Ritual - Höhle des Schreckens / Pendergast Bd.4
In einer Kleinstadt geschehen grausame Morde. Sie erinnern an Indianermythen und ein historisches Massaker. Viele glauben, dass die Geister der Toten zurückgekehrt sind, um Rache zu nehmen. Doch Special Agent Pendergast verfolgt eher irdische Spuren:...
- Kreditkarte, Paypal, Rechnungskauf
- 30 Tage Widerrufsrecht
In einer Kleinstadt geschehen grausame Morde. Sie erinnern an Indianermythen und ein historisches Massaker. Viele glauben, dass die Geister der Toten zurückgekehrt sind, um Rache zu nehmen. Doch Special Agent Pendergast verfolgt eher irdische Spuren: Gen-Experimente an Mais, mit deren Hilfe die Stadt zu neuer Blüte kommen soll, scheinen ausser Kontrolle geraten zu sein.
In einer Kleinstadt geschehen grausame Morde. Sie erinnern an Indianermythen und ein historisches Massaker. Viele glauben, dass die Geister der Toten zurückgekehrt sind, um Rache zu nehmen. Special Agent Pendergast verfolgt eher irdische Spuren: die Gen-Experimente an Mais, mit deren Hilfe die Stadt zu neuer Blüte kommen soll, scheinen ausser Kontrolle geraten zu sein. Oder steckt doch noch etwas ganz anderes dahinter?
Ritual von Douglas Preston und Lincoln Child
LESEPROBE
Zwei Stunden später stand Sheriff Dent Hazen wieder anderselben Stelle, aber inzwischen hatte sich das Maisfeld in das geschäftigeSzenario eines Tatorts verwandelt. Rings um die Lichtung waren Natriumdampflampenaufgestellt worden, etwas abseits brummte ein Generator. Die Männer von derState Police hatten eine breite Strasse ins Feld gewalzt, auf der inzwischenrund ein Dutzend Dienstfahrzeuge parkte - Streifenwagen, Ambulanzen und wasnicht alles, und das nur, damit den Troopern lange Fussmärsche erspart blieben.Jemand von der Spurensuche kroch über den Boden und pickte hier und da mit derPinzette Beweisstücke auf. Die Polizeifotografen waren zu zweit angerückt, sieschossen Fotos, was das Zeug hielt, und blendeten mit ihrem grellen Blitzlichtalle anderen. Hazen starrte entsetzt und angewidert auf das Opfer. Sein ersterMordfall. In den dreissiger Jahren, während der Prohibition, hatte es inMedicine Creek schon mal einen gegeben; da war Rocker Manning, als er schwarzgebrannten Whisky kaufen wollte, an einen Gauner geraten, und der hatte ihnkurzerhand umgelegt.
Damals hatte Hazens Grossvater den Fall bearbeitet. Und denMörder geschnappt, versteht sich. Aber das war natürlich nicht mit diesem Fallzu vergleichen. Hier hatten sie es eindeutig mit einem Irren zu tun. Hazenwandte sich ab und blickte stirnrunzelnd auf die frisch geschlagene breiteFahrspur. Da hatten etliche Maiskolben dran glauben müssen. Ganz davon zuschweigen, wie viele Beweise die Trooper möglicherweise dabei vernichtethatten. Die Jungs gingen offenbar immer so rigoros vor. Unkoordiniert undüberhastet, als hätte der Anblick des Opfers sie so schockiert, dass sies kaumabwarten konnten, endlich fertig zu sein und abhauen zu können. Hazen hieltnicht allzu viel von den Troopern. Genau genommen reduzierte sich bei denenalles auf grimmige Mienen und blank geputzte Stiefel. Andererseits, er konntees ihnen nachfühlen, dass sies so eilig hatten. Bei einem solchen Mord bekamenselbst abgebrühte alte Hasen weiche Knie. Hazen zündete sich am Stummel seinerCamel die nächste Zigarette an und versuchte sich an den Gedanken zu klammern,dass das überhaupt nicht sein erster Mordfall war. Er hatte gar nichts damit zutun. Gut, er hatte die Leiche gefunden, aber eindeutig ausserhalb derStadtgrenzen. Also fiel das Ganze, dem Himmel sei Dank, in die Zuständigkeitder Staatspolizei. »Sheriff Hazen?« Der baumlange Captain der Kansas StateTrooper kam mit ausgestreckter Hand auf ihn zu, wobei er mit schwerem Schrittnoch ein paar ohnehin schon abgeknickte Stängel zermalmte. Die leicht verzerrteMundpartie sollte wohl ein Lächeln andeuten. Hazen schüttelte ihm die Hand,obwohl sie das schon zweimal getan hatten. Vielleicht war der Mann vergesslich,oder er wollte durch das Händeschütteln seine Nervosität abbauen. Oder HazensAversion lag schlicht und einfach daran, dass der Captain grösser war als er.»Der Gerichtsmediziner aus Garden City wird in zehn Minuten da sein«,informierte ihn der Captain.
Hazen hätte sich nachträglich sonst wohin beissen können,dass er nicht seinen Stellvertreter Tad hierher geschickt hatte. Dafür hätte ermit Freuden auf das lange freie Wochenende verzichtet und wäre notfalls sogartrocken geblieben, wenn ihm dafür der Schlamassel hier draussen erspartgeblieben wäre. Andererseits, die Sache hätte Tad vermutlich überfordert,schliesslich war der Junge, um es positiv zu formulieren, gerade mal trockenhinter den Ohren. »Sieht aus, als hätten wirs mit einem richtigen Aktionskünstlerzu tun«, sagte der Captain kopfschüttelnd. »Meinen Sie, der Kansas City Starbringt die Story?« Hazen verkniff sich eine Antwort. Die Aussicht, seinFoto in der Zeitung wiederzufinden, behagte ihm gar nicht. Jemand mit einemFluoroskop rempelte ihn von hinten an. Gott im Himmel, an diesem Tatortherrschte allmählich ein schlimmeres Gedränge als bei einer Baptistenhochzeit!Hazen pumpte sich die Lunge mit Nikotin voll, dann zwang er sich, doch noch maleinen Blick auf die Mordszene zu werfen, ehe alles in Plastikbeutel gestopftund weggebracht wurde. Ein kurzer Rundblick genügte, er konnte sich auf seinGedächtnis verlassen. Was er einmal gesehen hatte, war automatisch in ihmabgespeichert. Das Ganze erinnerte an eine Szene aus einem Horrorfilm. Jemand hatteeine kreisrunde Lichtung in das Feld geschnitten und dann auf einer Seite diegekappten Stängel im Halbkreis von ungefähr fünfunddreissig Metern Durchmesserin den Boden gerammt. Obwohl der Täter mit unvorstellbarer Grausamkeitvorgegangen war, konnte Hazen nicht leugnen, dass ihn die präzise geometrischeAusgestaltung beeindruckte. Auf der anderen Seite der Kahlstelle ragte einkleiner Wald aus etwa ein bis anderthalb Meter hohen, oben zugespitzten Stöckenauf. Genau in der Mitte der Lichtung stand eine ähnliche halbkreisförmigePalisade, nur dass dort auf den Stöcken Krähen aufgespiesst waren: mindestenszwei Dutzend, mit leeren Augenhöhlen und nach innen gekrümmten Schnäbeln. Undwas auf den ersten Blick nach Stöcken aussah, entpuppte sich bei genaueremHinsehen als Arrangement aus zugespitzten Indianerpfeilen. Und mitten in dieserhalbkreisförmigen, mit toten Krähen drapierten Palisade lag der Leichnam einerFrau. Zumindest vermutete Sheriff Hazen, dass es sich um eine Frau handelte;absolut sicher konnte er nicht sein, die Lippen, die Nase und die Ohrenfehlten. Das Mordopfer lag auf dem Rücken, den Mund so weit aufgerissen, dassman meinen konnte, auf den Eingang einer rosaroten Höhle zu starren.
Das Haar der Toten war blond gefärbt, ein Büschel war ihrausgerissen worden. Die Kleidung hatte der Mörder zerfetzt, aber nichtwillkürlich, sondern durch zahlreiche, immer im gleichen Abstand beigebrachteSchnitte. Sie hatten es offenbar mit einem Pedanten zu tun, dem jeglicheUnordnung zuwider war. Bei dem Abstand zwischen Kopf und Schultern stimmteetwas nicht, die Proportionen waren verrutscht. Vermutlich hatte der Mörder derFrau das Genick gebrochen, und zwar mit einem einzigen harten Schlag. Denn wenner sein Opfer erwürgt hätte, wäre das an den unvermeidlichen blutunterlaufenenStellen zu erkennen gewesen. Vom Rand der Lichtung führten Schleifspuren zumFundort, und wenn man die Linie tiefer ins Maisfeld verlängerte, konnte mandeutlich die Stellen ausmachen, an denen Stängel abgeknickt waren. Hazenschloss daraus, dass der Mord nicht hier, sondern anderswo verübt worden war.Den Troopern schien das nicht aufgefallen zu sein. Ausserdem hatten sie mitihrem ständigen hektischen Hin und Her neue Spuren im Maisfeld gelegt und diealten verwischt. Er wollte sich schon zu dem Captain umwenden, um ihn daraufaufmerksam zu machen, besann sich aber rechtzeitig eines Besseren. Es war nichtsein Fall, er hatte hier keine Ermittlungen anzustellen. Und wenn er demCaptain von den verwischten Spuren erzählt und ein cleverer Strafverteidigerdavon Wind bekommen hätte, würde er - jede Wette - in spätestens zwei Monatenals Zeuge zu der Verhandlung gegen den Mörder vorgeladen werden, um dort seineBehauptung zu wiederholen. Solche spektakulären Mordfälle wurden immer raschaufgeklärt, und Hazen hatte nicht die geringste Lust, einen irren Mörder durchseine Aussage zu entlasten. Er zog sich den nächsten Nikotinstoss in die Lunge.Immer schön den Mund halten. Sollten die Troopies ruhig ihre Fehler machen.Sein Fall wars ja nicht. Als er gerade dabei war, seine Zigarettenkippe mitder Stiefelspitze in den Boden zu drücken, kam wieder ein Wagen die holperigeFahrspur herauf, wild schaukelnd und mit auf und ab tanzenden Scheinwerfern.Auf dem behelfsmässigen Parkplatz stieg ein Mann im weissen Kittel und mit einemschwarzen Handköfferchen aus: McHyde, der Gerichtsmediziner.
Er sprach kurz mit dem Captain, dann gingen die beidenMänner zu der Leiche hinüber. McHyde sah sich den Tatort aus verschiedenenBlickwinkeln an, ging auf die Knie, zog der Toten Plastikbeutel über die Händeund die Füsse, kramte etwas aus dem schwarzen Köfferchen, offenbar einThermometer, und schob es der Toten in den Anus. Hazen wusste, dass dieKörpertemperatur bei Leichen üblicherweise anal gemessen wird, dennoch kam ihmdie Prozedur wie eine Verletzung der Intimsphäre vor. Oh Mann, es gab schonkomische Jobs! Der Gerichtsmediziner begann, unterstützt von zwei, dreiSanitätern, den Leichnam für den Abtransport vorzubereiten. Ein Troopersammelte die Pfeile mit den aufgespiessten Krähen ein, versah jeden Pfeil miteinem Schildchen und verstaute das Ganze in Kühlkisten. Genau in dem Momentspürte der Sheriff einen Druck auf seine Blase - und welchen! So gings ihmimmer nach zu viel Kaffee. Und das war leider noch nicht alles, auch dieüberschüssige Magensäure machte ihm zu schaffen. Gebs der Himmel, dass dasnicht wieder das Vorzeichen für ein Magengeschwür war! Er sah sich um, niemandschien Notiz von ihm zu nehmen. Also ab ins Maisfeld! Vorsichtshalberverschwand er etwas tiefer darin, als es unbedingt nötig gewesen wäre, aber erwollte nicht riskieren, dass ein Trooper die Urinpfütze entdeckte und eineProbe nahm, die dann womöglich auch noch als Beweismaterial analysiert wurde.Der Lichtkegel der Natriumdampflampen reichte nicht bis zu ihm, dasStimmengewirr war zu Gemurmel geschrumpft, das Brummen des Generators hörtesich fast beruhigend an, die bizarre Brutalität der Mordszene war in weiteFerne entrückt. Eine leichte Brise kam auf, fast nur ein Hauch, der Sekundenspäter schon wieder verebbt war, aber der Sheriff nutzte dankbar dieGelegenheit, endlich mal wieder tief durchzuatmen. So, Reissverschluss auf! Er grunzteund urinierte laut auf den trockenen Boden. Als er sich Erleichterung verschafftund das Koppel wieder zurechtgerückt hatte, sah er verblüfft, dass zwei Reihenvon ihm entfernt ein Stofffetzen an einem dürren Maisstängel hing. Er richtetedie Stablampe darauf. Dem Muster und Material nach offenbar ein Stück von derKleidung der Toten. Er leuchtete mit der Stablampe die nächsten Maisreihen aus,aber da gabs nichts zu sehen. Er drückte die Schultern durch. Verdammt, er warschon wieder drauf und dran, sich einzumischen, obwohl das nicht sein Fall war!Mal sehen, vielleicht erzählte er den Troopern, was er beim Pinkeln entdeckthatte, vielleicht liess er sies aber auch selber herausfinden. Zumal ja garnicht sicher war, ob der Stofffetzen irgendetwas zu bedeuten hatte. Auf derLichtung wartete bereits der Captain auf ihn. »Sheriff Hazen, zu Ihnen wollteich gerade.« Er hielt eine topografische Karte von Kansas und einenEntfernungsmesser in der Hand - eins von den Dingern, mit denen man kreuz undquer auf Karten herumradeln und dabei die Entfernung ablesen kann. »Ich möchteIhnen gratulieren.« »Aha. Und wozu?« Der Captain breitete die Karte aus undfing zu radeln an. »Wie ich festgestellt habe, befinden wir uns auf dem Gebietvon Medicine Creek, und zwar exakt drei Meter fünfzig vor der Grenzlinie.« Erstrahlte wie ein Honigkuchenpferd und streckte Hazen die Hand hin. Zum viertenMal. »Daraus ergibt sich, dass es Ihr Fall ist. Wir werden Sie natürlich, wennnötig, nach Kräften unterstützen. Aber vor allem wollte ich Sie als Ersterbeglückwünschen.« Sheriff Dent Hazen übersah die ausgestreckte Hand, fischtedie Schachtel mit den Zigaretten aus der Brusttasche, zündete sich eine an,paffte hektisch und wiederholte fragend: »Drei Meter fünfzig, haben Sie gesagt?Grundgütiger Himmel!« Der Captain nickte mit geheucheltem Bedauern. Und da gabsich Hazen einen Ruck und legte los. »Das Opfer wurde woanders ermordet undhierher verbracht. Der Mörder ist von da drüben gekommen und hat die Tote dieletzten sechs, sieben Meter über den Boden geschleift. Wenn Sie ein Stück weitin den Mais gehen, finden Sie etwa dort« - er zeigte dem Captain die Richtung -»an einem verdorrten Maisstängel einen von der Kleidung der Ermordetenstammenden Stofffetzen. Er kann nicht zufällig bei einem Spaziergang hängengeblieben sein, denn so gross war die Frau nicht. Das bedeutet, dass der Mördersein Opfer ein Stück weit auf dem Rücken durchs Maisfeld geschleppt hat. FallsSie übrigens in der Nähe des Stofffetzens eine Pfütze auf dem Boden sehen: Ichhabe dort gepinkelt. Und noch etwas, Captain, tun Sie mir den Gefallen undschicken Sie bis auf den Gerichtsmediziner, die Fotografen und die Jungs vonder Spurensicherung alle anderen weg! Wir sind hier an einem Tatort und nichtauf einem Wal-Mart-Parkplatz.« »Tja, Sheriff, Sie wissen ja: Wir müssen unsalle an unsere Anweisungen halten « »Ab jetzt bekommen Sie Ihre Anweisungenvon mir.« Der Captain schluckte. »Ich brauche möglichst schnell zwei gutausgebildete Spürhunde, die den Weg des Mörders zurückverfolgen können«, fuhrHazen fort. »Und ich möchte ein gerichtsmedizinisches Team aus Dodge City hierhaben.« »Okay, Sheriff.« »Und noch was. Falls Pressefritzen hier auftauchen,ziehen Sie sie vorübergehend aus dem Verkehr! Legen Sie sie an die Kette, biswir mit unserer Arbeit fertig sind.« »Wie sollen wir die denn aus dem Verkehrziehen?« »Verpassen Sie ihnen einen Strafzettel wegenGeschwindigkeitsüberschreitung, das könnt ihr doch besonders gut!« Der Captainverschanzte sich hinter einer in langen Jahren eingeübten Eisenfressermiene.»Und wenn keiner die Geschwindigkeit überschreitet?« Sheriff Dent Hazen grinstebreit. »Die werden die Geschwindigkeit überschreiten, darauf können Sie getrostIhren Hintern verwetten, Ihre Jungs werden das schon hindrehen.«
©DroemerKnaur
Übersetzung:Klaus Fröba
- Autoren: Douglas Preston , Lincoln Child
- 2006, 12. Aufl., 528 Seiten, Masse: 12,3 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Klaus Fröba
- Verlag: Droemer/Knaur
- ISBN-10: 3426631547
- ISBN-13: 9783426631546
- Erscheinungsdatum: 10.01.2006
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
5 von 5 Sternen
5 Sterne 6Schreiben Sie einen Kommentar zu "Ritual - Höhle des Schreckens / Pendergast Bd.4".
Kommentar verfassen