Hörig
Für die Presse war er ein Dämon, für Patrizia die große Liebe. Als Heiko Schramm nach einem schweren Raubüberfall zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde, brach für sie eine Welt zusammen. Erst viel...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Hörig “
Für die Presse war er ein Dämon, für Patrizia die große Liebe. Als Heiko Schramm nach einem schweren Raubüberfall zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde, brach für sie eine Welt zusammen. Erst viel später akzeptierte sie, dass Heiko sie nur ausgenutzt hatte. Nun, sieben Jahre später, steht er wieder vor ihrer Tür und beteuert seine Liebe.
Klappentext zu „Hörig “
Eine Kusshand hatte er ihr zugeworfen .Und ein wehmütig sehnsüchtiges Lächeln. Im August vor sieben Jahren.
Ehe ein Gerichtsdiener die Tür hinter ihm und den beiden Polizisten schloss.
Und jetzt stand er hier vor der Tür.
Sie fühlte ihr Herz flattern und gleichzeitig den stählernen Ring um die Brust, der es zusammenpresste.
«Hallo», stammelte sie endlich und machte den ersten, winzigen, unsicheren Schritt auf ihn zu.
Für die Presse war er ein Dämon. Für Patrizia die grosse Liebe. Als Heiko Schramm zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde, brach für sie die Welt zusammen. Erst viel später akzeptierte sie, was alle zu wissen glauben: Dass er sie nie geliebt und nur benutzt hat. Diese Erkenntnis hat sie vor allem Ed zu verdanken, ihrem früheren Psychotherapeuten und jetzigen Ehemann.
Sieben Jahre später steht Heiko vor ihr. Und Patrizia kann nicht anders, als mit ihm zu gehen. Zurück bleibt eine Nachricht von ihr: «Es tut mir leid, Ed.»
Während Ed alle Hebel in Bewegung setzt, um sie zu finden, erkennt Patrizia nach und nach die entsetzliche Wahrheit ...
Lese-Probe zu „Hörig “
Hörig von Petra HammesfahrAls die schwarzen Schuhe und darüber die schwarzen Hosenbeine in ihr Blickfeld gerieten, zuckte Patrizia Bracht zusammen und richtete sich langsam auf. Sehr langsam, um ein bisschen Zeit zu gewinnen. Er kam um die gemauerte Seitenwand des Vordachs herum lässig die drei Stufen herauf, lehnte sich mit einer Schulter gegen die Mauer, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute auf sie hinunter. Selbst als sie ihm dann aufrecht gegenüberstand, war sie noch gut einen Kopf kleiner als er, war nicht mehr gewachsen in den vergangenen Jahren. Halb elf, das war die Zeit für den Postboten. Einmal kurz klingeln war das Zeichen für einen großen, sperrigen Umschlag oder ein Päckchen. Für etwas, das nicht durch den Schlitz im Briefkasten passte. Der Postbote war immer in Eile und wartete nicht ab, bis jemand an die Tür kam. Er legte einfach auf den Fußabtreter, was sich nicht durchschieben ließ, drückte kurz auf den Klingelknopf und war schon wieder weg. Einen Hektiker hatte Edmund den Postboten einmal genannt. Eddi! Sie nannte ihren Mann nie bei seinem vollen Namen, sie dachte nicht einmal an ihn als Edmund. Für sie war er Eddi. Früher war er Ed gewesen, in besonderen Situationen war er das immer noch.
... mehr
Ed war Psychologe. Psychotherapeut, um genau zu sein. Er verstand alles und konnte alles erklären. Was Menschen dachten, fühlten und taten, warum sie so und nicht anders empfanden, agierten und reagierten. Ed konnte sogar erklären, warum ein Mann, den er nie zu Gesicht bekam, immer in Eile war und alles, was nicht durch den Schlitz im Briefkasten passte, einfach auf den Fußabtreter legte. Egal! Damit jedenfalls hatte sie gerechnet, mit einem Päckchen oder einem sperrigen Umschlag. Sie hatte zu Beginn der Woche in einigen Internet-Shops gestöbert, ein Paar Schuhe und ein Buch bestellt. Deshalb hatte sie die Tür geöffnet und sich sofort gebückt. Reine Gewohnheit. Sie hatte ja auch durch den Glaseinsatz in der Haustür niemanden draußen gesehen. Er musste geklingelt haben und die drei Stufen sofort wieder hinuntergestiegen sein, um hinter der Seitenwand abzuwarten, wer an die Tür kam. Ed hätte vermutlich auch das erklären können, hatte es in einem anderen Zusammenhang wahrscheinlich schon getan.
Aber was Ed schon einmal getan oder nicht getan hatte, war nicht mehr wichtig in diesem Moment, in dem sie um sieben Jahre zurückgeschleudert wurde. Sein Hemd war ebenso schwarz wie die Lederschuhe, die Hose und die Jacke, die er sich lässig über eine Schulter gehängt hatte und mit untergehaktem Finger am Kragen festhielt. Es war drückend und schwül. Die erste Septemberwoche. Den ganzen August über hatte halb Europa unter einer Hitzewelle gestöhnt. Temperaturen, wie man sie sonst nur im Süden kannte, und kein Tropfen Regen. Heute war der Himmel bewölkt, für den Nachmittag waren Schauer angekündigt. Aber es war immer noch so warm, dass man wahrhaftig keine Jacke brauchte.
Bei ihm war das anders, er trug diese Jacke als Erkennungszeichen oder Statussymbol. Garantiert hatte sie doppelt so viel gekostet wie der Anzug, den Eddi zur Hochzeit getragen hatte, und der war alles andere als billig gewesen. Sie starrte ihn an, spürte ihren Herzschlag in der Kehle pochen und registrierte im ersten Augenblick nur, dass sich nichts an ihm verändert hatte. Absolut nichts! Die Kleidung, die Schuhe, seine Frisur, alles war noch wie damals. Da hatte er die Haare auch etwas länger als andere und mit Seitenscheitel getragen, sodass ihm jedes Mal eine Strähne in die Stirn fiel, wenn er den Kopf ein wenig neigte oder senkte. Nicht einmal älter schien er geworden, er war von Kopf bis Fuß noch genau so, wie sie ihn zuletzt gesehen hatte. Vor sieben Jahren. In einem Gerichtssaal. Wo sie nach der Urteilsverkündung zu ihm gehetzt war und sich an ihn geklammert hatte in dem irrsinnigen Glauben, ihn auf diese Weise halten zu können. In der Hoffnung, ihre Umarmung würde aller Welt begreiflich machen, dass man ihn nicht einsperren, dass man sie beide nicht trennen durfte, weil sie ohne ihn unmöglich weiterleben konnte. Aber die Welt hatte auf große Gefühle gepfiffen, hatte keine Augen für den Schmerz und die Verzweiflung einer Liebenden gehabt. Zwei Polizisten hatten ihn unbarmherzig von ihr fortgerissen und auf die Tür im Hintergrund zugeschoben, durch die sie ihn vor Beginn der Verhandlung hereingebracht hatten. Und sie hatte sich gewünscht zu sterben, auf der Stelle tot umzufallen, zumindest in Ohnmacht, weil die Polizisten ihn dann vielleicht noch einmal zu ihr gelassen hätten, und sei es nur für ein paar Minuten.
Natürlich war sie nicht gestorben, hatte nicht mal das Bewusstsein verloren. Und er hatte sich bei der Tür noch einmal zu ihr umgedreht und quer durch den Saal gerufen: «Ich bin bald wieder bei dir, Püppi. Sei tapfer, du schaffst das, ich verlass mich darauf. Lern schön, damit dir die Zeit nicht lang wird. Eines Tages zahlt sich das aus, wenn man einen Beruf richtig gut gelernt hat. Du wirst sehen.» Und dabei hatte er sie angeschaut mit diesem Blick, der sie immer zu einem Klecks Vanilleeis in der Sonne machte. Eine Kusshand hatte er ihr zugeworfen, daran erinnerte sie sich noch genau. Eine Kusshand und ein wehmütig sehnsüchtiges Lächeln. Im August vor sieben Jahren. Ehe ein Gerichtsdiener die Tür hinter ihm und den beiden Polizisten schloss. Und jetzt stand er hier vor der Tür. Er grinste.
Es war tatsächlich ein Grinsen, kein wehmütiges oder sehnsüchtiges Lächeln wie damals, nicht einmal ein spöttisches oder amüsiertes, weil sie die Haustür geöffnet und sich reflexartig zum Fußabtreter gebückt hatte, als wolle sie sich verneigen. Aber vielleicht überspielte er mit dem Grinsen nur seine Unsicherheit, weil er nicht wusste, wie sie auf sein Erscheinen reagieren würde. Sein Gesicht schien ihr beim längeren Hinsehen doch etwas schmaler geworden zu sein, aber rund war es auch damals nicht gewesen. Ein längliches, immer leicht melancholisch wirkendes Gesicht mit einer geraden Nase, grauen Augen und einem normal geschnittenen Mund. Genau genommen ein Dutzendgesicht, aber durchaus attraktiv. Und vielleicht lag es nur an dem schwarzen Hemd, dass er ihr ziemlich blass vorkam. Aber blasser als damals war er wohl tatsächlich, weil er die letzten sieben Jahre in einer Gefängniszelle verbracht hatte. «Ich bin bald wieder bei dir, Püppi!» Bald? Von wegen! Sieben Jahre! Damals hatte das für sie nach Ewigkeit geklungen. In den ersten Monaten nach der Urteilsverkündung hatte sie gedacht, es gäbe nur eine Möglichkeit, bald wieder bei ihm zu sein: Sterben. Weil der Tod alles wieder verband und auf ewig miteinander verschweißte, was zusammengehörte und auseinandergerissen worden war.
Das zumindest hatte er einmal behauptet. Und zweimal hatte sie versucht, ihrem ohne ihn scheinbar so sinnlosen Leben ein Ende zu setzen. Es war lange her. Von der Todessehnsucht hatte Ed sie geheilt. «Hallo, Püppi», sagte er. Sein Grinsen ging in ein schelmisches und erleichtert wirkendes Lächeln über. «Ich hatte schon Angst, dass mir 'ne Putzfrau aufmacht, als ich die Bude hier sah. Was hätte ich der sagen sollen, hm?» Er machte eine Bewegung mit der linken Hand, die alles einschloss, Freude und Enttäuschung, Sorgen und bange Fragen. Dann sprach er weiter. «Warst nicht leicht zu finden. Neuer Name, neue Adresse, damit hatte ich nicht gerechnet. Bist verheiratet, was? Na ja, sieben Jahre sind 'ne verdammt lange Zeit für so ein junges Ding, wie du damals warst. - Bist du allein?» Sie wollte nicken, aber sie konnte sich nicht bewegen, nicht mal mit einem Finger zucken. Wie paralysiert stand sie da und wunderte sich ein wenig, dass sie überhaupt noch aufrecht stand. Ihre Kniegelenke schienen sich in schwammartige Gebilde verwandelt zu haben, die jede Sekunde unter dem Gewicht des Körpers nachgeben konnten.
Sie betrachtete ihn wie das Kaninchen die Schlange oder Julia ihren Romeo - mit dem unvermittelt aufkommenden Herzflattern und einem Wärmegefühl im Magen. Und es gab keinen Unterschied zwischen dem Kaninchen und Julia. Beide fühlten sie in solch einem Moment etwas Schweres, Süßes, Bitteres, etwas, das niemand genau definieren konnte, von dem trotzdem jeder wusste, dass es endgültig war. Er schien von dem Aufruhr in ihrem Innern nichts zu bemerken, schaute mit unverhohlener Neugier über ihre Schulter direkt in den Spiegel an der gegenüberliegenden Wand. Es war ein kostbarer, alter Spiegel. Eddi hatte ihn vor einem Jahr in einem Antiquitätengeschäft gesehen und sich - wie er sagte - augenblicklich in ihn verliebt. Also hatte Eddi den Spiegel auch augenblicklich gekauft, zusammen mit dem kleinen Wandbord, das dazugehörte und auf dem die Basisstation des Telefons mitsamt dem Mobilteil stand.
Es waren bloß zehn Schritte bis dahin. Es hätten ebenso gut tausend sein können. Sie konnte keinen einzigen tun, konnte nur den Mann anstarren, von dem Ed gesagt hatte, er sei ein Psychopath, so gefährlich wie ein Löffel voll Nitroglyzerin in zittrigen Händen. «Willste mich nicht reinlassen?», fragte er. Wieder wollte sie nicken und schaffte es nicht. Da schob er sie langsam von der Tür zurück. Er musste sie nicht einmal anfassen, dirigierte sie mit den Augen so weit rückwärts in die Diele hinein, dass er ihr folgen und die Tür hinter sich schließen konnte. Es funktionierte also immer noch. Sein Grinsen wirkte sehr zufrieden, als er den Blick von ihrem Gesicht löste. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen die Haustür und ließ die Augen umherwandern. Zwei Zimmertüren und die Küchentür standen offen. Er konnte in die einzelnen Räume sehen. Das Wohnzimmer mit dem offenen Kamin und wie das Esszimmer in mediterranem Stil, die Küche rustikal und mit allen technischen Finessen ausgestattet. Das gesamte Haus war gediegen und nicht eben billig eingerichtet. Eddi legte großen Wert auf eine gepflegte, häusliche Atmosphäre. Er legte vor allem Wert auf die äußerliche Ordnung, das wusste sie seit langem. Jedes Ding an seinem Platz und nirgendwo ein Fleck oder ein Stäubchen. In dieser Hinsicht war Eddi beinahe pedantisch.
Wahrscheinlich musste er das sein in seinem Beruf, wo er sich täglich mit zerbrochenen Seelen, dem Dreck und den Flecken im Leben anderer Leute befasste. Doch daran dachte sie nicht in diesem Augenblick. Sie dachte eigentlich gar nicht, sah nur die locker von seiner Schulter baumelnde Jacke, das schwarze Hemd, das schmale, blasse Gesicht mit dem dunklen Bartschatten. Sein Blick glitt immer noch zwischen den offenen Türen hin und her, streifte den Treppenaufgang zum Obergeschoss. Was er sah, schien ihm zu gefallen. Oder auch nicht! Er zog die Augenbrauen hoch und die Stirn in Falten, wiegte den Kopf und verzog die Lippen. Ob anerkennend, geringschätzig oder verletzt bis ins Mark, wagte sie nicht zu beurteilen. «Wirklich nicht übel, die Bude», murmelte er und zeigte dabei einmal rund durch die Diele. Dann schaute er wieder sie an. «Sieht aus, als hättest du das große Los gezogen, Püppi. Tja, ein gutes Angebot schlägt man nicht aus, was? Oder ist dir einfach die Zeit zu lang geworden? Wann hattest du denn keine Lust mehr, noch länger auf mich zu warten?»
Da sie ihm nicht antwortete, auch sonst in keiner Weise auf seine Fragen reagierte, zuckte er mit den Achseln. Es wirkte resignierend. Damals war er nicht der Typ gewesen, der vor irgendetwas resigniert oder gar kapituliert hätte. Das hatte sie gewusst - früher. Jetzt wusste sie gar nichts, konnte immer noch nicht denken, nicht einmal dass die Jahre hinter Gittern ihn verändert haben könnten. «Na ja.» Auch in seiner Stimme schwang ein Hauch von Resignation mit. Er seufzte und lächelte sie so wehmütig an wie damals. «War 'ne verdammt lange Zeit. Hätt' ich selbst nicht gedacht, dass sieben Jahre so lang sein können. Manchmal bin ich fast verrückt geworden. Ich hab dich so vermisst, Püppi.» Sie fühlte ihr Herz unverändert flattern und gleichzeitig den stählernen Ring um die Brust, der es zusammenpresste, spürte die Wärme in der Magengrube wie Übelkeit und die weichen, schwammartigen Gebilde, die vor wenigen Minuten noch stabile Kniegelenke gewesen waren. Ihr Blut rauschte in den Ohren. Von dem, was er gesagt hatte, hatte sie kaum ein Wort verstanden. «Hallo, Heiko», stammelte sie endlich und machte den ersten, winzigen, unsicheren Schritt auf ihn zu. In den beiden Jahren, in denen Eddi für sie noch ausschließlich Ed gewesen war, vielmehr Doktor Bracht, der Therapeut, der ihr zurück ins Leben half, hatte er ihr wiederholt erklärt, warum sie sich ausgerechnet in einen Mann wie Heiko Schramm verliebt hatte. Und mehrfach hatte Ed betont, es sei nicht seine Aufgabe, einen Menschen für sein Tun und Lassen zu verurteilen, dass ihn deshalb auch nicht vordergründig interessiere, was ein Mensch getan hatte.
Für ihn zählten vielmehr die Gründe. Weil man eine Wiederholung vermeiden oder ihr zumindest vorbeugen könne, wenn man das Warum kannte. Und in ihrem Fall war das für ihn offensichtlich gewesen. Begonnen bei ihrer maßlosen Enttäuschung an all den Sonntagen, wenn sie daheim sitzen musste. Bestraft für etwas, das gar nicht sie selbst verbrochen hatte, sondern ihre Schwester. Und es war nicht mal ein Verbrechen gewesen, nur ein Baby, das Dorothea von einem Mann bekam, mit dem man viel Spaß haben konnte, den man aber nicht heiraten sollte - sagte ihre Schwester. Dorothea hatte dem prüden Elternhaus schon vor der Schwangerschaft den Rücken gekehrt und war völlig frei in ihren Entscheidungen. Kurz vor der Geburt ihrer Tochter zog sie aus ihrem kleinen Apartment in eine Wohngemeinschaft. Dort lebten schon drei junge Mütter, die sich wechselseitig um die Kinder kümmerten, damit alle arbeiten oder studieren konnten. «Das geht reihum», sagte Dorothea einmal. «Wer frei hat, ist eben dran mit Kinderhüten, einkaufen oder Wäsche waschen.» Für ihre Schwester war es die optimale Lösung. Für sie dagegen wurde alles noch schlimmer. Es hatte auch vorher nicht allzu viel Zärtlichkeit im Elternhaus gegeben. Nun gab es gar keine mehr, nur noch Verbote, Misstrauen und Vorwürfe.
Wie oft hatte sie gefragt: «Darf ich am Sonntagnachmittag nach Köln fahren, Papa? Ein paar Mädchen aus meiner Klasse wollen ins Kino. Ich würde gerne mitgehen.» Jedes Mal sagte er: «Mal sehen.» «Bitte, Papa. Es läuft ein toller Film.» «Mal sehen.» Die ganze Woche wurde sie hingehalten. Und sonntags sagte er dann: «Wenn du mich gerade so drängst, muss ich annehmen, dass du nicht mit ein paar Mädchen ins Kino willst, sondern mit einem jungen Mann. Mit wem denn? Mit einem von diesen Burschen, mit denen man viel Spaß haben kann? Meinst du nicht, dafür wäre es bei dir noch ein bisschen zu früh?» Natürlich war es das. Als Dorothea ihre Tochter bekam, war Patrizia gerade erst fünfzehn geworden. Aber auch mit sechzehn und siebzehn wurde ihr noch alles verboten. Von den Mädchen in ihrer Berufsschulklasse hatten viele schon den zweiten oder dritten Freund. Sie hatte nur Schwärmereien und ihre Phantasie. Alles durfte nur in Gedanken geschehen. Und diese Gedanken lösten einen gehörigen Kitzel aus.
Vielleicht kam Heiko Schramm nur im richtigen Augenblick, in einem der wenigen Momente gestohlener Freiheit, die Dorothea ihr hin und wieder ermöglichte, seit sie siebzehn war. Babysitten am Samstagabend hieß es offiziell, weil die jungen Mütter in der Wohngemeinschaft angeblich hin und wieder zusammen auf eine Bowlingbahn gingen. In Wirklichkeit zog es sie in Discotheken. Natürlich nicht alle auf einmal, mindestens eine blieb daheim bei den Kindern. An deren Stelle durfte manchmal sie mit. Und keine der Frauen kümmerte sich um sie oder um das, was sie tat. Sie tat auch nichts, stand nur am Rand der Tanzfläche, weil sie sich nicht in die zappelige, schwitzende Menge hineinwagte. Ihr reichte es, von blauviolett oder rötlich wabernden, fluoreszierenden Schwaden umhüllt und von hämmernden Bässen zugedröhnt zu werden. Sie liebte diesen Krach, weil er daheim verboten war wie alles andere. Dabei machte er den Kopf frei, machte zittrig, beschwipst und benommen, sodass sie schwankte, ohne einen Tropfen Alkohol getrunken zu haben.
© 2013 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
Ed war Psychologe. Psychotherapeut, um genau zu sein. Er verstand alles und konnte alles erklären. Was Menschen dachten, fühlten und taten, warum sie so und nicht anders empfanden, agierten und reagierten. Ed konnte sogar erklären, warum ein Mann, den er nie zu Gesicht bekam, immer in Eile war und alles, was nicht durch den Schlitz im Briefkasten passte, einfach auf den Fußabtreter legte. Egal! Damit jedenfalls hatte sie gerechnet, mit einem Päckchen oder einem sperrigen Umschlag. Sie hatte zu Beginn der Woche in einigen Internet-Shops gestöbert, ein Paar Schuhe und ein Buch bestellt. Deshalb hatte sie die Tür geöffnet und sich sofort gebückt. Reine Gewohnheit. Sie hatte ja auch durch den Glaseinsatz in der Haustür niemanden draußen gesehen. Er musste geklingelt haben und die drei Stufen sofort wieder hinuntergestiegen sein, um hinter der Seitenwand abzuwarten, wer an die Tür kam. Ed hätte vermutlich auch das erklären können, hatte es in einem anderen Zusammenhang wahrscheinlich schon getan.
Aber was Ed schon einmal getan oder nicht getan hatte, war nicht mehr wichtig in diesem Moment, in dem sie um sieben Jahre zurückgeschleudert wurde. Sein Hemd war ebenso schwarz wie die Lederschuhe, die Hose und die Jacke, die er sich lässig über eine Schulter gehängt hatte und mit untergehaktem Finger am Kragen festhielt. Es war drückend und schwül. Die erste Septemberwoche. Den ganzen August über hatte halb Europa unter einer Hitzewelle gestöhnt. Temperaturen, wie man sie sonst nur im Süden kannte, und kein Tropfen Regen. Heute war der Himmel bewölkt, für den Nachmittag waren Schauer angekündigt. Aber es war immer noch so warm, dass man wahrhaftig keine Jacke brauchte.
Bei ihm war das anders, er trug diese Jacke als Erkennungszeichen oder Statussymbol. Garantiert hatte sie doppelt so viel gekostet wie der Anzug, den Eddi zur Hochzeit getragen hatte, und der war alles andere als billig gewesen. Sie starrte ihn an, spürte ihren Herzschlag in der Kehle pochen und registrierte im ersten Augenblick nur, dass sich nichts an ihm verändert hatte. Absolut nichts! Die Kleidung, die Schuhe, seine Frisur, alles war noch wie damals. Da hatte er die Haare auch etwas länger als andere und mit Seitenscheitel getragen, sodass ihm jedes Mal eine Strähne in die Stirn fiel, wenn er den Kopf ein wenig neigte oder senkte. Nicht einmal älter schien er geworden, er war von Kopf bis Fuß noch genau so, wie sie ihn zuletzt gesehen hatte. Vor sieben Jahren. In einem Gerichtssaal. Wo sie nach der Urteilsverkündung zu ihm gehetzt war und sich an ihn geklammert hatte in dem irrsinnigen Glauben, ihn auf diese Weise halten zu können. In der Hoffnung, ihre Umarmung würde aller Welt begreiflich machen, dass man ihn nicht einsperren, dass man sie beide nicht trennen durfte, weil sie ohne ihn unmöglich weiterleben konnte. Aber die Welt hatte auf große Gefühle gepfiffen, hatte keine Augen für den Schmerz und die Verzweiflung einer Liebenden gehabt. Zwei Polizisten hatten ihn unbarmherzig von ihr fortgerissen und auf die Tür im Hintergrund zugeschoben, durch die sie ihn vor Beginn der Verhandlung hereingebracht hatten. Und sie hatte sich gewünscht zu sterben, auf der Stelle tot umzufallen, zumindest in Ohnmacht, weil die Polizisten ihn dann vielleicht noch einmal zu ihr gelassen hätten, und sei es nur für ein paar Minuten.
Natürlich war sie nicht gestorben, hatte nicht mal das Bewusstsein verloren. Und er hatte sich bei der Tür noch einmal zu ihr umgedreht und quer durch den Saal gerufen: «Ich bin bald wieder bei dir, Püppi. Sei tapfer, du schaffst das, ich verlass mich darauf. Lern schön, damit dir die Zeit nicht lang wird. Eines Tages zahlt sich das aus, wenn man einen Beruf richtig gut gelernt hat. Du wirst sehen.» Und dabei hatte er sie angeschaut mit diesem Blick, der sie immer zu einem Klecks Vanilleeis in der Sonne machte. Eine Kusshand hatte er ihr zugeworfen, daran erinnerte sie sich noch genau. Eine Kusshand und ein wehmütig sehnsüchtiges Lächeln. Im August vor sieben Jahren. Ehe ein Gerichtsdiener die Tür hinter ihm und den beiden Polizisten schloss. Und jetzt stand er hier vor der Tür. Er grinste.
Es war tatsächlich ein Grinsen, kein wehmütiges oder sehnsüchtiges Lächeln wie damals, nicht einmal ein spöttisches oder amüsiertes, weil sie die Haustür geöffnet und sich reflexartig zum Fußabtreter gebückt hatte, als wolle sie sich verneigen. Aber vielleicht überspielte er mit dem Grinsen nur seine Unsicherheit, weil er nicht wusste, wie sie auf sein Erscheinen reagieren würde. Sein Gesicht schien ihr beim längeren Hinsehen doch etwas schmaler geworden zu sein, aber rund war es auch damals nicht gewesen. Ein längliches, immer leicht melancholisch wirkendes Gesicht mit einer geraden Nase, grauen Augen und einem normal geschnittenen Mund. Genau genommen ein Dutzendgesicht, aber durchaus attraktiv. Und vielleicht lag es nur an dem schwarzen Hemd, dass er ihr ziemlich blass vorkam. Aber blasser als damals war er wohl tatsächlich, weil er die letzten sieben Jahre in einer Gefängniszelle verbracht hatte. «Ich bin bald wieder bei dir, Püppi!» Bald? Von wegen! Sieben Jahre! Damals hatte das für sie nach Ewigkeit geklungen. In den ersten Monaten nach der Urteilsverkündung hatte sie gedacht, es gäbe nur eine Möglichkeit, bald wieder bei ihm zu sein: Sterben. Weil der Tod alles wieder verband und auf ewig miteinander verschweißte, was zusammengehörte und auseinandergerissen worden war.
Das zumindest hatte er einmal behauptet. Und zweimal hatte sie versucht, ihrem ohne ihn scheinbar so sinnlosen Leben ein Ende zu setzen. Es war lange her. Von der Todessehnsucht hatte Ed sie geheilt. «Hallo, Püppi», sagte er. Sein Grinsen ging in ein schelmisches und erleichtert wirkendes Lächeln über. «Ich hatte schon Angst, dass mir 'ne Putzfrau aufmacht, als ich die Bude hier sah. Was hätte ich der sagen sollen, hm?» Er machte eine Bewegung mit der linken Hand, die alles einschloss, Freude und Enttäuschung, Sorgen und bange Fragen. Dann sprach er weiter. «Warst nicht leicht zu finden. Neuer Name, neue Adresse, damit hatte ich nicht gerechnet. Bist verheiratet, was? Na ja, sieben Jahre sind 'ne verdammt lange Zeit für so ein junges Ding, wie du damals warst. - Bist du allein?» Sie wollte nicken, aber sie konnte sich nicht bewegen, nicht mal mit einem Finger zucken. Wie paralysiert stand sie da und wunderte sich ein wenig, dass sie überhaupt noch aufrecht stand. Ihre Kniegelenke schienen sich in schwammartige Gebilde verwandelt zu haben, die jede Sekunde unter dem Gewicht des Körpers nachgeben konnten.
Sie betrachtete ihn wie das Kaninchen die Schlange oder Julia ihren Romeo - mit dem unvermittelt aufkommenden Herzflattern und einem Wärmegefühl im Magen. Und es gab keinen Unterschied zwischen dem Kaninchen und Julia. Beide fühlten sie in solch einem Moment etwas Schweres, Süßes, Bitteres, etwas, das niemand genau definieren konnte, von dem trotzdem jeder wusste, dass es endgültig war. Er schien von dem Aufruhr in ihrem Innern nichts zu bemerken, schaute mit unverhohlener Neugier über ihre Schulter direkt in den Spiegel an der gegenüberliegenden Wand. Es war ein kostbarer, alter Spiegel. Eddi hatte ihn vor einem Jahr in einem Antiquitätengeschäft gesehen und sich - wie er sagte - augenblicklich in ihn verliebt. Also hatte Eddi den Spiegel auch augenblicklich gekauft, zusammen mit dem kleinen Wandbord, das dazugehörte und auf dem die Basisstation des Telefons mitsamt dem Mobilteil stand.
Es waren bloß zehn Schritte bis dahin. Es hätten ebenso gut tausend sein können. Sie konnte keinen einzigen tun, konnte nur den Mann anstarren, von dem Ed gesagt hatte, er sei ein Psychopath, so gefährlich wie ein Löffel voll Nitroglyzerin in zittrigen Händen. «Willste mich nicht reinlassen?», fragte er. Wieder wollte sie nicken und schaffte es nicht. Da schob er sie langsam von der Tür zurück. Er musste sie nicht einmal anfassen, dirigierte sie mit den Augen so weit rückwärts in die Diele hinein, dass er ihr folgen und die Tür hinter sich schließen konnte. Es funktionierte also immer noch. Sein Grinsen wirkte sehr zufrieden, als er den Blick von ihrem Gesicht löste. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen die Haustür und ließ die Augen umherwandern. Zwei Zimmertüren und die Küchentür standen offen. Er konnte in die einzelnen Räume sehen. Das Wohnzimmer mit dem offenen Kamin und wie das Esszimmer in mediterranem Stil, die Küche rustikal und mit allen technischen Finessen ausgestattet. Das gesamte Haus war gediegen und nicht eben billig eingerichtet. Eddi legte großen Wert auf eine gepflegte, häusliche Atmosphäre. Er legte vor allem Wert auf die äußerliche Ordnung, das wusste sie seit langem. Jedes Ding an seinem Platz und nirgendwo ein Fleck oder ein Stäubchen. In dieser Hinsicht war Eddi beinahe pedantisch.
Wahrscheinlich musste er das sein in seinem Beruf, wo er sich täglich mit zerbrochenen Seelen, dem Dreck und den Flecken im Leben anderer Leute befasste. Doch daran dachte sie nicht in diesem Augenblick. Sie dachte eigentlich gar nicht, sah nur die locker von seiner Schulter baumelnde Jacke, das schwarze Hemd, das schmale, blasse Gesicht mit dem dunklen Bartschatten. Sein Blick glitt immer noch zwischen den offenen Türen hin und her, streifte den Treppenaufgang zum Obergeschoss. Was er sah, schien ihm zu gefallen. Oder auch nicht! Er zog die Augenbrauen hoch und die Stirn in Falten, wiegte den Kopf und verzog die Lippen. Ob anerkennend, geringschätzig oder verletzt bis ins Mark, wagte sie nicht zu beurteilen. «Wirklich nicht übel, die Bude», murmelte er und zeigte dabei einmal rund durch die Diele. Dann schaute er wieder sie an. «Sieht aus, als hättest du das große Los gezogen, Püppi. Tja, ein gutes Angebot schlägt man nicht aus, was? Oder ist dir einfach die Zeit zu lang geworden? Wann hattest du denn keine Lust mehr, noch länger auf mich zu warten?»
Da sie ihm nicht antwortete, auch sonst in keiner Weise auf seine Fragen reagierte, zuckte er mit den Achseln. Es wirkte resignierend. Damals war er nicht der Typ gewesen, der vor irgendetwas resigniert oder gar kapituliert hätte. Das hatte sie gewusst - früher. Jetzt wusste sie gar nichts, konnte immer noch nicht denken, nicht einmal dass die Jahre hinter Gittern ihn verändert haben könnten. «Na ja.» Auch in seiner Stimme schwang ein Hauch von Resignation mit. Er seufzte und lächelte sie so wehmütig an wie damals. «War 'ne verdammt lange Zeit. Hätt' ich selbst nicht gedacht, dass sieben Jahre so lang sein können. Manchmal bin ich fast verrückt geworden. Ich hab dich so vermisst, Püppi.» Sie fühlte ihr Herz unverändert flattern und gleichzeitig den stählernen Ring um die Brust, der es zusammenpresste, spürte die Wärme in der Magengrube wie Übelkeit und die weichen, schwammartigen Gebilde, die vor wenigen Minuten noch stabile Kniegelenke gewesen waren. Ihr Blut rauschte in den Ohren. Von dem, was er gesagt hatte, hatte sie kaum ein Wort verstanden. «Hallo, Heiko», stammelte sie endlich und machte den ersten, winzigen, unsicheren Schritt auf ihn zu. In den beiden Jahren, in denen Eddi für sie noch ausschließlich Ed gewesen war, vielmehr Doktor Bracht, der Therapeut, der ihr zurück ins Leben half, hatte er ihr wiederholt erklärt, warum sie sich ausgerechnet in einen Mann wie Heiko Schramm verliebt hatte. Und mehrfach hatte Ed betont, es sei nicht seine Aufgabe, einen Menschen für sein Tun und Lassen zu verurteilen, dass ihn deshalb auch nicht vordergründig interessiere, was ein Mensch getan hatte.
Für ihn zählten vielmehr die Gründe. Weil man eine Wiederholung vermeiden oder ihr zumindest vorbeugen könne, wenn man das Warum kannte. Und in ihrem Fall war das für ihn offensichtlich gewesen. Begonnen bei ihrer maßlosen Enttäuschung an all den Sonntagen, wenn sie daheim sitzen musste. Bestraft für etwas, das gar nicht sie selbst verbrochen hatte, sondern ihre Schwester. Und es war nicht mal ein Verbrechen gewesen, nur ein Baby, das Dorothea von einem Mann bekam, mit dem man viel Spaß haben konnte, den man aber nicht heiraten sollte - sagte ihre Schwester. Dorothea hatte dem prüden Elternhaus schon vor der Schwangerschaft den Rücken gekehrt und war völlig frei in ihren Entscheidungen. Kurz vor der Geburt ihrer Tochter zog sie aus ihrem kleinen Apartment in eine Wohngemeinschaft. Dort lebten schon drei junge Mütter, die sich wechselseitig um die Kinder kümmerten, damit alle arbeiten oder studieren konnten. «Das geht reihum», sagte Dorothea einmal. «Wer frei hat, ist eben dran mit Kinderhüten, einkaufen oder Wäsche waschen.» Für ihre Schwester war es die optimale Lösung. Für sie dagegen wurde alles noch schlimmer. Es hatte auch vorher nicht allzu viel Zärtlichkeit im Elternhaus gegeben. Nun gab es gar keine mehr, nur noch Verbote, Misstrauen und Vorwürfe.
Wie oft hatte sie gefragt: «Darf ich am Sonntagnachmittag nach Köln fahren, Papa? Ein paar Mädchen aus meiner Klasse wollen ins Kino. Ich würde gerne mitgehen.» Jedes Mal sagte er: «Mal sehen.» «Bitte, Papa. Es läuft ein toller Film.» «Mal sehen.» Die ganze Woche wurde sie hingehalten. Und sonntags sagte er dann: «Wenn du mich gerade so drängst, muss ich annehmen, dass du nicht mit ein paar Mädchen ins Kino willst, sondern mit einem jungen Mann. Mit wem denn? Mit einem von diesen Burschen, mit denen man viel Spaß haben kann? Meinst du nicht, dafür wäre es bei dir noch ein bisschen zu früh?» Natürlich war es das. Als Dorothea ihre Tochter bekam, war Patrizia gerade erst fünfzehn geworden. Aber auch mit sechzehn und siebzehn wurde ihr noch alles verboten. Von den Mädchen in ihrer Berufsschulklasse hatten viele schon den zweiten oder dritten Freund. Sie hatte nur Schwärmereien und ihre Phantasie. Alles durfte nur in Gedanken geschehen. Und diese Gedanken lösten einen gehörigen Kitzel aus.
Vielleicht kam Heiko Schramm nur im richtigen Augenblick, in einem der wenigen Momente gestohlener Freiheit, die Dorothea ihr hin und wieder ermöglichte, seit sie siebzehn war. Babysitten am Samstagabend hieß es offiziell, weil die jungen Mütter in der Wohngemeinschaft angeblich hin und wieder zusammen auf eine Bowlingbahn gingen. In Wirklichkeit zog es sie in Discotheken. Natürlich nicht alle auf einmal, mindestens eine blieb daheim bei den Kindern. An deren Stelle durfte manchmal sie mit. Und keine der Frauen kümmerte sich um sie oder um das, was sie tat. Sie tat auch nichts, stand nur am Rand der Tanzfläche, weil sie sich nicht in die zappelige, schwitzende Menge hineinwagte. Ihr reichte es, von blauviolett oder rötlich wabernden, fluoreszierenden Schwaden umhüllt und von hämmernden Bässen zugedröhnt zu werden. Sie liebte diesen Krach, weil er daheim verboten war wie alles andere. Dabei machte er den Kopf frei, machte zittrig, beschwipst und benommen, sodass sie schwankte, ohne einen Tropfen Alkohol getrunken zu haben.
© 2013 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
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Autoren-Porträt von Petra Hammesfahr
Petra Hammesfahr schrieb mit 17 ihren ersten Roman. Mit ihrem Buch "Der stille Herr Genardy" kam der grosse Erfolg. Seitdem schreibt sie einen Bestseller nach dem anderen, u.a. "Die Sünderin", "Die Mutter" und "Erinnerungen an einen Mörder". Die Autorin lebt in der Nähe von Köln.
Bibliographische Angaben
- Autor: Petra Hammesfahr
- 2013, 3. Aufl., 320 Seiten, Masse: 12,4 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Rowohlt TB.
- ISBN-10: 3499266830
- ISBN-13: 9783499266836
- Erscheinungsdatum: 18.09.2013
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