Schmetterlingszeit
In diesem anrührenden und sehr persönlichen Buch erzählt die Bestsellerautorin Sue Monk Kidd,...
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In diesem anrührenden und sehr persönlichen Buch erzählt die Bestsellerautorin Sue Monk Kidd, wie sie aus einer persönlichen Krise gestärkt und mit neuer Kraft hervorgegangen ist. Das Geheimnis? Sie hat sich Zeit gelassen. Wie eine Raupe hat sie sich verpuppt, hat das Alleinsein gesucht, die Behaglichkeit von Winterlandschaft und prasselndem Kaminfeuer, sie hat nachgedacht, hat ihrem Lebensthema nachgespürt. Mit neuer Kraft, befreit wie ein Schmetterling aus dem Kokon, ist sie zurückgekehrt.
Ein Buch für alle, die den Kontakt zu ihrer spirituellen Seite suchen und eine weise Ratgeberin an ihrer Seite wünschen.
In diesem anrührenden und sehr persönlichen Buch erzählt die Bestsellerautorin Sue Monk Kidd, wie sie aus einer persönlichen Krise gestärkt und mit neuer Kraft hervorgegangen ist. Das Geheimnis? Sie hat sich Zeit gelassen. Wie eine Raupe hat sie sich verpuppt, hat das Alleinsein gesucht, die Behaglichkeit von Winterlandschaft und prasselndem Kaminfeuer, sie hat nachgedacht, hat ihrem Lebensthema nachgespürt. Mit neuer Kraft, befreit wie ein Schmetterling aus dem Kokon, ist sie zurückgekehrt.
Ein Buch für alle, die den Kontakt zu ihrer spirituellen Seite suchen und eine weise Ratgeberin an ihrer Seite wünschen.
Schmetterlingszeit von Sue Monk Kidd
LESEPROBE
ZEIT DES WARTENS UND DER
VERWANDLUNG
KAPITEL 1
Der Umweg
Auf halbem Weg des Menschenlebens fand
Ich mich in einen finstern Wald verschlagen,
Weil ich vom rechten Weg mich abgewandt|...
Nur wenig bitterer ist selbst der Tod.
Dante
Geduld ist alles!
Rainer Maria Rilke
Am Himmel zog eine dunkle Wolkenwand aufund hüllte
alles in Grau. Es war Februar, und die Erde in South Carolina
schien an den zähen, morastigen Überresten des Winters
festzukleben. Ich war schon meilenweit gelaufen, ich weiss
nicht mehr, wie weit. Ich spürte weder meine Zehen noch
den Wind auf meinem Gesicht. Ich spürte nichts bis auf einen
stechenden Schmerz in meiner Seele.
Seit einigen Monaten hatte ich mich in einer unterschwelligen
Krise des Geistes verloren. Im vergangenen Herbst war
ich in zunehmender Düsternis erwacht und in Missklang, als
ob etwas in meinem Innersten aufschreien würde. Ein
ganzer Chor von Stimmen. Verwaiste Stimmen. Sie schienen
für all meine ungelebten Anteile zu sprechen und die Grenzen
meines Daseins sprengen zu wollen, sie brachen mit solcher
Wucht und Unvorhersehbarkeit über mich herein, dass
ich sie nicht im Zaum halten konnte. Heute weiss ich, dass
sie das lautstarke Geschrei eines neuen Selbst waren, das darum
kämpfte, geboren zu werden.
Die düstere Mitte des Lebens
Ich stand auf dem unsicheren Gelände der Lebensmitte,
kurz vor dem Zeitpunkt im Leben, der einen zu innerlichem
Wandel anhält, zur Durchquerung von einer Identität zur
nächsten. Wenn die Winde der Veränderung durch unser Leben
wehen, besonders in der Lebensmitte, rufen sie uns oft
dazu auf, einen neuen Abschnitt auf unserer spirituellen Reise
zu begehen: denjenigen, der will, dass wir den verdrängten
und unaufrichtigen Orten in uns gegenübertreten und
unser tieferes innewohnendes Selbst befreien - das wahre
Selbst. Sie fordern uns dazu auf, zu uns zurückzukehren und
das anzunehmen, was wir wirklich sind.
In diesem Winter meiner Unzufriedenheit hatte ich keine
wirkliche Ahnung von all dem. Ich war perplex über dieUmwälzungen,
die in mir vor sich gingen. Das konnte mir doch
nicht passieren, sagte ich mir. Ich hatte mich schliesslich
schon einmal auf eine spirituelle innere Suche begeben -
eine, die sich vor acht Jahren mit Schmerzen in der Brust und
Stress angekündigt hatte. Meine Reise hatte mich zu einer
besinnlicheren Lebensweise geführt und mir die erste richtige
Ausgeglichenheit in meinem Leben geschenkt, die ich je
erlebt hatte. Die Erfahrung, von Gott geliebt zu werden, und
das erneuerte Vertrauen in seine Allgegenwart hatten meinem
zerstückelten Leben ein grosses Stück Heilung beschert.
Mir hätte allerdings klar sein müssen, dass das spirituelle
Dasein niemals statisch verläuft. Wir werden irgendwann geboren,
nur um zu entdecken, dass in uns ein neues Streben
nach Ganzheit heranreift. Das ist die heilige Absicht, uns per-
manent der Reifung entgegenstreben zu lassen und dazu alles,
was in uns verloren gegangen und verwaist ist, erneut aufzugreifen
und das göttliche Abbild, das in unserer Seele
wohnt, wieder herzustellen. Es ist eher die Ausnahme, dass
bedeutende Veränderungen nicht mit einem Verlorengehen
in dunklen Wäldern einhergehen, oder wie T. S. Eliot esbezeichnete,
in »leeren Räumen zwischen den Gestirnen«1.
Ich bewegte mich durch das trübe Nachmittagslicht, als
ob schon das pure Ritual des Einen-Fuss-vor-den-anderen-
Setzens mich von meinem Schmerz erlösen könnte. Ich vergrub
die Hände tiefer in den Manteltaschen und sah zu, wie
der Wind einen Pappbecher den Rinnstein entlangfegte. Ich
näherte mich dem College-Gelände. War ich wirklich schon
so weit gelaufen? Das Sonnenlicht schwandallmählich. Ich
wollte umkehren, doch ich fühlte mich innerlich wie gelähmt,
beinahe unfähig, mich zu bewegen.
Ich schleppte mich zu einer kleinen Bank zwischen den
Bäumen. Während ich dasass, betrachtete ich eingehend ihre
knochigen Arme und spürte ihre Kahlheit, ihr verzweifeltes
Streben nach Licht und dem Himmel. Tränen schossen mir
in die Augen und brannten auf meinen Wangen. Es ergab
keinen Sinn. Ich hatte nie ernsthaft daran geglaubt, dass die
Krisen in der Lebensmitte tatsächlich existieren könnten. Sie
waren mir immer wie eine Modeerscheinung vorgekommen,
wie ein weiteres Stück klischeebesetzter Amerikanismen.
Aber jetzt, wo ich mich mitten in einer solchen Krise befand,
wirkte sie beängstigend real.
Was mir bisher vertraut gewesen war, empfand ich als erdrückend.
Meine Ehe kam mir auf einmal schal und leer vor,
mein religiöser Überbau beklemmend. Die Dinge, die einmal
von Bedeutung gewesen waren, waren es nicht mehr; andere
Dinge, die nie wichtig gewesen waren, plötzlich von grösster
Tragweite. Mein gesamtes Leben hatte sich in ein beunruhigendes
Fragezeichen verwandelt.
Ich bewältigte meine täglichen Aufgaben wie gewohnt:
den Morgen und den frühen Nachmittag über schrieb ich,
danach holte ich die Kinder aus der Schule ab, beantwortete
die Post, ging einkaufen, kochte und arbeitete mich durch
die nie enden wollende Liste der Erledigungen hindurch. Ich
war schon immer gut darin gewesen, pflichtbewusst zu handeln
(selbst in Zeiten der Krise). Nach aussen hin wirkte ich
völlig ruhig und gefasst, in mir drinnen tobte es.
Mein Mann Sandy war ebenso beunruhigt wie verwirrt
über meine Erlebnisse. Er wollte, dass alles wieder so würde
wie immer. Er wollte, dass ich endlich da herauskäme.
Das habe ich natürlich auch versucht. Ich habe mir selbst
mehrmals befohlen, genau das zu tun. Aber es war in etwa
so, als ob man einer hereinbrechenden Welle sagt, sie solle
zurückweichen. Befehle führten nicht unbedingt dazu, es
auch geschehen zu lassen.
Ich seufzte, und meine Gedanken kehrten zu der Zeichnung
zurück, die ich am Abend zuvor angefertigt hatte.
(Kohlezeichnen ist mein Hobby, und in letzter Zeit hat mir
mein Zeichenblock oftmals Trost gespendet.) Ich hatte ein
Zelt inmitten von sturmgepeitschten Bäumen gemalt. Die
Pflöcke, die den unteren Teil des Zeltes befestigen sollten,
waren herausgerissen, und die Zeltplanen flatterten lose im
Wind. Als ich den Stift beiseitelegte, sagte ich mir: »Genauso
sieht es in mir aus.« Tatsächlich hatte es den Anschein, als
ob die Pfähle, die für mein geordnetes, sicheres Dasein gesorgt
hatten - Pflöcke, die ich fast mein ganzes Leben lang
sorgfältig festgeklopft hatte -, herausgezogen worden waren,
und alles umherwirbelte. Unter die Zeichnung schrieb
ich »Die Lebensmitte«.
Als ich jetzt über die Skizze nachdachte, kam mir in den
Sinn, dass ich niemals eine Zeltbewohnerin gewesen bin.
Vielleicht sollte es bedeuten, dass ich mich zu neuen Gestaden
meiner inneren Landschaft aufmachen sollte. Vielleicht
ging es in der Lebensmitte genau darum: um eine Pilgerreise.
Ich klappte den Kragen meines Mantels hoch und dachte
über mein tägliches Selbst nach - das, was ich nach aussen
hin darstellte. Ich betrachtete die Masken, die ich getragen
hatte, die mir »innewohnenden Selbste« oder vorherrschenden
Verhaltensweisen, die meinen Weg durch die Welt geprägt
hatten.
In Bezug auf die vielfältigen Selbste, die jeder Personinnewohnen,
schrieb Elizabeth OConner: »Während eines
schmerzhaften Konflikts habe ich zum ersten Mal erfahren,
dass ich aus mehreren Selbsten bestand. Es kam mir so vor,
als befände ich mich inmitten mehrerer Wesen.«2
Mir war es ebenso ergangen; ich war von mehreren verschiedenen
Selbsten umgeben: der Gefallenwollenden, der
Schauspielerin, der Perfektionistin. Mir wurde bewusst,
dass diese alten Rollen eng mit einer anderen mächtigen Rolle
verknüpft waren, die ich oft spielte, der des »braven, kleinen
Mädchens«.
Sie war der Teil von mir, der über nur geringe Selbstachtung
verfügte, die ihr eigenes Leben nach den Bedürfnissen
anderer ausrichtete, gemäss allgemeiner Werte und Vorstellungen.
Ich hatte manchmal das Gefühl, ich sei als Frau dazu
bestimmt, alle mit allem zu bedienen. Aber meine Bemühungen
führten meist dazu, dass ich meine tiefgründigste
Identität einbüsste, meine eigene einzigartige Wahrheit als
Geschöpf Gottes.
In meiner »braves-kleines-Mädchen«-Rolle ertrug ich alles
ohne Murren, fürchtete mich davor, über die Begrenzungslinien
im Malbuch hinauszumalen, und unterdrückte oft meine
persönlichen Gedanken und Gefühle. Das kleine Mädchen
in mir war es gewohnt, die Vorstellungen der anderen
zu übernehmen und den Weg des geringsten Widerstands zu
gehen.
Manchmal erschien sie mir wie eine Orchidee im Gewächshaus:
zart, gefällig, etwas, das letztendlich immer zwischen
den Seiten des Sammelalbums von jemand anderem
landete. Meine Hauptrollen spielten sich wesentlich im Leben
anderer ab. Ich war die Mutter, die Ehefrau, dieSonntagsschullehrerin,
die Angestellte. Alles wunderbar. Aber
wer war ich tief in meinem Innersten?
Jetzt nahm ich sie plötzlich wahr, die bisher unbekannte
Frau, die in mir gefangen war und danach strebte zu leben
und zu atmen, die alles, was nicht echt und lebenswichtig
war, abwerfen wollte und das Wahre wiedergewinnen. Ich
spürte die Schwingungen eines tiefer liegenden, authentischeren
Selbst, das seine eigenen einzigartigen Vorstellungen
von Individualität ausleben und sich seinem eigenen Geheimnis
hingeben wollte. Wer war dieses Wesen in mir, das
danach schrie, ins Leben gerufen zu werden?
In den darauf folgenden Wochen las ich Gedichte von T.
S. Eliot, der mir gelegentlich wie ein Seelenverwandter erschien.
In »Das Liebeslied des J. Alfred Prufrock« fand ich
mich wieder, in den leisen Qualen von jemandem, der von
der plötzlichen Dunkelheit der Lebensmitte umgeben ist
und vor der überwältigenden Frage steht:
Hat es Zweck,
Das Weltall aufzustören?|...
Ich vertat mein Leben kaffeelöffelweis;
Ich kenn die Stimmen, sie starben so dahin
In der Musik, die im fernen Zimmer klagt.«3
Es war, als ob mein Leben in zu kleinen Portionen abgemessen
worden war. Und aus einem entfernten Raum, von dem
ich nicht wusste, wo er sich befand, drang betörende Musik,
untermalt von Stimmen, die alles daransetzten, gehört zu
werden. Wagte ich es, das Weltall in mir aufzustören?
Glauben Sie mir, ich hätte am liebsten all das von mir gewiesen
und so getan, als würde es gar nicht existieren. Aber
das konnte ich nicht. Das Leben schmeckte nach Pappe, und
die Luft roch abgestanden. Manchmal fand ich mich in einem
Wandschrank des Leidens wieder und wusste nicht
mehr, wo die Tür war. Während meiner schwärzesten Augenblicke
dachte ich sogar daran, von zu Hause wegzulaufen,
um den entscheidenden, verlorenen Teil meines Selbst
wiederzufinden.
(...)
© btb Verlag
Übersetzung: Mo Zuber
- Autor: Sue Monk Kidd
- 2006, Deutsche Erstausgabe, 282 Seiten, Masse: 11,8 x 18,8 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Mo Zuber
- Verlag: BTB
- ISBN-10: 3442735750
- ISBN-13: 9783442735754
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