Träum weiter, Liebling! / Chicago Stars Bd.4
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Lange schon hat der einsame Mann vergessen, was Zärtlichkeit bedeutet, als das liebenswerte Gespann sein Leben auf den Kopf stellt.
Die »Chicago Stars«-Reihe:
1. Ausgerechnet den?
2. Der und kein anderer
3. Bleib nicht zum Frühstück!
4. Träum weiter, Liebling
5. Verliebt, verrückt, verheiratet
6. Küss mich, wenn du kannst
7. Dieser Mann macht mich verrückt
8. Verliebt bis über alle Sterne
Alle Romane sind eigenständig lesbar.
Träum weiter, Liebling von Susan E. Phillips
LESEPROBE
Das Glückliess Rachel Stone endgültig im Stich, als sie gerade am »Prideof Carolina«, einem Autokino, vorbeikam. Genau dort, auf der schmalen bergigenAsphaltstrasse, die in der heissen Julisonne flimmerte, gab ihr altersschwacher ChevyImpala seinen letzten Atemzug von sich. Sie schafftees kaum, den Wagen an den Strassenrand zu lenken, als auch schon eine dicke,schwarze Rauchwolke aus dem Motor hervorquoll und ihr die Sicht nahm. DasVehikel starb direkt unter dem grossen sternenförmigen, gelblilafarbenenEingangsschild des Autokinos ab. Dieser letzte Schicksalsschlag war einfachzuviel. Sie legte die Hände aufs Lenkrad und liess verzweifelt den Kopf daraufsinken. Sie konnte nicht mehr; seit drei langen Jahren kämpfte sie sich nunschon durch, doch nun konnte sie einfach nicht mehr. Hier, auf dieser kleinenLandstrasse in North Carolina, kurz vor dem Städtchen, das ironischerweise auchnoch Salvation hiess, war sie am Ende ihrer Kraft angelangt.Salvation - Rettung. Wo blieb ihre Rettung? »Mommy?« Sie wischte sich die Augen mit ihren Fingerknöchelnab und hob den Kopf. »Ich dachte, du schläfst, mein Schatz.«»Hab ich auch. Der komische Knall hat mich aufgeweckt.«Sie drehte sich um und blickte ihren Sohn an, der vor kurzem seinen fünftenGeburtstag gefeiert hatte. Er sass auf dem Rücksitz inmitten schäbigerSchachteln und Kisten, in denen sich alles befand, was sie noch besassen. DerKofferraum des Impalas warleer, weil er vor Jahren einmal eingedrückt worden war und sich seitdem nichtmehr öffnen liess. Auf Edwards Wangen waren Abdrücke von der Kiste, auf der seinKopf gelegen hatte, und eine hellbraune Haarsträhne stand an dieser Stelle indie Höhe. Er war klein für sein Alter, auch viel zu dünn und immer nochziemlich blass von einer erst kürzlich überstandenen,lebensbedrohlichen Lungenentzündung. Sie liebte ihn über alles. Seine ernstenbraunen Augen blickten sie über den Kopf von Pferdchen, seinem abgenuckelten Kuscheltierhasen, an, der von klein auf sein unentbehrlicher Begleiter war. »Iswieder was Schlimmes passiert?« Mit steifen Lippenrang sie sich ein beruhigendes Lächeln ab. »Bloss eine kleine Autopanne, das istalles.« »Müssen wir jetzt sterbn?« »Nein, natürlich nicht, mein Schatz. Warum steigst du nichtaus und vertrittst dir ein wenig die Beine, während ich mir die Sache ansehe.Aber bleib von der Strasse weg.« Er nahm Pferdchensverschlissene Hasenohren zwischen die Zähne und kletterte über einen Wäschekorbvoller Second-Hand-Kleidung und alter Handtücher. Erhatte erbärmlich dünne, blasse Streichholzbeinchen mit knochigen Knien, und aufseinem Nacken war ein kleiner Leberfleck, den sie besonders gern küsste. Sie reckte sich über die Sitzlehne zurück und halfihm beim Öffnen der Wagentür, die nur wenig besser funktionierte als derkaputte Kofferraumdeckel. Müssen wir jetzt sterben? Wie oft hatte er ihr dieseFrage in letzter Zeit gestellt? Edward war von Natur aus ein eher in sichgekehrtes Kind, und die letzten Monate hatten ihn noch scheuer und ängstlichergemacht, viel zu ernst für sein Alter. Sie vermutete, dasser Hunger hatte. Die letzte halbwegs anständige Mahlzeit lag schon vier Stundenzurück: eine vertrocknete Orange, eine Tüte Milch und ein Marmeladensandwich,das er an einem Picknicktisch auf einem Rastplatz in der Nähe von Winston-Salem vertilgt hatte. Was für eine Mutter war sie, dass sie ihrem Kind nichts Besseres bieten konnte? EineMutter, die nur noch neun Dollar und etwas Kleingeld in der Tasche hatte. Siesah sich zufällig im Rückspiegel des Wagens und musstedaran denken, dass sie früher einmal als ausgesprochenhübsch gegolten hatte. Jetzt wiesen ihre Mundwinkel Falten auf, die das harteLeben dort eingegraben hatte, ebenso wie in den Augenwinkeln. Gross sahen sieaus, ihre grünen Augen, so gross, als wollten sie ihr ganzes Gesicht verschlingen.Die sommersprossige Haut über ihren Wangenknochen war blassund so gespannt, dass es schien, als würde sie jedenMoment platzen. Sie hatte kein Geld für Schönheitssalons, und ihre wilde,kastanienrote Haarmähne umrahmte wirr ihr abgemagertes Gesicht. Das einzige,was sie noch an Schminke besass, war ein moccafarbener Lippenstiftstummel, derganz unten in ihrer Handtasche lag, doch hatte sie sich schon seit Wochen nichtmehr die Mühe gemacht, ihn zu benutzen. Wozu auch? Obwohl sie erstsiebenundzwanzig war, fühlte sie sich wie eine alte Frau. Sie warf einen Blickhinunter auf ihr ärmelloses Karokleid, das ihr von den knochigen Schulternhing. Der Stoff war schon ganz ausgebleicht und schlotterte ihr um den magerenKörper. Einer der sechs roten Knöpfe war zerbrochen, und sie hatte ihn durcheinen braunen ersetzen müssen. Edward hatte sie erklärt, dassdas jetzt »in« war. ()
© Blanvalet Verlag
Übersetzung:Gertrud Wittich
- Autor: Susan Elizabeth Phillips
- 1999, Deutsche Erstausgabe, 445 Seiten, Masse: 11,5 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Gertrud Wittich
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442351057
- ISBN-13: 9783442351053
- Erscheinungsdatum: 11.01.2001
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