"Gefragt, wer ich sei" - Wie mittelalterliche Boten sich auswiesen
Ohne Boten lief vor dem Aufkommen technischer Medien wie Telefon und E-Mail in Sachen Fernkommunikation schlichtweg nichts. Nun ist ein Kennzeichen des Mittelalters die Abwesenheit von Institutionen, etwa einer staatlichen Post, die der Berufsgruppe...
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Produktinformationen zu „"Gefragt, wer ich sei" - Wie mittelalterliche Boten sich auswiesen “
Klappentext zu „"Gefragt, wer ich sei" - Wie mittelalterliche Boten sich auswiesen “
Ohne Boten lief vor dem Aufkommen technischer Medien wie Telefon und E-Mail in Sachen Fernkommunikation schlichtweg nichts. Nun ist ein Kennzeichen des Mittelalters die Abwesenheit von Institutionen, etwa einer staatlichen Post, die der Berufsgruppe gleichsam notarielle Glaubwürdigkeit einbringen konnte. Dieser Umstand - ob als Defizit oder Alternative begriffen - führte dazu, dass die Menschen in vielen Bereichen des täglichen Lebens eigene Abläufe finden mussten. Die Lösungswege, zu denen das Mittelalter nun hinsichtlich von Fragen wie: "Habe ich es tatsächlich mit einem Boten zu tun oder doch mit einem Nachrichtenfälscher?" oder: "Kann ich demjenigen, der sich mir als Bote vorstellt, wirklich trauen?" kam, erarbeitet die Autorin in diesem Buch. Unter Berücksichtigung der aktuellen Forschungslage vermittelt sie auf verständliche Weise ein solides Überblickswissen zum mittelalterlichen Botenwesen und bereitet aus dem hierzu eigens zusammengetragenen, breiten Fundus verschiedenartiger Quellenbelege zwölf exemplarische Fälle anschaulich auf. Über den Aspekt der Botenbeglaubigung eröffnet das Buch so einen sehr konkreten und lebendigen Blick auf Grundfeste des mittelalterlichen Alltags.
Lese-Probe zu „"Gefragt, wer ich sei" - Wie mittelalterliche Boten sich auswiesen “
Textprobe:Kapitel 3. Geschichten vom Schein und Sein:
Welcher Strategien und Anhaltspunkte der Botenauthentifizierung bedienten sich Absender, Boten und Empfänger in mittelalterlicher Fernkommunikation nun konkret, um in einem so risikobehafteten Umfeld Vertrauen, Glaubwürdigkeit und damit ein Stück weit Sicherheit herzustellen? Die Untersuchungsbefunde dazu stellt das folgende Kapitel nach Fällen geordnet dar. Im Fokus der Unterkapitel steht jeweils ein kontextualisierter (Leit)Fall, zur Stützung der daraus gezogenen Schlüsse führe ich gegebenenfalls weitere, randständig behandelte Belege an.
3.1 Im Stab liegt die Wahrheit:
Eine Station im kurzen, aber bewegten Leben Hildegunds von Schönau war ihr Engagement als Bote. Aus Neuss stammend, mit 13 Jahren verwaist und verarmt, schlug sie sich etwa ein Jahr lang, sich zum Schutz als Jüngling ausgebend, umherziehend und bettelnd durch. Sie verdingte sich als Bote, bevor sie kurz darauf 1185 als Josef ins Zisterzienserkloster Schönau bei Heidelberg eintrat. Dass wir heute von ihr wissen, ist der zisterziensischen Mirakelliteratur zu verdanken. Als Hildegund alias Josef nämlich drei Jahre später starb, entdeckten die Mönche beim Waschen der Leiche, dass ein Mädchen mit ihnen das harte Klosterleben geteilt hatte, was ihr den Ruf einer Heiligen einbrachte. Unter Geheimhaltung ihres wahren Geschlechts hatte sie dem Prior von Schönau auf dem Sterbebett noch ihre Lebensgeschichte erzählt, woraus der Zisterzienser Engelhard von Langheim noch 1188, in ihrem Todesjahr, die älteste Version ihrer Vita abfasste. Weitere folgten in den Jahrzehnten nach ihrem Ableben.
Als Bote angeheuert wurde Hildegund im Zuge des von 1183 bis 1189 währenden Streits um die Investitur des päpstlichen Favoriten Volmars aus Karden als Trierer Bischof, die gegen den Widerstand Kaiser Friedrichs I. vorgenommen wurde. In dieser Sache hätten Päpste und Bischöfe in regem Boten- und Briefaustausch gestanden, so auch der Kölner Erzbischof Philipp von
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Heisenberg. Dessen Kaplan sollte Briefe überbringen, doch angesichts drohender kaiserlicher Nachstellungen habe er sie lieber einem unverdächtig erscheinenden Jüngling, also Hildegund, anvertraut. Die Briefe seien in einem ausgehöhlten Stab (baculum) beziehungsweise Rohr (arundo) versteckt gewesen. In Verona - dort habe der Papst verweilt - würden sie sich wieder treffen und der Kaplan die Briefe zurückerhalten. Der eigentliche Bote, der mit Absender und Empfänger in Kontakt kam, war also der Kaplan. Angesichts der Gefährlichkeit der Mission delegierte er jedoch den Brieftransport an jemanden ohne direkte Verbindung zum Absender; Hildegunds Rolle beschränkte sich so auf die eines subalternen Briefträgers. Weder der Kölner Erzbischof, noch seine Briefe oder der Papst wussten von ihrer Beauftragung, lediglich sie und der Kölner Kaplan waren im Bilde. Den einzigen Rückverweis auf den Auftraggeber, über den sie verfügte, stellten die Briefe des Bischofs dar, die ihr der Kaplan wohl samt Versteck, also zusammen mit dem Stab, überreicht hatte. Die Stabübergabe erweist sich so in dieser Geschichte kurioserweise als Beauftragungsakt, was sich mit der Symbolik offizieller Amtseinführungen deckt; auch Botenstäbe sind bekannt. Aber der Stab war hier gerade nicht als Amtszeichen gedacht, sondern als Tarnmittel, sodass es sich wohl um einen einfachen Stab eines Wanderers oder Pilgers handelte.
Die Mission führte Hildegund von Köln nach Norditalien, und sie schien als Wanderer oder Pilger unbehelligt durch die kaiserlichen Wegkontrollen zu kommen. Erst ein Zwischenfall in Augsburg brachte sie in die Notwendigkeit, ihre Tarnung ein Stück weit aufzugeben: Fälschlicherweise sei sie des Diebstahls angeklagt und zum Tod am Galgen verurteilt worden. Einem Priester, der ihr zur letzten Beichte gewährt worden sei, habe sie schliesslich ihren Auftrag und ihre Identität als Briefbote eröffnet. Dem weltlichen Gericht aber enthielt sie diese Inf
Die Mission führte Hildegund von Köln nach Norditalien, und sie schien als Wanderer oder Pilger unbehelligt durch die kaiserlichen Wegkontrollen zu kommen. Erst ein Zwischenfall in Augsburg brachte sie in die Notwendigkeit, ihre Tarnung ein Stück weit aufzugeben: Fälschlicherweise sei sie des Diebstahls angeklagt und zum Tod am Galgen verurteilt worden. Einem Priester, der ihr zur letzten Beichte gewährt worden sei, habe sie schliesslich ihren Auftrag und ihre Identität als Briefbote eröffnet. Dem weltlichen Gericht aber enthielt sie diese Inf
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Autoren-Porträt von Eva-Maria Bergerbusch
Eva-Maria Bergerbusch, M.Ed., stammt aus dem Westmünsterland. 2017 schloss sie ihr Studium der Geschichte, Germanistik und Bildungswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum erfolgreich ab. Besonders grosses Interesse entwickelte sie dabei für das Mittelalter. Zum Zustandekommen dieser Arbeit, zur Idee, dem Sich-Ausweisen kulturhistorisch nachzuspüren, brauchte es jedoch noch folgende drei Dinge: die Vorliebe der Autorin für ein kleines Portemonnaie, in das jedoch kein Personalausweis grösseren Formats hineinpasste, dazu einen Busfahrer, der zum Ticket partout jenen Personalausweis verlangte, und zuletzt Herrn Scior vom Historischen Institut der RUB, dessen kommunikationshistorische Forschung einen wissenschaftlichen Anknüpfungspunkt lieferte.
Bibliographische Angaben
- Autor: Eva-Maria Bergerbusch
- 2017, 80 Seiten, Masse: 15,5 x 22 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Diplomica
- ISBN-10: 3961465754
- ISBN-13: 9783961465750
- Erscheinungsdatum: 30.11.2017
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