»Und trotzdem war's 'ne schöne Zeit«
Kinderalltag im Nationalsozialismus
Kinder unter dem Hakenkreuz
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Produktinformationen zu „»Und trotzdem war's 'ne schöne Zeit« “
Kinder unter dem Hakenkreuz
Klappentext zu „»Und trotzdem war's 'ne schöne Zeit« “
Als die NSDAP 1933 die Macht in Deutschland übernahm, wurde auch der Alltag von Kindern durch die vom Nationalsozialismus beabsichtigte Umgestaltung der Gesellschaft stark beeinflusst. Kinder mussten nun lernen, »richtig« zu grüssen; ihre Freundschaften konnten durch die rassistische Politik des Nationalsozialismus beendet oder beeinträchtigt werden; sie wurden zu Denunziationen aufgefordert; politische Massnahmen und Ereignisse waren Gesprächsthemen im Familienkreis, die zu Konflikten führen konnten. »Politik« war also im Alltagsleben der Kinder gegenwärtig - wenn auch in unterschiedlicher Intensität und ohne dass dies allen Betroffenen immer bewusst war. Heidi Rosenbaum untersucht in ihrer gross angelegten Studie, die auf zahlreichen Zeitzeugengesprächen basiert, das alltägliche Leben von Kindern in vier Milieus: dem gehobenen Bürgertum einer Universitätsstadt, der Arbeiterschaft einer Kleinstadt, einem protestantischen und einem katholischen Dorf in Niedersachsen. Dabei kann sie zeigen, dass Brüche und Kontinuitäten den Alltag der Kinder unterschiedlich stark prägten.
Lese-Probe zu „»Und trotzdem war's 'ne schöne Zeit« “
Immer bleibt deshalb eine Kindheit im Faschismus eine Kindheit.Peter Brückner Einleitung
Fragestellungen
Vor ungefähr 20 Jahren bin ich bei der Vorbereitung eines Seminars zu "Kindheit im 20. Jahrhundert" auf das Thema dieses Buches gestossen. Ich musste feststellen, dass es nur wenig Literatur über den Alltag von Kindern im Nationalsozialismus gibt. Andere Zeiträume waren damals schon gut erforscht. Vor allem für das Deutsche Kaiserreich lagen viele Untersuchungen vor, die sich mit Kindheit in verschiedenen sozialen Milieus, teilweise auch vergleichend, beschäftigten. Für die 1920er Jahre gibt es einige Literatur aus dem Umfeld der sozialreformerischen und sozialistischen Bewegungen, für die frühen 1930er Jahre die für die Neue Kindheitsforschung grundlegende Untersuchung von Martha und Hans Heinrich Muchow, die bereits mit teilnehmender Beobachtung gearbeitet haben. Kindheit in den 1950er und 1960er Jahren war zwar nicht umfassend, aber doch relativ gut bearbeitet worden. Dazu haben unter anderem die Shell-Jugendstudien beigetragen, die seit 1953 durchgeführt werden. Ausgelöst durch das bahnbrechende Buch von Philippe Ariès über die Geschichte der Kindheit gab es auch in Deutschland einen Boom der sozialhistorischen Kindheitsforschung. In den 1980er Jahren entstanden mehrere Studien und es vollzog sich ausserdem die Wendung zur Neuen Kindheitsforschung, die den kindlichen Alltag aus der Perspektive der Kinder erforscht und sich dazu ethnographischer Methoden bedient. Zur Kindheit in der NS-Zeit liegen viele autobiographische Erzählungen vor sowie etliche Untersuchungen über Schule und Hitler-Jugend. Der Alltag der Kinder jenseits dieser Institutionen ist jedoch kaum erforscht worden. Angesichts dieser Literaturlage bin ich auf die Idee für ein Forschungsprojekt über "Kinderalltag im Nationalsozialismus" gekommen. Es hat dann noch mehrere Jahre gedauert, einen detaillierten Forschungsplan und -antrag zu entwickeln. Die VolkswagenStiftung
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hat ihn erfreulicherweise akzeptiert und drei Jahre lang (1999-2002) finanziert. Das damals erhobene Material ist Grundlage dieses Buches. Ihm liegen zwei Hypothesen zugrunde:
1. Zum einen gehe ich davon aus, dass im Nationalsozialismus selbst der Alltag der Kinder kein von der Politik verschonter Lebensbereich gewesen ist. Der Nationalsozialismus intendierte, die deutsche Gesellschaft zu revolutionieren. Es ging ihm nicht um eine allmähliche Umgestaltung, sondern um einen radikalen Umbruch. Kontinuitäten sollten aufgebrochen, "alte Zöpfe" abgeschnitten werden. Dieses "Programm" zielte nicht nur auf den grundlegenden Umbau des politischen Lebens und der Arbeitswelt, sondern auch auf das Alltagsleben der Bevölkerung. Der Alltag der Kinder war von diesen Bestrebungen nicht ausgenommen. Ganz im Gegenteil zielte die nationalsozialistische Politik darauf ab, gerade die Jugend für die "Bewegung" zu gewinnen. Die Bildung einer für alle Kinder und Jugendlichen neuen Einheitsorganisation, der Hitler-Jugend, war dafür zweifellos das sichtbarste Zeichen. Hinzu kamen Eingriffe in die Schule (Säuberung der Lehrerkollegien, neue Richtlinien und Rituale, Schulreform). Die neuen Medien, Radio und Film, wurden eingesetzt, um auch die Kinder gezielt propagandistisch zu bearbeiten. Zwar blieb kein Teil des kindlichen Alltags von politischer Beeinflussung vollständig unberührt, die einzelnen Bereiche veränderten sich aber in unterschiedlichem Ausmass. Den stärksten Zugriff auf die Kinder hatte das Regime zweifellos über die Institutionen Schule und Hitler-Jugend, die für alle Kinder verpflichtend waren. In anderen Bereichen des kindlichen Lebens waren hingegen Umbrüche weniger ausgeprägt oder spürbar, Kontinuitäten augenfällig. Das gilt besonders für das private Leben, das grössere Chancen bot, sich gegenüber der Politik und ihren Zugriffen abzuschotten. Gleichwohl blieben weder Familie noch Lektüre, weder Freundschaften und Spiele gänzlich unpolitische Bereiche. Die Kinder lebten unter dem NS
1. Zum einen gehe ich davon aus, dass im Nationalsozialismus selbst der Alltag der Kinder kein von der Politik verschonter Lebensbereich gewesen ist. Der Nationalsozialismus intendierte, die deutsche Gesellschaft zu revolutionieren. Es ging ihm nicht um eine allmähliche Umgestaltung, sondern um einen radikalen Umbruch. Kontinuitäten sollten aufgebrochen, "alte Zöpfe" abgeschnitten werden. Dieses "Programm" zielte nicht nur auf den grundlegenden Umbau des politischen Lebens und der Arbeitswelt, sondern auch auf das Alltagsleben der Bevölkerung. Der Alltag der Kinder war von diesen Bestrebungen nicht ausgenommen. Ganz im Gegenteil zielte die nationalsozialistische Politik darauf ab, gerade die Jugend für die "Bewegung" zu gewinnen. Die Bildung einer für alle Kinder und Jugendlichen neuen Einheitsorganisation, der Hitler-Jugend, war dafür zweifellos das sichtbarste Zeichen. Hinzu kamen Eingriffe in die Schule (Säuberung der Lehrerkollegien, neue Richtlinien und Rituale, Schulreform). Die neuen Medien, Radio und Film, wurden eingesetzt, um auch die Kinder gezielt propagandistisch zu bearbeiten. Zwar blieb kein Teil des kindlichen Alltags von politischer Beeinflussung vollständig unberührt, die einzelnen Bereiche veränderten sich aber in unterschiedlichem Ausmass. Den stärksten Zugriff auf die Kinder hatte das Regime zweifellos über die Institutionen Schule und Hitler-Jugend, die für alle Kinder verpflichtend waren. In anderen Bereichen des kindlichen Lebens waren hingegen Umbrüche weniger ausgeprägt oder spürbar, Kontinuitäten augenfällig. Das gilt besonders für das private Leben, das grössere Chancen bot, sich gegenüber der Politik und ihren Zugriffen abzuschotten. Gleichwohl blieben weder Familie noch Lektüre, weder Freundschaften und Spiele gänzlich unpolitische Bereiche. Die Kinder lebten unter dem NS
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Inhaltsverzeichnis zu „»Und trotzdem war's 'ne schöne Zeit« “
InhaltEinleitung 11
Teil I: Kinderalltag im bürgerlichen Milieu
1. Der Ort - Die Universitätsstadt Göttingen 37
2. Die Familien 53
3. Kindheits-Räume, Freundschaften und Spiele 84
4. Schulalltag 111
5. Hitler-Jugend 157
6. Körper und Körper-Erfahrungen 206
7. Aufwachsen mit Medien 245
8. Hineinwachsen in die bürgerliche Welt: Werte und Normen 267
9. Das öffentliche Leben in der Wahrnehmung der Kinder 306
10. Resümee 314
Teil II: Kinderalltag im kleinstädtischen Arbeitermilieu
1. Der Ort - Die Kleinstadt Hann. Münden 323
2. Die Familien 335
3. Kindheits-Räume, Freundschaften und Spiele 357
4. Schulalltag und Ausbildungen 369
5. Hitler-Jugend 379
6. Körper und Körper-Erfahrungen 389
7. Erziehungsmaximen und Werthaltungen 399
8. Resümee 407
Teil III: Kinderalltag im protestantischen Industriedorf
1. Der Ort - Volpriehausen 417
2. Die Familien 433
3. Kindheits-Räume, Spiele und Freundschaften 459
4. Schulalltag 473
5. Hitler-Jugend 478
6. Körper und Körper-Erfahrungen 489
7. Erziehungsmaximen und Werthaltungen 502
8. Dorföffentlichkeit und Politik 516
9. Resümee 520
Teil IV: Kinderalltag in einem katholischen Dorf
1. Der Ort - Das katholische Dorf Obernfeld im Eichsfeld 527
2. Die Familien 539
3. Kindheits-Räume, Freundschaften und Spiele567
4. Schulalltag 577
5. Hitler-Jugend 586
6. Körper und Körper-Erfahrungen 593
7. Erziehungsmaximen und Werthaltungen 603
8. Resümee 613
Teil V: Schlussbetrachtung
Ergebnisse und Perspektiven 621
Verzeichnis der Abkürzungen 640
Quellen- und Literatur 641
Register 672
Autoren-Porträt von Heidi Rosenbaum
Heidi Rosenbaum war von 1993 bis zu ihrer Pensionierung 2006 Professorin für Europäische Ethnologie an der Universität Göttingen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Heidi Rosenbaum
- 2023, 2. Aufl., 681 Seiten, 27 Schwarz-Weiss-Abbildungen, 27 Abbildungen, Masse: 15,4 x 21,8 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593500981
- ISBN-13: 9783593500980
- Erscheinungsdatum: 12.02.2014
Pressezitat
»Die Interviews [wurden] so interessant und auch gut ausgewählt sowie aufbereitet, dass ein Einlassen auf die jeweiligen ssubjektiven Sichtweisen leicht gelingt.« Jutta Buchner-Fuchs, Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde»Ein Buch, an dem frau/man nicht vorüberkommt, sofern sie/er sich für den Kinderalltag im Nationalsozialismus interessiert. [...] Mit diesem Werk liegen nun quellenkritisch gesicherte Erkenntnisse vor und zudem ein überzeugendes Analyse- und Interpretationsverfahren bereit, das auch für die Untersuchung des Aufwachsens in der anderen deutschen Diktatur für vorbildlich genommen werden kann.« Ulrich Wiegmann, H-Soz-Kult, 10.05.2016»Profunde Studie« Harald Klauhs, Die Presse Spectrum, 20.06.2015
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