Göttin des Sieges / Mythica Bd.6
Dieser Mann ist unbesiegbar - und hat doch ein geheimes Verlangen!
Hera, Athena und Venus sind den Trojanischen Krieg leid. Die ganzen Kämpfe - nur wegen ein paar geltungssüchtiger Helden! Der Schlimmste ist Achilles. Ihn zu stoppen hiesse, die Kämpfe zu...
Hera, Athena und Venus sind den Trojanischen Krieg leid. Die ganzen Kämpfe - nur wegen ein paar geltungssüchtiger Helden! Der Schlimmste ist Achilles. Ihn zu stoppen hiesse, die Kämpfe zu...
- Kreditkarte, Paypal, Rechnungskauf
- 30 Tage Widerrufsrecht
Produktdetails
Produktinformationen zu „Göttin des Sieges / Mythica Bd.6 “
Klappentext zu „Göttin des Sieges / Mythica Bd.6 “
Dieser Mann ist unbesiegbar - und hat doch ein geheimes Verlangen!Hera, Athena und Venus sind den Trojanischen Krieg leid. Die ganzen Kämpfe - nur wegen ein paar geltungssüchtiger Helden! Der Schlimmste ist Achilles. Ihn zu stoppen hiesse, die Kämpfe zu beenden. Doch wie bremst man einen griechischen Helden?
Daher schicken sie die junge Kat im Körper einer trojanischen Prinzessin nach Troja. Sie soll mit Hilfe ihrer Verführungskünste Achilles ablenken. Gelingt es der quirligen Kate, das Feuer seiner Heldenwut zu zähmen?
MYTHICA - P.C. Cast's erotischste Serie!
Lese-Probe zu „Göttin des Sieges / Mythica Bd.6 “
Mythica 6 - Göttin des Sieges von P. C. CastProlog
Als die silberfüßige Thetis aus den Tiefen der versteckten Bucht auftauchte, wartete ihr Sohn bereits auf sie. Mit der seltsamen, fast übersinnlichen Ruhe, die ihn schon als Baby ausgezeichnet hatte, stand er am Strand und blickte auf den fernen Meereshorizont hinaus. Er hatte sie noch nicht bemerkt, und so nutzte sie die Gelegenheit, um ihn eindringlich zu mustern.
Obwohl er erst sechzehn Sommer gelebt hatte, erinnerte er eher an den Mann und Krieger, der er einmal werden würde, als an das Kind, das sie doch noch vor kurzem an ihre Brust gedrückt hatte. Er war atemberaubend - ihr goldener Jungadler, ihr Stolz, ihr Herz - ihr Achilles. Und bei der Erinnerung daran, was Zeus' Orakel ihr prophezeit hatte, weinte ihre Seele. Thetis wünschte, sie könnte die Wahrheit verleugnen oder gar einfach davonlaufen vor der Entscheidung, die der Große Gott ihr offenbart hatte. Doch auch sie war eine Gottheit, geboren aus dem Wasser, Tochter des Nereus, eines antiken Meeresgottes, und als solche wusste sie nur zu gut, dass die Prophezeiungen der Götter sich stets bewahrheiteten - dass jeglicher Fluchtversuch in Chaos und Kummer und zerstörten Leben enden würde. Niemand konnte dem Schicksal entfliehen, also mussten sie es ertragen.
Wenigstens hatte Achilles eine Wahl.
Der schwache Hoffnungsschimmer, den dieser Gedanke in Thetis entfachte, hielt sich nicht lang. Er befreite sich aus ihrem Herzen, während sie den erstaunlichen Mann, zu dem ihr Sohn sich entwickelte, weiter beobachtete.
... mehr
Vor seiner Geburt hatte das Orakel vorhergesagt, dass ihr Sohn mächtiger werden würde als sein Vater - was dem lästigen Liebeswerben von Zeus und Apollo ein Ende bereitete. Keiner der beiden Götter hätte es jemals riskiert, einen Sohn zu zeugen, der sie in seinen Schatten stellen würde. Schließlich hatte sie Peleus geheiratet, den König der Myrmidonen. Ein kleines Lächeln umspielte ihre wohlgeformten rosigen Lippen. Peleus hatte sie so heiß begehrt, dass die Prophezeiung des Orakels angesichts der Verlockung ihrer glatten, weißen Schenkel in Vergessenheit geraten war. Thetis warf ihre silberblonden Haare zurück. Sie hatte sich natürlich nicht dauerhaft an einen Sterblichen binden können, nicht einmal an einen König, aber sie dachte oft und gern an Peleus. Vielleicht würde sie ihm später in der Nacht einen Besuch abstatten. Er hieß sie immer freudig in seinem Bett willkommen, und sie würde die Ablenkung brauchen, wenn Achilles seine Entscheidung getroffen hatte. Leider kannte sie ihren Sohn zu gut; was das Orakel von Dodona ihm prophezeit hatte, würde sich bewahrheiten. Thetis holte tief Luft und wappnete sich.
»Achilles!«, rief sie ihren Sohn.
Er reagierte sofort. Mit einem strahlenden Lächeln wandte er sich ihr zu und verbeugte sich so tief und respektvoll, dass selbst Hera zufrieden gewesen wäre.
»Mutter, welche Neuigkeiten hatte Zeus' Orakel für uns?«
Thetis schwamm zu ihm und streckte ihm eine Hand entgegen. »Solltest du deine Mutter nicht zuerst begrüßen? Kümmerst du dich nur noch um Orakel und Prophezeiungen, mein Sohn?«
Achilles' blaue Augen, die dieselbe Farbe hatten wie die türkisfarbenen Meerestiefen, in denen seine Mutter geboren war, glitzerten spitzbübisch. »Vergebt mir, Große Göttin des Meeres! « Er nahm ihre Hand, küsste sie sanft und legte sie auf seinen muskulösen Arm, während er sie aus dem warmen ägäischen Gewässer führte. »Und wie geht es deiner Gesundheit, Mutter? Hat sich in den zwei Tagen, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe, etwas daran geändert?«
Sie drückte seine Schulter, die sich noch härter anfühlte als vor zwei Tagen, als sie in ebendieser Bucht gemeinsam zu Mittag gegessen hatten. »Meiner Gesundheit geht es prächtig, das weißt du doch genau. Und ich bin nur eine niedere Meeresgöttin, keine der Göttlichen Zwölf, also musst du mir nicht derartig schmeicheln. Was du ebenfalls genau weißt.«
Achilles beugte sich zur ihr herunter und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Du bist meine Göttin, Mutter, und göttlicher für mich als all die Zwölf.«
Statt wie üblich weiter mit ihm zu scherzen, warf Thetis ihrem Sohn einen strengen Blick zu und sagte in scharfem Ton: »Darüber solltest du keine Scherze machen. Wenn das Gerücht entsteht, dass ich einen der zwölf Olympier zu ersetzen versuche, würden die Götter das als entsetzliche Beleidigung auffassen und mich schwer bestrafen.«
Achilles begriff sofort, dass etwas nicht stimmte. »Was ist passiert, Mutter?«
Thetis seufzte und zog ihre Hand zurück. Wortlos ging sie zu einem großen Felsen hinüber, setzte sich und sah zu ihrem Sohn auf. Vor dem Hintergrund des Meeres, im warmen Schein der Sonne, deren goldene Strahlen über seinen jugendlichen Körper tanzten, sah er für einen Moment aus wie eine Statue, wie ein Bildnis, das ein großes Volk vielleicht in ferner Zukunft einmal von ihm errichten würde, um an die Heldentaten eines Kriegers zu erinnern, dessen Leben wie ein Komet aufgeflammt und viel zu bald erloschen war.
Thetis erschauderte.
»Mutter?«, fragte Achilles erneut. Er wollte auf sie zugehen, aber sie hob die Hand und hielt ihn zurück.
»Es ist leichter für mich, wenn du dort stehen bleibst.« Denn nur so würde sie nicht den überwältigenden Drang verspüren, ihn in die Arme zu nehmen wie ein kleines Kind und ihn anzuflehen, vernünftig zu sein ... gut zu überlegen ... Thetis atmete tief durch. Als sie schließlich sprach, klang ihre Stimme nüchtern, so, als wäre sie selbst ein Orakel. »Zeus' Prophezeiung hat dir zwei Auswahlmöglichkeiten offenbart, Achilles.« Sie schloss die Augen, während sie Zeus' Worte wiedergab: »Der eine Weg führt dich in ein langes, erfülltes Leben. Die Myrmidonen werden unter deiner Führung eine Blütezeit erleben. Du wirst eine fruchtbare Ehefrau haben, die dich liebt und dir viele Söhne und Töchter schenkt. Dein Leben wird glücklich, voller Reichtum und Freude sein, und wenn dein Bart grau ist, wirst du friedlich in deinem Bett sterben, umgeben von deinen Lieben. Sie werden um dich trauern, doch irgendwann wird dein Name in Vergessenheit geraten, ein Körnchen im endlosen Sand der Geschichte.«
Erneut atmete Thetis tief durch. Ohne die Augen zu öffnen, fuhr sie fort: »Der andere Weg führt dich zu unvorstellbarem Ruhm, der alle anderen Könige und Krieger in den Schatten stellen wird. Du wirst die Myrmidonen in die Schlacht führen, und dein wilder Blutrausch wird alle deine Feinde zu Asche verbrennen. Dein Feuer wird so heiß und mächtig lodern, dass man sich noch Tausende von Jahren nach deinem Tod in Ländern jenseits der Grenzen dieser Welt an deinen Namen erinnern wird. Doch wie ein Feuer, das zu schnell und zu heiß brennt, wirst du verzehrt und keine dreißig Sommer alt werden. Deine Kriegslust wird dein Leben zerstören. Frieden, Liebe und Ruhe wirst du als flüchtige Augenblicke erleben und nie wirklich kennenlernen.« Bevor Thetis die Augen öffnete, machte sie sich innerlich auf das gefasst, was sie im Gesicht ihres Sohns sehen würde.
Achilles strahlte. Thetis hatte es gewusst, sobald sie die Worte des Orakels gehört hatte, aber dennoch hatte sie sich bis zu diesem Moment eine kleine Hoffnung bewahrt. Jetzt erlosch diese wie eine ausgeblasene Kerze.
»Du musst wählen, mein Sohn, aber lass dir Zeit. Wäge die Vor- und Nachteile sorgfältig ab. Denk daran, dass du deine Entscheidung niemals zurücknehmen kannst - sobald du sie getroffen hast, wird Zeus dein Schicksal besiegeln.«
Achilles' Lächeln war jungenhaft. »Ich weiß schon, wie ich mich entscheide, Mutter!« Er hob die Arme, legte seinen Kopf in den Nacken und schrie seinen Entschluss als wildes Gebet an die Götter in den Himmel hinauf. »Allmächtiger Zeus, ich danke Euch für die Möglichkeiten, die Ihr mir gegeben habt. Ich wähle das Leben eines Kriegers und ewigen Ruhm!«
In diesem Moment wurde die Luft von einem gewaltigen Donnerschlag zerrissen. Ein greller Blitz schoss vom Himmel und schlug in Achilles' Körper, zwang den Jungen in die Knie und füllte ihn mit einer mächtigen, rohen Kraft, die im Bruchteil einer Sekunde sein Gesicht veränderte und seine weichen Züge verhärtete. Er schien tatsächlich zu wachsen, wurde größer und breiter, wurde irgendwie mehr von all dem, was er immer schon gewesen war. Seine Augen glühten bräunlich wie getrocknetes Blut, und seine Lippen öffneten sich zu einem animalischen Zähnefletschen, als er seine Entscheidung erneut in den Himmel hinaufschrie, mit einer Stimme, die seine Mutter kaum wiedererkannte: »Ich wähle das Leben eines Kriegers und ewigen Ruhm!«
Tränen rannen über Thetis' Wangen, während sie zuschaute, wie ihr Sohn sich für ein entsetzlich kurzes Leben entschied. Er sah aus wie ein strahlend goldener Gott, ihr geliebter Jungadler. Stolz, schön, wild und unsterblich.
Doch er war nicht unsterblich. Er würde schon viel zu bald den Tod finden. Und sie würde hilflos mitansehen müssen, wie er aufloderte und verbrannte.
Mit gesenktem Kopf sandte Thetis ihr eigenes Gebet in den Olymp - sie schrie die Worte nicht, sondern sprach sie mit der stillen Macht des gebrochenen Herzens einer liebenden Mutter.
»Hera, Göttin aller Mütter, erbarmt Euch meiner. Wenn es Euch möglich ist, dann lasst meinen Sohn Liebe und Frieden kennenlernen, bevor er stirbt. Athene, Göttin der Krieges und der Weisheit, ich bitte Euch mit meiner unsterblichen Seele, dass Ihr Achilles die Weisheit gebt, seine jugendliche Torheit zu überleben ...«
Erneut erzitterte der klare griechische Himmel unter einem gewaltigen Donnerschlag, und Achilles lachte mit wilder Freude, ohne den Pfau zu bemerken, der plötzlich neben seiner Mutter erschien. Der Vogel streckte seinen langen, majestätischen Hals und legte seinen saphirblauen Kopf ans Bein der Meeresgöttin. Auf ihrer anderen Seite erschien eine wunderschöne Eule, ätherisch in ihrem weißen Federkleid. Die weisen Augen der Eule begegneten ihrem Blick, und sie neigte hoheitsvoll den Kopf vor Thetis, bevor beide Vögel in einem Wirbel von Diamantenstaub verschwanden.
Dreizehn Jahre später,
auf dem Olymp
»Ich muss Euch gestehen, meine Lieben, dass dieser Trojanische Krieg mich in den Wahnsinn treibt.« Venus seufzte und warf Athene einen vielsagenden Blick zu.
»Warum seht Ihr mich so an?«, fragte Athene gereizt.
»Athene, meine Freundin, das könnte etwas damit zu tun haben, dass Ihr die Göttin des Krieges seid«, erwiderte Hera.
»Und außerdem seid Ihr geradezu besessen davon, für Odysseus' Sicherheit zu sorgen, was die Lage in Troja nicht unbedingt verbessert«, fügte Venus hinzu. Dann hob sie ihren leeren Kelch und rief: »Ich brauche mehr Ambrosia!« Sofort kam ein Satyr herbeigaloppiert und schenkte ihr aus einem glitzernden Krug von dem goldenen Götterwein nach. Venus warf dem sehr männlichen, sehr enthusiastischen Wesen eine Kusshand zu, und der Satyr sonnte sich in ihrer Aufmerksamkeit, verneigte sich tief vor der Göttin und küsste ihre Füße, bevor er widerwillig aus dem Saal trottete.
»Ihr verwöhnt diese Kreaturen.« Athene sah dem Satyr mit einem Stirnrunzeln nach. »Und wie Ihr Euch vielleicht erinnert, wart Ihr diejenige, die Odysseus' Zuneigung zu mir überhaupt erst entfacht hat.« Die grauäugige Göttin warf ihre goldblonden Haare zurück. »Also ist unsere Beziehung im Grunde Eure Schuld.«
»Wenn Ihr nicht so verklemmt wärt, hättet Ihr vielleicht wirklich eine Beziehung statt jahrzehntelanger sexueller Frustration und Obsession«, murmelte Venus.
»Wie bitte?« Athenes Augen wurden schmal.
»Ich meine nur ...«
»... dass der Trojanische Krieg immer ermüdender wird«, schnitt Hera der Göttin der Liebe das Wort ab. »Besonders diese neuen Gerüchte sind schockierend. Es war wirklich schon schlimm genug, dass Agamemnon und Menelaos die arme Helena für den Krieg verantwortlich gemacht haben, obwohl ihre eigene Gier nach den Reichtümern Trojas und ihr aufgeblasenes männliches Ego an allem schuld waren.«
Athene sah Venus fragend an. »Habt Ihr nicht dafür gesorgt, dass Paris sich in Helena verliebt hat?«
Die Göttin der Liebe rümpfte gekränkt die Nase. »Menelaos wusste Helenas Schönheit nicht zu schätzen. Der Mann war rüpelhaft und respektlos. Ich habe nur einen kleinen Liebeszauber kreiert, mehr nicht. Woher hätte ich wissen sollen, dass Paris so empfänglich und Helena so liebesbedürftig sein würde?«
»Ganz gleich, wie es dazu kommen konnte«, erwiderte Hera, »es ist einfach nur lächerlich, dass die Griechen eine irregeleitete Ehefrau und den Mann, der sie gestohlen hat, für den gesamten Krieg verantwortlich machen.«
»Mann? Paris ist kaum mehr als ein lustgetriebener Junge, weshalb ich auch nicht dachte, dass so ein winziger, belangloser Zauber solche Probleme verursachen würde. Aber egal, wie lächerlich diese Behauptung ist: Dass eine einzige Frau einen Krieg ausgelöst haben soll, ist nichts im Vergleich zu den Gerüchten, die jetzt aufgekommen sind«, meinte Venus. »Habt Ihr gehört, dass wir drei das ganze Debakel mit Helena und Paris inszeniert haben sollen? Und damit meine ich nicht etwa einen aus dem Ruder gelaufenen Liebeszauber.«
»Nicht schon wieder diese Apfel-Geschichte, oder?« Athene stöhnte. »Die habe ich schon vor Monaten zum ersten Mal gehört. Nicht zu fassen, dass die Leute diesen Schwachsinn tatsächlich glauben und weitererzählen.«
»Als ob wir uns jemals an einem Schönheitswettbewerb beteiligen würden!«, stieß Hera verächtlich hervor.
»Das Ganze ist Discordias Schuld. Sie war wütend, dass sie nicht zu Peleus' und Thetis' Hochzeit eingeladen wurde, deshalb hat sie dieses Gerücht in die Welt gesetzt«, meinte Venus. »Ich bin mir sicher, dass sie es war, weil ich in all den Gerüchten Aphrodite genannt werde. Discordia weiß, dass ich meinen römischen Namen bevorzuge. Es sieht ihr ähnlich, dass sie ein Gerücht über mich in Umlauf bringt und meinen griechischen Namen benutzt, um mich zu ärgern. Und dabei war ich nicht einmal bei dieser dämlichen Feier!«
»Discordia wusste schon immer, wie sie uns wütend machen kann«, sagte Hera.
»Kein Wunder, dass sie nur selten zu einem Fest eingeladen wird«, meinte Venus.
»Das Gerücht besagt, dass Venus, beziehungsweise Aphrodite « - Hera lächelte Venus entschuldigend an - »Helena Paris als Gattin versprochen hat, weil er Euch als Schönste von uns dreien auserwählt hat.«
»Diesen Unsinn habe ich auch schon gehört. Das ist der Hauptgrund, weswegen mich dieser Krieg in den Wahnsinn treibt. Ich bin es so leid, dass sowohl die Griechen als auch die Trojaner für all ihre Probleme uns Frauen verantwortlich machen - und besonders gern uns Göttinnen. Meine Lieben, wir müssen etwas tun, um diesen Krieg zu beenden. Je früher, desto besser.«
»Er dauert nun schon fast zehn Jahre. Meiner Ansicht nach sind das mindestens neun Jahre zu viel«, meinte Hera.
»Ganz genau«, stimmte Venus zu.
»Ja.« Auch Athene nickte.
»Also, was können wir tun?« Die Göttin der Liebe seufzte. »Sie schieben den Frauen die Schuld in die Schuhe, aber es sind die verdammten Männer mit ihren völlig veralteten Vorstellungen von Recht und Ehre, die einfach keine Ruhe geben.«
»Odysseus könnt Ihr wirklich nicht dafür verantwortlich machen«, verteidigte Athene wie immer sofort ihren Favoriten.
Venus schnaubte.
»Ich glaube, da habt Ihr recht, Athene«, stimmte Hera jedoch zu. »Es sind Achilles und sein maßloser Zorn, die diesen Krieg antreiben.«
»Ja.« Athene nickte. »Er ist eindeutig das Problem. Wenn wir ihn und seine Myrmidonen aus dem Spiel nehmen könnten, würden die Griechen wahrscheinlich den Mut verlieren und die Belagerung von Troja aufgeben.« Genervt trommelte die Göttin des Krieges mit ihren schlanken Fingern gegen das Glas ihres Weinkelchs. »Als Thetis uns vor dreizehn Jahren um Hilfe gebeten hat, hätten wir wissen müssen, dass wir Ärger mit ihm bekommen würden. Hätten wir damals eingegriffen, hätten wir uns einiges erspart.«
Hera seufzte. »Wir haben damals nicht eingegriffen, weil es sonst Probleme zwischen mir und Zeus gegeben hätte. Wieder mal.«
»Würdet Ihr mir bitte erklären, worüber Ihr beide da redet? «, unterbrach Venus sie.
»Ihr erinnert Euch doch noch, dass Thetis das Orakel von Dodona nach der Zukunft ihres Sohns befragt hat, oder?«, erkundigte sich Hera.
»Vage. Hat das Orakel Achilles nicht vor die Wahl zwischen Ruhm und einem langen Leben gestellt?«
»Ja, und der törichte Junge hat sich natürlich für den Ruhm entschieden«, erklärte Athene. »Deshalb hat seine Mutter uns um Hilfe gebeten. Wir haben ihr Bittgebet gehört, und ich wollte eingreifen.« Die Göttin des Krieges zuckte mit den Schultern. »Aber es schien einfach nie der richtige Zeitpunkt zu sein. Und ich muss zugeben, dass es mir irgendwann entfallen ist.«
»Ich wollte eigentlich auch eingreifen, aber ich habe mich von den Schwierigkeiten, die das zwischen Zeus und mir verursacht hätte, davon abbringen lassen. Und dann ist da auch noch diese schreckliche Berserker-Rage, die Zeus Achilles geschenkt hat. Wann immer seine Gefühle allzu sehr in Fahrt geraten - im Guten oder im Schlechten -, überwältigen sie ihn, und dann kann man nicht mehr vernünftig mit ihm reden.« Hera senkte ihre Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. »Ich habe gehört, dass die Frauen solche Angst vor ihm haben, dass er sich seit Jahren keine Geliebte mehr genommen hat.«
Venus schnaubte erneut. »Das klingt, als bräuchte Achilles dringend eine starke, unabhängige Frau aus der modernen Welt, die ihn führen kann und die ihm diesen Berserker-Unsinn austreibt. Dann könnte man auch wieder vernünftig mit ihm reden. Jetzt, wo er kein närrischer Junge mehr ist, will er doch bestimmt nicht mehr unbedingt sterben, bevor seine Haare auch nur anfangen, grau zu werden.« Sie nippte an ihrer Ambrosia, merkte dann aber, wie Hera und Athene sie anstarrten. »Was ist denn?«
»Ich glaube, die Göttin der Liebe hatte gerade die rettende Idee«, meinte Athene.
»Ja, und wenn sie die moderne Frau nach Troja bringt, wird Zeus sicher nicht mich für Konsequenzen verantwortlich machen. « Ein fröhliches Lächeln breitete sich auf Heras Lippen aus.
»Wie schön, dass ich Eure Eheprobleme für Euch lösen darf ...« Venus' Stimme triefte vor Sarkasmus.
»Also werdet Ihr es tun?«, wollte Athene wissen.
»Natürlich werde ich helfen. Ich bin den Trojanischen Krieg genauso leid wie Ihr.« Venus strich ihre Haare zurück und nahm noch einen Schluck von ihrer Ambrosia, während sie über ihren nächsten Schritt nachdachte. »Die Stadt Tulsa in der modernen Welt ist mir wohlbekannt. Es wäre ein Leichtes für mich, mein Orakel darauf auszurichten. Ich muss nur ein bisschen lauschen, dann werde ich die perfekte Frau für Achilles schon finden.« Sie lächelte und zuckte lässig mit den Schultern. »Wenn ich sie gefunden habe, könnte ich sie einfach hierherzaubern. Wir überzeugen sie davon, dass sie Achilles zur Vernunft bringen soll, und dann schicke ich sie ins antike Griechenland. Ich schätze ...« Venus machte eine Pause und nippte an ihrem Wein, während die anderen beiden Göttinnen ungeduldig darauf warteten, dass sie weiterredete.
»Was?«, hakte Hera schließlich nach.
»Ich schätze, wir sollten der Frau irgendeine Belohnung für ihre Dienste anbieten.«
»Eine Belohnung? Sollte es nicht Belohnung genug sein, dass sie von einer Göttin auserwählt wurde?«, fragte Athene.
Venus verdrehte die Augen. »Athene, meine Liebe, Ihr kommt wirklich zu wenig raus. Die modernen Sterblichen, und vor allem die modernen Frauen, katzbuckeln nicht vor den Göttern und verehren uns nicht wie willenlose Speichellecker. Es ist eine wahre Freude, sich unerkannt unter sie zu mischen.« Venus lächelte, als sie sich an ihre Abenteuer in Tulsa und an die ewige Liebe erinnerte, die sie dort gefunden hatte. »Vertraut mir einfach. «
»Eine Belohnung für die Sterbliche kann auf keinen Fall schaden«, stimmte Hera zu, während Athene Venus zornig anfunkelte. »Warum sollten wir ihr das Ganze nicht ein bisschen schmackhaft machen? Ein Gefallen von der Göttin der Liebe sollte jede Sterbliche zufriedenstellen, ganz gleich, ob sie aus der modernen oder irgendeiner anderen Welt kommt.«
»Das ist eine hervorragende Idee, Hera.« Venus lächelte Athene schelmisch an.
»Für mich klingt es, als hätten wir einen perfekten Plan«, meinte Hera.
»Dann sind wir uns also alle einig«, stimmte Athene zu, wenn auch etwas widerwillig.
Hera hob ihr Glas. »Auf die Wandlung von Achilles und das Ende dieses entsetzlichen Trojanischen Krieges.«
»Und nicht zu vergessen«, fügte Venus mit einem Lächeln hinzu, »auf die modernen Frauen.«
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main.
Vor seiner Geburt hatte das Orakel vorhergesagt, dass ihr Sohn mächtiger werden würde als sein Vater - was dem lästigen Liebeswerben von Zeus und Apollo ein Ende bereitete. Keiner der beiden Götter hätte es jemals riskiert, einen Sohn zu zeugen, der sie in seinen Schatten stellen würde. Schließlich hatte sie Peleus geheiratet, den König der Myrmidonen. Ein kleines Lächeln umspielte ihre wohlgeformten rosigen Lippen. Peleus hatte sie so heiß begehrt, dass die Prophezeiung des Orakels angesichts der Verlockung ihrer glatten, weißen Schenkel in Vergessenheit geraten war. Thetis warf ihre silberblonden Haare zurück. Sie hatte sich natürlich nicht dauerhaft an einen Sterblichen binden können, nicht einmal an einen König, aber sie dachte oft und gern an Peleus. Vielleicht würde sie ihm später in der Nacht einen Besuch abstatten. Er hieß sie immer freudig in seinem Bett willkommen, und sie würde die Ablenkung brauchen, wenn Achilles seine Entscheidung getroffen hatte. Leider kannte sie ihren Sohn zu gut; was das Orakel von Dodona ihm prophezeit hatte, würde sich bewahrheiten. Thetis holte tief Luft und wappnete sich.
»Achilles!«, rief sie ihren Sohn.
Er reagierte sofort. Mit einem strahlenden Lächeln wandte er sich ihr zu und verbeugte sich so tief und respektvoll, dass selbst Hera zufrieden gewesen wäre.
»Mutter, welche Neuigkeiten hatte Zeus' Orakel für uns?«
Thetis schwamm zu ihm und streckte ihm eine Hand entgegen. »Solltest du deine Mutter nicht zuerst begrüßen? Kümmerst du dich nur noch um Orakel und Prophezeiungen, mein Sohn?«
Achilles' blaue Augen, die dieselbe Farbe hatten wie die türkisfarbenen Meerestiefen, in denen seine Mutter geboren war, glitzerten spitzbübisch. »Vergebt mir, Große Göttin des Meeres! « Er nahm ihre Hand, küsste sie sanft und legte sie auf seinen muskulösen Arm, während er sie aus dem warmen ägäischen Gewässer führte. »Und wie geht es deiner Gesundheit, Mutter? Hat sich in den zwei Tagen, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe, etwas daran geändert?«
Sie drückte seine Schulter, die sich noch härter anfühlte als vor zwei Tagen, als sie in ebendieser Bucht gemeinsam zu Mittag gegessen hatten. »Meiner Gesundheit geht es prächtig, das weißt du doch genau. Und ich bin nur eine niedere Meeresgöttin, keine der Göttlichen Zwölf, also musst du mir nicht derartig schmeicheln. Was du ebenfalls genau weißt.«
Achilles beugte sich zur ihr herunter und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Du bist meine Göttin, Mutter, und göttlicher für mich als all die Zwölf.«
Statt wie üblich weiter mit ihm zu scherzen, warf Thetis ihrem Sohn einen strengen Blick zu und sagte in scharfem Ton: »Darüber solltest du keine Scherze machen. Wenn das Gerücht entsteht, dass ich einen der zwölf Olympier zu ersetzen versuche, würden die Götter das als entsetzliche Beleidigung auffassen und mich schwer bestrafen.«
Achilles begriff sofort, dass etwas nicht stimmte. »Was ist passiert, Mutter?«
Thetis seufzte und zog ihre Hand zurück. Wortlos ging sie zu einem großen Felsen hinüber, setzte sich und sah zu ihrem Sohn auf. Vor dem Hintergrund des Meeres, im warmen Schein der Sonne, deren goldene Strahlen über seinen jugendlichen Körper tanzten, sah er für einen Moment aus wie eine Statue, wie ein Bildnis, das ein großes Volk vielleicht in ferner Zukunft einmal von ihm errichten würde, um an die Heldentaten eines Kriegers zu erinnern, dessen Leben wie ein Komet aufgeflammt und viel zu bald erloschen war.
Thetis erschauderte.
»Mutter?«, fragte Achilles erneut. Er wollte auf sie zugehen, aber sie hob die Hand und hielt ihn zurück.
»Es ist leichter für mich, wenn du dort stehen bleibst.« Denn nur so würde sie nicht den überwältigenden Drang verspüren, ihn in die Arme zu nehmen wie ein kleines Kind und ihn anzuflehen, vernünftig zu sein ... gut zu überlegen ... Thetis atmete tief durch. Als sie schließlich sprach, klang ihre Stimme nüchtern, so, als wäre sie selbst ein Orakel. »Zeus' Prophezeiung hat dir zwei Auswahlmöglichkeiten offenbart, Achilles.« Sie schloss die Augen, während sie Zeus' Worte wiedergab: »Der eine Weg führt dich in ein langes, erfülltes Leben. Die Myrmidonen werden unter deiner Führung eine Blütezeit erleben. Du wirst eine fruchtbare Ehefrau haben, die dich liebt und dir viele Söhne und Töchter schenkt. Dein Leben wird glücklich, voller Reichtum und Freude sein, und wenn dein Bart grau ist, wirst du friedlich in deinem Bett sterben, umgeben von deinen Lieben. Sie werden um dich trauern, doch irgendwann wird dein Name in Vergessenheit geraten, ein Körnchen im endlosen Sand der Geschichte.«
Erneut atmete Thetis tief durch. Ohne die Augen zu öffnen, fuhr sie fort: »Der andere Weg führt dich zu unvorstellbarem Ruhm, der alle anderen Könige und Krieger in den Schatten stellen wird. Du wirst die Myrmidonen in die Schlacht führen, und dein wilder Blutrausch wird alle deine Feinde zu Asche verbrennen. Dein Feuer wird so heiß und mächtig lodern, dass man sich noch Tausende von Jahren nach deinem Tod in Ländern jenseits der Grenzen dieser Welt an deinen Namen erinnern wird. Doch wie ein Feuer, das zu schnell und zu heiß brennt, wirst du verzehrt und keine dreißig Sommer alt werden. Deine Kriegslust wird dein Leben zerstören. Frieden, Liebe und Ruhe wirst du als flüchtige Augenblicke erleben und nie wirklich kennenlernen.« Bevor Thetis die Augen öffnete, machte sie sich innerlich auf das gefasst, was sie im Gesicht ihres Sohns sehen würde.
Achilles strahlte. Thetis hatte es gewusst, sobald sie die Worte des Orakels gehört hatte, aber dennoch hatte sie sich bis zu diesem Moment eine kleine Hoffnung bewahrt. Jetzt erlosch diese wie eine ausgeblasene Kerze.
»Du musst wählen, mein Sohn, aber lass dir Zeit. Wäge die Vor- und Nachteile sorgfältig ab. Denk daran, dass du deine Entscheidung niemals zurücknehmen kannst - sobald du sie getroffen hast, wird Zeus dein Schicksal besiegeln.«
Achilles' Lächeln war jungenhaft. »Ich weiß schon, wie ich mich entscheide, Mutter!« Er hob die Arme, legte seinen Kopf in den Nacken und schrie seinen Entschluss als wildes Gebet an die Götter in den Himmel hinauf. »Allmächtiger Zeus, ich danke Euch für die Möglichkeiten, die Ihr mir gegeben habt. Ich wähle das Leben eines Kriegers und ewigen Ruhm!«
In diesem Moment wurde die Luft von einem gewaltigen Donnerschlag zerrissen. Ein greller Blitz schoss vom Himmel und schlug in Achilles' Körper, zwang den Jungen in die Knie und füllte ihn mit einer mächtigen, rohen Kraft, die im Bruchteil einer Sekunde sein Gesicht veränderte und seine weichen Züge verhärtete. Er schien tatsächlich zu wachsen, wurde größer und breiter, wurde irgendwie mehr von all dem, was er immer schon gewesen war. Seine Augen glühten bräunlich wie getrocknetes Blut, und seine Lippen öffneten sich zu einem animalischen Zähnefletschen, als er seine Entscheidung erneut in den Himmel hinaufschrie, mit einer Stimme, die seine Mutter kaum wiedererkannte: »Ich wähle das Leben eines Kriegers und ewigen Ruhm!«
Tränen rannen über Thetis' Wangen, während sie zuschaute, wie ihr Sohn sich für ein entsetzlich kurzes Leben entschied. Er sah aus wie ein strahlend goldener Gott, ihr geliebter Jungadler. Stolz, schön, wild und unsterblich.
Doch er war nicht unsterblich. Er würde schon viel zu bald den Tod finden. Und sie würde hilflos mitansehen müssen, wie er aufloderte und verbrannte.
Mit gesenktem Kopf sandte Thetis ihr eigenes Gebet in den Olymp - sie schrie die Worte nicht, sondern sprach sie mit der stillen Macht des gebrochenen Herzens einer liebenden Mutter.
»Hera, Göttin aller Mütter, erbarmt Euch meiner. Wenn es Euch möglich ist, dann lasst meinen Sohn Liebe und Frieden kennenlernen, bevor er stirbt. Athene, Göttin der Krieges und der Weisheit, ich bitte Euch mit meiner unsterblichen Seele, dass Ihr Achilles die Weisheit gebt, seine jugendliche Torheit zu überleben ...«
Erneut erzitterte der klare griechische Himmel unter einem gewaltigen Donnerschlag, und Achilles lachte mit wilder Freude, ohne den Pfau zu bemerken, der plötzlich neben seiner Mutter erschien. Der Vogel streckte seinen langen, majestätischen Hals und legte seinen saphirblauen Kopf ans Bein der Meeresgöttin. Auf ihrer anderen Seite erschien eine wunderschöne Eule, ätherisch in ihrem weißen Federkleid. Die weisen Augen der Eule begegneten ihrem Blick, und sie neigte hoheitsvoll den Kopf vor Thetis, bevor beide Vögel in einem Wirbel von Diamantenstaub verschwanden.
Dreizehn Jahre später,
auf dem Olymp
»Ich muss Euch gestehen, meine Lieben, dass dieser Trojanische Krieg mich in den Wahnsinn treibt.« Venus seufzte und warf Athene einen vielsagenden Blick zu.
»Warum seht Ihr mich so an?«, fragte Athene gereizt.
»Athene, meine Freundin, das könnte etwas damit zu tun haben, dass Ihr die Göttin des Krieges seid«, erwiderte Hera.
»Und außerdem seid Ihr geradezu besessen davon, für Odysseus' Sicherheit zu sorgen, was die Lage in Troja nicht unbedingt verbessert«, fügte Venus hinzu. Dann hob sie ihren leeren Kelch und rief: »Ich brauche mehr Ambrosia!« Sofort kam ein Satyr herbeigaloppiert und schenkte ihr aus einem glitzernden Krug von dem goldenen Götterwein nach. Venus warf dem sehr männlichen, sehr enthusiastischen Wesen eine Kusshand zu, und der Satyr sonnte sich in ihrer Aufmerksamkeit, verneigte sich tief vor der Göttin und küsste ihre Füße, bevor er widerwillig aus dem Saal trottete.
»Ihr verwöhnt diese Kreaturen.« Athene sah dem Satyr mit einem Stirnrunzeln nach. »Und wie Ihr Euch vielleicht erinnert, wart Ihr diejenige, die Odysseus' Zuneigung zu mir überhaupt erst entfacht hat.« Die grauäugige Göttin warf ihre goldblonden Haare zurück. »Also ist unsere Beziehung im Grunde Eure Schuld.«
»Wenn Ihr nicht so verklemmt wärt, hättet Ihr vielleicht wirklich eine Beziehung statt jahrzehntelanger sexueller Frustration und Obsession«, murmelte Venus.
»Wie bitte?« Athenes Augen wurden schmal.
»Ich meine nur ...«
»... dass der Trojanische Krieg immer ermüdender wird«, schnitt Hera der Göttin der Liebe das Wort ab. »Besonders diese neuen Gerüchte sind schockierend. Es war wirklich schon schlimm genug, dass Agamemnon und Menelaos die arme Helena für den Krieg verantwortlich gemacht haben, obwohl ihre eigene Gier nach den Reichtümern Trojas und ihr aufgeblasenes männliches Ego an allem schuld waren.«
Athene sah Venus fragend an. »Habt Ihr nicht dafür gesorgt, dass Paris sich in Helena verliebt hat?«
Die Göttin der Liebe rümpfte gekränkt die Nase. »Menelaos wusste Helenas Schönheit nicht zu schätzen. Der Mann war rüpelhaft und respektlos. Ich habe nur einen kleinen Liebeszauber kreiert, mehr nicht. Woher hätte ich wissen sollen, dass Paris so empfänglich und Helena so liebesbedürftig sein würde?«
»Ganz gleich, wie es dazu kommen konnte«, erwiderte Hera, »es ist einfach nur lächerlich, dass die Griechen eine irregeleitete Ehefrau und den Mann, der sie gestohlen hat, für den gesamten Krieg verantwortlich machen.«
»Mann? Paris ist kaum mehr als ein lustgetriebener Junge, weshalb ich auch nicht dachte, dass so ein winziger, belangloser Zauber solche Probleme verursachen würde. Aber egal, wie lächerlich diese Behauptung ist: Dass eine einzige Frau einen Krieg ausgelöst haben soll, ist nichts im Vergleich zu den Gerüchten, die jetzt aufgekommen sind«, meinte Venus. »Habt Ihr gehört, dass wir drei das ganze Debakel mit Helena und Paris inszeniert haben sollen? Und damit meine ich nicht etwa einen aus dem Ruder gelaufenen Liebeszauber.«
»Nicht schon wieder diese Apfel-Geschichte, oder?« Athene stöhnte. »Die habe ich schon vor Monaten zum ersten Mal gehört. Nicht zu fassen, dass die Leute diesen Schwachsinn tatsächlich glauben und weitererzählen.«
»Als ob wir uns jemals an einem Schönheitswettbewerb beteiligen würden!«, stieß Hera verächtlich hervor.
»Das Ganze ist Discordias Schuld. Sie war wütend, dass sie nicht zu Peleus' und Thetis' Hochzeit eingeladen wurde, deshalb hat sie dieses Gerücht in die Welt gesetzt«, meinte Venus. »Ich bin mir sicher, dass sie es war, weil ich in all den Gerüchten Aphrodite genannt werde. Discordia weiß, dass ich meinen römischen Namen bevorzuge. Es sieht ihr ähnlich, dass sie ein Gerücht über mich in Umlauf bringt und meinen griechischen Namen benutzt, um mich zu ärgern. Und dabei war ich nicht einmal bei dieser dämlichen Feier!«
»Discordia wusste schon immer, wie sie uns wütend machen kann«, sagte Hera.
»Kein Wunder, dass sie nur selten zu einem Fest eingeladen wird«, meinte Venus.
»Das Gerücht besagt, dass Venus, beziehungsweise Aphrodite « - Hera lächelte Venus entschuldigend an - »Helena Paris als Gattin versprochen hat, weil er Euch als Schönste von uns dreien auserwählt hat.«
»Diesen Unsinn habe ich auch schon gehört. Das ist der Hauptgrund, weswegen mich dieser Krieg in den Wahnsinn treibt. Ich bin es so leid, dass sowohl die Griechen als auch die Trojaner für all ihre Probleme uns Frauen verantwortlich machen - und besonders gern uns Göttinnen. Meine Lieben, wir müssen etwas tun, um diesen Krieg zu beenden. Je früher, desto besser.«
»Er dauert nun schon fast zehn Jahre. Meiner Ansicht nach sind das mindestens neun Jahre zu viel«, meinte Hera.
»Ganz genau«, stimmte Venus zu.
»Ja.« Auch Athene nickte.
»Also, was können wir tun?« Die Göttin der Liebe seufzte. »Sie schieben den Frauen die Schuld in die Schuhe, aber es sind die verdammten Männer mit ihren völlig veralteten Vorstellungen von Recht und Ehre, die einfach keine Ruhe geben.«
»Odysseus könnt Ihr wirklich nicht dafür verantwortlich machen«, verteidigte Athene wie immer sofort ihren Favoriten.
Venus schnaubte.
»Ich glaube, da habt Ihr recht, Athene«, stimmte Hera jedoch zu. »Es sind Achilles und sein maßloser Zorn, die diesen Krieg antreiben.«
»Ja.« Athene nickte. »Er ist eindeutig das Problem. Wenn wir ihn und seine Myrmidonen aus dem Spiel nehmen könnten, würden die Griechen wahrscheinlich den Mut verlieren und die Belagerung von Troja aufgeben.« Genervt trommelte die Göttin des Krieges mit ihren schlanken Fingern gegen das Glas ihres Weinkelchs. »Als Thetis uns vor dreizehn Jahren um Hilfe gebeten hat, hätten wir wissen müssen, dass wir Ärger mit ihm bekommen würden. Hätten wir damals eingegriffen, hätten wir uns einiges erspart.«
Hera seufzte. »Wir haben damals nicht eingegriffen, weil es sonst Probleme zwischen mir und Zeus gegeben hätte. Wieder mal.«
»Würdet Ihr mir bitte erklären, worüber Ihr beide da redet? «, unterbrach Venus sie.
»Ihr erinnert Euch doch noch, dass Thetis das Orakel von Dodona nach der Zukunft ihres Sohns befragt hat, oder?«, erkundigte sich Hera.
»Vage. Hat das Orakel Achilles nicht vor die Wahl zwischen Ruhm und einem langen Leben gestellt?«
»Ja, und der törichte Junge hat sich natürlich für den Ruhm entschieden«, erklärte Athene. »Deshalb hat seine Mutter uns um Hilfe gebeten. Wir haben ihr Bittgebet gehört, und ich wollte eingreifen.« Die Göttin des Krieges zuckte mit den Schultern. »Aber es schien einfach nie der richtige Zeitpunkt zu sein. Und ich muss zugeben, dass es mir irgendwann entfallen ist.«
»Ich wollte eigentlich auch eingreifen, aber ich habe mich von den Schwierigkeiten, die das zwischen Zeus und mir verursacht hätte, davon abbringen lassen. Und dann ist da auch noch diese schreckliche Berserker-Rage, die Zeus Achilles geschenkt hat. Wann immer seine Gefühle allzu sehr in Fahrt geraten - im Guten oder im Schlechten -, überwältigen sie ihn, und dann kann man nicht mehr vernünftig mit ihm reden.« Hera senkte ihre Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. »Ich habe gehört, dass die Frauen solche Angst vor ihm haben, dass er sich seit Jahren keine Geliebte mehr genommen hat.«
Venus schnaubte erneut. »Das klingt, als bräuchte Achilles dringend eine starke, unabhängige Frau aus der modernen Welt, die ihn führen kann und die ihm diesen Berserker-Unsinn austreibt. Dann könnte man auch wieder vernünftig mit ihm reden. Jetzt, wo er kein närrischer Junge mehr ist, will er doch bestimmt nicht mehr unbedingt sterben, bevor seine Haare auch nur anfangen, grau zu werden.« Sie nippte an ihrer Ambrosia, merkte dann aber, wie Hera und Athene sie anstarrten. »Was ist denn?«
»Ich glaube, die Göttin der Liebe hatte gerade die rettende Idee«, meinte Athene.
»Ja, und wenn sie die moderne Frau nach Troja bringt, wird Zeus sicher nicht mich für Konsequenzen verantwortlich machen. « Ein fröhliches Lächeln breitete sich auf Heras Lippen aus.
»Wie schön, dass ich Eure Eheprobleme für Euch lösen darf ...« Venus' Stimme triefte vor Sarkasmus.
»Also werdet Ihr es tun?«, wollte Athene wissen.
»Natürlich werde ich helfen. Ich bin den Trojanischen Krieg genauso leid wie Ihr.« Venus strich ihre Haare zurück und nahm noch einen Schluck von ihrer Ambrosia, während sie über ihren nächsten Schritt nachdachte. »Die Stadt Tulsa in der modernen Welt ist mir wohlbekannt. Es wäre ein Leichtes für mich, mein Orakel darauf auszurichten. Ich muss nur ein bisschen lauschen, dann werde ich die perfekte Frau für Achilles schon finden.« Sie lächelte und zuckte lässig mit den Schultern. »Wenn ich sie gefunden habe, könnte ich sie einfach hierherzaubern. Wir überzeugen sie davon, dass sie Achilles zur Vernunft bringen soll, und dann schicke ich sie ins antike Griechenland. Ich schätze ...« Venus machte eine Pause und nippte an ihrem Wein, während die anderen beiden Göttinnen ungeduldig darauf warteten, dass sie weiterredete.
»Was?«, hakte Hera schließlich nach.
»Ich schätze, wir sollten der Frau irgendeine Belohnung für ihre Dienste anbieten.«
»Eine Belohnung? Sollte es nicht Belohnung genug sein, dass sie von einer Göttin auserwählt wurde?«, fragte Athene.
Venus verdrehte die Augen. »Athene, meine Liebe, Ihr kommt wirklich zu wenig raus. Die modernen Sterblichen, und vor allem die modernen Frauen, katzbuckeln nicht vor den Göttern und verehren uns nicht wie willenlose Speichellecker. Es ist eine wahre Freude, sich unerkannt unter sie zu mischen.« Venus lächelte, als sie sich an ihre Abenteuer in Tulsa und an die ewige Liebe erinnerte, die sie dort gefunden hatte. »Vertraut mir einfach. «
»Eine Belohnung für die Sterbliche kann auf keinen Fall schaden«, stimmte Hera zu, während Athene Venus zornig anfunkelte. »Warum sollten wir ihr das Ganze nicht ein bisschen schmackhaft machen? Ein Gefallen von der Göttin der Liebe sollte jede Sterbliche zufriedenstellen, ganz gleich, ob sie aus der modernen oder irgendeiner anderen Welt kommt.«
»Das ist eine hervorragende Idee, Hera.« Venus lächelte Athene schelmisch an.
»Für mich klingt es, als hätten wir einen perfekten Plan«, meinte Hera.
»Dann sind wir uns also alle einig«, stimmte Athene zu, wenn auch etwas widerwillig.
Hera hob ihr Glas. »Auf die Wandlung von Achilles und das Ende dieses entsetzlichen Trojanischen Krieges.«
»Und nicht zu vergessen«, fügte Venus mit einem Lächeln hinzu, »auf die modernen Frauen.«
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main.
... weniger
Autoren-Porträt von P. C. Cast
Cast, P.C.P.C. Cast ist die Autorin der zwölfbändigen House of Night-Serie. Sie wuchs in Illinois und Oklahoma auf und arbeitete viele Jahre als Lehrerin, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Ihre Bücher erreichten eine Gesamtauflage von über zwanzig Millionen Exemplaren und erschienen in mehr als vierzig Ländern. Die Autorin lebt mit ihrer Familie und ihren geliebten Katzen, Hunden und Pferden in Oregon. Strüh, ChristineChristine Strüh, geboren 1954, lebt in Berlin. Sie ist Übersetzerin von Gillian Flynn, Cecelia Ahern, Judy Blume, Pete Hamill, Laini Taylor und anderen.
Bibliographische Angaben
- Autor: P. C. Cast
- 2013, 1. Auflage, 448 Seiten, Masse: 12,5 x 18,8 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Christine Strüh
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596193885
- ISBN-13: 9783596193882
- Erscheinungsdatum: 24.09.2013
Rezension zu „Göttin des Sieges / Mythica Bd.6 “
Leichte, amüsante und erotische Unterhaltungslektüre Ilse Nebelung EKZ Bibliotheksservice 20131111
Pressezitat
Leichte, amüsante und erotische Unterhaltungslektüre Ilse Nebelung EKZ Bibliotheksservice 20131111
Kommentare zu "Göttin des Sieges / Mythica Bd.6"
0 Gebrauchte Artikel zu „Göttin des Sieges / Mythica Bd.6“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
4 von 5 Sternen
5 Sterne 1Schreiben Sie einen Kommentar zu "Göttin des Sieges / Mythica Bd.6".
Kommentar verfassen