Milieupraxis (PDF)
Vom Sehen zum Handeln in der pastoralen Arbeit
Die im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, vom BDKJ und von MISEREOR durchgeführten Sinus-Milieu-Studien haben nachhaltige Diskussionen ausgelöst, und zwar auf allen kirchlichen Ebenen. Inzwischen gibt es zahlreiche Versuche, Milieugrenzen wahrzunehmen...
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Produktinformationen zu „Milieupraxis (PDF)“
Die im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, vom BDKJ und von MISEREOR durchgeführten Sinus-Milieu-Studien haben nachhaltige Diskussionen ausgelöst, und zwar auf allen kirchlichen Ebenen. Inzwischen gibt es zahlreiche Versuche, Milieugrenzen wahrzunehmen und zu überschreiten. Neben den wichtigsten Ergebnissen dieser Studien stellt der vorliegende Band Instrumente vor, die dazu geeignet sind, die Charakteristika unterschiedlicher Milieus vor Ort genau zu identifizieren und in der pastoralen Praxis zu berücksichtigen. An den konkreten Beispielen z. B. einer Gebäudeplanung, eines Pfarrbriefs, eines Kindergartenkonzeptes, einer Homepage und einer Gottesdienstplanung wird veranschaulicht, wie sehr eine Milieuanalyse schnell und treffsicher erfolgen und Motivation und Engagement auslösen kann. Es geht darum, nicht beim Sehen stehen zu bleiben, sondern in die Gänge zu kommen - in die Praxis einer milieusensiblen Pastoral.
Lese-Probe zu „Milieupraxis (PDF)“
Michael N. Ebertz Wie Milieus kommunizieren (S. 15)
Was immer wir noch alles tun, wenn wir kommunizieren: Wir vollziehen je nach Situation und Gegenüber – bewusst oder unbewusst, optional oder habituell – eine Auswahl. Wir nehmen sogar eine mehrfache Selektion vor: darüber, was wir inhaltlich ausdrücken und was nicht (Information), darüber, wie wir es ausdrücken und wie nicht (Mitteilung).
Und wir wollen damit immer auch anderen etwas zu verstehen geben, obwohl wir nicht immer verstanden oder ›falsch verstanden‹ werden, und manchmal verstehen oder missverstehen wir auch die selektierte Information und Mitteilung (Verstehen).
Aber häufig sind wir enttäuscht, wenn wir merken, dass das Verstehen mangels Aufmerksamkeit oder aus anderen Gründen unterbleibt oder auch an Missverständnissen scheitert. Information, Mitteilung und Verstehen sind drei wichtige Vorgänge in jeder Kommunikation, deren Praxis im vorliegenden Band im Zentrum der Aufmerksamkeit steht.
Bedenkt man die »Selektivität dieser Einzelereignisse« aus Information, Mitteilung und Verstehen, »erscheint es geradezu als ein Wunder, dass ihre Synthese doch mit erwartbarer Regelmäßigkeit funktioniert. Die Erklärung dieses Wunders heißt für die Soziologie«, so Niklas Luhmann weiter: »Gesellschaft« (Luhmann 1987).
Die beiden Sinus-Milieu-Kirchenstudien (Wippermann/de Magalhaes 2005, Wippermann/Calmbach 2008) zeigen, dass Jugendliche, Junge Erwachsene und Erwachsene auch untereinander unterschiedliche, ja gegensätzliche soziale Welten, sozusagen Teilgesellschaften, ausbilden, die sich durch tiefe Gräben (»Distinktionslinien«) massiv voneinander abheben, so dass häufig das Wunder der Kommunikation ausbleibt.
Die Vermutung liegt nahe, dass Kommunikation zwischen den Milieus schon deshalb
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erschwert wird, wenn nicht ausbleibt, weil die Milieus
– sich nur begrenzte Aufmerksamkeit schenken,
– sich missverstehen,
– unterschiedliche Mitteilungsstile bevorzugen und
– unterschiedliche Informationen oder Sachverhalte aus der Fülle der Möglichkeiten auswählen.
Ihre jeweilige Milieulogik lässt unterschiedliche Themen, Mitteilungsstile und Verstehenschancen entstehen, die eher ein Nebeneinander der Milieus bewirken. Im Falle eines situativ sich ergebenden oder gar erzwungenen sozialen Miteinanders (wie in der Schulklasse) vermögen sie ein – vorübergehendes oder dauerhaftes – Durcheinander zu erzeugen, und das dabei manchmal entstehende Gegeneinander muss dann mühsam bearbeitet werden.
Unter Freiwilligkeitsbedingungen gehen sich die Milieus eher aus dem Weg und bleiben unter sich. Ein Miteinander oder buntes Durcheinander von Milieus können viele gesellschaftliche Institutionen nicht mehr erzwingen.
Dies gilt auch für die Kirchen. Schon früh mussten ihre Verantwortungsträger erleben, dass selbst ihre eigenen Mitglieder andere Wegen gehen, auch und gerade sonntags.
Obwohl in der katholischen Kirche – bis heute noch – vorgeschrieben, blieb Kirchgang am Sonntag immer weniger eine Angelegenheit der Pflicht, sondern wurde faktisch zu einer Angelegenheit der Wahl, zumal sich der Sonntag zu einem Tag des Freizeit-Weekends verwandelte. Tendenziell geriet damit jede kirchliche Maßnahme zu einem ›Angebot‹ – eine Bezeichnung, die auch heute in einigen innerkirchlichen Kreisen noch nicht akzeptiert ist.
In einem über 80 Jahre alten Erzbischöflichen Erlass (vom 19. 9. 1927) wird zum Beispiel Klage über die so genannte »Wochenendbewegung« geführt, welche die Leute von der Wohnraumnähe in die Ferne und vom Heiligen ins Vergnügen mobilisiert, von den angestammten Räumen der Kirchen weg in die Fremde führt, sie der christlichen Zeitordnung entfremdet und den Kommunikationen der kirchlichen Autoritäten (und damit ihrer sozialen Kontrolle) entzieht.
– sich nur begrenzte Aufmerksamkeit schenken,
– sich missverstehen,
– unterschiedliche Mitteilungsstile bevorzugen und
– unterschiedliche Informationen oder Sachverhalte aus der Fülle der Möglichkeiten auswählen.
Ihre jeweilige Milieulogik lässt unterschiedliche Themen, Mitteilungsstile und Verstehenschancen entstehen, die eher ein Nebeneinander der Milieus bewirken. Im Falle eines situativ sich ergebenden oder gar erzwungenen sozialen Miteinanders (wie in der Schulklasse) vermögen sie ein – vorübergehendes oder dauerhaftes – Durcheinander zu erzeugen, und das dabei manchmal entstehende Gegeneinander muss dann mühsam bearbeitet werden.
Unter Freiwilligkeitsbedingungen gehen sich die Milieus eher aus dem Weg und bleiben unter sich. Ein Miteinander oder buntes Durcheinander von Milieus können viele gesellschaftliche Institutionen nicht mehr erzwingen.
Dies gilt auch für die Kirchen. Schon früh mussten ihre Verantwortungsträger erleben, dass selbst ihre eigenen Mitglieder andere Wegen gehen, auch und gerade sonntags.
Obwohl in der katholischen Kirche – bis heute noch – vorgeschrieben, blieb Kirchgang am Sonntag immer weniger eine Angelegenheit der Pflicht, sondern wurde faktisch zu einer Angelegenheit der Wahl, zumal sich der Sonntag zu einem Tag des Freizeit-Weekends verwandelte. Tendenziell geriet damit jede kirchliche Maßnahme zu einem ›Angebot‹ – eine Bezeichnung, die auch heute in einigen innerkirchlichen Kreisen noch nicht akzeptiert ist.
In einem über 80 Jahre alten Erzbischöflichen Erlass (vom 19. 9. 1927) wird zum Beispiel Klage über die so genannte »Wochenendbewegung« geführt, welche die Leute von der Wohnraumnähe in die Ferne und vom Heiligen ins Vergnügen mobilisiert, von den angestammten Räumen der Kirchen weg in die Fremde führt, sie der christlichen Zeitordnung entfremdet und den Kommunikationen der kirchlichen Autoritäten (und damit ihrer sozialen Kontrolle) entzieht.
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Autoren-Porträt
Michael N. Ebertz, Dr. rer. Soc., Dr. theol., geb. 1953, Soziologe und Theologe, Professor an der Katholischen Fachhochschule in Freiburg im Breisgau; Leiter des Zentrums für kirchliche Sozialforschung (ZEKIS). Bernhard Wunder, Dr. theol., ist Referent für Pastoral- und Gemeindeentwicklung im Generalvikariat des Erzbistums Köln.
Bibliographische Angaben
- 2009, 1. Auflage, 192 Seiten, Deutsch
- Herausgegeben: Michael N. Ebertz, Bernhard Wunder
- Verlag: Echter Verlag GmbH
- ISBN-10: 3429032075
- ISBN-13: 9783429032074
- Erscheinungsdatum: 01.10.2009
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