Sara
Seit dem einschlagenden Erfolg seines Erstlingswerks "Carrie" widmet sich der ehemalige Englischlehrer nur...
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Seit dem einschlagenden Erfolg seines Erstlingswerks "Carrie" widmet sich der ehemalige Englischlehrer nur noch dem Schreiben.
King lebt heute mit seiner Familie in Bangor/ Maine.
Seit dem überraschenden Tod seiner Frau bringt der Bestsellerautor Michael Noonan keine Zeile mehr zu Papier. In seinen Träumen sieht er immer wieder das Sommerhaus in Maine vor sich, das er seit Jahren nicht mehr besucht hat. Nun beschliesst er, sich dorthin zurückzuziehen, um endlich seine Schreibblockade überwinden zu können. Doch auf dem Haus liegt ein Fluch.
«King ... wie seine Fans ihn lieben.» DER SPIEGEL
Sara von Stephen King
LESEPROBE
Kapitel 1
An einem sehr heissen Tag im August 1994 sagte mirmeine Frau, dass sie zur Rite-Aid-Drogerie von Derry runtergehen und sich dasMittel gegen ihre Nebenhöhlenentzündung auf ihr Wiederholungsrezept holen würde- ich glaube, mittlerweile kann man das Zeug im freien Verkauf bekommen. Ich hattemein Schreibpensum für diesen Tag erfüllt und bot ihr an, es für sie zubesorgen. Sie sagte danke, aber sie wolle sowieso noch Fisch im Supermarktnebenan kaufen; zwei Fliegen mit einer Klappe und so weiter. Sie blies mireinen Kuss von der Handfläche zu und ging hinaus. Das nächste Mal sah ich sie imFernsehen. So identifiziert man die Toten hier in Derry - keine Spaziergängedurch einen unterirdischen Flur mit grünen Fliesen an den Wänden und langenNeonröhren an der Decke, kein nackter Leichnam, der auf einer kalten Rollbahreherausgezogen wird; man betritt einfach ein Büro mit der Aufschrift PRIVAT,betrachtet einen Bildschirm und sagt jawoll oder nee.
Rite Aid und Shopwell sind keine Meile von unserem Haus entferntin einem kleinen Einkaufszentrum, wo sich auch eine Videothek, ein Antiquariatmit Namen Spread It Around (wo sie mit meinen alten Taschenbüchern gute Umsätzemachen), ein Radio Shack und ein Fast Foto befinden. Sie liegt auf dem Up-MileHill an der Kreuzung Witcham und Jackson.
Sie parkte vor dem Blockbuster Video, ging in den Drugstoreund verhandelte mit Mr. Joe Wyzer, der zu jener Zeit den Laden führte;inzwischen hat er das Rite Aid in Bangor übernommen. Am Tresen nahm sie einedieser kleinen, mit Marshmallow gefüllten Schokopralinen mit, diese in Formeiner Maus. Ich fand sie später in ihrer Handtasche. Ich wickelte sie aus undass sie vor dem auf dem Küchentisch ausgebreiteten Inhalt ihrer rotenHandtasche, und es war, als empfinge man die Kommunion. Als die Mausverschwunden war, vom Schokoladengeschmack auf meiner Zunge und im Hals abgesehen,brach ich in Tränen aus. Ich sass im Durcheinander ihrer Kleenex undSchminkutensilien und Schlüssel und halbleeren Cert-Röllchen und weinte mit denHänden vor den Augen, wie Kinder weinen.
Der Inhalator war in einer Tüte von Rite Aid. Er hatte zwölfDollar und achtzehn Cent gekostet. Es war noch etwas in der Tüte, etwas, daszweiundzwanzig fünfzig gekostet hatte. Diesen anderen Gegenstand betrachteteich lange Zeit, sah ihn, aber verstand ihn nicht. Ich war überrascht,vielleicht sogar fassungslos, aber der Gedanke, dass Johanna Arlen Noonan einanderes Leben geführt haben könnte, von dem ich nichts wusste, kam mir nicht inden Sinn. Noch nicht.
Jo wandte sich von der Registrierkasse ab, ging wieder indie grelle, knallige Sonne hinaus und tauschte unterwegs wie gewöhnlich dienormale Brille gegen die vom Arzt verschriebene Sonnenbrille aus, und in demAugenblick, als sie unter dem schmalen Vordach des Drugstore hervortrat (ichnehme an, hier lasse ich ein bisschen meine Fantasie spielen, betrete einbisschen das Land des Romanciers, aber nicht weit; nur Zentimeter, das könnenSie mir glauben), ertönte das zänkische Heulen blockierender Reifen aufAsphalt, das bedeutet, dass es entweder gleich einen Unfall gibt oder umHaaresbreite keinen.
Diesmal gab es einen - die Art von Unfall, wie sie anscheinendmindestens einmal wöchentlich an dieser dämlichen X-förmigen Kreuzungpassierte. Ein 1989er Toyota fuhr vom Parkplatz des Einkaufszentrums und bognach links in die Jackson Street ab. Am Steuer sass Mrs. Esther Easterling aus Barrett'sOrchards. Sie wurde von ihrer Freundin Mrs. Irene Deorsey begleitet, ebenfallsaus Barrett's Orchards, die sich in der Videothek umgesehen hatte, ohne etwaszu finden, das sie ausleihen wollte. Zuviel Gewalt, sagte Irene. Beide Frauen warenZigarettenwitwen.
Esther konnte den orangeroten Kipplader der Stadtwerke, derden Hügel herunterkam, kaum übersehen haben; obwohl sie es der Polizei, derZeitung und mir selbst gegenüber abstritt, als ich rund zwei Monate später mitihr redete, erscheint es mir wahrscheinlich, dass sie einfach vergessen hatnachzusehen, ob die Strasse frei war. Wie meine Mutter (ebenfalls eine Zigarettenwitwe)zu sagen pflegte: »Die beiden häufigsten Gebrechen der Alten sind Arthritis undVergesslichkeit. Man kann sie für keins von beiden verantwortlich machen.«
Den Lastwagen der Stadtwerke fuhr William Fraker aus OldCape. Mr. Fraker war am Todestag meiner Frau achtunddreissig Jahre alt, fuhrohne Hemd und dachte nur daran, wie sehr er sich nach einer erfrischenden Duscheund einem kalten Bier sehnte, nicht notwendig in dieser Reihenfolge. Er und dreiweitere Männer hatten acht Stunden damit verbracht, die Harris Avenue Extensionin der Nähe des Flughafens zu asphaltieren, ein heisser Job an einem heissen Tag,und Bill Fraker sagte ja, vielleicht sei er ein wenig zu schnell gefahren - vielleichtvierzig Meilen in einer Tempo-dreissig-Zone. Er hatte es eilig, ins Depot zukommen, den Lastwagen abzuliefern und sich ans Steuer seines F-15o mitKlimaanlage zu setzen. Und die Bremsen des Lastwagens waren zwar noch gut genugfür eine Inspektion, aber längst nicht tipptopp. Fraker trat darauf, sobald ersah, wie der Toyota vor ihm von dem Parkplatz herunterfuhr (er drückte auchauf die Hupe), aber es war zu spät. Er hörte quietschende Reifen - seineeigenen und die von Esther, als sie die Gefahr, zu spät, erkannte - und saheinen Augenblick lang ihr Gesicht.
»Das war irgendwie das Schlimmste daran«, sagte er zu mir,als wir auf seiner Veranda sassen und Bier tranken - da war es Oktober, undobwohl uns die Sonne warm ins Gesicht schien, trugen wir beide Pullover.»Wissen Sie, wie hoch man in diesen Kippladern sitzt?«
Ich nickte.
»Nun, sie schaute hoch, um mich zu sehen - reckte regelrechtden Hals, könnte man sagen -, und die Sonne schien ihr ins Gesicht. Ich konntesehen, wie alt sie war. Ich entsinne mich, dass ich dachte: >Heilige Scheisse,sie wird zerbrechen wie Glas, wenn ich nicht anhalten kann.< Aber alte Leutesind oft ganz schön zäh. Sie können einen überraschen. Ich meine, sehen Sie,wie es gekommen ist, die beiden alten Tanten leben noch, und Ihre Frau ...«
...
Übersetzung: Joachim Körber
© Wilhelm Heyne Verlag
Seine Werke erscheinen im Heyne-Verlag.
- Autor: Stephen King
- 1999, 1, 637 Seiten, 3 Schwarz-Weiss-Abbildungen, 1 Abbildungen, Masse: 11,5 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Joachim Körber
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453160819
- ISBN-13: 9783453160811
- Erscheinungsdatum: 01.11.1999
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