Reise um die Welt
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Der Weltumsegler und Forscher, der Schriftsteller, der Auf klrer, der Revolutionr Georg Forster ist der geheime, der verdrngte, der unterschlagene Klassiker der deutschen Literatur. Goethe hat den blutjungen Autor des groen Berichts von der zweiten Weltreise des Captain Cook (1772-1775) bewundert, und er beobachtete sein Geschick bis zum einsamen Tod in einer Pariser Dachkammer mit einem beinahe brderlichen Interesse, obwohl er die Ideen des Mitgrnders der Herder und Wieland und sympathisierte mit den Idealen der Franzsischen Revolution, die er am Ende einer dreimonatigen Reise mit dem jungen Alexander von Humboldt in Paris aus unmittelbarer Nhe erlebte. Forster war einer der Grnder der ersten deutschen Republik in Mainz, ein berzeugter Jakobiner, der zum Deputierten in die Pariser Nationalversammlung gewhlt wurde. In Deutschland vom Kerker bedroht, starb er 1794 vereinsamt im Alter von nur 39 Jahren an den Folgen einer Tropenkrankheit. Rheinischen Republik in Mainz nicht gutheien konnte. Aber wie sollte Goethe den Kollegen nicht schtzen, der von seiner Ankunft am schnsten Gestade der Sdsee mit solch poetischem Elan zu berichten verstand? "Ein Morgen war's, schner hat ihn schwerlich je ein Dichter beschrieben, an welchem wir die Insel O-Tahiti 2 Meilen vor uns sahen. Der Ostwind, unser bisheriger Begleiter, hatte sich gelegt: Ein vom Lande wehendes Lftchen fhrte uns die erfrischendsten und herrlichsten Wohlgerche entgegen ..." Als sein bildmchtiger Bericht von Thomas Cooks Weltumseglung seinem erstaunten deutschen Publikum vorgelegt wurde, sprach nicht nur Wieland von einem " - der merkwrdigsten Bcher unserer Zeit": Zwischen sachlichem Bericht und episch-dramatischer Verve changiert der Ton, immer wieder unterbrochen von hilosophischen Reflexionen, in denen Forster die Grundelemente des Menschseins an der sozialen Wirklichkeit misst.
Reise um die Welt von Georg Forster
LESEPROBE
Erstes Hauptstück.
Abreise - Farth von Plymouth nach Madera - Beschreibung dieser Insel.
Ubi animus ex multis miseriis atque periculis requievit,
- statui res gestas - perscribere; tamen (hoc) imprimis
arduum videtur, - quia plerique, quae delicta reprehenderis,
malivolentia et invidia putant, ubi de magna virtute et gloria
bonorum memores, quae sibi quisque facilia factu putat,
aequo animo accipit; supra ea, veluti ficta, pro falsis ducit.
SALLUST.
Kaum war das Schiff Endeavour im Jahre 1771 wieder nach England zurückgekommen, als man schon den Entwurf zu einer neuen Reise machte, auf welcher die südlichen Gegenden unsrer Erdkugel weiter erforscht und untersucht werden sollten. Zwey tüchtige, starke Schiffe, die Resolution und die Adventure, wurden zu dem Ende als Königliche Schiffe vom sechsten Range (Sloops) ausgerüstet, und die Capitäne Jacob Cook und Tobias Furneaux zu Befehlshabern ernannt. Am eilften Junius erhielten mein Vater und ich Befehle, diese Reise gleichfalls zu unternehmen, um Gegenstände der Naturgeschichte, zu sammlen, zu beschreiben und zu zeichnen. In möglichster Geschwindigkeit rüsteten wir uns zu diesem wichtigen Vorhaben, und schickten innerhalb neun Tagen alle unsere Reise-Geräthschaft an Bord der Resolution, welche damals noch bey Sheerness lag, am 22 ten aber schon nach Plymouth abgieng.
Am 26 ten verliessen auch wir London, und kamen, weil wir zu Lande reisten, schon in zween Tagen nach Plymouth, woselbst aber unser Schif noch nicht eingetroffen war. Den ersten Julius verfügten wir uns am Bord der Jagd Augusta, und machten dem damaligen Präsidenten des Admiralitäts-Collegii dem Grafen Sandwich unsre Aufwartung. Se. Herrlichkeit (Mylord) glaubten, die Resolution würde noch denselben Tag auf der Rheede ankommen, und verlangten, dass wir uns Abends zwischen fünf und sechs Uhr an Bord derselben begeben möchten. Allein, zu unsrem grossen Misvergnügen erschien das Schif nicht, und der Graf verlies Plymouth am folgenden Morgen.1
Frühe am dritten Julius sahen wir die Resolution auf der Rheede vor Anker, wo sie in voriger Nacht angelangt war. Kapitain Cook gedachte, etwa acht bis zehen Tage hier zuzubringen, und befahl, mitlerweile in unsern Kajütten noch einige schlechterdings nothwendige Einrichtungen zu treffen. Da wir inzwischen keine Gelegenheit zu Erweiterung der Wissenschaft, oder zu unsrer Belehrung versäumen wollten, so bedienten wir uns dieser Zeit, um die Zinn-Bergwerke in Cornwall zu besuchen, und nachdem wir in den grossen und reichhaltigen Gruben zu Poldyce und Kenwyn Vergnügen und Unterricht gefunden hatten, so kehrten wir am achten Julius nach Plymouth wieder zurück.
1 Dieser Umstand scheint beym ersten Anblick ziemlich unbedeutend und die Erwähnung desselben überflüssig zu seyn: Allein für die Reisenden war er wichtig. Wäre das Schif noch vor der Abreise des Grafen Sandwich in Plymouth eingetroffen so hätte es dieser Herr, billiger weise, selbst in Augenschein nehmen müssen, und dann würden zur Bequemlichkeit und zum Nutzen der Herren Forster in den Cajütten und andern Dingen gewisse Einrichtungen getroffen worden seyn, die jetzt, weil Mylord Sandwich die Sachen nicht mit eigenen Augen gesehen hatte, entweder ganz unterblieben, oder doch nur unvollkommen vorgenommen wurden, und über deren Mangel unsre Reisenden, in der Folge, sich mit Recht zu beklagen hatten. A. d. V.
- »Capitain Cook bekam in Plymouth Verhaltungsbefehle, vom 25 sten Junius datirt.2 Diesen zufolge sollte er die Adventure unter sein Commando nehmen, nach Madera seegeln, sich dort mit Wein versehen, und sodann zu Erfrischung seiner Leute und um beyde Schiffe mit Lebensmitteln zu versorgen, am Vorgebürge der guten Hofnung anlegen. Von da aus sollte er südlich laufen, und wo möglich das Cap de la Circoncision entdecken, welches Herr Bouvet unter dem 54 Grad Süder-Breite und ohngefähr 11° 20' östlicher Länge, von Greenwich, angiebt. Entdeckte er dieses, so sollte er untersuchen, ob es zum festen Lande gehöre, welches aller Geographen und voriger Seefahrer Aufmerksamkeit erregt hatte, oder ob es nur ein Theil einer Insel sey? Im ersten Fall sollte so viel als möglich von der Küste befahren und untersucht, zugleich auch Bemerkungen zum Vortheil der Handlung, der Seefahrt und der Naturgeschichte gemacht werden. Träfe man Einwohner an, so sollte Capitain Cook ihren Character, Temperament, Genie und Anzahl bemerken, und wo möglich freundschaftlichen Umgang mit ihnen zu haben suchen. So lange die Schiffe in gutem Stande, die Leute gesund, und die Lebensmittel brauchbar blieben, sollte er diese Entdeckungen fortsetzen, und, je nachdem es die Umstände erforderten, nach Osten oder Westen laufen, dabey aber so weit gegen den Südpol als nur immer möglich zu dringen suchen. Wäre aber das Vorgebürge de la Circoncision nur ein Theil einer Insel, oder könnte er es gar nicht antreffen, so blieb ihm übrig so lange als er noch Hofnung hätte ein grosses oder festes Land zu finden, südwärts zu steuern, alsdenn aber seinen Lauf nach Osten zu richten, und in hohen südlichen Breiten, so nah an den Pol als thunlich seyn würde, rund um die Welt zu seegeln, zuletzt am Vorgebürge der guten Hofnung wieder zu ankern und von dort nach Spithead bey Portsmouth zurückzukehren.
So oft die Jahrszeit den ferneren Aufenthalt in hohen Breiten gefährlich machen würde, sollte er sich nach irgend einem bekannten Orte weiter gegen Norden, unter mildern Himmelsstrichen, zurück ziehen, um seine Leute zu erfrischen, und die Schiffe wieder in Stand zu setzen. In allen Fällen, welche man nicht vorhergesehn, konnte er übrigens nach eignem Gutdünken verfahren, und gienge unglücklicher Weise die Resolution verlohren, so sollte er dennoch die Fahrt im kleinern Schiffe fort setzen. Eine Abschrift dieser Befehle theilte er dem Capitain Furneaux mit, und zeigte ihm zugleich die Sammelplätze, im Fall der Trennung an.«
»Die Sternkundige, aus beyden Schiffen, Herren Wales und Bayley, machten, während dass wir nach Cornwall gereiset waren, ihre Beobachtungen auf einem kleinen Eyland (Drakes Island) im Haven von Plymouth. Die Länge dieses Orts musste astronomisch bestimt werden, weil man hier die Längen-Uhren in Gang bringen sollte, welche diese Herren mit sich am Bord hatten. Herr Arnold hatte deren drey verfertigt, davon zwo in der Adventure bleiben sollten. Die dritte mit noch einer andern, die Herr Kendal nach der Harrisonschen Uhr genau nachgemacht hatte, kam auf das andre Schiff. Alle insgesammt wurden am 10 ten Julius in Gang gesetzt, und in vierecktigen hölzernen Kasten auf bewahrt. Den genausten Berechnungen zufolge ist die Königliche Sternwarte in Greenwich, welche wir hier beständig als die erste Mittagslinie annehmen werden, von dem kleinen Eyland in Plymouth-Haven, 4° 20' ostwärts entfernt« -.
Sonnabend den eilften begaben wir uns an Bord, um mit dem ersten günstigen Winde abzusegeln. Am folgenden Tage aber, da der Wind ziemlich heftig bliess und mein Vater zufälliger Weise auf dem Verdeck herumgieng, bemerkte derselbe nicht nur eine Änderung in der gewönlichen Lage unsers Schiffs gegen die Adventure und ein anderes Schiff, welche beide vor Anker lagen, sondern ihn dünkte auch, als wenn es auf die Klippen unter der Festung zutriebe.
Er äusserte diese Vermuthung dem Lootsen (Master) Herrn Gilbert, der sich auch auf dem Verdeck befand und sogleich gewahr ward, dass die Kette eines der beständigen Boys, woran man das Schif befestigt hatte, gebrochen sey. Zur Fort-Arbeitung eines Schifs wozu diese Boys zu Plymouth gebraucht werden, möchte sie stark genug gewesen seyn; aber der beständigen und mannichfaltigen Bewegung eines schwergeladnen Schifs konnte sie nicht widerstehn; und also hätte man auch, meines Erachtens, kein solches Schif daran legen sollen. Gleich auf den ersten Lerm waren alle Matrosen in Bewegung; die Seegel wurden aufgespannt, und die Kabel in Bereitschaft gesetzt:
Nun liefen wir die Adventure und das andere Schif vorbey, und entgiengen auf solche Art der grösten Gefahr an den Felsen unter der Festung zu scheitern.
Unsre Seeleute schlossen aus diesem bedenklichen und glücklichen Vorfall auf den günstigen Fortgang der ganzen Reise, und wir konnten nicht umhin die Leitung der göttlichen Vorsehung in diesem wichtigen Augenblick zu erkennen, der alle unsre Hofnungen beynahe auf einmal vereitelt hätte. Und wie oft haben wir uns nicht im Verfolg dieser Reise in so gefährlichen Umständen befunden, wo alle menschliche Hülfe vergeblich gewesen seyn würde, wenn unser besseres Schicksal nicht unter einer höhern Aufsicht gestanden hätte, ohne welche kein Haar von unserm Haupte fällt? Zwar sind wir geneigt, der Vortref lichkeit und dem wachsamen Auge unsrer erfahrnen Weltumsegler die billigste und rühmlichste Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen; allein im Grunde werden wir uns nie enthalten, alles auf seinen wahren Ursprung, fürnemlich aber solche Vorfälle auf eine höhere Macht zurückzuführen, wovon keine menschliche Kunst, wäre sie auch mit frecher Religions- Verachtung gewaffnet, die Ehre sich anmassen darf.
Montags früh, am 13 ten, seegelten wir in Begleitung der Adventure von Plymouth ab. Ich kehrte einen Abschieds-Blick gegen Englands fruchtbare Hügel zurück, und lies dem natürlichen Gefühl der Verbindungen, woran mich diese Aussicht erinnerte, freyen Lauf; bis endlich die Heiterkeit des schönen Morgens, und die Neuheit unsrer Fahrt, durch die noch glatte See, die Oberhand gewannen und jene trüben Gedanken zerstreuten. Bald blieb nun hinter uns der berühmte hohe Leucht-Thurm der mitten im Meer auf dem Felsen Eddistone zum Besten der Schiffahrt gebauet ist und den man unmöglich ansehen kan, ohne für die einsamen Wächter zu zittern, die oft drey Monathe lang, von aller Gemeinschaft mit dem festen Lande abgeschnitten, daselbst zubringen müssen.
Denn das Schicksal eines gewissen Winstanley, der unter dem Schutt eines ähnlichen Gebäudes, das er selbst auf dieser Klippe angelegt hatte, vergraben wurde, und die schwankende Bewegung des jetzigen Thurms, wenn Wind und Wetter ihn bestürmen, müssen sie unauf hörlich mit einem schleunigen und schreckenvollen Untergange bedrohen.
2 Man sehe Cooks Reisebeschreibung im Englischen, 1 ster Band: pag. 2. woraus ich die obenangeführte Instruction zu Ergänzung meines Werks dem deutschen Publikum vortrage.
© Eichborn Verlag
- Autor: Georg Forster
- 2008, 1., Aufl., 648 Seiten, mit farbigen Abbildungen, Masse: 23,5 x 31,2 cm, Leinen, Deutsch
- Verlag: AB - Die Andere Bibliothek
- ISBN-10: 3821862033
- ISBN-13: 9783821862033
- Erscheinungsdatum: 25.09.2007
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. Februar 2008)
"In wenigen Sätzen, kurzen Szenen und Dialogen zeichnet Jenny Erpenbeck zwölf spannende und berührende Einzelschicksale, die mit diesem Grundstück an einem See bei Berlin verbunden sind. [...] Es gelingen ihr raunende Untertöne, märchenhafte Szenerien, traumhafte Situationen zuwischen Realität und Wahnsinn. [...] Grosse Geschichten um ein kleine Stück Erde, epische Geschichtsschreibung auf höchstem Niveau."
(Rainer Schmitz in: Focus, 4. Februar 2008)
"Jenny Erpenbecks schmaler Roman ist voll von kleinen und grossen Schicksalen. Was sich in Deutschland zusammenbraute, beeinflusste das Leben gerade derjenigen, die darauf hofften, sich in ein märkisches Idyll zurückzuziehen. Dem geschichtlichen Wandel steht dabei die Regelmässigkeit des Jahreszeitenrhythmus gegenüber, [...] Durch Stilmittel der Wiederholung, die von ferne an den 'Nouveau Roman' erinnern, kreiert Jenny Erpenbeck damit einen litaneiartigen Ton, einen märchenhaften, von Elementen des Volksaberglaubens getragenen Gesang, ..."
(Rainer Moritz in: Die Welt, 2. Februar 2008)
"Der Balanceakt zwischen Einfühlung und Distanz, Sammeleifer und Askese, Kunstwollen und Chronisten-Ambition verstärkt noch die ballerinenhafte Anspannung, mit der Jenny Erpenbecks Prosa einen permanenten Spitzentanz vorführt."
(Süddeutsche Zeitung, 9./10. Februar 2008)
"Dass sie gut schreibt, dass sie mit auffallender Geläufigkeit poetische Bilder ausbalancieren kann, dass sie die Reduktion eines Stoffs auf seine inneren Strukturen beherrscht und jedes Wort bei ihr an der richtigen Stelle im Satz steht, hat die Berliner Schriftstellerin hinlänglich bewiesen. [...] In diesem Geschichtsabriss - ein Wort, das man hier durchaus wörtlich nehmen
(Literaturen, März 2008)
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