Mein Leben für die Schule
Loki Schmidt, 29 Jahre lang Lehrerin und zeitlebens engagierte Pädagogin, nimmt Stellung zur aktuellen Bildungsdebatte. Dabei erzählt sie auch von ihrer eigenen Zeit in...
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Loki Schmidt, 29 Jahre lang Lehrerin und zeitlebens engagierte Pädagogin, nimmt Stellung zur aktuellen Bildungsdebatte. Dabei erzählt sie auch von ihrer eigenen Zeit in der Schule und knüpft an ihre erfolgreiche Autobiografie an.
Eine normale "Paukanstalt" hat Loki Schmidt als Schülerin nie erlebt. Sie hatte das Glück, so genannte Reformschulen zu besuchen. "Schule war einfach fabelhaft", so ihre Erinnerung. Als Lehrerin hat sie versucht, diese positiven Erfahrungen auch ihren Schülern zu vermitteln.
Im Gespräch mit dem Erziehungswissenschaftler Reiner Lehberger, mit dem sie seit vielen Jahren in Schulprojekten zusammenarbeitet, entsteht das Bild einer lebendigen Schule. Dabei wird auch auf aktuelle Fragen eingegangen: die Ganztagsschule, die Werteerziehung oder welche Konsequenzen aus PISA zu ziehen sind. Dass Schule für die passionierte Lehrerin vor allem auch Spass machen soll, zeigt so manche Anekdote, die Loki Schmidt aus dem Schulalltag zu berichten weiss.
Mein Leben für die Schule von Loki Schmidt
LESEPROBE
»Also, manche hatten Schultüten - die waren vielleichtkitschig!«
Grundschulzeit in einer Reformschule
Ihre erste Schule, die Schule Burgstrasse, war keineherkömmliche Regelschule, sondern gehörte zu den Hamburger Reformschulen. Warumhaben sich Ihre Eltern für eine solche Schule entschieden?
Nun, zunächst einmal hatte mein Vater mit seinem KlassenlehrerHerrn Feldmann selbst schon einen sehr fortschrittlichen Lehrer gehabt. DieReformschulen der Weimarer Republik bauten ja auf den Erfahrungen und Forderungenreformerischer Lehrkräfte der Kaiserzeit auf.
Schon seit den 1880er Jahren hatte es im Verein derVolksschullehrer, der so genannten Gesellschaft der Freunde des vaterländischenSchul- und Erziehungswesens, Bestrebungen gegeben, die autoritäre Schule zuüberwinden. Diese Lehrer hatten den Drill und das ausschliessliche Lernen nachdem Buch kritisiert.
Herr Feldmann zum Beispiel hatte einen freieren Umgang inder Klasse gepflegt und auch Unterricht im Freien praktiziert: das heisst, beigutem Wetter raus aus der Klasse und Unterricht auf der Wiese oder bei Ausflügenin der freien Natur; in der Heimatkunde Ausflüge in die Stadt mit Besuch vonMuseen. Ähnliches hatte meine Mutter auch erlebt. Meine Eltern sind wohl eingutes Beispiel dafür, dass sich in Hamburg schon vor der Weimarer Republik inpädagogischer Hinsicht einiges verändert hatte.
Deshalb sprach man wohl auch um die Jahrhundertwende von Hamburgals »Vorort der Schulreform«.
Ja, diese eigenen Erfahrungen mit Reformlehren waren fürmeine Eltern wohl mitentscheidend für die Wahl der Burgstrassenschule. Darüberhinaus aber vielleicht auch die Kontakte und Gespräche in der Volkshochschule.Meine Eltern hatten sich in diesen Jahren mit Kurt Adams und seiner Familieangefreundet.
Dr. Kurt Adams war zunächst Dozent und Ende der zwanziger Jahresogar Leiter der Volkshochschule, dazu auch SPD-Abgeordneter im HamburgerParlament, in der Hamburger Bürgerschaft also.
Kurt Adams engagierte sich sehr für eine Reform von Schuleund Jugenderziehung und hatte seine Tochter in einer der vier HamburgerVersuchsschulen eingeschult, der Schule Berliner Tor - allerdings meldete ersie schon bald wieder ab.
Diese Schule, übrigens ganz in der Nähe der Burgstrasse, warso radikal in ihrer »Pädagogik vom Kinde aus«, dass selbst engagierte Elternwie die Adams meinten, dass das Lernen hier zu kurz komme. Am Berliner Torbrauchten die Kinder im Unterricht nicht mitzumachen, wenn sie nicht wollten,jeden Zwang lehnten die Lehrer ab. Deshalb haben die Adams ihre Tochter wohl andie Burgstrasse umgeschult. 1930 wurde die Schule Berliner Tor aufgelöst, dennmittlerweile gab es nicht mehrgenügend Anmeldungen, die Eltern hatten derSchule sozusagen aufgekündigt.
Alle anderen Versuchs- und Reformschulen waren aber sehrerfolgreich und wurden von den Eltern vielfältig unterstützt. Dies giltbesonders auch für die Schule Burgstrasse, meine Grundschule und die meinerGeschwister.
Wann genau wurden Sie eingeschult?
1925, und zwar zu Ostern, denn da begann das Schuljahr. Auchzu Zeiten meiner Eltern fand die Einschulung zu Ostern statt. Das hat sich jaerst in den sechziger Jahren geändert. Ausserdem wurde ich nicht in die ersteKlasse eingeschult, sondern in die achte, wie alle anderen Schulanfänger auch.Die Schulzeit begann mit der achten, und man wurde aus der ersten Klasseentlassen, es sei denn, man kam in den so genannten Oberbau, der gleich zuBeginn der Weimarer Republik in Hamburg eingeführt wurde und in dem man eineArt mittlere Reife machte.
Ja, der Oberbau war ein Ausbau der früheren Selekta, die jaIhre Eltern noch besucht hatten.
Bereits zu Weihnachten 1924 hatte ich zu meinem Entzückenmeinen ersten Ränzel bekommen. Die Ränzel, soweit ich das erinnere, waren beifast allen Kindern aus Leder. Einige hatten aber auch Ränzel aus einer Art Pappmache,die aussen dann lackiert waren.
Das war die preislich günstigere Variante für Elternhäuser,in denen das Geld besonders knapp war.
Die Lederränzel waren allerdings nicht einheitlich, bei einigenzog sich der Deckel über die ganze Ränzelwand, bei den meisten aber nur bis zurhalben. Am Deckel befand sich eine metallverstärkte Öffnung, und am Ränzel selbstwar ein Stift angebracht. Den konnte man umdrehen, und dann war der Ränzel zu.So war jedenfalls meiner und viele andere auch, aber das ist mir schon als Kindaufgefallen, die Deckel waren verschieden. In meinem Ränzel fand ich dann einekleine Dose mit Schwamm, eine Schiefertafel mit einem schönen breitenHolzrahmen und einen Griffelkasten mit Schiebedeckel und Griffeln drin.
Haben Sie auf der Tafel schon malein wenig Schreiben geübt?
Natürlich. Ich glaube, das habe ich sofort getan. Zum Ränzelgab es dann noch eine Brottasche, die war etwa wie der Ränzel in klein, auchaus Leder, mit demselben Verschluss und einem langen Riemen, mit dem man sichdie Tasche überhängen konnte. Beides, natürlich mit Schulbrot drin, war meineAusrüstung am ersten Schultag.
Und was gab es als Schulbrot?
Ich bekam ein Butterbrot, allerdings nicht mit Wurst, wie vielemeiner Klassenkameraden, sondern entweder mit klein geschnittenen Bananen odermit klein geschnittenen Datteln oder Feigen, manchmal auch mit frischen Gurkenscheiben.Mein Brotbelag war etwas anders als der Übliche, und so kam es dann häufigermal zu einem Austausch von Schulbroten in der Klasse.
Wie war der erste Schultag?
Da hat mich meine Mutter zwar hingebracht, aber ich hattegleich gesagt, ich kann allein gehen, ich weiss ja, wo das ist. Die Schule warnicht weit von unserer Wohnung entfernt, und ich kannte sie von aussen: einriesiger Rotklinkerbau mit zwei riesengrossen, schweren, dunkelgrün gestrichenenEingangstüren, denn es waren zwei Schulen - Burgstrasse 33 und Burgstrasse 35.
Ursprünglich waren zwei getrennte Schulen für Jungen und Mädchenbeabsichtigt. Die Planungen des Architekten und Stadtbaumeisters FritzSchumacher für diesen Schulbau stammten noch aus der Zeit vor dem ErstenWeltkrieg, und da gab es ja nur nach Geschlechtern getrennte Schulen.
Es war wirklich ein sehr beeindruckendes Gebäude, übrigensauch heute noch - wie alle etwa vierzig Schulen, die Fritz Schumacher fürHamburg gebaut hat und die, wie ich finde, immer noch das Stadtbildmitbestimmen.
(...)
© 2005 by Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg
- Autor: Loki Schmidt
- 2005, 312 Seiten, 47 Abbildungen, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Hoffmann und Campe
- ISBN-10: 3455094864
- ISBN-13: 9783455094862
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