Ich habe ja gewusst, dass ich fliegen kann
Sensibel, mit viel Witz und voller Leidenschaft erzählt Senta Berger über ihr abenteuerliches Leben. Über ihre Wiener Herkunft, ihre ersten Schritte als Schauspielerin und die vielen Etappen ihrer einzigartigen Karriere. Ein Blick hinter die Kulissen des...
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Sensibel, mit viel Witz und voller Leidenschaft erzählt Senta Berger über ihr abenteuerliches Leben. Über ihre Wiener Herkunft, ihre ersten Schritte als Schauspielerin und die vielen Etappen ihrer einzigartigen Karriere. Ein Blick hinter die Kulissen des bewegenden Lebens der beliebtesten Schauspielerin Deutschlands.
Endlich! Senta Berger hat ein Buch über ihr Leben geschrieben - und entpuppt sich als grosse Erzählerin.
Seit Langem hat man darauf gewartet: Senta Berger, Deutschlands beliebteste und populärste Schauspielerin, hat ein Buch über ihr Leben geschrieben: über ihre Kindheit und Jugend im Wien der Nachkriegszeit, über ihre Familie, über ihre Karriere als Schauspielerin in Österreich, Deutschland, in Hollywood und Italien. Über das Theater, den Film und das Fernsehen. Über Freunde und Kollegen.
Aber das Schönste an diesem Buch ist: Mit Senta Berger ist eine Erzählerin zu entdecken, bei der man sofort spürt, wie sehr sie die Literatur liebt und in sich trägt.
So sind ihre Geschichten etwa über ihre erste Berührung mit dem Film als Komparsin in Das doppelte Lottchen, über ihre Aufnahmeprüfung und ihren späteren Rauswurf am Max-Reinhart-Seminar nicht nur Dokumente eines höchst abenteuerlichen Lebenswegs, sondern auch ein grosses Lesevergnügen.
Mit Wehmut und Liebe blickt Senta Berger zurück auf das Leben ihrer Eltern und Grosseltern. Mit trockenem Humor und Tempo erzählt sie, wie es ihr gelang, alle Hindernisse zu überwinden und den Traum vom Schauspielerleben zu verwirklichen.
Mit scharfem Blick schaut sie hinter die Kulissen des deutschen und internationalen Filmgeschäfts und erzählt von den wunderbaren Kollegen, mit denen sie gearbeitet hat: Hans Moser und O.W. Fischer, Heinz Rühmann und Mario Adorf, Elke Sommer und Romy Schneider, Yul Brunner, Frank Sinatra und vielen anderen.
Ich hab ja gewusst, das ich fliegen kann von Senta Berger
LESEPROBE
Lainzerstrasse 148
Im Januar 1964 holte mich von meiner Wohnung in Hietzing
ein Cadillac ab. Schwarz glänzend. Mein Agent Paul Kohner
hatte meine Abreise aus Wien nach Amerika organisiert. Indrei
Stunden ging mein Flugzeug nach Los Angeles. Wien-Frankfurt,
Frankfurt-New York, New York-Los Angeles. Gut zwanzig
Stunden. Aus irgendwelchen Gründen begleitete mich niemand
zum Flughafen. Wahrscheinlich wollte ich es so. Michaelhatte
eine wichtige Prüfung in München. Das weiss ich noch. Ichmusste
wegen meines Visums und der vorläufigen Arbeitserlaubnis,
die mir die amerikanische Botschaft in Wien erteilte, ausWien
in die USA einreisen. Von meinen Eltern verabschiedete ich
mich in meiner Wohnung. Meine Mutter hatte mir geholfen, die
zwei Koffer zu packen. Nun weinte sie und sagte nur immerwieder:
»Sei gscheit, sei gscheit«, mein Vater drückte meinen Kopf
schmerzhaft an seine Schulter und flüsterte heiser: »Duweisst ja,
was wir dir wünschen, du weisst es ja.« Dann brach er völlig
zusammen, und während meine Mutter sich um ihn kümmern
und ihn trösten musste, hupte der Chauffeur der schwarzen
Limousine mehrmals nervös vor dem Haus. Nachbarn standen
neugierig um den Cadillac, als ich einstieg. Meine Kofferwaren
schon eingeladen. Weisse Koffer. Ein Geschenk meinesamerikanischen
Agenten. Meine Mutter stand auf dem kleinen Balkon
meiner ersten eigenen Wohnung und winkte verzweifelt, wie
früher, wenn ich im Sommer ins Kinderlager fahren musste.
Mein Vater stand hinter ihr und rief hinunter: »Hast alles?Hast
den Pass?«, eine Frage, die er mir in der letzten halbenStunde
etwa zwanzigmal gestellt hatte.
Dann fuhr das Auto los.
Als wir an der Lainzerkirche vorbeifuhren und ich das Haus
meiner Kindheit sah, wusste ich, dass ich Abschied nehmenmusste.
Von diesem Haus. Von meiner Kindheit.
»Bitte. Es dauert nicht lange.«
Der Chauffeur wartete auf dem Kirchenplatz, auf dem ichradfahren
gelernt hatte.
Ich rannte die Stufen vom Platz hinauf. Lainzerstrasse 148.Seit
Jahren war ich nicht mehr hier gewesen. Die Haustüre warverschlossen.
Wie konnte das sein? Nie war die Türe tagsüber versperrt
gewesen! Ich rüttelte an der schmiedeeisernen Klinke, ich
trommelte auf die Fenster. Jemand kam. »Was is denn, was is
denn!«
Es war die Frau Neumann. Die Küchenhilfe im Kindergarten.
Nach dem Krieg hatte sie uns Kindern den Löffel mitLebertran
in den Mund gepresst. Ich hatte sie nicht gleich erkannt. Soweiss
war sie geworden.
Sie erkannte mich auch nicht gleich - aber dann, mit einem
»Jessas, die Senta!«, liess sie mich ins Haus.
»Ich will nichts, Frau Neumann, ich will nur einmal durchsHaus
laufen, ich flieg gleich nach Amerika ...«
»Jessas, nach Amerika!«
»Ja, Frau Neumann, und ich weiss nicht, ob ich wiederkomme.«
Wirklich? Was sagte ich da? Natürlich würde ichwiederkommen.
Wie dumm ich war! Ich wusste doch, dass ich ohne Wien
nicht leben konnte. Warum sagte ich das?
»Ja, kumm nur, kumm, wart, i sperr dir zum Hof auf. Wirmüssen
jetzt immer alles zusperren, wegen der Kinder, is alles a
bisserl strenger worden.«
Ich lief an ihr vorbei, in den Hof, mein verlorenesParadies. So
klein? So klein alles? Der Holzschuppen, die Waschküche. »Wo
ist der Flieder?«
»Der war scho so alt, i glaub, den habenszsammgschnitten, die
Leut, die jetzt da wohnen.«
Es war alles so aufgeräumt, begradigt, beängstigendordentlich.
Ich lief am Kohlenkeller vorbei, aus dem es immer nochfeucht
und süss roch, nach Erdäpfeln und Schimmel und Kohlen. Ein
unvergleichlicher Geruch. Da unten sassen wir, die Kinder des
Hauses mit unseren Müttern. Die Väter waren im Krieg oder
eingezogen bei der Heimwehr, der Kindergarten schon lange
geschlossen. Und als die Kaserne am Küniglberg, zwei, dreiKilometer
von uns entfernt, bombardiert wurde, rieselte der Putz
von den Wänden im Kohlenkeller, die Erde bebte, und dasRegal
mit den Kompott- und Marmeladegläsern stürzte auf uns. Das
Licht ging aus, und wir schrien. Aber es war nichts. Es war
nichts. Das Haus stand. Sogar die Fensterscheiben warenganz.
Ich lief die breiten, steinernen Stufen hinauf in den erstenStock.
Wo waren die schönen alten Türen? Dunkelbraun, schwer, mit
Türfüllungen, die ihnen ein Gesicht gaben.
Alles neu, alles hässlich, alles renoviert, aber derSteinboden roch
noch so wie früher - wie soll ich es beschreiben? Wieriechen
Steine?
Vom Gangfenster sah ich hinunter auf den kleinen Hof,hinüber
zu meiner Volksschule, damals stand noch die riesigeKastanie
im Schulhof, die im Frühling wie ein wildes weisses Meerblühte,
und ich musste plötzlich würgen und wild schluchzen.
»Senta«, rief die Frau Neumann hinauf, »der Mann mitm Auto
sagt, wannst jetzt net fahrst, kummst nie nach Amerika.«
Und als ich an ihr vorbeistürzte und »Auf Wiedersehen! Auf
Wiedersehen!« schrie, wusste ich, dass ich nie mehr heimkehren
würde.
Das Auto fuhr langsam die Lainzerstrasse hinunter, das weisse
Haus wurde immer kleiner, verschwand hinter der Kirche, und
dann verschwand auch die Kirche, und während ich in meine
Zukunft fuhr, dachte ich an meine Kindheit und knüpfte ausden
Bildern meiner Erinnerungen ein festes Netz, in das ich michzu
jeder Zeit fallen lassen konnte. ()
© Verlag Kiepenheuer & Witsch
- Autor: Senta Berger
- 2006, 9. Aufl., 336 Seiten, mit Abbildungen, Masse: 14,3 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- ISBN-10: 3462036793
- ISBN-13: 9783462036794
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