auch höchst modern, weil emanzipiert ...
Oliver Pötzsch: Würde ich ein historisches Sachbuch schreiben, gäbe es eine Figur wie die Agnes nicht. Die Menschen sind damals komplett anders sozialisiert worden. Sie hätte sich vermutlich in ihr Schicksal „gefügt" und hätte es gar nicht als bedauerlich wahrgenommen, dass sie einen Grafen heiraten „muss". Im Gegenteil! Sie hätte das wahrscheinlich prima gefunden und wäre nie auf die Idee gekommen zu sagen: „Ich will unabhängig sein, ich will mir den Mann selber aussuchen." Aber Leser, auch von historischen Romanen, wollen sich darin wiederfinden, suchen nach Identifikationsfiguren. Die müssen einem vertraut sein, etwas Heutiges an sich haben. Deswegen bezeichne ich meine - oder überhaupt viele historische Romane - lieber als moderne Romane im „historischen Gewand".
Auch Ihre eigene Familiengeschichte haben Sie schon als Stoff für Romane genutzt. Die erfolgreiche Romanserie um die kluge Henkerstochter Magdalena und ihren Vater Jakob Kuisl (bisher 4 Bände), die Sie auch weiterführen werden, ist in gewisser Weise autobiografisch. Denn Sie entstammen einer bekannten bayerischen Henkersdynastie, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Mindestens 14 Scharfrichter, darunter auch die Kuisls, gehörten laut Stammbaum dazu. Wie geht man in Ihrer Familie damit um?
Oliver Pötzsch: Das hat sich im Laufe der Generationen verändert. Für meine Großmutter beispielsweise war es noch ein absolutes Tabu: „Darüber hat man nicht geredet." Auch für meine Mutter, die mir von unseren Vorfahren erzählte, hat die Geschichte immer noch einen bitteren Beigeschmack. Das ist bei mir und meinen Kindern gar nicht mehr der Fall. Ich muss aber auch betonen, dass meine Vorfahren schließlich nicht die Henker der Geschwister Scholl waren. Von der zeitlichen Nähe und vom moralischen Empfinden her hätte ich dazu vermutlich ein anderes Verhältnis. Der letzte Henker meiner Familie ist bereits Anfang des 19. Jahrhunderts gestorben. Die Familiengeschichte ist für mich heute vor allem ein Fundus an spannenden Geschichten, und so gebe ich es auch an meine Kinder weiter. Meine kleine Tochter sieht im Henker eher eine Art guten Polizisten.
Sind Ihre Bücher dann eine Ehrenrettung für den Berufsstand? Immerhin war es ja sogar ein Lehrberuf?
Oliver Pötzsch: Genau das sage ich immer auf meinen Lesungen. Normalerweise kommen Henker in Filmen und Romanen extrem schlecht weg: Sie haben immer diese gruselige Kapuze auf, dürfen einmal grimmig lachen und dann - rumms - fällt das Beil. Aber Henker waren gerade in den kleinen Ortschaften weitaus mehr als „Killermaschinen", sie waren zum Beispiel auch Heiler. Sie mussten die Gefolterten
ja oft gesundpflegen, bevor sie hingerichtet wurden. Außerdem waren sie in Chirurgie bestens bewandert, was mit dazu führte, dass sie sich später gelegentlich zu Ärzten entwickelt haben. Ansonsten war das ein hartes Leben. Henker mussten außerhalb der Stadt wohnen, wurden in der Regel nicht auf dem Friedhof begraben, durften ihre Kinder nicht taufen und nicht in die Wirtshäuser gehen. Das konnte man bislang so genau nicht lesen. Henker waren vielleicht nicht die Guten, aber eben auch nicht die Bösen.
Haben Sie sich jemals ernsthaft vorgestellt, Sie hätten damals das Erbe ihrer Familie antreten müssen und selbst Scharfrichter lernen?
Oliver Pötzsch: Ich hätte keine andere Wahl gehabt. Man konnte als Sohn nicht sagen: „Du, Papa, ich kann kein Blut sehen, ich möchte lieber Goldschmied oder Dichter werden." Das ging schon bei anderen Berufen nicht, auch als Bäckerssohn wurde man Bäcker. Bei Henkern war es erst recht schwierig, weil es ein „ehrloser" Beruf war, wie Hure oder Schinder, und Ehrlose mussten unter sich bleiben. Das bedeutet, ich hätte ich die Stadt verlassen müssen und wäre vermutlich vogelfrei gewesen.
Was hat sich denn für Sie verändert, seit Sie sich schreibend mit Ihren Ahnen beschäftigen?
Oliver Pötzsch: Ich war schon vorher ein ziemliches Familientier, aber der Clan-Gedanke ist noch wesentlich stärker geworden. In diesem Clan fühle ich mich sicher und geborgen, auf den kann ich mich verlassen. Und das versuche ich auch an meine Kinder weiterzugeben, dass Familie mehr ist als Vater, Mutter und Kind.
Wir haben im Haus ein großes Bild, auf dem die Fotos meiner Ahnen zusammengestellt sind. Erst hing es im Zimmer meines Sohnes, jetzt wollte es meine Tochter bei sich haben. Die wachen praktisch über uns. Einmal habe ich versucht, das Richt-Schwert meiner Vorfahren, beziehungsweise einen Nachbau davon, im Wohnzimmer aufzuhängen, das wurde mir allerdings von meiner Frau verboten ...
Haben Sie manchmal das Gefühl, dass Ihre Ahnen Ihnen beim Schreiben zuschauen?
Oliver Pötzsch: Die Fahnen des zweiten Henkerstocher-Romans habe ich im Haus meiner Großmutter korrigiert. Das ist schon länger im Besitz der Familie, und dort sind auch die Kuisl-Gräber in der Nähe. Es ist für mich ein mystischer Ort, und da hatte ich tatsächlich das Gefühl, mir würden die Ahnen über die Schulter schauen. Hier in meinem Münchner Reihen-Eckhaus geht es mir nicht so ...
Und wer hat Ihnen beim Schreiben der „Burg der Könige" über die Schulter geschaut?
Oliver Pötzsch: Oh, Sie meinen, neben meiner Lektorin? Ich nehme an, der alte versoffene Burgvogt. Und ich hoffe, er ist zufrieden damit, was ich über den Trifels geschrieben habe. Schließlich liebe ich seine Burg fast ebenso wie er.
Oliver Pötzsch: Eine Burg ist zunächst mal ein Symbol für eine körperliche Auseinandersetzung, für den Kampf schlechthin. Vor allem aber ist eine Burg ein Hort von Geschichten. Wie ein altes Kloster kann auch eine Burg eine sehr lange Geschichte erzählen. Ich habe mir als Kind immer vorgestellt, wie es dort zuging, habe mir die Geheimgänge ausgemalt, die Schatzkammern und finsteren Kerker.
Ist der Trifels in diesem Zusammenhang eine besondere Burg?
Oliver Pötzsch: Aber ja! Der Trifels war einst das Zentrum des Deutschen Reiches und kann deshalb besonders viele Geschichten erzählen. Schließlich war er eine der Hauptburgen der Staufer, dem berühmten Herrschergeschlecht des 12. und 13. Jahrhunderts, das deutsche Könige und Kaiser hervorgebracht hat. Von Barbarossa, dem Ur-Staufer sozusagen, heißt es, dass er unter dem Trifels schläft, einer der möglichen Orte neben dem Kyffhäuser. Das ist die eine Geschichte. Man kann auch vom legendären Normannenschatz erzählen, der mit dem Nibelungenschatz verglichen wird und sich dort wohl eine Zeitlang befunden hat. Er war so groß, dass 130 Esel nötig waren, um ihn zu transportieren. Außerdem wurde der berühmte Richard Löwenherz auf dem Trifels gefangen gehalten, und
schließlich bewahrte man hier die sogenannten Reichskleinodien auf, die man brauchte, um den deutschen König zu krönen. Wie wirkungsmächtig diese Geschichten sind, haben später auch die Nationalsozialisten erkannt. Sie wollten den Trifels zu einer NS-Pilgerstätte ausbauen. Der sogenannte große Kaisersaal zum Beispiel, wie man ihn heute dort vorfindet, geht noch auf die NS-Architektur zurück.
Alle diese Geschichten kommen im Roman vor, sind aber zum Zeitpunkt der Erzählung schon selbst Geschichte. Warum haben Sie die Handlung in das 16. Jahrhundert verlegt, in die Zeit der Bauernkriege?
Oliver Pötzsch: Mich interessieren historische Übergänge, die Prozesse, wenn eine Epoche in die andere übergeht. Außerdem wollte ich einmal den Niedergang einer Burg erzählen. Und so habe ich mich für den Beginn des 16. Jahrhunderts entschieden, wo die Zeit der Ritter zu Ende geht. Feuerwaffen und Soldaten spielen ab diesem Zeitpunkt eine immer größere Rolle und lösen den Kampf Mann gegen Mann, wie ihn die Ritter führten, ab. Und in diese Zeit, um 1525 herum, fallen auch die Bauernkriege, die, wie ich finde, in Romanen bisher sträflich vernachlässigt wurden. Nicht zu vergessen das Auftreten Luthers: der Beginn des Protestantismus und die Kirchenspaltung. Das heißt, in dieser kurzen Zeit, in der „Die Burg der Könige" spielt, konnte ich viel von der deutschen Geschichte erzählen.
Wie viel historische Korrektheit ist nötig, wie viel literarische Freiheit möglich?
Oliver Pötzsch: Für mich ist die erste Regel: Alles, was passiert, muss theoretisch möglich, also plausibel sein. Die zweite Regel: Die äußere Historie und die wichtigen großen Figuren müssen stimmen. Das heißt, wenn, wie hier, ein Götz von Berlichingen vorkommt, dann muss der auch ungefähr so sein, wie er in den Quellen belegt ist. Der darf zum Beispiel kein Holzbein haben. Da wären die Leser zu Recht beleidigt. Auch die Kulturgeschichte muss korrekt recherchiert sein. Im 16. Jahrhundert dürfen keine Kartoffeln vorkommen. Freiheit habe ich bei der Ausgestaltung dessen, was die einzelnen Figuren erleben.
Glauben Sie, dass die Menschen im 16. Jahrhundert anders waren?
Oliver Pötzsch: Sie waren komplett anders, gerade im Hinblick auf Brutalität. Ich habe mal gelesen, dass bei Shakespeare vor einer Theateraufführung zum Amüsement der Zuschauer Katzen angezündet und verbrannt wurden. Das gleiche galt für Hinrichtungen. Das war eine Zeit, die eben auch furchtbar langweilig war, kein Kino, kein Fernsehen, die einfachen Menschen konnten nicht lesen. Da war dann eine Hinrichtung das „Highlight" im Jahr, wo alle hingegangen sind. Vielleicht hat einen das nicht so berührt, weil man durch die hohe Sterblichkeitsrate, auch in der eigenen Familie, ständig vom Tod umgeben war.
Bis zum 18. Jahrhundert, bis zur Aufklärung, muss man das Weltbild auch immer in Verbindung mit dem Gottesbild sehen. Wenn die „Hexe" verbrannt wurde, dann war das aus Sicht der Leute gut für sie, denn dadurch hat sie sich die Hölle erspart. Sie hat davor ja auch die Absolution bekommen. Das kann man sich heute nur noch schwer vorstellen.
Genauso wenig wie die andere Funktion der Folter. Es gab damals eben kein Urteil ohne Geständnis - das war ein großer Fortschritt! Denn erst seit der Karolinischen Gerichtsordnung im 16. Jahrhundert gab es richtige Prozesse. Vorher existierte in vielen Bereichen die Praxis der Blutfehde. Natürlich ist uns heute klar, dass jemand gestehen wird, wenn ich dem Schmerzen zufüge. Sicher haben das auch damals einige Menschen so gesehen, aber die waren absolut in der Minderzahl.
Lassen Sie uns einen Blick in Ihre Werkstatt werfen: Wie legen Sie eine Figur an, damit sie trotz des historischen Abstandes glaubwürdig und interessant für die Leser wirkt?
Oliver Pötzsch: Nehmen wir als Beispiel Agnes, die Tochter des Burgvogts, meine weibliche Hauptfigur. Mir war klar, dass ich eine starke Frau brauche. Wenn Sie historische Romane erzählen, kommen Sie um eine Frauenfigur nicht herum. Und diese Figur muss eine gewisse Brechung haben, muss anders sein als die gewöhnlichen Frauen zu ihrer Zeit, damit sie einen inneren Konflikt haben kann. Agnes zum Beispiel habe ich einen Falken an die Seite gestellt. Die Falknerei war damals eine absolute Männersache. Das macht sie als Figur schon mal ungewöhnlich. Hinzu kommt, dass die Falknerei eigentlich ins Hochmittelalter gehört - man denke an das berühmte Falkenbuch von Friedrich dem Staufer, in dem Agnes gerne liest. Das heißt, Agnes ist eine Figur, die aufgrund verschiedener Attribute nicht in ihre Zeit hineinpasst. Sie ist ganz vernarrt ins Lesen und in die alte Zeit der Ritter, die auch für die Zeit der Burgen steht. Wobei sie aber am Ende einsieht, dass es hat keinen Sinn hat, darin zu verharren.
Zugleich ist sie als Frau aber auch höchst modern, weil emanzipiert ...
Oliver Pötzsch: Würde ich ein historisches Sachbuch schreiben, gäbe es eine Figur wie die Agnes nicht. Die Menschen sind damals komplett anders sozialisiert worden. Sie hätte sich vermutlich in ihr Schicksal „gefügt" und hätte es gar nicht als bedauerlich wahrgenommen, dass sie einen Grafen heiraten „muss". Im Gegenteil! Sie hätte das wahrscheinlich prima gefunden und wäre nie auf die Idee gekommen zu sagen: „Ich will unabhängig sein, ich will mir den Mann selber aussuchen." Aber Leser, auch von historischen Romanen, wollen sich darin wiederfinden, suchen nach Identifikationsfiguren. Die müssen einem vertraut sein, etwas Heutiges an sich haben. Deswegen bezeichne ich meine - oder überhaupt viele historische Romane - lieber als moderne Romane im „historischen Gewand".
Auch Ihre eigene Familiengeschichte haben Sie schon als Stoff für Romane genutzt. Die erfolgreiche Romanserie um die kluge Henkerstochter Magdalena und ihren Vater Jakob Kuisl (bisher 4 Bände), die Sie auch weiterführen werden, ist in gewisser Weise autobiografisch. Denn Sie entstammen einer bekannten bayerischen Henkersdynastie, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Mindestens 14 Scharfrichter, darunter auch die Kuisls, gehörten laut Stammbaum dazu. Wie geht man in Ihrer Familie damit um?
Oliver Pötzsch: Das hat sich im Laufe der Generationen verändert. Für meine Großmutter beispielsweise war es noch ein absolutes Tabu: „Darüber hat man nicht geredet." Auch für meine Mutter, die mir von unseren Vorfahren erzählte, hat die Geschichte immer noch einen bitteren Beigeschmack. Das ist bei mir und meinen Kindern gar nicht mehr der Fall. Ich muss aber auch betonen, dass meine Vorfahren schließlich nicht die Henker der Geschwister Scholl waren. Von der zeitlichen Nähe und vom moralischen Empfinden her hätte ich dazu vermutlich ein anderes Verhältnis. Der letzte Henker meiner Familie ist bereits Anfang des 19. Jahrhunderts gestorben. Die Familiengeschichte ist für mich heute vor allem ein Fundus an spannenden Geschichten, und so gebe ich es auch an meine Kinder weiter. Meine kleine Tochter sieht im Henker eher eine Art guten Polizisten.
Sind Ihre Bücher dann eine Ehrenrettung für den Berufsstand? Immerhin war es ja sogar ein Lehrberuf?
Oliver Pötzsch: Genau das sage ich immer auf meinen Lesungen. Normalerweise kommen Henker in Filmen und Romanen extrem schlecht weg: Sie haben immer diese gruselige Kapuze auf, dürfen einmal grimmig lachen und dann - rumms - fällt das Beil. Aber Henker waren gerade in den kleinen Ortschaften weitaus mehr als „Killermaschinen", sie waren zum Beispiel auch Heiler. Sie mussten die Gefolterten
ja oft gesundpflegen, bevor sie hingerichtet wurden. Außerdem waren sie in Chirurgie bestens bewandert, was mit dazu führte, dass sie sich später gelegentlich zu Ärzten entwickelt haben. Ansonsten war das ein hartes Leben. Henker mussten außerhalb der Stadt wohnen, wurden in der Regel nicht auf dem Friedhof begraben, durften ihre Kinder nicht taufen und nicht in die Wirtshäuser gehen. Das konnte man bislang so genau nicht lesen. Henker waren vielleicht nicht die Guten, aber eben auch nicht die Bösen.
Haben Sie sich jemals ernsthaft vorgestellt, Sie hätten damals das Erbe ihrer Familie antreten müssen und selbst Scharfrichter lernen?
Oliver Pötzsch: Ich hätte keine andere Wahl gehabt. Man konnte als Sohn nicht sagen: „Du, Papa, ich kann kein Blut sehen, ich möchte lieber Goldschmied oder Dichter werden." Das ging schon bei anderen Berufen nicht, auch als Bäckerssohn wurde man Bäcker. Bei Henkern war es erst recht schwierig, weil es ein „ehrloser" Beruf war, wie Hure oder Schinder, und Ehrlose mussten unter sich bleiben. Das bedeutet, ich hätte ich die Stadt verlassen müssen und wäre vermutlich vogelfrei gewesen.
Was hat sich denn für Sie verändert, seit Sie sich schreibend mit Ihren Ahnen beschäftigen?
Oliver Pötzsch: Ich war schon vorher ein ziemliches Familientier, aber der Clan-Gedanke ist noch wesentlich stärker geworden. In diesem Clan fühle ich mich sicher und geborgen, auf den kann ich mich verlassen. Und das versuche ich auch an meine Kinder weiterzugeben, dass Familie mehr ist als Vater, Mutter und Kind.
Wir haben im Haus ein großes Bild, auf dem die Fotos meiner Ahnen zusammengestellt sind. Erst hing es im Zimmer meines Sohnes, jetzt wollte es meine Tochter bei sich haben. Die wachen praktisch über uns. Einmal habe ich versucht, das Richt-Schwert meiner Vorfahren, beziehungsweise einen Nachbau davon, im Wohnzimmer aufzuhängen, das wurde mir allerdings von meiner Frau verboten ...
Haben Sie manchmal das Gefühl, dass Ihre Ahnen Ihnen beim Schreiben zuschauen?
Oliver Pötzsch: Die Fahnen des zweiten Henkerstocher-Romans habe ich im Haus meiner Großmutter korrigiert. Das ist schon länger im Besitz der Familie, und dort sind auch die Kuisl-Gräber in der Nähe. Es ist für mich ein mystischer Ort, und da hatte ich tatsächlich das Gefühl, mir würden die Ahnen über die Schulter schauen. Hier in meinem Münchner Reihen-Eckhaus geht es mir nicht so ...
Und wer hat Ihnen beim Schreiben der „Burg der Könige" über die Schulter geschaut?
Oliver Pötzsch: Oh, Sie meinen, neben meiner Lektorin? Ich nehme an, der alte versoffene Burgvogt. Und ich hoffe, er ist zufrieden damit, was ich über den Trifels geschrieben habe. Schließlich liebe ich seine Burg fast ebenso wie er.
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Bibliographische Angaben
- Autor: Oliver Pötzsch
- 8 CDs
- 2013, 2. Aufl., Spieldauer: 600 Minuten
- Gesprochen von Steck, Johannes
- Verlag: Hörbuch Hamburg
- ISBN-10: 3899038762
- ISBN-13: 9783899038767
- Erscheinungsdatum: 25.10.2013
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