Romantik
Die Romantik, neben dem Idealismus der Inbegriff des deutschen Geistes, ist in aufgeklärten Zeiten an den Rand gedrängt worden. Rüdiger Safranski holt sie für uns ins Zentrum zurück. Er beschreibt die Romantik als Epoche, ihre Zeitgenossen Tieck, Novalis,...
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Die Romantik, neben dem Idealismus der Inbegriff des deutschen Geistes, ist in aufgeklärten Zeiten an den Rand gedrängt worden. Rüdiger Safranski holt sie für uns ins Zentrum zurück. Er beschreibt die Romantik als Epoche, ihre Zeitgenossen Tieck, Novalis, Fichte, Schelling, Schleiermacher oder Dorothea Veit, die für die Entfesselung des Genies stehen, für den Aufbruch ins Grenzenlose, für die Lust am Experiment. Und er erzählt die Geschichte des Romantischen, die bis heute fortlebt. Sie handelt von der Karriere des Imaginären und führt über Heine, Richard Wagner, Nietzsche und Thomas Mann bis zu den Erregungen des 20. Jahrhunderts - die Biographie einer Geisteshaltung.
Romantik.Eine deutsche Affäre von Rüdiger Safranski
LESEPROBE
Vorwort
Was man um 1800 die Romantische Schule genannt hat, was sich um dieGebrüder Schlegel versammelte, was sich in deren kurzlebiger, aber heftigerZeitschrift »Athenäum« selbstbewusstund bisweilen doktrinär zu Wort meldete, dieser entfesselte Spekulationsgeistdes philosophischen Beginns von Fichte und Schelling, was in den frühenErzählungen von Tieck und Wackenroder bezauberte alsVergangenheitssehnsucht und als neu erwachter Sinn für das Wunderbare, dieseHinneigung zur Nacht und zur poetischen Mystik bei Novalis, dieses Selbstgefühldes Neuanfangs, dieser beschwingte Geist einer jungen Generation, die zugleichgedankenschwer und verspielt auftrat, um den Impuls der Revolution in die Weltdes Geistes und der Poesie zu tragen - diese ganze Bewegung hatselbstverständlich eine Vorgeschichte, einen Anfang vor dem Anfang.
Die jungen Leute, denen es nicht an Selbstbewusstseinmangelte, wollten einen neuen Anfang setzen, aber sie setzten doch auch fort, womiteine Generation früher der Sturm und Drang begonnen hatte. Johann GottfriedHerder, der deutsche Rousseau, hatte den Anstoss dazu gegeben. Und deshalb kannman die Geschichte der Romantik mit dem Augenblick beginnen lassen, da Herder1769 zu einer Seereise nach Frankreich aufbrach, überstürzt und fluchtartig, überdrüssigder beengenden Lebensverhältnisse in Riga, wo sich der junge Prediger mit denOrthodoxen herumschlagen musste und in ärgerlicheliterarische Fehden verwickelt war. Unterwegs kommen ihm Ideen, die nicht nurihn beflügeln werden.
Herder sticht also in See. Hier beginnt unsere Reise auf den Spuren derRomantik und des Romantischen in der deutschen Kultur. Sie führt nach Berlin,Jena, Dresden, wo die Romantiker ihre Hauptquartiere aufgeschlagen hatten undwo sie das Feuerwerk ihrer Ideen abbrannten. Wo sie träumten, kritisierten undphantasierten. Die Epoche der Romantik im engeren Sinne endet bei Eichendorff undE.T. A. Hoffmann, romantische Entfesselungskünstler und doch auch anderweitiggebunden. Der eine ein guter Katholik und Regierungsrat, der andere einliberaler Kammergerichtsrat. Beides Doppelexistenzen, die nicht auf Romantikfestgelegt sind. Eine kluge, eine lebbare Form der Romantik.
Es geht in diesem Buch um die Romantik und um das Romantische. Die Romantikist eine Epoche. Das Romantische eine Geisteshaltung, die nicht auf eine Epochebeschränkt ist. Sie hat in der Epoche der Romantik ihren vollkommenen Ausdruckgefunden, ist aber nicht darauf beschränkt; das Romantische gibt es bis heute.Es ist nicht nur ein deutsches Phänomen, aber es hat in Deutschland einebesondere Ausprägung erfahren, so sehr, dass man imAusland bisweilen die deutsche Kultur mit Romantik und dem Romantischengleichsetzt. Das Romantische findet sich bei Heine, der es zugleich überwinden will,so wie auch bei seinem Freund Karl Marx. Der Vormärz hat es in die Politikgelegt, in die nationalen und sozialen Träume. Dann Richard Wagner undFriedrich Nietzsche, die keine Romantiker sein wollten, aber es doch waren alsJünger des Dionysos. Ungehemmt romantisch war die Jugendbewegung um 1900. BeimKriegsbeginn 1914 glaubten Thomas Mann und andere, die romantische Kultur Deutschlandsgegen die westliche Zivilisation verteidigen zu müssen. Die unruhigen 20erJahre sind ein Nährboden für romantische Erregungen, bei denInflationsheiligen, den Sekten und Bünden, den Morgenlandfahrern; man wartetauf den grossen Augenblick, auf politische Erlösung. Heideggers Vision einerseinsgerechten Politik mündet in eine fatale politische Romantik, die ihn Parteinehmen lässt für die nationalsozialistischeRevolution. Wie romantisch war der Nationalsozialismus? War er nicht vielleichtdoch eher pervertierter Rationalismus als verwilderte Romantik? Ist ThomasManns »Doktor Faustus« nicht doch eine zu hohe Interpretation des kruden Geschehens(Mann) - ein romantisches Buch also, das über die Romantik zu Gericht sitzt?Dann die Ernüchterungen der Nachkriegszeit, die skeptische Generation mitihrem Vorbehalt gegen das Romantische. Die Reise durch die bizarre deutsche Geisteslandschaftendet bei dem vorläufig letzten grösseren romantischen Aufbruch, bei derStudentenbewegung von 1968 und ihren Folgen.
Die beste Definition des Romantischen ist immer noch die von Novalis:Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, demEndlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es.
In dieser Formulierung merkt man, dass dieRomantik eine untergründige Beziehung zur Religion unterhält. Sie gehört zu denseit zweihundert Jahren nicht abreissenden Suchbewegungen, die der entzaubertenWelt der Säkularisierung etwas entgegensetzen wollen. Romantik ist nebenvielem, was sie sonst noch ist, auch eine Fortsetzung der Religion mitästhetischen Mitteln. Das hat ihr die Kraft zur beispiellosen Rangerhöhung desImaginären gegeben. Die Romantik triumphiert über das Realitätsprinzip. Gut fürdie Poesie, schlecht für die Politik, falls sich die Romantik ins Politischeverirrt. Dort also beginnen die Probleme, die wir mit dem Romantischen haben.
Der romantische Geist ist vielgestaltig, musikalisch, versuchend und versucherisch, er liebt die Ferne der Zukunft und derVergangenheit, die Überraschungen im Alltäglichen, die Extreme, das Unbewusste, den Traum, den Wahnsinn, die Labyrinthe derReflexion. Der romantische Geist bleibt sich nicht gleich, ist verwandelnd und widersprüchlich,sehnsüchtig und zynisch, ins Unverständliche vernarrt und volkstümlich,ironisch und schwärmerisch, selbstverliebt und gesellig, formbewusstund formauflösend. Der alte Goethe sagte, dasRomantische sei das Kranke.
Aber auch er mochte nicht darauf verzichten.
© Carl Hanser Verlag
- Autor: Rüdiger Safranski
- 2007, 16. Aufl., 416 Seiten, Masse: 21,8 x 15 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: HANSER
- ISBN-10: 3446209441
- ISBN-13: 9783446209442
"Safranski ist einer der kompetentesten und bekanntesten Historiker deutscher Ideen- und Kulturgeschichte." Paul Michael Lützeler, Die Literarische Welt, 01.09.07
"Rüdiger Safranskis grosses Romantikbuch beschreibt eine "deutsche Affäre" so mitreissend, als fände sie mitten in unserer Gegenwart statt. ... Safranski ist ein Zauberkünstler, dem man lieber nicht widersteht." Christian Geyer, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.09.07
"Safranskis "Romantik" ist überfällig - eine aufgeklärt helle, ja heitere Beschreibung eines Sonderwegs. Es ist der Roman des deutschen Geistes." Matthias Matussek, Der Spiegel, 03.09.07
"Rüdiger Safranski macht uns glanzvoll mit der Romantik und dem Romantischen vertraut. Sein grandioses Buch verbindet philosophische Analyse mit anekdotischer Anschauung derart gekonnt, dass wir Seltenes vor uns haben: spannend erzählte deutsche Geistesgeschichte. Einer, der es infolge seiner Belesenheit und seiner Sprachkraft versteht, die Schatzkammer der Geistesgeschichte gangbar zu machen." Ulrich Greiner, Die Zeit, 06.09.07
"Vom Sieg der Fantasie über die Wirklichkeit, vom Unbehagen am Leben in einer entzauberten Welt und von Religiosität als Reaktion auf die Moderne. Von all dem erzählt der Philosoph Rüdiger Safranski in seinem grandiosen Buch über die deutsche Romantik." Denis Scheck, Der Tagesspiegel, 07.10.07
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