Sozialdemokratische Reformdiskurse (PDF)
In der politikwissenschaftlichen Forschung ist die machtstiftende Rolle, die öffentliche Diskurse im Durchsetzungsprozess politischer Agenden spielen, in den letzten Jahren zunehmend aufgewertet worden. Die Überzeugungskraft öffentlicher Reformdiskurse wird...
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Produktinformationen zu „Sozialdemokratische Reformdiskurse (PDF)“
In der politikwissenschaftlichen Forschung ist die machtstiftende Rolle, die öffentliche Diskurse im Durchsetzungsprozess politischer Agenden spielen, in den letzten Jahren zunehmend aufgewertet worden. Die Überzeugungskraft öffentlicher Reformdiskurse wird nunmehr als zentrale politische Ressource betrachtet, Reformen zu legitimieren, institutionelle Hürden zu überwinden und organisierte Interessen einzubinden. In diesem Buch werden Reformdiskurse dreier sozialdemokratisch geführter Regierungen - Grossbritannien, Schweden und Deutschland - vergleichend untersucht, die in den 1990er und 2000er Jahren unter dem Druck der Globalisierung und des demographischen Wandels Sozialstaatsreformen durchführen mussten. Bei diesen Reformen ging es um den Rückbau sozialer Leistungen und die Neubewertung des Verhältnisses von Markt und Staat, die einen Kontrast zur traditionellen programmatischen Identität und Grundwertesubstanz der Sozialdemokratie darzustellen schienen. Daher mussten die drei sozialdemokratischen Parteien versuchen, ihre veränderte Politik durch überzeugende Legitimationsdiskurse abzusichern. Wie kommunizierten Sozialdemokraten jeweils ihre Reformprogramme? Wie verknüpften sie rhetorisch die von ihnen eingeleiteten Veränderungen mit ihrem sozialdemokratischen Wertesystem? Der Vergleich nationaler Diskurskontexte und der tatsächlich durchgeführten Reformdiskurse öffnet den Blick für diskursive Spielräume in den jeweils gegebenen Konstellationen und zeigt, dass der Erfolg bestimmter strategischer Diskursführungen massgeblich davon abhing, wie sie mit ihren Diskurskontexten korrespondierten.
Lese-Probe zu „Sozialdemokratische Reformdiskurse (PDF)“
5 Verlauf öffentlicher Reformdiskurse: Inhaltlichstrategische, kommunikative und normative Positionierung sozialdemokratischer Diskurse (S. 206-207)Öffentliche Reformdiskurse sind immer in ihren jeweiligen nationalen Diskurskontext eingebettet, der die Diskursprotagonisten mit jeweils höchst unterschiedlichen kommunikativen Ressourcen und Restriktionen ausstattet und Reformdiskurse sowie die in ihnen formulierten und programmatisch gestützten Reformideen durch ein historisch gewachsenes Wertesystem unterschiedlich filtert. Doch unabhängig davon, wie die jeweiligen kommunikativen Ausformungen der Diskurse durch ihre nationalen Diskursbedingungen determiniert sind, bleibt der öffentliche Diskurs überall gleichermaßen ein zentraler Bestandteil demokratischen Regierens, durch den politische Ziele definiert und Ereignisse interpretiert werden ebenso wie die Auswahl möglicher Policy-Optionen begründet wird.
Der nationale Diskurskontext stellt somit ein Raster dar, in dem sowohl unablässig politische Diskurse und Wandel stattfinden als auch Regeln und Bedingungen der politischen Auseinandersetzung kontinuierlich neu konstruiert werden. Auch wenn es in der liberalen Demokratie für politische Akteure im Grunde genommen keine Möglichkeit gibt, einen öffentlichen Diskurs als kohärente Konstruktion ihrer politischen Handlungsideen und als interaktiven Prozess nicht zu führen, da dieser eine notwendige kommunikative Machtressource zur Durchsetzung eigener Ziele wie auch eine Legitimation von Entscheidungen darstellt, können sich öffentliche Diskurse in Inhalt, Stil, Ausmaß und Zweck stark unterscheiden.
Hinzu kommt, dass die Begrenzungen nationaler Diskurskontexte jeweils so weit gefasst sind, dass innerhalb des jeweils gegebenen nationalen Rahmens eine Vielzahl unterschiedlicher diskursiver Strategien, kognitiver Argumentationen, rhetorischer Figuren und
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normativer Bezugspunkte möglich ist. Der nationale Diskurskontext kann somit von den Diskursprotagonisten zur Erreichung ihrer Ziele – hier über einen öffentlichen Diskurs Zustimmung zur Durchsetzung von sozial- und wirtschaftspolitischen Reform-Policies zu gewinnen – entweder optimal oder unzureichend ausgeschöpft werden.
Der nationale Diskurskontext stellt somit einen diskursiven Handlungsrahmen dar, der einerseits die Möglichkeiten der jeweiligen Reformkommunikation spezifisch begrenzt, und dabei andererseits den unterschiedlichen politisch-kulturellen und institutionellen Strukturen, den wohlfahrtsstaatlichen Arrangements und nationalen Akteurskonstellationen zu Beginn der Reformen komplementär entspricht. Dies bedeutet umgekehrt, dass in dem Maße, in dem es über einen erfolgreichen Reformdiskurs gelingt, die ehemals starren nationalen Ausgangsbedingungen aufzubrechen, dominante Werte zu re-konzeptualisieren und (zumindest teilweise) eine bestehende Pfadabhängigkeit hinter sich zu lassen, sich gleichermaßen der nationale Diskurskontext verschiebt und sich auf diese Weise die kommunikativen wie normativen Ressourcen zukünftiger sozialdemokratischer Diskurse entweder vergrößern oder – weil sich die erfolgreiche Durchsetzung von Reform-Policies über eher kurzfristige, insgesamt aber kontraproduktive diskursive Geländegewinne herleitete – verkleinern.
Es ist ebenso möglich, dass ein erfolgreicher sozialdemokratischer Reformdiskurs den gegebenen nationalen Diskurskontext (als Kontinuität im Wandel) stabilisiert und dadurch – je nachdem, ob der Kontext für sozialdemokratische Diskurse ursprünglich eher günstig oder ungünstig gewesen ist – sich langfristig diskursive Ressourcen sichert oder die Sozialdemokratie sich weiterhin auf eher ‚fremdem Terrain’ artikulieren muss.
Der öffentliche Reformdiskurs erzeugt somit Wandlungseffekte in zweifacher Hinsicht: Erstens legitimiert er – sofern erfolgreich – die Durchsetzung von Reform-Policies gegen den Widerstand etablierter Interessen und eingespielter Erwartungshaltungen, älterer Organisations- und Verteilungsformen. Indem der Reformdiskurs seine kognitiven Problemlösungsargumente dabei immer an normative Neukonzeptionen von Werten, Sinnstrukturen und Begriffsdefinitionen koppelt, verändert sich zweitens – über eben diese diskursive Verwandlung dominanter Werteordnungen und Gerechtigkeitsvorstellungen – zugleich das bestehende Kräfteverhältnis der kommunikativen Konzept- und Deutungsressourcen.
Der nationale Diskurskontext stellt somit einen diskursiven Handlungsrahmen dar, der einerseits die Möglichkeiten der jeweiligen Reformkommunikation spezifisch begrenzt, und dabei andererseits den unterschiedlichen politisch-kulturellen und institutionellen Strukturen, den wohlfahrtsstaatlichen Arrangements und nationalen Akteurskonstellationen zu Beginn der Reformen komplementär entspricht. Dies bedeutet umgekehrt, dass in dem Maße, in dem es über einen erfolgreichen Reformdiskurs gelingt, die ehemals starren nationalen Ausgangsbedingungen aufzubrechen, dominante Werte zu re-konzeptualisieren und (zumindest teilweise) eine bestehende Pfadabhängigkeit hinter sich zu lassen, sich gleichermaßen der nationale Diskurskontext verschiebt und sich auf diese Weise die kommunikativen wie normativen Ressourcen zukünftiger sozialdemokratischer Diskurse entweder vergrößern oder – weil sich die erfolgreiche Durchsetzung von Reform-Policies über eher kurzfristige, insgesamt aber kontraproduktive diskursive Geländegewinne herleitete – verkleinern.
Es ist ebenso möglich, dass ein erfolgreicher sozialdemokratischer Reformdiskurs den gegebenen nationalen Diskurskontext (als Kontinuität im Wandel) stabilisiert und dadurch – je nachdem, ob der Kontext für sozialdemokratische Diskurse ursprünglich eher günstig oder ungünstig gewesen ist – sich langfristig diskursive Ressourcen sichert oder die Sozialdemokratie sich weiterhin auf eher ‚fremdem Terrain’ artikulieren muss.
Der öffentliche Reformdiskurs erzeugt somit Wandlungseffekte in zweifacher Hinsicht: Erstens legitimiert er – sofern erfolgreich – die Durchsetzung von Reform-Policies gegen den Widerstand etablierter Interessen und eingespielter Erwartungshaltungen, älterer Organisations- und Verteilungsformen. Indem der Reformdiskurs seine kognitiven Problemlösungsargumente dabei immer an normative Neukonzeptionen von Werten, Sinnstrukturen und Begriffsdefinitionen koppelt, verändert sich zweitens – über eben diese diskursive Verwandlung dominanter Werteordnungen und Gerechtigkeitsvorstellungen – zugleich das bestehende Kräfteverhältnis der kommunikativen Konzept- und Deutungsressourcen.
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Autoren-Porträt von Jan Turowski
Jan Turowski ist Politikwissenschaftler und Kulturtheoretiker in Berlin.
Bibliographische Angaben
- Autor: Jan Turowski
- 2010, 2010, 359 Seiten, Deutsch
- Verlag: VS Verlag für Sozialw.
- ISBN-10: 3531924001
- ISBN-13: 9783531924007
- Erscheinungsdatum: 28.06.2010
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eBook Informationen
- Dateiformat: PDF
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Pressezitat
"Turowski hat damit einen sehr wichtigen Beitrag zur Analyse der aktuellen Entwicklungen in der europäischen Sozialdemokratie geliefert." spw - Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft, 5-2011
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