Mädchenfänger
Ein verschwundenes Mädchen führt auf die Spur eines gefährlichen Killers. Ein absolut spannender Thriller von der amerikanischen Bestsellerautorin Jilliane Hoffman.
Die 12-jährige Lainey kommt eines Tages nicht von...
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Ein verschwundenes Mädchen führt auf die Spur eines gefährlichen Killers. Ein absolut spannender Thriller von der amerikanischen Bestsellerautorin Jilliane Hoffman.
Die 12-jährige Lainey kommt eines Tages nicht von der Schule nach Hause. Bei den Ermittlungen findet FBI-Agent Bob Dees eine Chat-Nachricht auf ihrem Computer: "P.S. Ich freue mich auf morgen." Ist sie etwa einem Killler ins Netz gegangen? Dann erhält Bob ein Gemälde. Es zeigt ein gefesseltes Mädchen - und Laineys Schultasche.
Die dreizehnjährige Lainey kann es kaum fassen. Zach, der gutaussehende Sonnyboy aus dem Chatroom, steht offensichtlich auf sie. Und er will sie treffen. Als sie von der Schule nicht nach Hause kommt, nehmen alle an, dass Lainey weggelaufen ist. So wie ihre ältere Schwester Denise vor ein paar Jahren. Routinemässig wird FBI-Agent Robert Dees in die Untersuchung miteinbezogen. Bobby ist Spezialist für verschwundene Kinder - nicht nur beruflich, sondern auch privat. Seine eigene Tochter Katy verschwand vor fast einem Jahr, und niemand hat seitdem wieder etwas von ihr gehört.
Lainey ist nicht weggelaufen, da ist sich Bobby sicher. Doch zunächst führen alle Spuren ins Nichts. Bis ihm ein schreckliches Gemälde zugespielt wird - es zeigt eine gefesselte junge Frau. Anhand des Gemäldes findet Bobby heraus, wo das Mädchen gefangen gehalten wird - doch sie kommen zu spät. Das Mädchen ist tot. Es ist nicht Lainey, doch im Bild finden sich Hinweise auf sie.Bobby kommt der Verdacht, dass sie es mit einem Serienmörder zu tun haben, der es auf junge Mädchen abgesehen hat, von denen alle denken, sie seien weggelaufen. So wie Katy ...
Die dreizehnjährige Lainey kann es kaum fassen. Zach, der gutaussehende Sonnyboy aus dem Chatroom, steht offensichtlich auf sie. Und er will sie treffen. Als sie von der Schule nicht nach Hause kommt, nehmen alle an, dass Lainey weggelaufen ist. So wie ihre ältere Schwester Denise vor ein paar Jahren. Routinemässig wird FBI-Agent Robert Dees in die Untersuchung miteinbezogen. Bobby ist Spezialist für verschwundene Kinder - nicht nur beruflich, sondern auch privat. Seine eigene Tochter Katy verschwand vor fast einem Jahr, und niemand hat seitdem wieder etwas von ihr gehört.
Lainey ist nicht weggelaufen, da ist sich Bobby sicher. Doch zunächst führen alle Spuren ins Nichts. Bis ihm ein schreckliches Gemälde zugespielt wird - es zeigt eine gefesselte junge Frau. Anhand des Gemäldes findet Bobby heraus, wo das Mädchen gefangen gehalten wird - doch sie kommen zu spät. Das Mädchen ist tot. Es ist nicht Lainey, doch im Bild finden sich Hinweise auf sie. Bobby kommt der Verdacht, dass sie es mit einem Serienmörder zu tun haben, der es auf junge Mädchen abgesehen hat, von denen alle denken, sie seien weggelaufen. So wie Katy ...
Mädchenfänger von Jilliane Hoffman
1
Lainey Emerson nagte an einem eingerissenen Acrylfingernagel, der noch auf ihrem Daumen klebte, und starrte auf den Computer. Mit der freien Hand auf der Maus lenkte sie den Pfeil über den Bildschirm. Ihre Handflächen waren klitschnass, und ihr Herz pochte so laut und so schnell, dass sie dachte, ihr Brustkorb würde platzen. Tausende von Schmetterlingen, gefangen in ihrer Magengrube, flatterten hektisch, als sich der Pfeil dem Feld «Senden» näherte. Sie musste es nur anklicken. Das Feld anklicken und ihre dumme kleine, aus zwei Sätzen bestehende Nachricht abschicken, für die sie buchstäblich – sie sah auf die Uhr in der unteren Bildschirmecke und zog eine Grimasse – Stunden gebraucht hatte. Trotzdem zögerte sie noch und rollte die Maus mit schwitzigen Fingern hin und her.
Stelle nie eine Auskunft über dich oder ein Bild von dir ins Internet, das du nicht auf dem Titelblatt des Miami Herald sehen wollen würdest, Elaine.
Everglades versank, waren nichts als ein paar blassorange Strahlen übrig.
18:12 Uhr? War es wirklich schon so spät? Plötzlich wurde ihr bewusst, wie still es war. Der Lärm und das Gegröle des Rollhockeyspiels war verstummt, das den ganzen Nachmittag auf der Straße stattgefunden hatte – Spieler und Fans waren längst zu Hause, wo Abendessen und Hausaufgaben auf sie warteten. Zwei Dinge, mit denen Lainey noch nicht mal angefangen hatte. Und Bradley? Von ihrem kleinen Bruder hatte sie schon eine Weile nichts gehört. Eine ziemlich lange Weile, eigentlich. Sie biss sich auf die Innenseite der Lippe. Normalerweise wäre sie froh gewesen, aber nicht jetzt, wo ihre Mutter bald nach Hause kam ...
Die Haustür ging auf, und Lainey betete, es möge nicht ihre Mutter sein. Donnernd fiel die Tür wieder zu. Dreißig Sekunden später ratterte Gewehrfeuer aus dem Wohnzimmer. Brad spielte dieses blöde Videospiel, Grand Theft Auto, und knallte Polizisten ab, und zwar mit voller Lautstärke, nur um Lainey zu ärgern. Wut verdrängte ihre Erleichterung, und sie bereute, ein Gebet auf das Wohlergehen ihres nervtötenden Bruders verschwendet zu haben. Immerhin, er war zu Hause, sie hatte ihn nicht verloren. Sie drehte ihre Good-Charlotte-CD auf, um das Geschrei und Geknalle zu übertönen, und konzentrierte sich wieder auf den Computer. Wenn sie sich ständig ablenken ließ, würde es nie was werden.
Das Foto auf dem Bildschirm leuchtete ins dunkle Zimmer und wartete ungeduldig darauf, hinaus in den Cyberspace geschossen zu werden. Ein hübsches Mädchen, das sie kaum wiedererkannte, mit glattem braunem Haar und dunkel geschminkten Augen lächelte ihr herausfordernd entgegen. Ein hübsches Mädchen, das ihr kein bisschen ähnlich sah, wie Lainey immer noch verlegen dachte. Die enge Jeans und das bauchfreie T-Shirt betonten ihre schmale und doch weibliche Figur. Die vollen, glänzenden Lippen passten zu den glänzenden langen roten Fingernägeln. Ihre Hände stützte sie wie eine Kandidatin von America’s Next Top Model selbstbewusst in die Hüften – eine Idee ihrer Freundin Molly. Normalerweise gefiel sich Lainey auf Fotos nicht, aber normalerweise sah sie auf Fotos auch nicht annähernd so aus wie auf diesem Foto. Normalerweise trug sie ihr langes, schwer zu bändigendes kastanienbraunes Haar als Pferdeschwanz oder mit einem Haarreif, und ihre langweiligen braunen Augen waren hinter einer Brille mit Drahtgestell versteckt. Normalerweise trug sie kein Make-up und keinen Schmuck, keine hochhackigen Schuhe und keine langen roten Fingernägel. Nicht etwa, weil sie nicht wollte, sondern weil sie nicht durfte.
Doch obwohl sie darauf älter aussah, als sie war – und irgendwie, na ja, sexy –, argumentierte Lainey im Stillen, war das Foto nicht sooo schlimm, dass sie es auf keinen Fall in der Zeitung sehen wollen würde. Auf MySpace gab es jede Menge Fotos, die viel, viel schlimmer waren. Sie war ja nicht nackt, und sie tat auch nichts Pornographisches oder so. Das Einzige, was man außer dem Bauch und dem falschen Bauchnabelring noch erkennen konnte, war der Umriss des ausgestopften pinken BHs unter dem knappen weißen T-Shirt, den sie ihrer Schwester Liza geklaut hatte, genau wie das T-Shirt. Vielleicht saß die Jeans ein bisschen zu tief, und das T-Shirt war ein bisschen zu eng, aber ...
Lainey schüttelte den leise nagenden Zweifel ab. Das Foto war gemacht. Die Regel war bereits übertreten. Und ehrlich gesagt, sie sah ziemlich heiß aus, wenn sie das mal so sagen durfte. Ihre eigentliche Sorge zu diesem Zeitpunkt war: Was würde Zach davon halten?
Zach. ElCapitan. Allein bei dem Gedanken an ihn bekam Lainey feuchte Hände. Sie betrachtete das Foto am Rahmen ihres Bildschirms. Blondes Haar, hellblaue Augen, ein süßes, cooles Lächeln und ein niedlicher Schatten von blonden Bartstoppeln im Gesicht. Und diese Muskeln ... wow! Die Muskeln zeichneten sich sogar durch das Hollister-T- Shirt ab. Niemand, den sie aus der siebten Klasse kannte, hatte auch nur den Ansatz von Muskeln oder Haaren am Körper. Seit sie ihn vor ein paar Wochen in einem Yahoo-Chatroom zum neuen Zombieland-Film kennengelernt hatte, hatte sie sich vorgestellt, wie Zach wohl aussah. Ein cooler, witziger Typ, der auf die gleichen Filme stand wie sie – sogar auf die richtig schlechten –, der die gleiche Musik hörte, die gleichen Fächer hasste, die gleichen Angeber doof fand wie sie und der mit seinen Eltern die gleichen Probleme hatte wie sie mit ihren. Sie konnte wohl unmöglich mehr erhoffen als einen Streber mit schlimmer Akne und noch schlimmerer Frisur, der nur in der Football-Mannschaft war, weil sein Onkel ihn reingehievt hatte. Aber dann hatte Zach ihr vergangenen Freitag endlich ein Foto geschickt, und ihr erster Gedanke war: «O mein Gott, dieser Typ könnte Model sein bei Abercrombie & Fitch!» Er sah phantastisch aus. Und noch toller war, dieser coole Kapitän der Football-Mannschaft sah nicht nur wahnsinnig gut aus – er schien auch sie zu mögen. Ihr war klar, dass sie ihm nicht einfach einen Schnappschuss von ihrem langweiligen Schulmädchen-Selbst zurückschicken konnte, erst recht nicht, weil dem Schulmädchen drei Jahre zu den sechzehn fehlten, die sie ihm vorgeschwindelt hatte. Ein kleines Detail, das aber einem Oberschüler, um den sich nächstes Jahr die Colleges reißen würden, bestimmt nicht egal war. Sie wusste, er wäre total abgeturnt und ihre Beziehung – oder wie immer man das nennen sollte, was zwischen ihnen lief – wäre vorbei, bevor sie auch nur auf das Antwort-Feld seiner Lass-uns-Freunde-bleiben-Mail klickte. Falls er sich die Mühe überhaupt machte.
Sie kaute das letzte Stück des Acrylnagels ab und spuckte es Richtung Papierkorb. Am Samstag hatten sie und Molly Stunden gebraucht, um ihr die Nägel für das «Foto-Shooting» anzukleben, und ein paar kurze Sekunden im Schulsport heute Morgen hatten gereicht, um sie alle wieder zu zerstören. Dabei hatten sie so toll ausgesehen. Lang und spitz und oh, so rot. Mehr als die hohen Schuhe und das Make-up und Lizas Klamotten waren es die Fingernägel, die Lainey das Gefühl gaben, so ... aufregend zu sein. So erwachsen. Sie fühlte sich toll, wenn sie mit den Nägeln gegen ein Glas klickte oder ungeduldig auf den Tisch trommelte. Sie hatte das ganze Wochenende gebraucht, um rauszukriegen, wie man ein Blatt Papier aufhob! Doch jetzt waren die Nägel, wie Cinderellas Ballkleid und die Kürbiskutsche, nichts als eine Erinnerung. Cinderella hatte wenigstens einen gläsernen Schuh als Andenken behalten dürfen. Lainey blieb nur ein Stück angeknabbertes Acryl.
Und das Foto, natürlich.
Sie starrte sich auf dem Bildschirm an. So. Wenn sie noch länger zögerte, würde sie es nie abschicken. Sie schloss die Augen, betete und drückte die Maustaste. Ein kleiner Brief sauste über den Monitor.
Deine Nachricht wird gesendet.
Im gleichen Moment surrte das Handy in ihrer hinteren Hosentasche, und Gwen Stefani röhrte The Sweet Escape. Molly. Langsam holte sie Luft. «Hallo, M.!»
«Hast du’s abgeschickt?», fragte eine aufgeregte Stimme. Lainey seufzte und ließ sich rücklings aufs Bett fallen. «Endlich, ja.»
«Und?»
«Noch nichts gehört. Ich hab’s eben erst geschickt, vor zwei Sekunden.»
Molly Brosnan war Laineys beste Freundin seit dem Kindergarten, und alle – Lehrer, Trainer, Freunde, Eltern – sagten, wenn sie einander nur ein kleines bisschen ähnlicher sähen, wären sie wie eineiige Zwillinge. So eng waren sie. Früher zumindest. Es war also kein Zufall, dass Molly genau in dem Moment anrief, als Lainey «Senden» geklickt hatte. So was passierte andauernd – Molly dachte, was Lainey dachte, und umgekehrt. Deswegen war dieses Jahr ja auch so besonders schlimm. Egal was ihre Mutter sagte, eine andere Schule bedeutete eben ein anderes Leben. Lainey zupfte die Fussel von ihrem marsmännchengrünen Flokati-Kissen. «Ich bin so nervös, M.»
«Warum hast du so lange gebraucht?»
«Ich bin ein Angsthase.»
«Wenn er sich meldet, musst du mir sofort Bescheid sagen, Lainey.»
«Mach ich, klar. Was meinst du, wie er es findet?»
«Ich hab’s dir doch gesagt. Du siehst echt heiß aus. Ganz im Ernst. Er wird total drauf abfahren.»
«Findest du nicht, ich sehe dick aus?»
«Bitte!»
«Albern?»
«Ich wünschte, ich würde so albern aussehen.»
Lainey setzte sich auf und starrte den Computer auf dem Schreibtisch an. «Ich dreh durch, wenn ich nicht bald von ihm höre, M.! Das Warten macht mich fertig.»
Plötzlich rüttelte jemand an ihrer Türklinke. «Lainey!»
«Hau ab, Brad! Ich meine es ernst», rief Lainey. «Geh weg von meiner Tür!»
«Du darfst die Tür nicht abschließen! Das hat Mom gesagt!»
«Dann renn doch zu ihr, du Petze! Wird dir viel bringen, weil sie nämlich NICHT DA ist! Und ich erzähl ihr dann, dass du den ganzen Tag das Videospiel gespielt hast, das du erst nach den Hausaufgaben spielen darfst!», schickte sie noch hinterher und ließ sich wieder aufs Bett fallen.
«War’s das Balg?», fragte Molly. «Was macht der in deinem Zimmer?»
«Er ist nicht drinnen. Aber vor der Tür. Ich höre ihn durch den Spalt atmen. Ich wünschte, ich hätte Insektenspray.» Lainey kniff die Augen zusammen. «Manchmal hasse ich ihn, M. Ich schwör’s.» Molly hatte auch einen kleinen Bruder, doch der war lieb. Meistens jedenfalls.
«Was hat er jetzt wieder gemacht?»
«Er ist an meine Bücher gegangen. Hat Schnurrbärte in meine Betty-und-Veronica-Comics gemalt. Sie sind total ruiniert. So ein Arschloch.»
«Hast du es deiner Mutter gesagt?»
«Träum weiter. Als würde das was bringen. Wahrscheinlich hat sie ihm meine Comics und den Filzstift gegeben, weil dem armen Baby langweilig war.» Sie öffnete den Nagellack und begann, sich die Zehennägel zu lackieren.
«Du musst es ihr sagen.» Molly schniefte. «Er darf nicht an deine Sachen gehen.»
«Sie ist nicht da. Arbeitet.»
«Und Todd?»
Todd war Laineys Stiefvater und ein völlig anderes Kapitel. Ihre Mutter behandelte Bradley wie ein Baby, aber Todd bevorzugte ihn eindeutig, was klar war, denn Brad war schließlich sein Kind, und Lainey war nicht sein Kind, und so war das Leben. «Der ist auch noch nicht da, Gott sei Dank. Ich bin die Babysitterin.» Lainey warf einen finsteren Blick zur Tür. «Denk nicht, dass er auf mich hört.»
«Babysitterin? Oho. Das heißt, du bist im Moment die Verantwortliche. Meine Mutter hat zu Sean gesagt, dass körperliche Strafe in Florida erlaubt ist, was bedeutet, sie kann ihm mit ihrer Haarbürste den Hintern versohlen, und du kannst Bradley mit deinem Gürtel eins überziehen.» Sie lachten beide.
Copyright © 2010 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
- Autor: Jilliane Hoffman
- 2010, 4. Aufl., 458 Seiten, Masse: 15,2 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Zeitz, Sophie
- Übersetzer: Sophie Zeitz
- Verlag: Wunderlich
- ISBN-10: 3805208928
- ISBN-13: 9783805208925
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