Neues von der Arschterrasse
Auf den ersten Blick haben wir es gut: Wir haben Kinder und einen Job, Wespentaille und Jennifer-Lopez-Arsch, und wir haben das Recht auf ein eigenes Ankleidezimmer durchgesetzt. Doch der Kampf geht weiter. Die Frau von heute braucht nicht nur den...
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Produktinformationen zu „Neues von der Arschterrasse “
Klappentext zu „Neues von der Arschterrasse “
Auf den ersten Blick haben wir es gut: Wir haben Kinder und einen Job, Wespentaille und Jennifer-Lopez-Arsch, und wir haben das Recht auf ein eigenes Ankleidezimmer durchgesetzt. Doch der Kampf geht weiter. Die Frau von heute braucht nicht nur den Periodenkalender und 100 PIN-Nummern, sondern auch ein ausgeklügeltes Zeitmanagement, um als makellose Nacktschnecke daherzukommen. Wie Sie Ihre innere Schönheit der äusseren anpassen, Spanx auswählen, Outdoor-Sex vermeiden, die Lügen des Ex anprangern und Blind Dates outsourcen - das alles verrät das neue Buch von Désirée Nick.
Lese-Probe zu „Neues von der Arschterrasse “
Neues von der Arschterrasse von Désirée NickVORWORT
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Seit dem Jahre 1756 gilt die Hexenverbrennung in Deutschland als abgeschafft - zumindest in praktischer Form! Hinrichtungen finden heutzutage eher auf dem medialen Schafott statt. Frauen, die dieses geschickt zu umschiffen wissen, können sich spektakulärer Errungenschaften erfreuen. Noch nie hatten wir es so gut wie heute: Das Wahlrecht, die Emanzipation, die Geburtenregelung, die Pille, das Recht auf Selbstbestimmung unseres Aufenthaltsortes und ein eigenes Ankleidezimmer haben wir uns erbittert erstritten - ja, wir sind Siegerinnen in der Schlacht um die Würde des Menschen und die freie Entfaltung unserer Persönlichkeit! Dennoch bleiben jede Menge Fragen, die sich uns stellen, seitdem wir eigene Konten, eigene Immobilien, Schamhaargestaltung, Botox, Busen-OPs und Babys ohne Trauschein in unsere Zukunftsplanung einbeziehen. Wenn nämlich der Feminismus funktionieren würde, dann würde es längst schmerzfreie Stilettos geben! Stattdessen entdecken wir einen massiven Rückstau von weiblichen Themen, von denen die Welt nichts weiß: Was fängt man mit seinem Partner an, wenn Paare plötzlich doppelt so alt werden wie früher? Kann man wirklich begehrenswert bleiben, wenn man vorm Zubettgehen alles raus- oder runternimmt und in eine Schublade legt? Was, wenn mein Traummann kokst?
Was, wenn ich heiraten will, aber seine Frau dagegen ist? Wie bleibe ich im Rennen, wenn ich in der Mitte des Lebens auf einmal wieder Single bin? Die Ansprüche, die ab vierzig an die weibliche Attraktivität gestellt werden, sind immens.
Ohne Interesse an Victoria's Secret, Schuhtick und Jeans Size Zero stößt man heute auf dem gesellschaftlichen Parkett auf ZERO TOLERANCE! Der Kampf um den persönlichen Marktwert als potentielle Partnerin wird vorm Standspiegel schlecht ausgeleuchteter Umkleidekabinen entschieden - um als »attraktiv« durchzugehen, wurde die Messlatte für uns einfach eine Spur zu hoch angesetzt. Eine »schöne Frau« zu sein ist neuerdings ein Fulltime-Job geworden, der es zeitlich einfach nicht erlaubt, auch noch »nebenher zu arbeiten«.
Die rabiaten Mittel, zu denen uns der Kampf um Weiblichkeit treibt, entsprechen nicht nur einer allgemeinen Maskerade, sondern sind pure Travestie. Bildschöne blonde Russinnen, gertenschlanke Schwedinnen, elfengleiche Spanierinnen, rehäugige Italienerinnen, makellose Amerikanerinnen, delikate Brasilianerinnen - sie alle sind Konkurrentinnen von uns, dem Volksstamm der stämmig gebauten, schmallippigen, blassen Frauen mit straßenköterfarbenem, sprödem Haar, gebärfreudigem Becken in bevorzugt trittfestem Schuhwerk. Während eine filigrane Britin durchsichtig und blass ist wie eine englische Rose, so ist unser Teint grau. Fahl sind wir.
Kräftige, zuverlässige Arbeitstiere wie die Islandponys vom Immenhof. Anmut ist uns in etwa so sehr in die Wiege gelegt, wie Olivia Jones eine Vagina hat.
Und in Zeiten der Globalisierung wird unseren Defiziten weltweit der Spiegel vorgehalten. Wir hätten lieber nicht anfangen sollen, uns zu vergleichen. Ach, was waren das für schöne, gemächliche Zeiten, als wir nicht bei der Partnerwahl gegen den Rest der Welt antreten mussten! Ein Mr Gelsenkirchen war dann eben auch der Platzhirsch von ganz Nordrhein-Westfalen und nicht nur ein unbedeutender Provinzkasper, der sich im Nirwana der virtuellen Welt verliert, wenn er den Höhepunkt seiner Karriere auf YouTube postet ... Nein, heute besitzen wir polyglotte Informationen, sehen uns nicht am eigenen Dorfanger, sondern weltweit im Internet um und stellen fest: Die persönliche Performance setzt uns gewaltig unter Druck. Wir ziehen den Bauch ein, lassen Fett absaugen, unter dem Einfluss der Peergroup den Überbiss korrigieren und die Zähne bleachen ... Und trotzdem sind wir am Strand in Nizza, Miami oder Phuket die Trampeltiere mit der Orangenhaut!
Unvorbereitet, unterbezahlt, ungeschminkt und ungeföhnt hat man heutzutage kaum Möglichkeiten, im Alltag die Rolle der Frau zu verkörpern. Alles die Spätfolgen von Sex in the City! Magersüchtige Fantasyfiguren, für die rund um die Uhr ein ganzes Hollywood- Beauty-Department beschäftigt wurde, haben sich als Schnittvorlage in unser kollektives Unterbewusstsein geschlichen. Egal, ob die Beine kurz und krumm sind, der Hintern fett und der Hals kurz, wir zwängen den Schwabbelbauch in Low Cut Stretch Jeans, die Ballenfüße mit dem schmerzenden Hallux valgus in die schmalen Riemchensandalen, und nicht selten prangt an dicken Wurstfingern ein funkelnder Swarovski-Edelstein.
So wie Prominente im One-Million Dollar-Lighting glamourös erstrahlen, so will auch die neue deutsche Frau aus sich selbst das Beste rausholen. Wenn die emanzipierte Frau von heute die Eigernordwand erklimmt, wird ganz einfach erwartet, dass sie das auf Highheels tut. Wie sieht denn das sonst aus? Kommt ja gar nicht rüber in den Medien!
Und am Ende des Tages wird man wegen des Low-Carb- Regimes, das längst ein Massenphänomen geworden ist, noch gehänselt wie eine Aussätzige, wenn man im Restaurant nach Brot fragt! Der Brotkorb scheint in gewissen trendbewussten Kreisen das neue Heroin zu sein. Bleibt man mal morgens bis elf Uhr im Bett, anstatt bei Wind und Wetter um die Alster zu joggen, erntet man sowieso Häme und Missachtung.
Woher soll man als Frau denn bitte schön wissen, wann man aufzustehen hat, wenn kein Kammerdiener da ist, der morgens die Jalousien hochzieht? Und wer sich nur der Arbeit widmet und dieses Rattenrennen um Ehrgeiz, Wettstreit und Poleposition in der Ankleidegarderobe des Fitnesscenters nicht mitmacht, gilt als Spielverderberin. Denn das Partygirl, die Facebook-Promiqueen mit fünftausend Freunden und dem Push-up-Bra, soll man neben Mutter, Gastgeberin, Bloggerin und Karrierefrau auch noch sein. Ich bin der Meinung: Die besten Frauen sollten - wie ein sanft surrender Rolls-Royce - voll eingefahren an den Kunden ausgeliefert werden.
Aber das funktioniert doch nur, wenn wir Frauen bleiben dürfen. In Zeiten, in denen Männer sich ihre Augenringe abdecken und die Augenbrauen färben, Permanent-Make-up entdecken und mit pompöser Maskerade als metrosexueller Mann wahrgenommen werden, muss man als Frau neue Wege beschreiten. Neue Horizonte erklimmen.
Sich von dem ganzen Trash distanzieren. Jede Wochenendtranse schlüpft inzwischen als Allround-Karnevalist in die Muttirolle und radiert damit vierzig Jahre Schwulenbewegung aus, welche erbittert darum gekämpft hatte, nicht mit Vorurteilen und Klischees von Narretei und Tuckentum abgewertet, sondern gleichberechtigt wahrgenommen zu werden.
Doch seit das Fernsehen nach vierzig Jahren Schwulenbewegung die Medientunten entdeckt hat, laben diese sich in ihrer Eitelkeit plötzlich an der ihnen zugeschriebenen Rolle als Pausenclown und Hofnarr. Wodurch die homophoben Mitbürger tatsächlich in dem dummen Vorurteil Bestätigung finden, jeder Schwule liefe im Fummel und mit Stilettos rum. Und parallel dazu impfen wir unseren Töchtern maskulines Ellenbogendenken und Unabhängigkeit ein, damit sie nicht mit Barbie-Puppen spielen, sondern mit aufgeschlagenen Knien, dreckigen Stutzen, haarigen Waden und Oberlippenbärten »gleichberechtigt« in die Rolle eines ganzen Kerls hineinwachsen. Unsere Körper sind zum Schlachtfeld geworden - aber das Problem bei einem Krieg gegen sich selbst ist, dass man zum Verlierer wird, selbst dann, wenn man siegt! In einer idealen Welt würde niemand Frauen danach bewerten, wie sie aussehen.
Das Patriarchat soll sich gefälligst mit uns als ganzheitlichen Wesen, mit unserem Herzen und unserer Seele auseinandersetzen und nicht die äußere Hülle zum kapitalistischen Wertmaßstab erheben. Selbst ein zwei Meter großer Transvestit mit Wimpern aus Krepppapier und Acrylstilettos in Größe 46, der sich eine Matratze als Binde zwischen die Beine klemmen muss, wenn er seine Periode bekommt, erfährt heute mehr Toleranz als eine Frau in der Mitte des Lebens, die so rumlaufen will, wie sie sich nun mal wohl fühlt. Okay, es gehört wahrlich die TOTALE Selbstverleugnung dazu, den eigenen Penis wegzubeamen und zu erwarten, dass alle dabei mitspielen, aber wenn Transvestiten auch nur einen einzigen Tag in der Haut einer echten Frau stecken würden, wären sie bis in alle Ewigkeit von ihrer Maskerade kuriert.
Denn das Dekolleté einer Achtundzwanzigjährigen über dem Herzen einer Fünfzigjährigen ist heute zum allgemeinen Standard geworden. Augenlider werden in der Regel so radikal weggeschnippelt, dass am Ende nur weitaufgerissene Pupillen übrig bleiben, die just in dem Moment eingefroren scheinen, als sie die Rechnung des Chirurgen präsentiert bekommen. Um bei diesem Standard mithalten zu können, hilft uns eine ganze Personality-Produktpalette, an der wir uns beweisen und bewerten lassen müssen.
Die deutsche Mutti hat sich zum Arbeitstier und zur Kämpferin an vorderster Front entwickelt. Nutztiere und Lastesel sind wir geworden, die neben Karriere, Küche und Kindern noch den »Ich shoppe, also bin ich«-Wettstreit bewältigen müssen. Was aber, wenn man rein monetär nicht in der Lage ist, über die unverwüstlichen Ressourcen des hippen Lifestyles - Mode, Make-up, Kokain - zu verfügen? Wohl der, die sich so glücklich wähnt, ihr Haar lang wachsen lassen zu können - »so eine« wird immer einen Notausgang haben, wenn die Bedrohung existentiell wird. Ist doch das hüftlange Haar Schmuck all jener, die nicht im Luxus leben dürfen - eine preiswerte, persönliche Kostbarkeit. Eine Zierde, die nicht vergessen, verloren, gestohlen, zerbrochen oder kopiert werden kann. Kostenfrei, sicher. MEIN Haar gehört nun mal mir. Dann ist es aber auch schnell vorbei mit dem Epizentrum kostenfreier, femininer Verlockungen.
Die individuelle weibliche Note herauszufiltern unterliegt gesellschaftlich diktierten Zwängen. Ohne high maintenance Selbstinszenierung kann heute niemand mehr auf dem Parkett der Eitelkeiten mithalten. Nicht dass Wimpernverlängerung, PermanentMake- up, Extensions, die Gucci-Tasche und die Rolex ausreichen würden, man muss auch im beruflichen Ranking die Poleposition einnehmen: Schließlich gibt es Personal Coaches, die inzwischen Hochschulabsolventen beibringen, wie man aufrecht gehen, stehen, sitzen und den Körper sprechen lassen soll! Ich meine, sind wir vorher wie wilde Tiere durch unser Revier gekrochen oder buckelig von Ast zu Ast gehüpft?
Qualifikationen, Karrieren, Leistungsdruck sind zum Zeitfresser geworden, der immer weniger Raum für die Entfaltung dessen zulässt, was wir eigentlich von Natur aus sind: Frauen! Heute dreht sich stattdessen alles um die persönliche Performance! Sind wir denn alle Künstler neuerdings? Auf den TV-Kanälen sind die Schauspieler jedenfalls längst von den Doku-Stars verdrängt worden, die gerade eben wegen ihrer amateurhaften Authentizität mehr hergeben als sprachlich geschulte Berufsmimen. Ein neues Kapitel des Feminismus ist eröffnet: Der Aufstieg und Niedergang weiblicher Idole und Ikonen der Popkultur misst sich am Erfolg ihrer Liebschaften, Affären und Beziehungen, die uns in Form einer endlosen Reality-Soap als moralische Lehreinheit serviert werden.
Aber mit Scheidungen ist es wie mit Flugzeugabstürzen: Wer erfolgreich und planmäßig startet und landet, von dem gibt es nichts zu berichten. Transparent werden die Gefahren des Fliegens erst dann, wenn wir selber involviert sind, Katastrophen uns erschüttern - und der Flieger in der Wohnsiedlung landet. Genauso ist es mit Beziehungen: Erst offizielle Bruchlandungen gelten als amtlich gescheitert. Die Invaliden, die mit zahlreichen Blessuren an Bord geblieben sind und deformiert eine Ehe aussitzen, treten gar nicht in Erscheinung.
Der Status der Bindung allerdings spiegelt in keinster Weise den Grad des persönlichen Lebensglücks wider. Ich glaube an die Frauenbewegung nur von der Hüfte abwärts. Denn mit Brüsten aus Granit und einem Hirn wie ein Schweizer Käse sind die wesentlichen Voraussetzungen eines Starlets heute erfüllt. Während in wundersamer Vorzeit Talent die Visitenkarte für eine Karriere war, zeigen hochgetunte Comicfiguren heute die ganze Bandbreite ihrer Emotionen - und zwar von A bis B. Berühmt zu sein hat fast schon was Banales. In einer Welt, in der große Entertainer zu Hause auf dem Sofa sitzen und den Nobodys in ihrer Hartz-IV- Verelendung zuschauen, stimmt doch was nicht. Und nach Emanzipation und einem Siegeszug der Frauenrechtlerinnen stoßen zu Beginn des 21. Jahrhunderts unsere Töchter auf Rollenmodelle, die ein Vakuum mit Brustwarzen verkörpern. Das Vaginalbusiness wurde zum Sprungbrett für die Medienkarriere.
Organisierte Prostitution hat die Laufstege und Vorabendserien erreicht. Wenn Gina-Lisa Lohfink spricht, klingt das, als hätte sie den Mund voll mit Toilettenpapier. Abnorme Silikonmonster haben hierzulande ihre Ableger hinterlassen ... und damit ein neues Frauenbild in der Gesellschaft geprägt. Und wenn erst die runden Geburtstage kommen, sehen die Gesichter der Hollywood-Ikonen aus, als wären sie aus Zucker und jemand hätte sie glattgeschleckt. Früher haben Hausfrauen Kuchen gebacken und Orgasmen simuliert, heute haben wir Orgasmen und simulieren, dass wir backen können.
Wir leben in einer Zeit, in welcher der Pizzaservice schneller zu Hause eintrifft als die Polizei. Bei so vielen falschen Vorbildern ist die Rolle der Frau diffuser denn je. Was sollen wir unseren Töchtern und unseren schwulen Söhnen mit auf den Weg geben, damit sie sich in der Bilder- und Informationsflut des 21. Jahrhunderts zurechtfinden und nicht die Orientierung verlieren? Die unmerkliche und langsame Verschiebung gesellschaftlicher Strukturen hat den Kerlen ganz schön eingeheizt! Hunderttausend Jahre haben Männer ungestört regiert. Dann, in einem Millimeter auf der Zeitskala, hat das Matriarchat der Welt seinen Stempel aufgedrückt. Niemand will Männer von dem abhalten, was sie schon immer getan haben. Wir wollen als Frauen nur einen größeren Anteil der Weltherrschaft! Schließlich wäre das nicht nur fair, sondern gleichberechtigt.
Natürlich haben auch heute noch die Männer die Macht und das Geld - aber sie haben einen wunden Punkt: sexy Frauen! Das gehört zum Geschäft, Baby! Frauen mögen auf allen vieren ihren Hintern auf den Doppelseiten des Playboy in die Luft recken und damit die Raten ihrer rosafarbenen Villa abbezahlen - der einzige Unterschied seit dem 19. Jahrhundert ist, dass ihnen heute das Haus gehört! Mit den dreißig Jahren, auf die ich zurückblicken darf, seit ich fünfundzwanzig bin, stelle ich fest: Frauen regieren erst die halbe Welt - und das reicht uns nicht.
Das Patriarchat soll gefälligst seinen Fuß vom Gaspedal nehmen und sich ein paar neue Hobbys suchen: Warum nicht ein Wochenende Pause beim Paintball einlegen und wirklich mal die Welt den Frauen überlassen? WOVOR, verdammt noch mal, haben die Kerle eigentlich Angst, wenn wir eh das schwache Geschlecht sind? Manche von uns Mädels haben nun mal Eier. Genauso wie es mopsige, heterosexuelle Typen gibt, die kleine Tittchen haben und lieber im Freibad einen Bikini tragen sollten. Wir alle wurden nackt geboren - der Rest ist immer Travestie. Und unsere Kunstform als Dragqueens besteht darin, im Petticoat und auf Highheels die Vorstandsetagen, Zahnarztpraxen, Chefetagen, Cockpits der Lufthansa und den Bundesgerichtshof zu übernehmen. Genauso wie die Kerle als Starköche im TV gelandet sind und dort die neuen Popstars geben, so wechseln auch wir das Terrain. Die Männer sind freiwillig an den Herd gegangen, wir erobern dafür die Vorstandsetagen. Hauptsache, nicht auf halbem Wege steckenbleiben.
Die besten Frauen werden in Zukunft nicht nur Prinzessin sein, sondern Göttin, Muse und CEO. In den attraktivsten Frauen von morgen steckt nun mal ein ganzer Kerl - und zwar einer mit Haaren, die sitzen! Früher wurden wir als Hexen verbrannt, heute fliegt möglicherweise eine ganze Vorstandsetage in die Luft, weil wir uns einen Whiskey ausschenken und uns dabei die Haare sprayen! Und wir Frauen 50+ gehen dabei mit bestem Beispiel voran! Wir als die Babyboomer haben schon deshalb die Macht, weil wir die bevölkerungsstärkste Gruppe sind. Was wir nicht kaufen wollen, hat am Markt keine Chance!
Die Kinder der sechziger Jahre sind kollektiv gerade mal volljährig geworden - der Rest ist Erfahrung. Alt wird man erst dann, wenn man aufhört zu lernen. Natürlich kann man die Uhr nicht zurückdrehen - aber man sollte sie neu einstellen! Nur mit gesundem Humor und intakter Kleidung lässt sich unser Elend meistern. Und in diesen Bereichen gebe ich mit diesem vorliegenden Werk Schützenhilfe. Dieser Support ist nicht nur dringend nötig, sondern lebensnotwendig. Die längst überfälligen Antworten auf Ihre nie gestellten Fragen sind nicht nur meine persönliche Erste Hilfe, sondern liebevolle Mund-zu-Mund-Beatmung.
Denn wir als Kinder der sechziger Jahre sitzen alle in einem Boot. Und wir werden es schaffen, unseren Kindern zu vermitteln, dass sie auch ohne Arschterrasse und angenähte Haare liebenswert sind. Oder zumindest okay. Ich bin auch nicht perfekt. Trotzdem habe ich es geschafft, mit gutem Beispiel voranzugehen. Denn ich kenne die Regeln des guten Geschmacks. Glauben Sie mir: Zu viel Rouge und zu kurze Röcke sind immer ein Zeichen von Verzweiflung bei einer Frau. Und wer meinen Ratgeber konsumiert, wird genau davor bewahrt. Wie Sie Ihre innere Schönheit der äußeren anpassen, Make-up reduzieren, Diäten vergessen, Spanx Fett-weg-Wäsche richtig selektieren, Outdoor-Sex vermeiden, VIP- Freunde abschießen, die Lügen des Ex anprangern, Wax in the City und Brazilians integrieren, Blind Dates outsourcen, Hefepilzinfektionen ausweichen und Ihr erstes Gewächshaus in den Griff kriegen, verrät mein neuer Instant-Ratgeber. Denn ein Leben als Frau ist auch dann noch möglich, wenn das Teddybär-Tattoo am Unterbauch längst für eine Giraffe gehalten wird.
© MARION VON SCHRÖDER
Seit dem Jahre 1756 gilt die Hexenverbrennung in Deutschland als abgeschafft - zumindest in praktischer Form! Hinrichtungen finden heutzutage eher auf dem medialen Schafott statt. Frauen, die dieses geschickt zu umschiffen wissen, können sich spektakulärer Errungenschaften erfreuen. Noch nie hatten wir es so gut wie heute: Das Wahlrecht, die Emanzipation, die Geburtenregelung, die Pille, das Recht auf Selbstbestimmung unseres Aufenthaltsortes und ein eigenes Ankleidezimmer haben wir uns erbittert erstritten - ja, wir sind Siegerinnen in der Schlacht um die Würde des Menschen und die freie Entfaltung unserer Persönlichkeit! Dennoch bleiben jede Menge Fragen, die sich uns stellen, seitdem wir eigene Konten, eigene Immobilien, Schamhaargestaltung, Botox, Busen-OPs und Babys ohne Trauschein in unsere Zukunftsplanung einbeziehen. Wenn nämlich der Feminismus funktionieren würde, dann würde es längst schmerzfreie Stilettos geben! Stattdessen entdecken wir einen massiven Rückstau von weiblichen Themen, von denen die Welt nichts weiß: Was fängt man mit seinem Partner an, wenn Paare plötzlich doppelt so alt werden wie früher? Kann man wirklich begehrenswert bleiben, wenn man vorm Zubettgehen alles raus- oder runternimmt und in eine Schublade legt? Was, wenn mein Traummann kokst?
Was, wenn ich heiraten will, aber seine Frau dagegen ist? Wie bleibe ich im Rennen, wenn ich in der Mitte des Lebens auf einmal wieder Single bin? Die Ansprüche, die ab vierzig an die weibliche Attraktivität gestellt werden, sind immens.
Ohne Interesse an Victoria's Secret, Schuhtick und Jeans Size Zero stößt man heute auf dem gesellschaftlichen Parkett auf ZERO TOLERANCE! Der Kampf um den persönlichen Marktwert als potentielle Partnerin wird vorm Standspiegel schlecht ausgeleuchteter Umkleidekabinen entschieden - um als »attraktiv« durchzugehen, wurde die Messlatte für uns einfach eine Spur zu hoch angesetzt. Eine »schöne Frau« zu sein ist neuerdings ein Fulltime-Job geworden, der es zeitlich einfach nicht erlaubt, auch noch »nebenher zu arbeiten«.
Die rabiaten Mittel, zu denen uns der Kampf um Weiblichkeit treibt, entsprechen nicht nur einer allgemeinen Maskerade, sondern sind pure Travestie. Bildschöne blonde Russinnen, gertenschlanke Schwedinnen, elfengleiche Spanierinnen, rehäugige Italienerinnen, makellose Amerikanerinnen, delikate Brasilianerinnen - sie alle sind Konkurrentinnen von uns, dem Volksstamm der stämmig gebauten, schmallippigen, blassen Frauen mit straßenköterfarbenem, sprödem Haar, gebärfreudigem Becken in bevorzugt trittfestem Schuhwerk. Während eine filigrane Britin durchsichtig und blass ist wie eine englische Rose, so ist unser Teint grau. Fahl sind wir.
Kräftige, zuverlässige Arbeitstiere wie die Islandponys vom Immenhof. Anmut ist uns in etwa so sehr in die Wiege gelegt, wie Olivia Jones eine Vagina hat.
Und in Zeiten der Globalisierung wird unseren Defiziten weltweit der Spiegel vorgehalten. Wir hätten lieber nicht anfangen sollen, uns zu vergleichen. Ach, was waren das für schöne, gemächliche Zeiten, als wir nicht bei der Partnerwahl gegen den Rest der Welt antreten mussten! Ein Mr Gelsenkirchen war dann eben auch der Platzhirsch von ganz Nordrhein-Westfalen und nicht nur ein unbedeutender Provinzkasper, der sich im Nirwana der virtuellen Welt verliert, wenn er den Höhepunkt seiner Karriere auf YouTube postet ... Nein, heute besitzen wir polyglotte Informationen, sehen uns nicht am eigenen Dorfanger, sondern weltweit im Internet um und stellen fest: Die persönliche Performance setzt uns gewaltig unter Druck. Wir ziehen den Bauch ein, lassen Fett absaugen, unter dem Einfluss der Peergroup den Überbiss korrigieren und die Zähne bleachen ... Und trotzdem sind wir am Strand in Nizza, Miami oder Phuket die Trampeltiere mit der Orangenhaut!
Unvorbereitet, unterbezahlt, ungeschminkt und ungeföhnt hat man heutzutage kaum Möglichkeiten, im Alltag die Rolle der Frau zu verkörpern. Alles die Spätfolgen von Sex in the City! Magersüchtige Fantasyfiguren, für die rund um die Uhr ein ganzes Hollywood- Beauty-Department beschäftigt wurde, haben sich als Schnittvorlage in unser kollektives Unterbewusstsein geschlichen. Egal, ob die Beine kurz und krumm sind, der Hintern fett und der Hals kurz, wir zwängen den Schwabbelbauch in Low Cut Stretch Jeans, die Ballenfüße mit dem schmerzenden Hallux valgus in die schmalen Riemchensandalen, und nicht selten prangt an dicken Wurstfingern ein funkelnder Swarovski-Edelstein.
So wie Prominente im One-Million Dollar-Lighting glamourös erstrahlen, so will auch die neue deutsche Frau aus sich selbst das Beste rausholen. Wenn die emanzipierte Frau von heute die Eigernordwand erklimmt, wird ganz einfach erwartet, dass sie das auf Highheels tut. Wie sieht denn das sonst aus? Kommt ja gar nicht rüber in den Medien!
Und am Ende des Tages wird man wegen des Low-Carb- Regimes, das längst ein Massenphänomen geworden ist, noch gehänselt wie eine Aussätzige, wenn man im Restaurant nach Brot fragt! Der Brotkorb scheint in gewissen trendbewussten Kreisen das neue Heroin zu sein. Bleibt man mal morgens bis elf Uhr im Bett, anstatt bei Wind und Wetter um die Alster zu joggen, erntet man sowieso Häme und Missachtung.
Woher soll man als Frau denn bitte schön wissen, wann man aufzustehen hat, wenn kein Kammerdiener da ist, der morgens die Jalousien hochzieht? Und wer sich nur der Arbeit widmet und dieses Rattenrennen um Ehrgeiz, Wettstreit und Poleposition in der Ankleidegarderobe des Fitnesscenters nicht mitmacht, gilt als Spielverderberin. Denn das Partygirl, die Facebook-Promiqueen mit fünftausend Freunden und dem Push-up-Bra, soll man neben Mutter, Gastgeberin, Bloggerin und Karrierefrau auch noch sein. Ich bin der Meinung: Die besten Frauen sollten - wie ein sanft surrender Rolls-Royce - voll eingefahren an den Kunden ausgeliefert werden.
Aber das funktioniert doch nur, wenn wir Frauen bleiben dürfen. In Zeiten, in denen Männer sich ihre Augenringe abdecken und die Augenbrauen färben, Permanent-Make-up entdecken und mit pompöser Maskerade als metrosexueller Mann wahrgenommen werden, muss man als Frau neue Wege beschreiten. Neue Horizonte erklimmen.
Sich von dem ganzen Trash distanzieren. Jede Wochenendtranse schlüpft inzwischen als Allround-Karnevalist in die Muttirolle und radiert damit vierzig Jahre Schwulenbewegung aus, welche erbittert darum gekämpft hatte, nicht mit Vorurteilen und Klischees von Narretei und Tuckentum abgewertet, sondern gleichberechtigt wahrgenommen zu werden.
Doch seit das Fernsehen nach vierzig Jahren Schwulenbewegung die Medientunten entdeckt hat, laben diese sich in ihrer Eitelkeit plötzlich an der ihnen zugeschriebenen Rolle als Pausenclown und Hofnarr. Wodurch die homophoben Mitbürger tatsächlich in dem dummen Vorurteil Bestätigung finden, jeder Schwule liefe im Fummel und mit Stilettos rum. Und parallel dazu impfen wir unseren Töchtern maskulines Ellenbogendenken und Unabhängigkeit ein, damit sie nicht mit Barbie-Puppen spielen, sondern mit aufgeschlagenen Knien, dreckigen Stutzen, haarigen Waden und Oberlippenbärten »gleichberechtigt« in die Rolle eines ganzen Kerls hineinwachsen. Unsere Körper sind zum Schlachtfeld geworden - aber das Problem bei einem Krieg gegen sich selbst ist, dass man zum Verlierer wird, selbst dann, wenn man siegt! In einer idealen Welt würde niemand Frauen danach bewerten, wie sie aussehen.
Das Patriarchat soll sich gefälligst mit uns als ganzheitlichen Wesen, mit unserem Herzen und unserer Seele auseinandersetzen und nicht die äußere Hülle zum kapitalistischen Wertmaßstab erheben. Selbst ein zwei Meter großer Transvestit mit Wimpern aus Krepppapier und Acrylstilettos in Größe 46, der sich eine Matratze als Binde zwischen die Beine klemmen muss, wenn er seine Periode bekommt, erfährt heute mehr Toleranz als eine Frau in der Mitte des Lebens, die so rumlaufen will, wie sie sich nun mal wohl fühlt. Okay, es gehört wahrlich die TOTALE Selbstverleugnung dazu, den eigenen Penis wegzubeamen und zu erwarten, dass alle dabei mitspielen, aber wenn Transvestiten auch nur einen einzigen Tag in der Haut einer echten Frau stecken würden, wären sie bis in alle Ewigkeit von ihrer Maskerade kuriert.
Denn das Dekolleté einer Achtundzwanzigjährigen über dem Herzen einer Fünfzigjährigen ist heute zum allgemeinen Standard geworden. Augenlider werden in der Regel so radikal weggeschnippelt, dass am Ende nur weitaufgerissene Pupillen übrig bleiben, die just in dem Moment eingefroren scheinen, als sie die Rechnung des Chirurgen präsentiert bekommen. Um bei diesem Standard mithalten zu können, hilft uns eine ganze Personality-Produktpalette, an der wir uns beweisen und bewerten lassen müssen.
Die deutsche Mutti hat sich zum Arbeitstier und zur Kämpferin an vorderster Front entwickelt. Nutztiere und Lastesel sind wir geworden, die neben Karriere, Küche und Kindern noch den »Ich shoppe, also bin ich«-Wettstreit bewältigen müssen. Was aber, wenn man rein monetär nicht in der Lage ist, über die unverwüstlichen Ressourcen des hippen Lifestyles - Mode, Make-up, Kokain - zu verfügen? Wohl der, die sich so glücklich wähnt, ihr Haar lang wachsen lassen zu können - »so eine« wird immer einen Notausgang haben, wenn die Bedrohung existentiell wird. Ist doch das hüftlange Haar Schmuck all jener, die nicht im Luxus leben dürfen - eine preiswerte, persönliche Kostbarkeit. Eine Zierde, die nicht vergessen, verloren, gestohlen, zerbrochen oder kopiert werden kann. Kostenfrei, sicher. MEIN Haar gehört nun mal mir. Dann ist es aber auch schnell vorbei mit dem Epizentrum kostenfreier, femininer Verlockungen.
Die individuelle weibliche Note herauszufiltern unterliegt gesellschaftlich diktierten Zwängen. Ohne high maintenance Selbstinszenierung kann heute niemand mehr auf dem Parkett der Eitelkeiten mithalten. Nicht dass Wimpernverlängerung, PermanentMake- up, Extensions, die Gucci-Tasche und die Rolex ausreichen würden, man muss auch im beruflichen Ranking die Poleposition einnehmen: Schließlich gibt es Personal Coaches, die inzwischen Hochschulabsolventen beibringen, wie man aufrecht gehen, stehen, sitzen und den Körper sprechen lassen soll! Ich meine, sind wir vorher wie wilde Tiere durch unser Revier gekrochen oder buckelig von Ast zu Ast gehüpft?
Qualifikationen, Karrieren, Leistungsdruck sind zum Zeitfresser geworden, der immer weniger Raum für die Entfaltung dessen zulässt, was wir eigentlich von Natur aus sind: Frauen! Heute dreht sich stattdessen alles um die persönliche Performance! Sind wir denn alle Künstler neuerdings? Auf den TV-Kanälen sind die Schauspieler jedenfalls längst von den Doku-Stars verdrängt worden, die gerade eben wegen ihrer amateurhaften Authentizität mehr hergeben als sprachlich geschulte Berufsmimen. Ein neues Kapitel des Feminismus ist eröffnet: Der Aufstieg und Niedergang weiblicher Idole und Ikonen der Popkultur misst sich am Erfolg ihrer Liebschaften, Affären und Beziehungen, die uns in Form einer endlosen Reality-Soap als moralische Lehreinheit serviert werden.
Aber mit Scheidungen ist es wie mit Flugzeugabstürzen: Wer erfolgreich und planmäßig startet und landet, von dem gibt es nichts zu berichten. Transparent werden die Gefahren des Fliegens erst dann, wenn wir selber involviert sind, Katastrophen uns erschüttern - und der Flieger in der Wohnsiedlung landet. Genauso ist es mit Beziehungen: Erst offizielle Bruchlandungen gelten als amtlich gescheitert. Die Invaliden, die mit zahlreichen Blessuren an Bord geblieben sind und deformiert eine Ehe aussitzen, treten gar nicht in Erscheinung.
Der Status der Bindung allerdings spiegelt in keinster Weise den Grad des persönlichen Lebensglücks wider. Ich glaube an die Frauenbewegung nur von der Hüfte abwärts. Denn mit Brüsten aus Granit und einem Hirn wie ein Schweizer Käse sind die wesentlichen Voraussetzungen eines Starlets heute erfüllt. Während in wundersamer Vorzeit Talent die Visitenkarte für eine Karriere war, zeigen hochgetunte Comicfiguren heute die ganze Bandbreite ihrer Emotionen - und zwar von A bis B. Berühmt zu sein hat fast schon was Banales. In einer Welt, in der große Entertainer zu Hause auf dem Sofa sitzen und den Nobodys in ihrer Hartz-IV- Verelendung zuschauen, stimmt doch was nicht. Und nach Emanzipation und einem Siegeszug der Frauenrechtlerinnen stoßen zu Beginn des 21. Jahrhunderts unsere Töchter auf Rollenmodelle, die ein Vakuum mit Brustwarzen verkörpern. Das Vaginalbusiness wurde zum Sprungbrett für die Medienkarriere.
Organisierte Prostitution hat die Laufstege und Vorabendserien erreicht. Wenn Gina-Lisa Lohfink spricht, klingt das, als hätte sie den Mund voll mit Toilettenpapier. Abnorme Silikonmonster haben hierzulande ihre Ableger hinterlassen ... und damit ein neues Frauenbild in der Gesellschaft geprägt. Und wenn erst die runden Geburtstage kommen, sehen die Gesichter der Hollywood-Ikonen aus, als wären sie aus Zucker und jemand hätte sie glattgeschleckt. Früher haben Hausfrauen Kuchen gebacken und Orgasmen simuliert, heute haben wir Orgasmen und simulieren, dass wir backen können.
Wir leben in einer Zeit, in welcher der Pizzaservice schneller zu Hause eintrifft als die Polizei. Bei so vielen falschen Vorbildern ist die Rolle der Frau diffuser denn je. Was sollen wir unseren Töchtern und unseren schwulen Söhnen mit auf den Weg geben, damit sie sich in der Bilder- und Informationsflut des 21. Jahrhunderts zurechtfinden und nicht die Orientierung verlieren? Die unmerkliche und langsame Verschiebung gesellschaftlicher Strukturen hat den Kerlen ganz schön eingeheizt! Hunderttausend Jahre haben Männer ungestört regiert. Dann, in einem Millimeter auf der Zeitskala, hat das Matriarchat der Welt seinen Stempel aufgedrückt. Niemand will Männer von dem abhalten, was sie schon immer getan haben. Wir wollen als Frauen nur einen größeren Anteil der Weltherrschaft! Schließlich wäre das nicht nur fair, sondern gleichberechtigt.
Natürlich haben auch heute noch die Männer die Macht und das Geld - aber sie haben einen wunden Punkt: sexy Frauen! Das gehört zum Geschäft, Baby! Frauen mögen auf allen vieren ihren Hintern auf den Doppelseiten des Playboy in die Luft recken und damit die Raten ihrer rosafarbenen Villa abbezahlen - der einzige Unterschied seit dem 19. Jahrhundert ist, dass ihnen heute das Haus gehört! Mit den dreißig Jahren, auf die ich zurückblicken darf, seit ich fünfundzwanzig bin, stelle ich fest: Frauen regieren erst die halbe Welt - und das reicht uns nicht.
Das Patriarchat soll gefälligst seinen Fuß vom Gaspedal nehmen und sich ein paar neue Hobbys suchen: Warum nicht ein Wochenende Pause beim Paintball einlegen und wirklich mal die Welt den Frauen überlassen? WOVOR, verdammt noch mal, haben die Kerle eigentlich Angst, wenn wir eh das schwache Geschlecht sind? Manche von uns Mädels haben nun mal Eier. Genauso wie es mopsige, heterosexuelle Typen gibt, die kleine Tittchen haben und lieber im Freibad einen Bikini tragen sollten. Wir alle wurden nackt geboren - der Rest ist immer Travestie. Und unsere Kunstform als Dragqueens besteht darin, im Petticoat und auf Highheels die Vorstandsetagen, Zahnarztpraxen, Chefetagen, Cockpits der Lufthansa und den Bundesgerichtshof zu übernehmen. Genauso wie die Kerle als Starköche im TV gelandet sind und dort die neuen Popstars geben, so wechseln auch wir das Terrain. Die Männer sind freiwillig an den Herd gegangen, wir erobern dafür die Vorstandsetagen. Hauptsache, nicht auf halbem Wege steckenbleiben.
Die besten Frauen werden in Zukunft nicht nur Prinzessin sein, sondern Göttin, Muse und CEO. In den attraktivsten Frauen von morgen steckt nun mal ein ganzer Kerl - und zwar einer mit Haaren, die sitzen! Früher wurden wir als Hexen verbrannt, heute fliegt möglicherweise eine ganze Vorstandsetage in die Luft, weil wir uns einen Whiskey ausschenken und uns dabei die Haare sprayen! Und wir Frauen 50+ gehen dabei mit bestem Beispiel voran! Wir als die Babyboomer haben schon deshalb die Macht, weil wir die bevölkerungsstärkste Gruppe sind. Was wir nicht kaufen wollen, hat am Markt keine Chance!
Die Kinder der sechziger Jahre sind kollektiv gerade mal volljährig geworden - der Rest ist Erfahrung. Alt wird man erst dann, wenn man aufhört zu lernen. Natürlich kann man die Uhr nicht zurückdrehen - aber man sollte sie neu einstellen! Nur mit gesundem Humor und intakter Kleidung lässt sich unser Elend meistern. Und in diesen Bereichen gebe ich mit diesem vorliegenden Werk Schützenhilfe. Dieser Support ist nicht nur dringend nötig, sondern lebensnotwendig. Die längst überfälligen Antworten auf Ihre nie gestellten Fragen sind nicht nur meine persönliche Erste Hilfe, sondern liebevolle Mund-zu-Mund-Beatmung.
Denn wir als Kinder der sechziger Jahre sitzen alle in einem Boot. Und wir werden es schaffen, unseren Kindern zu vermitteln, dass sie auch ohne Arschterrasse und angenähte Haare liebenswert sind. Oder zumindest okay. Ich bin auch nicht perfekt. Trotzdem habe ich es geschafft, mit gutem Beispiel voranzugehen. Denn ich kenne die Regeln des guten Geschmacks. Glauben Sie mir: Zu viel Rouge und zu kurze Röcke sind immer ein Zeichen von Verzweiflung bei einer Frau. Und wer meinen Ratgeber konsumiert, wird genau davor bewahrt. Wie Sie Ihre innere Schönheit der äußeren anpassen, Make-up reduzieren, Diäten vergessen, Spanx Fett-weg-Wäsche richtig selektieren, Outdoor-Sex vermeiden, VIP- Freunde abschießen, die Lügen des Ex anprangern, Wax in the City und Brazilians integrieren, Blind Dates outsourcen, Hefepilzinfektionen ausweichen und Ihr erstes Gewächshaus in den Griff kriegen, verrät mein neuer Instant-Ratgeber. Denn ein Leben als Frau ist auch dann noch möglich, wenn das Teddybär-Tattoo am Unterbauch längst für eine Giraffe gehalten wird.
© MARION VON SCHRÖDER
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Autoren-Porträt von Désirée Nick
Désirée Nick, gefeierte Entertainerin und Bestsellerautorin u.a. gehört zum Feinsten und Gemeinsten, was deutsche Bühnen und Bildschirme zu bieten haben.
Bibliographische Angaben
- Autor: Désirée Nick
- 2014, 208 Seiten, Masse: 14,5 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: MARION VON SCHRÖDER
- ISBN-10: 3547711983
- ISBN-13: 9783547711981
- Erscheinungsdatum: 10.03.2014
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