Gefährliche Junggesellen
Roman
Drei Männer, die von der Liebe enttäuscht wurden: Der Anwalt Adam, der Künstler Gray und der Industrielle Charles. Aber nun begegnen alle drei Frauen, die ihr Herz von Neuem erobern und heilen könnten. Doch können sie sich darauf einlassen?
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Gefährliche Junggesellen “
Drei Männer, die von der Liebe enttäuscht wurden: Der Anwalt Adam, der Künstler Gray und der Industrielle Charles. Aber nun begegnen alle drei Frauen, die ihr Herz von Neuem erobern und heilen könnten. Doch können sie sich darauf einlassen?
Klappentext zu „Gefährliche Junggesellen “
Sie sind attraktiv, erfolgreich, begehrt - und in Sachen Beziehung gebrannte Kinder. Doch nun müssen sich der Anwalt Adam, der Künstler Gray und der Industrielle Charles ihrem grössten Abenteuer stellen: der Liebe. Denn jedem der drei begegnet die Frau, die imstande wäre, sein verletztes Herz zu heilen ... wenn er sie nur liesse.
Lese-Probe zu „Gefährliche Junggesellen “
Gefährliche Junggesellen von Danielle Steel1
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Die Sonne brannte auf das Deck der Blue Moon. Die Yacht war mehr als siebzig Meter lang und bestach durch ihr elegantes Design. Pool, Hubschrauberlandeplatz, sechs luxuriöse Kabinen für Gäste, eine Mastersuite wie aus einem Film und eine perfekt geschulte sechzehnköpfige Crew. Die Blue Moon - und ihr Besitzer - war weltweit in jedem Yachtsport-Magazin vorgestellt worden. Charles Sumner Harrington hatte das Boot einige Zeit zuvor von einem saudischen Prinzen gekauft. Seine erste Yacht legte sich Charlie bereits im Alter von zweiundzwanzig Jahren zu. Über zwei Jahrzehnte später genoss er das Leben auf einem Boot noch genauso wie damals. Mit Mitte vierzig war Charles Harrington nun ein glücklicher Mann. Das Leben schien es gut mit ihm zu meinen. Schon früh hatte er ein riesiges Vermögen geerbt und es in den folgenden Jahren verantwortungsvoll verwaltet und klug investiert. Außerdem leitete Charlie die von seiner Familie gegründete Stiftung. Er war sich darüber im Klaren, dass nur wenige Menschen auf dieser Erde so gesegnet waren wie er. Deshalb engagierte er sich über die Stiftung hinaus auch privat für die weniger Glücklichen unter ihnen. Leidenschaftlich setzte er sich für Jugendliche und Kinder ein. Er leistete beeindruckende Arbeit im Bildungsbereich, sicherte vor allem in Entwicklungsländern medizinische Unterstützung und hatte sich dem Kampf gegen Kindesmissbrauch verschrieben. Charles Harrington war eine Leitfigur der Gesellschaft, obwohl er seine wohltätige Arbeit möglichst unspektakulär verrichtete. Auch privat war Charlie ein fürsorglicher, gewissenhafter Mann. Er verheimlichte jedoch keineswegs, dass er verwöhnt war, und bat für die Art, wie er lebte, nicht um Entschuldigung. Charles Harrington konnte es sich nun einmal leisten, schließlich gab er jedes Jahr Millionen für das Wohlergehen anderer aus. Er hatte nie geheiratet, war kinderlos, genoss das gute Leben, und es bereitete ihm Spaß, seine Freunde daran teilhaben zu lassen. Jedes Jahr verbrachten Charlie und seine beiden engsten Freunde, Adam Weiss und Gray Hawk, den August auf Charlies Yacht. Sie kreuzten im Mittelmeer und gingen vor Anker, wo es ihnen gerade gefiel. Seit zehn Jahren war dieser gemeinsame Urlaub zu einem festen Ritual geworden. Immer am ersten August flogen Adam und Gray nach Nizza und gingen dort an Bord der Blue Moon. Charlie war für gewöhnlich bereits den Juli über auf der Yacht und kehrte manchmal nicht vor Ende September zu seinem Wohnsitz nach New York zurück. Seine Investitionen und Entscheidungen bezüglich der Stiftung konnte er problemlos vom Boot aus tätigen. Als Charlie an diesem Morgen auf dem Achterdeck frühstückte, lag das Boot im Hafen von St. Tropez vor Anker. Letzte Nacht war es spät geworden. Erst gegen vier Uhr am Morgen waren sie zurück aufs Schiff gekommen. Trotzdem stand Charlie früh auf. Seine Erinnerungen an letzte Nacht waren verschwommen - so wie immer, wenn Gray und Adam mit von der Partie waren. Die drei schuldeten niemandem Rechenschaft. Keiner von ihnen war verheiratet oder lebte momentan in einer Beziehung. Sie hatten schon vor langem vereinbart, dass sie den Monat auf dem Boot immer als »Junggesellenurlaub« verbringen wollten, auch wenn sich ihre persönliche Situation einmal ändern sollte. Die übrige Zeit des Jahres widmeten sie sich ihrer Arbeit. Adam war Anwalt und Gray Künstler. Adam und Gray waren aus freien Stücken Junggesellen. Charlie hingegen behauptete stets, sein Singledasein sei einfach Pech. Er hätte gern geheiratet, aber bisher war ihm nicht die Richtige begegnet - obwohl er sein Leben lang nach ihr gesucht hatte. Und das tat er noch immer voller Entschlossenheit, obwohl er bereits viermal verlobt gewesen war. Seine erste Verlobte hatte drei Wochen vor der Hochzeit mit seinem ehemals besten Freund geschlafen. Es folgte ein gewaltiger Skandal, und Charlie war gar nichts anderes übriggeblieben, als die Verlobung zu lösen. Damals war er dreißig Jahre alt. Seine zweite Braut hatte kurz nach der Verlobung einen Job in London angenommen. Um sie dennoch regelmäßig zu sehen, hatte sich Charlie eine Wohnung in London gemietet und war gependelt. Allerdings ließ ihr die Arbeit bei der britischen Vogue kaum Zeit für ihn. Zwei Monate vor der Hochzeit gestand sie ihm, dass sie Karriere machen wolle und nicht bereit sei, ihren Job nach der Hochzeit aufzugeben. Da sich das jedoch nicht mit Charlies Vorstellungen der Rollenverteilung vertrug, entschieden sie, sich zu trennen - freundschaftlich natürlich. Für ihn war es eine große Enttäuschung. Trotzdem war er danach entschlossener denn je, seine Traumfrau zu finden. Ein Jahr später war er sicher, dass es ihm endlich gelungen war. Er und sie hatten vieles gemeinsam. Damals musste er häufig nach Südamerika, wo sich die Stiftung um Kinder in Entwicklungsländern kümmerte. Sie begleitete Charlie auf diesen Reisen und war sogar bereit, sich für ihn beruflich einzuschränken. Sechs Monate nach ihrer ersten Begegnung verlobten sie sich. Alles lief gut, bis es Charlie zunehmend störte, dass seine Verlobte und ihre Zwillingsschwester unzertrennlich waren. Seine zukünftige Frau bestand darauf, ihre Schwester überallhin mitzunehmen. Doch sie und Charlie hatten sich vom ersten Augenblick an nicht leiden können. Bei jedem Treffen gab es hitzige Auseinandersetzungen. Er war davon überzeugt, dass sich ihre gegenseitige Abneigung nicht legen würde. Deshalb lösten sie die Verlobung in gegenseitigem Einverständnis. Seiner Verlobten war ihre Zwillingsschwester zu wichtig, als dass sie jemanden heiraten konnte, der ihre Schwester nicht ausstehen konnte. Innerhalb eines Jahres heiratete sie einen anderen Mann, und ihre Schwester zog bei den beiden ein. Da wusste Charlie endgültig, dass er das Richtige getan hatte. Charlies vierte und letzte Verlobung hatte fünf Jahre zuvor ihr trauriges Ende gefunden. Seine Verlobte hatte ihn zwar geliebt, aber sie wollte keine Kinder. Daran änderte auch eine gemeinsame Paartherapie nichts. Anfangs hatte er gedacht, sie noch überzeugen zu können. Als er jedoch erkannte, dass ihm das nicht möglich war, trennten sie sich in aller Freundschaft. Charlie schaffte es, mit allen Ex-Freundinnen befreundet zu bleiben. Zur Weihnachtszeit bekam er unzählige Karten von Frauen, mit denen er irgendwann einmal zusammen gewesen war - die jetzt aber mit einem anderen verheiratet waren. Wenn er sich Fotos von ihnen ansah, dann waren sie sich alle ähnlich: attraktive blonde Frauen aus gutem Hause, die auf renommierten Schulen gewesen waren und renommierte Männer geheiratet hatten. Sie lächelten ihn von ihren Weihnachtskarten an, den erfolgreichen Ehemann neben sich und die fl achsköpfigen Kinder ringsum. Seine Freunde Adam und Gray rieten ihm ständig, endlich die Finger von diesen »Debütantinnen« zu lassen und mit »richtigen« Frauen auszugehen, deren Definition sich entsprechend ihrer jeweiligen Laune unterschied. Aber Charlie wusste ganz genau, was er wollte. Eine intelligente, betuchte Frau, die seine Werte und Ideale teilte und aus einer angesehenen Familie kam. Das war ihm wichtig. Den Stammbaum seiner eigenen Familie konnte man bis ins fünfzehnte Jahrhundert nach England zurückverfolgen. Sein Vermögen war etliche Generationen alt, und wie schon sein Vater und Großvater war auch Charlie in Princeton gewesen. Seine Mutter hatte ebenso wie seine Schwester die private Mädchenschule Miss Porter's und anschließend mehrere Internate in Europa besucht. Eine solche Frau wollte Charlie heiraten. Seine Sichtweise war altmodisch und versnobt, aber Charlie wusste eben, was er wollte und was zu ihm passte. Er selbst war in vielen Dingen altmodisch und hing althergebrachten Werten an, wählte die Konservativen und führte ein solides Leben. Charlie war Eleganz und Würde in Person - ein vollkommener Gentleman. Er war aufmerksam, nett, großzügig, charmant, und seine Manieren waren tadellos. Für die New Yorker Frauen war er schon lange zu einer lohnenswerten Eroberung geworden. Charles Harrington zu heiraten wäre für jede Frau das große Los gewesen. Aber wie der schöne Prinz im Märchen, so suchte auch er auf der ganzen Welt nach der perfekten Frau. Stattdessen fand er Frauen, die zwar auf den ersten Blick reizend und attraktiv wirkten, die aber jedes Mal einen verhängnisvollen Schönheitsfehler aufwiesen, der ihn unweigerlich den Weg zum Altar abbrechen ließ. Aber wo auch immer sich die richtige Frau versteckte, er war nach wie vor fest entschlossen, sie zu finden. Und Charlie war sicher, dass ihm das eines Tages gelingen würde. Er wusste nur nicht, wann das sein würde. Sein einziger Trost bestand darin, dass er bisher zumindest nicht die Falsche geheiratet hatte. Charlies Gesicht war der Sonne zugewandt, die Augen hielt er geschlossen. Eine Stewardess servierte ihm Frühstück und schenkte ihm eine zweite Tasse Kaffee ein. Letzte Nacht hatte er Champagner und etliche Martinis getrunken. Aber seit er vor dem Frühstück schwimmen gewesen war, ging es ihm besser. Er war ein ausdauernder Schwimmer. In Princeton hatte er das Schwimmteam angeführt. Trotz seines Alters war er sportlich und durchtrainiert. Mit Begeisterung fuhr er Ski, surfte, spielte im Winter regelmäßig Squash und im Sommer Tennis. Das tat nicht nur seiner Gesundheit gut, sondern erhielt ihm auch die Figur eines Dreiundzwanzigjährigen. Charlie war groß, schlank und hatte sandfarbenes Haar, in dem die wenigen grauen Haare nicht auffielen, die er im Laufe der Zeit bekommen hatte. Er hatte blaue Augen, und da er den letzten Monat auf dem Boot verbracht hatte, war er tief gebräunt. Das gute Aussehen hatten er und seine Schwester von ihrer Mutter geerbt. Charlies Eltern waren während eines Italienurlaubs bei einem Frontalzusammenstoß mit dem Auto ums Leben gekommen. Charlie war damals sechzehn Jahre alt gewesen und seine Schwester Ellen einundzwanzig. Damals verließ Ellen ihr College in Vassar während des dritten Studienjahrs, um nach Hause zu kommen und sich um Charlie und die Stiftung zu kümmern. Ihm stiegen noch immer Tränen in die Augen, wenn er an seine Schwester dachte. Ellen hatte gesagt, sie wolle ans College zurückkehren, sobald er mit dem Studium anfing. Sie wäre bereit, dieses Opfer für ihn zu bringen. Ellen war eine außergewöhnliche Frau gewesen, und Charlie hatte sie über alles geliebt. Als Charlie dann ans College kam, ahnte er nicht, dass seine Schwester sterbenskrank war. Es gelang ihr, die Krankheit fast drei Jahre lang vor ihm geheim zu halten. Sie sagte, sie habe zu viel mit der Stiftung um die Ohren, um weiter studieren zu können, und er hatte ihr geglaubt. In Wahrheit litt sie an einem Gehirntumor. Sie wusste seit Jahren, dass der Tumor wegen seiner Lage inoperabel war. Ellen starb mit sechsundzwanzig Jahren, nur wenige Monate bevor Charlie in Princeton seinen Abschluss machte. Er hatte niemandem, der diesen wichtigen Tag mit ihm teilte. Kurz nach seinem Abschluss kaufte er sich sein erstes Boot und umsegelte zwei Jahre lang die Welt. Es verging kaum ein Tag, an dem er nicht an seine Schwester und seine Eltern dachte. Ihr Familienleben war absolut harmonisch und liebevoll gewesen. In dem Moment, als alle, die ihn liebten und die er liebte, starben und ihn allein ließen, baute er um sein Innerstes eine Mauer auf. Seine größte Angst war, wieder jemanden zu lieben und ihn erneut an den Tod zu verlieren.
Als er von seiner Weltumseglung zurückkehrte, war er vierundzwanzig Jahre alt. Er ging an die Columbia Business School und machte dort seinen MBA, lernte viel über Investitionen und wie man eine Stiftung leitet. Er war reich und fand ein paar gut gewählte Freunde. Aber ihm war klar, dass er im Grunde so lange allein sein würde, bis er die richtige Frau fand. Er würde sich nicht mit weniger zufriedengeben als dem, was er zu verdienen meinte, eine Frau wie Ellen oder seine Mutter. Dass gerade diese beiden ihn allein zurückgelassen hatten, gestand er sich nur ungern ein. Es war nicht ihre Schuld gewesen, sondern lediglich eine grausame Wendung des Schicksals. Das machte es nur umso wichtiger für ihn, eine Partnerin zu finden, auf die er zählen konnte, die eine gute Mutter für seine Kinder sein würde - jemand, der in jeder Hinsicht nahezu perfekt war. In Charlies Augen war diese Frau es wert, auf sie zu warten. »O Gott«, stöhnte jemand hinter ihm auf dem Deck. Charlie lachte und öffnete die Augen. In weißen Shorts und blauem T-Shirt kam Adam an den Tisch geschlurft und ließ sich Charlie gegenüber in einen Sessel fallen. Die Stewardess schenkte Adam eine Tasse Kaffee ein. Bevor Adam ein weiteres Wort sagte, trank er einen tiefen Schluck. »Was zur Hölle habe ich letzte Nacht getankt?«, brummte er dann. »Jemand muss mir etwas in den Drink geschüttet haben.« Adam hatte dunkle, fast ebenholzschwarze Augen. Auf eine Rasur hatte er diesen Morgen verzichtet. Mittelgroß, mit breiten Schultern und markanten Gesichtszügen war Adam kein so auffallend gutaussehender Mann wie Charlie. Aber er besaß Intelligenz, Humor und Charme. Was ihm an Aussehen mangelte, machte er mit Verstand, Witz und Geld wieder wett. Und von Letzterem hatte er in den vergangenen Jahren eine Menge verdient. »Soweit ich mich erinnere, hast du vor allem Rum und Tequila getrunken, aber das war nach der Flasche Wein zum Abendessen.« Sie hatten an Bord gespeist und dazu Château Haut-Brion getrunken. Anschließend waren sie an Land gegangen und in St. Tropez durch die Bars und Diskotheken gezogen. Charlie wusste, dass er dort nicht die perfekte Frau finden würde, aber es gab hier eine Menge andere, für die er die Suche einige Zeit unterbrach. »Das dachte ich mir. Der Rum muss mich umgehauen haben. Auf diesem Boot verwandle ich mich jedes Jahr in einen Alkoholiker. Wenn ich zu Hause so viel trinken würde, wäre ich schnell aus dem Geschäft.« Adam Weiss blinzelte in das grelle Sonnenlicht, setzte eine dunkle Sonnenbrille auf und grinste. »Du hast einen verdammt schlechten Einfluss auf mich, aber du bist ein hervorragender Gastgeber. Um wie viel Uhr bin ich zurück an Bord gekommen?« »Ich glaube, gegen vier.« Charlie urteilte nicht über seine Freunde. Er wollte einfach nur, dass sie ihren Spaß hatten. Adam und Gray waren die besten Freunde, die er je gehabt hatte, und was die drei miteinander verband, ging über reine Freundschaft hinaus. Sie waren wie Brüder und hatten einander in den letzten zehn Jahren oft beigestanden. Charlie war Adam kurz nach dessen Scheidung von Rachel begegnet. Adam und Rachel hatten sich im zweiten Studienjahr in Harvard kennengelernt, wo sie beide Jura studierten. Rachel hatte ihr Examen im ersten Anlauf summa cum laude bestanden, danach jedoch nie als Anwältin gearbeitet. Adam schaffte seinen Abschluss überhaupt erst beim zweiten Versuch. Dennoch wurde er ein brillanter und erfolgreicher Anwalt. Er stieg in eine Kanzlei ein, die sich auf Rockstars und Spitzensportler spezialisiert hatte - und er liebte seine Arbeit. Rachel und er heirateten einen Tag nach seinem Examen. Ihre Familien kannten sich aus Long Island und begrüßten diese Verbindung. Erstaunlicherweise waren er und Rachel sich während der Highschool-Zeit nie begegnet, obwohl ihre Eltern schon lange befreundet waren. Allerdings hatte er sich auch immer dagegen gesträubt, sich mit Töchtern aus dem Bekanntenkreis seiner Eltern zu treffen. Natürlich wusste er vom ersten Moment an, wer Rachel war. Trotzdem schien sie die perfekte Frau für ihn zu sein. Nach der Hochzeit erhofften sich die beiden ein glückliches Leben. Rachel wurde bereits in den Flitterwochen schwanger und bekam innerhalb von kurzer Zeit zwei Kinder, Amanda und Jacob, die mittlerweile dreizehn und vierzehn Jahre alt waren. Doch die Ehe hielt nur fünf Jahre. Adam arbeitete hart an seiner Karriere. Nachts kam er oft erst um drei Uhr nach Hause, da er seine Klienten noch auf Konzerte oder zu Sportveranstaltungen begleiten musste. Aber allen Versuchungen zum Trotz blieb er Rachel treu. Sie dagegen wurde es leid, ständig allein zu sein, und verliebte sich in einen Kinderarzt, den sie bereits seit der Highschool kannte. Während Adam damit beschäftigt war, das Geld für die Familie zu verdienen, begann sie eine Affäre. Drei Monate nachdem er in der Kanzlei zum Partner ernannt worden war, verließ sie ihn. Sie sagte Adam, er käme gut ohne sie zurecht, nahm die Kinder, die Hälfte seines Geldes und heiratete den Kinderarzt, sobald die Tinte auf dem Scheidungspapier trocken war. Zehn Jahre später war Adam noch immer derart wütend auf sie, dass er es kaum fertigbrachte, höflich mit ihr zu reden. Er hatte sich geschworen, nie wieder zu heiraten, um so etwas nicht noch einmal zu erleben. Als sie ihn damals mit den Kindern verließ, hatte ihn das beinahe umgebracht. Seitdem vermied er jedes Risiko, eine ernsthafte Bindung einzugehen, indem er sich nur mit Frauen traf, die halb so alt waren wie er - die in dem Milieu, in dem er arbeitete, leicht zu finden waren. Im Alter von einundvierzig Jahren ging er mit Mädchen aus, die Anfang zwanzig waren, Models, Starlets, Groupies, eben die Art von Frauen, die sich um Rockstars und Spitzensportler scharen. Meistens konnte er sich nicht einmal ihre Namen merken. Er war ihnen gegenüber großzügig, aber auch ehrlich. Von Anfang an stellte er klar, dass es bei ihrer Beziehung einfach darum ging, sich miteinander zu vergnügen. Es hielt nie länger als einen Monat - wenn überhaupt. Er ging ein paarmal mit ihnen aus und anschließend ins Bett. Und dann zog er weiter. Rachel hatte ihm sein Herz herausgerissen und es unter ihrem Absatz zertreten. Mit ihr redete er nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ, und das passierte immer seltener, je älter die Kinder wurden. Meistens schickte er ihr kurze E-Mails oder ließ seine Sekretärin anrufen. Adam liebte seine neue Freiheit, und nichts auf der Welt würde ihn dazu bringen, diese noch einmal aufs Spiel zu setzen. Soweit es ihn betraf, waren Frauen für Sex und zum Vergnügen da, ansonsten hielt man sie auf Abstand. Wichtig waren ihm nur seine Kinder, seine Arbeit und seine Freunde. Rachel war seine Todfeindin, seine Mutter das Kreuz, das er zu tragen hatte, seine Schwester eine Plage - und die Frauen, mit denen er ausging, kaum mehr als Fremde. »Ich glaube, ich habe mich gestern gut amüsiert.« Adam grinste verlegen. »Ich erinnere mich noch daran, dass ich mit ein paar Brasilianerinnen getanzt habe, die kein Wort Englisch verstanden. Aber die konnten sich vielleicht bewegen ... Ich habe bis zum Abwinken Samba getanzt und bestimmt zwei Dutzend Drinks gehabt. Diese Weiber waren unglaublich.« Charlie lachte, und dann drehten beide Männer ihre Gesichter der Sonne zu. Adams Kopf dröhnte. Er amüsierte sich genauso exzessiv, wie er arbeitete. Adam war einer der Top-Anwälte in seinem Bereich, trug stets drei Handys und einen Pager bei sich und verbrachte den Großteil seines Lebens in Meetings oder in seiner Privatmaschine auf dem Weg zu Meetings. Er vertrat eine lange Liste bekannter Persönlichkeiten, die sich alle mit erschreckender Regelmäßigkeit in Schwierigkeiten brachten. Trotzdem liebte Adam seine Arbeit und hatte mit seinen Klienten mehr Geduld als mit irgendjemandem sonst - abgesehen von seinen Kindern. Sie waren ihm das Wichtigste in seinem Leben. »Ich glaube, ich habe mich mit ihnen für heute Abend verabredet«, sagte Adam und lächelte beim Gedanken an die brasilianischen Schönheiten. »Aber da sie kein Wort verstanden haben, werden wir später hingehen müssen, um festzustellen, ob sie trotzdem kommen.« Nach der zweiten Tasse Kaffee erholten sich Adams Lebensgeister allmählich. In diesem Moment erschien Gray. Er trug ebenfalls eine dunkle Sonnenbrille, und seine ungekämmte Mähne weißer Haare stand in alle Richtungen ab. Stöhnend setzte er sich an den Tisch. Er hatte eine Badehose an und ein mit Farbflecken übersätes T-Shirt. »Ich bin zu alt für so etwas«, sagte er und nahm dankbar eine Tasse Kaffee entgegen. Dann öffnete er eine Flasche Underberg. Der bittere Geschmack vertrieb die aufkommende Übelkeit. Im Vergleich zu Adam und Charlie sah er auffallend anders aus. Gray war groß und sehr dünn. Als Junge hatte er ausgesehen wie ein Strich in der Landschaft. Er war Künstler und lebte in West Village, wo er oft monatelang an einem Bild arbeitete. Wenn er pro Jahr zwei davon verkaufte, kam er damit gerade über die Runden. Wie Charlie hatte er nie geheiratet und war kinderlos. In der Kunstwelt war er anerkannt, er hatte es jedoch nie zu kommerziellem Erfolg gebracht. Aber das war ihm gleichgültig. Geld bedeutete ihm nichts. Für ihn zählte nur die Integrität seiner Arbeit. Er bot Adam und Charlie ebenfalls einen Underberg an, aber die verzogen beide das Gesicht. »Wie kannst du nur dieses Zeug trinken?« Adam schüttelte sich allein bei dem Geruch. »Es mag ja helfen, aber eher ertrage ich meinen Kater, als dass ich dieses Gebräu runterkriege. « »Es hilft wirklich. Wenn wir weiterhin so viel trinken, solltet ihr es mir allerdings intravenös verabreichen. Ich vergesse immer, wie heftig unser Urlaub wird. Bestimmt nähme man uns mittlerweile sofort bei den Anonymen Alkoholikern«, sagte Gray und kippte einen weiteren Underberg herunter, spülte dann mit Kaffee hinterher und stürzte sich anschließend auf einen Teller Rührei. »Normalerweise greifst du erst in der zweiten und nicht schon in der ersten Woche zu diesem Hausmittelchen«, erwiderte Charlie gut gelaunt. Er liebte es, Zeit mit seinen beiden Freunden zu verbringen. Am Anfang schlugen sie immer etwas über die Stränge. Aber es war längst nicht so schlimm, wie sie jetzt taten. Letzte Nacht hatten sie zwar einiges getrunken, aber vor allem hatten sie sich einfach vergnügt, hatten getanzt, Leute beobachtet und es genossen, wieder zusammen zu sein. Charlie freute sich darauf, den ganzen Monat mit den beiden zu verbringen. Für ihn war es der Höhepunkt jedes Jahres, und den beiden anderen ging es ebenso. In den letzten zehn Jahren hatten sie viel gemeinsam erlebt und erzählten sich oft lachend Geschichten aus dieser Zeit. »So heftig wie gestern war es sonst nie an den ersten Tagen. Meine Leber ist jetzt schon hinüber. Das spüre ich«, sagte Gray mit besorgter Miene, während er das Rührei aß und sich dann eine Scheibe Toast in den Mund schob. Kopfschüttelnd betrachtete Adam, was Gray alles verdrückte. Diese Magenbitter schienen wirklich zu helfen. »Immerhin bin ich älter als ihr beide«, fuhr Gray zwischen zwei Bissen fort. »Wenn ich nicht kürzertrete, werde ich den nächsten August nicht mehr erleben. Vermutlich bringt mich allein die Tanzerei schon um. Verdammt, bin ich schlecht in Form.« Gray war gerade erst fünfzig geworden, sah jedoch wegen seiner nicht zu bändigenden weißen Haare wesentlich älter aus als seine Freunde. Außerdem besaß Charlie noch immer ein jungenhaftes Aussehen, das ihn fünf bis zehn Jahre jünger wirken ließ. Adam war erst einundvierzig, und gleichgültig, wo auf der Welt er sich gerade aufhielt und wie beschäftigt er war, es verging kein Tag, an dem er nicht im Fitnessstudio trainierte. Er sagte, nur so könne er den Stress aushalten. Im Gegensatz zu Charlie und Adam suchte Gray nicht aktiv nach Frauen. Er bewegte sich unbeirrt in seiner Welt der Kunst und zog dabei wie ein Magnet Frauen an, die Adam als Psychopathinnen bezeichnete. Gray widersprach ihm nicht. Die Frauen, mit denen er ausging, hatten entweder gerade ihre Medikamente abgesetzt oder taten es, sobald sie mit ihm zusammenkamen. Die meisten waren von ihren Ex-Männern oder -Freunden ausgenutzt und dann auf die Straße gesetzt worden. Gray war ihr Retter in der Not. Selbst wenn er sie nicht einmal attraktiv fand, bot er ihnen an, bei ihm zu wohnen. »Nur für ein paar Wochen, bis sie wieder auf die Füße gekommen sind.« Er kochte für sie, suchte ihnen Ärzte und Therapeuten, brachte sie in einem Entzug unter oder nüchterte sie selbst aus. Er gab ihnen Geld und wurde dabei noch ärmer, als er es zuvor gewesen war. Gray tat für sie, was er konnte - solange sie keine Kinder hatten. Kinder waren das Einzige, womit Gray nicht umgehen konnte. Sie machten ihm Angst. Das war schon immer so gewesen. Sie erinnerten ihn zu sehr an seine eigene Kindheit. Grays Beziehungen hielten zwischen einem Monat und einem Jahr. Er beschaffte den Frauen einen Job, machte sie gesellschaftsfähig und stellte sie Leuten vor, die ihnen nützlich waren. Und wenn sie nicht am Ende doch ins Krankenhaus oder eine Anstalt eingewiesen wurden, verließen sie ihn mit ziemlicher Sicherheit wegen eines anderen. Gray hatte nie den Wunsch verspürt, eine dieser Frauen zu heiraten. Aber obwohl er damit rechnete, war er enttäuscht, wenn sie ihn verließen. Er kümmerte sich aufopferungsvoll um sie, aber so wie hingebungsvolle Eltern wusste er, dass seine Küken irgendwann flügge wurden. Zu seiner Verwunderung waren die Abschiede fast jedes Mal schwierig und dramatisch. So gut wie nie verschwanden die Frauen höflich aus Grays Leben. Sie bestahlen ihn, warfen seine Sachen durchs Fenster auf die Straße oder brachen einen lautstarken Streit vom Zaun, der die Polizei auf den Plan rief. Fast nie dankten sie ihm für die Zeit, Mühe, Zuneigung und das Geld, das er ihnen geschenkt hatte. Und am Ende war es für ihn eine Erleichterung, wenn sie gingen. Adam hatte ihm einmal vorgeschlagen, er solle doch für eine Wohltätigkeitsorganisation arbeiten oder ein Frauenhaus eröffnen. Dort könne er sich als Betreuer austoben, ohne dass sein Liebesleben eine Anlaufstelle für gestörte Persönlichkeiten wurde. »Ich kann einfach nicht anders«, hatte Gray verlegen geantwortet. »Jedes Mal denke ich, wenn ich ihnen nicht helfe, tut es niemand.« Gray litt unter dem unwiderstehlichen Drang, die Welt zu retten. Aber früher oder später brauchten diese Frauen einen anderen Typ Mann. Und sobald die eine weg war, erschien eine neue Unglückliche, die Grays Leben auf den Kopf stellte. Es war eine Achterbahnfahrt, an die er sich im Laufe der Jahre jedoch gewöhnt hatte. Im Unterschied zu Charlie und Adam, die aus angesehenen, alteingesessenen Familien stammten - Adams Familie war auf Long Island ansässig und Charlies an der Fifth Avenue -, war Gray überall auf der Welt aufgewachsen. Seine Eltern gehörten zu einer der erfolgreichsten Rockbands aller Zeiten und hatten ihn als Säugling adoptiert. Er war inmitten von Rockstars aufgezogen worden, die ihm Joints reichten und ihr Bier mit ihm teilten, als er gerade einmal acht Jahre alt war. Seine Eltern hatten auch ein Mädchen adoptiert. Ihn nannten sie Gray - Grauschimmel - und sie Sparrow, also Spatz. Als Gray zehn Jahre alt war, glaubten seine Eltern, wiedergeboren zu sein, und zogen erst nach Indien, dann nach Nepal und blieben eine Weile in der Karibik. Anschließend lebten sie inmitten von Eingeborenen vier Jahre lang auf einem Boot am Amazonas. Seine Schwester wurde eine buddhistische Nonne. Sie kehrte nach Indien zurück und kümmerte sich in Kalkutta um hungernde Menschen. Gray verließ seine Famile mit achtzehn. Er ging nach New York, um zu malen. Seine Eltern verfügten damals noch über ein gewisses Vermögen, aber Gray hatte sich entschieden, es auf eigene Faust zu versuchen. Mit Anfang zwanzig studierte er einige Jahre in Paris, bevor er anschließend wieder nach New York zurückkehrte. Seine Eltern waren zwischenzeitlich nach Santa Fe gezogen. Als Gray fünfundzwanzig war, adoptieren sie ein Navajo-Baby und nannten den Jungen Boy. Gray mochte den Kleinen, aber der Altersunterschied war zu groß, so dass Gray kaum etwas von Boy mitbekam. Als Boy achtzehn Jahre alt war, starben Grays Eltern, und Boy kehrte zu seinem Stamm zurück. Das war jetzt sieben Jahre her. Und obwohl Gray wusste, wo Boy zu finden war, hatten die beiden nie wieder Kontakt miteinander gehabt. Von Sparrow bekam er alle paar Jahre einen Brief aus Indien. Die beiden waren nie sonderlich gut miteinander ausgekommen. In ihrer Kindheit hatte jeder für sich versucht, mit den Launen und der Überspanntheit ihrer Adoptiveltern zu leben. Gray wusste, dass Sparrow jahrelang auf der Suche nach ihren leiblichen Eltern gewesen war. Vielleicht, um etwas Normalität in ihr Leben zu bringen. Irgendwo in Kentucky wurde sie schließlich fündig. Sie stellte fest, dass sie nichts mit ihren Eltern gemein hatte, und sah sie nie wieder. Gray hatte bisher nicht den Wunsch verspürt, seine leiblichen Eltern zu finden - obwohl er ein bisschen neugierig war. Aber er verspürte keinerlei Bedürfnis, seiner illustren Familie noch mehr Verrückte hinzuzufügen. Stattdessen ging er mit Frauen aus, die Probleme hatten, die ihm vertraut waren, das gab ihm eine gewisse Sicherheit. Eins wusste Gray ganz sicher: Er wollte nie Kinder haben. Eine Familie zu gründen überließ er anderen, Menschen wie Adam, die ihre Sprösslinge anständig aufziehen konnten. Gray fühlte sich dazu nicht in der Lage. Er hatte kein elterliches Vorbild und kein richtiges Zuhause, an dem er sich orientieren konnte. Er konnte Kindern nichts geben, davon war er überzeugt. Alles, was er wollte, war malen. Und das konnte er gut. Welcher genetischen Mischung er auch entstammte, Gray war sehr talentiert. Zwar brachte ihm seine Arbeit nicht viel Geld ein, aber als Künstler wurde er respektiert. Das bestätigten ihm sogar die Kritiker. Er war nur nicht geschäftstüchtig genug, um seine finanzielle Situation zu verbessern. Was seine Eltern als Rockmusiker verdient hatten, hatten sie mit Drogen und Reisen um die Welt verprasst. Gray war gewohnt, ohne einen Penny dazustehen, und es machte ihm nichts aus. Was er besaß, gab er anderen, die es seiner Meinung nach dringender brauchten. Und ob er auf Charlies Yacht im Luxus schwelgte oder in seinem Atelier im Meatpacking District fror, war ihm gleichgültig. Auch ob es eine Frau in seinem Leben gab oder nicht, bedeutete ihm nichts. Für ihn zählten nur seine Arbeit und seine Freunde. Er war längst davon überzeugt, dass Frauen zwar manchmal verlockend sein konnten - und er wusste es zu schätzen, in kalten Nächten einen warmen Körper neben sich im Bett zu spüren -, aber allesamt verrückt waren. Zumindest diejenigen, die in seinem Bett landeten. Wenn eine Frau mit ihm zusammen war, dann musste sie einfach verrückt sein, das stand außer Frage. Es war ein Fluch, den er akzeptierte. Seiner Meinung nach konnte er diesen Bann, den ihm seine verrückten Eltern bei der Adoption auferlegt hatten, nur brechen, indem er sich weigerte, diesen neurotischen Lebensstil weiterzugeben. Sein Geschenk an die Welt, das sagte er oft, bestand in dem Versprechen, keine Kinder zu zeugen. Und bisher hatte er es gehalten. »Was wollen wir heute unternehmen?«, fragte Charlie, als sich die drei Männer nach dem Frühstück auf Liegestühlen ausstreckten. Es war schon fast Mittag, und die Sonne stand hoch am Himmel. Adam sagte, er wolle in St. Tropez etwas für seine Kinder kaufen. Amanda liebte die Geschenke, die er ihr mitbrachte, und Jacob war in dieser Hinsicht ohnehin unkompliziert. Die beiden vergötterten ihren Vater, aber sie verstanden sich auch gut mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater. Rachel und ihr Mann hatten noch zwei gemeinsame Kinder bekommen, deren Existenz Adam schlichtweg ignorierte. Er wusste jedoch, dass Amanda und Jacob ihre Halbgeschwister liebten und hervorragend mit ihnen auskamen. Aber davon wollte Adam nichts hören. Er hatte Rachel ihren Verrat nie verziehen und würde das auch nicht tun. Er war schon vor Jahren zu der Überzeugung gelangt, dass alle Frauen von Grund auf hinterhältig waren. Die einzige Methode, mit Frauen umzugehen, bestand nach Adams Meinung darin, sie auf Abstand zu halten und niemals lange bei einer zu verweilen. Dieses Misstrauen legte er nur ab, wenn er mit Charlie und Gray auf dem Boot oder mit seinen Kindern zusammen war. »Um eins schließen die Geschäfte«, sagte Charlie zu Adam. »Wir können hier zu Mittag essen und am Nachmittag an Land gehen, wenn sie wieder geöffnet haben.« Sie hatten gerade erst gefrühstückt, wenn auch Adam nach dem vielen Alkohol letzte Nacht nur Kaffee und ein Brötchen hinunterbekommen hatte. Er litt an einem nervösen Magen, hatte vor Jahren ein Magengeschwür gehabt und aß selten viel. Das war der Preis, den er bereitwillig für seinen stressigen Job zahlte. Seit Jahren handelte er Verträge für Sportler und Popstars aus. Er liebte die damit verbundene Aufregung und konnte sich dabei voll entfalten. Er holte seine Klienten gegen Kaution aus dem Gefängnis, brachte sie in Teams unter, in die sie unbedingt wollten, verpflichtete sie zu Konzerttourneen, handelte ihre Scheidungen und den Unterhalt für die Geliebte sowie Alimente für uneheliche Kinder aus. Seine Klienten hielten ihn beschäftigt, gestresst und glücklich. Nur zweimal im Jahr nahm er sich frei. Den August natürlich, und dann kreuzte er noch einmal eine Woche im Winter mit Charlie in der Karibik. Gray war dabei nie mit von der Partie, er hatte zu schlechte Erinnerungen an die Karibik aus der Zeit, als er mit seinen Eltern dort gelebt hatte. Er sagte immer, dass ihn nichts dazu brächte, dorthin zurückzukehren. Ende August reiste Adam jedes Jahr außerdem eine Woche mit seinen Kindern durch Europa. Diesmal sollte sein Flugzeug die beiden in New York abholen, ihn anschließend in Nizza einsammeln und sie dann nach London fliegen. »Was haltet ihr davon, wenn wir rausfahren und am Strand vor Anker gehen? Dann können wir zum Lunch mit dem Beiboot hinüberfahren und in den Club 55 gehen«, schlug Charlie vor, und die beiden nickten zustimmend. Es war das, was sie für gewöhnlich in St. Tropez taten. Charlie hatte für seine Gäste alle erdenklichen Spielzeuge an Bord - Wasserskier, Jetskier, ein kleines Segelboot, Surfbretter sowie für jeden eine Tauchausrüstung. Aber die meiste Zeit genossen es die drei Männer, einfach nur zu faulenzen. Ihre gemeinsame Zeit verbrachten sie meist mit Essengehen, Frauen, Trinken, ein bisschen Schwimmen - und viel Schlafen. Vor allem Adam. Zu Beginn des Urlaubs war er immer völlig erschöpft und sagte, der einzige Ort, an dem er anständig schlafen könne, sei auf Charlies Boot. Der August war die einzige Zeit im Jahr, in der er keinen Stress hatte. Zwar bekam er auch hierher Faxe und E-Mails, seine Mitarbeiter wussten jedoch, dass sie ihn nur mit absolut wichtigen Angelegenheiten behelligen durften. Und wehe, wenn sie dagegen verstießen. Nur diesen einen Monat gab Adam das Steuer aus der Hand und versuchte, einmal nicht an den Job zu denken. Im September konnte man dann wesentlich angenehmer mit ihm arbeiten. Kennengelernt hatten sich die drei über ihr wohltätiges Engagement. Charlies Stiftung hatte eine Benefizveranstaltung organisiert, um an der Upper West Side ein Frauenhaus zu finanzieren. Der Schirmherr suchte einen Rockstar, der bereit war, dort ohne Gage aufzutreten. Er nahm Kontakt zu Adam auf, der den betreffenden Künstler vertrat. Im Zuge der Verhandlungen trafen sich Adam und Charlie zum Mittagessen und stellten fest, dass sie viele Gemeinsamkeiten hatten. Als das Konzert schließlich stattfand, waren die Männer bereits gute Freunde geworden. Bei diesem Event wurde auch ein von Gray gespendetes Gemälde versteigert, was für ihn ein großes Opfer war, denn es entsprach seinem Einkommen von sechs Monaten. Anschließend hatte er sich dazu bereit erklärt, ein Wandgemälde an dem Frauenhaus anzubringen. Dabei lernte er Charlie kennen und später auch Adam, als Charlie die beiden als Dankeschön zu einem Dinner in sein Apartment einlud. Die drei Männer hätten unterschiedlicher nicht sein können und entdeckten dennoch jede Menge Gemeinsamkeiten: Sie engagierten sich für die gleiche Sache und waren alle drei Single. Charlie hatte gerade erst seine Verlobung hinter sich. Er lud Adam und Gray ein, ihm im August auf seinem Boot Gesellschaft zu leisten - ursprünglich hatte er zu dem Zeitpunkt dort seine Flitterwochen verbringen wollen. Die Reise mit den beiden Männern sah er deshalb als eine angenehme Ablenkung. Das Mädchen, mit dem Gray kurz zuvor zusammen gewesen war, hatte erst versucht, sich das Leben zu nehmen, und war dann mit einem Kunststudenten durchgebrannt. Gray war also froh, im August aus der Stadt herauszukommen, und nahm Charlies Einladung dankbar an. Adam hatte - neben seiner Scheidung - auch ein anstrengendes Frühjahr hinter sich, mit zwei verletzten Spitzensportlern und der abgesagten Konzerttour einer weltbekannten Band, was ein gutes Dutzend Klagen nach sich zog. Am Ende übertraf dieser Urlaub alle Erwartungen. Die drei verbrachten eine tolle Zeit zusammen, und der Aufenthalt auf Charlies Yacht wurde von da an zu ihrem jährlichen Ritual. Dieses Jahr versprach, sich nicht von den vorhergehenden zu unterscheiden. St. Tropez, Monte Carlo mit seinem Casino, Portofino, Sardinien, Capri und wo auch immer sie sonst noch einen Zwischenstopp einlegen wollten. Sie waren erst seit zwei Tagen auf dem Boot und hatten noch viel Zeit vor sich. »Also, wie sieht's aus, Jungs? Zum Mittagessen in den Club 55 und vorher eine Runde schwimmen?«, fragte Charlie. »Ja, wieso nicht?«, antwortete Adam und verdrehte die Augen, als sein teures Handy klingelte. Er ignorierte es. Die Mailbox konnte er abhören. In Europa trug er nur ein Handy bei sich - eine Wohltat gegenüber New York. »Klingt nach harter Arbeit, aber einer muss sie ja tun.« Er grinste. »Möchte jemand eine Bloody Mary?«, fragte Charlie mit gespielter Unschuld, während er dem bereitstehenden Steward ein Zeichen gab, dass sie aufbrechen würden. Der Chefsteward, ein attraktiver junger Neuseeländer, nickte und ging fort, um dem Kapitän Bescheid zu geben und im Club einen Tisch für das Mittagessen zu reservieren. Mehr Informationen brauchte er nicht. Er wusste, dass Charlie um halb drei zum Mittagessen an Land gehen wollte. Meistens aßen die drei lieber an Bord, aber die Prominentenszene in St. Tropez war zu verführerisch. Und jeder, der etwas auf sich hielt, ging zum Mittagessen in den Club 55 und zum Dinner ins Spoon. »Machen Sie aus meiner eine jungfräuliche Bloody Mary«, sagte Gray lächelnd zu dem Steward. »Ich möchte meinen Aufenthalt im Entzug noch ein paar Tage aufschieben.« »Meine bitte scharf und gut gewürzt, und wenn ich so dar über nachdenke, mit Tequila«, sagte Adam mit breitem Grinsen, und Charlie lachte. »Ich nehme einen Bellini«, sagte Charlie. Diese Mischung aus Pfirsichsaft und Champagner erschien ihm als passender Einstieg in den Tag. Charlie hatte eine Vorliebe für kubanische Zigarren und guten Champagner. Von beidem hatten sie eine Menge an Bord. Die drei Männer saßen an Deck und ließen es sich gut gehen. Währenddessen fuhren sie langsam aus dem Hafen, zwischen den Ausflugsbooten voller Schaulustiger hindurch, die Fotos von der Yacht schossen. Am Ende des Kais stand dicht gedrängt die übliche Meute Paparazzi und wartete darauf, dass berühmte Persönlichkeiten im Hafen anlegten, denen sie mit ihren Motorrollern auf Schritt und Tritt folgten. Charlie bot allerdings nur wenig Futter für die Klatschpresse. Abgesehen von der riesigen Yacht bemühte er sich, nicht allzu viel Aufsehen zu erregen. Er war einfach nur ein reicher Mann, der mit zwei Freunden unterwegs war, die niemand kannte, der Klatschzeitungen las. Obwohl Adam von vielen Stars umgeben war, hielt er sich selbst stets im Hintergrund. Und Gray Hawk war schließlich nur ein am Hungertuch nagender Künstler. Vor dem Mittagessen gingen sie eine halbe Stunde schwimmen. Danach holte Adam einen Jetski heraus, um noch ein wenig von seiner überschüssigen Kraft loszuwerden. Gray schlief an Deck, und Charlie rauchte eine seiner kubanischen Zigarren. Ein perfektes Leben. Um halb drei nahmen sie das Beiboot und setzten zum Lunch in den Club 55 über. Alain Delon war da, Gérard Depardieu und Catherine Deneuve, über die sich die drei Freunde einig waren, dass sie noch immer eine Schönheit war. Im Grunde war sie genau Charlies Typ, wenn auch um einiges älter als die Frauen, mit denen er für gewöhnlich ausging. Ältere Frauen überließ er noch älteren Männern. Adam sah das genauso. Im Gegensatz zu den beiden sagte Gray, der sich nichts aus jüngeren Mädchen machte, er wäre in jedem Alter mit Catherine Deneuve glücklich. Mrs Deneuve kam jedoch für ihn aus einem anderen Grund nicht in Frage: Sie wirkte völlig normal und lebensfroh, als sie sich angeregt und lachend mit ihren Freunden unterhielt. Eine Frau, die Gray anzog, würde weinend in einer Ecke sitzen oder schluchzend telefonieren. Die Frau, nach der Adam suchte, wäre gerade einmal zehn Jahre älter als seine Teenager-Tochter, und er würde ihr eine Brustvergrößerung und eine Nasenkorrektur bezahlen müssen. Die Frau aus Charlies Träumen trüge einen Heiligenschein und gläserne Schuhe. Nur dass diese Frau nicht um Mitternacht davonlaufen, sondern versprechen würde, ihn nie zu verlassen und bis in alle Ewigkeit in seinen Armen zu tanzen. Vielleicht würde er diese Frau eines Tages finden.
Aus dem Amerikanischen von Silvia Kinkel Knaur
© 2010 Knaur Taschenbuch
Die Sonne brannte auf das Deck der Blue Moon. Die Yacht war mehr als siebzig Meter lang und bestach durch ihr elegantes Design. Pool, Hubschrauberlandeplatz, sechs luxuriöse Kabinen für Gäste, eine Mastersuite wie aus einem Film und eine perfekt geschulte sechzehnköpfige Crew. Die Blue Moon - und ihr Besitzer - war weltweit in jedem Yachtsport-Magazin vorgestellt worden. Charles Sumner Harrington hatte das Boot einige Zeit zuvor von einem saudischen Prinzen gekauft. Seine erste Yacht legte sich Charlie bereits im Alter von zweiundzwanzig Jahren zu. Über zwei Jahrzehnte später genoss er das Leben auf einem Boot noch genauso wie damals. Mit Mitte vierzig war Charles Harrington nun ein glücklicher Mann. Das Leben schien es gut mit ihm zu meinen. Schon früh hatte er ein riesiges Vermögen geerbt und es in den folgenden Jahren verantwortungsvoll verwaltet und klug investiert. Außerdem leitete Charlie die von seiner Familie gegründete Stiftung. Er war sich darüber im Klaren, dass nur wenige Menschen auf dieser Erde so gesegnet waren wie er. Deshalb engagierte er sich über die Stiftung hinaus auch privat für die weniger Glücklichen unter ihnen. Leidenschaftlich setzte er sich für Jugendliche und Kinder ein. Er leistete beeindruckende Arbeit im Bildungsbereich, sicherte vor allem in Entwicklungsländern medizinische Unterstützung und hatte sich dem Kampf gegen Kindesmissbrauch verschrieben. Charles Harrington war eine Leitfigur der Gesellschaft, obwohl er seine wohltätige Arbeit möglichst unspektakulär verrichtete. Auch privat war Charlie ein fürsorglicher, gewissenhafter Mann. Er verheimlichte jedoch keineswegs, dass er verwöhnt war, und bat für die Art, wie er lebte, nicht um Entschuldigung. Charles Harrington konnte es sich nun einmal leisten, schließlich gab er jedes Jahr Millionen für das Wohlergehen anderer aus. Er hatte nie geheiratet, war kinderlos, genoss das gute Leben, und es bereitete ihm Spaß, seine Freunde daran teilhaben zu lassen. Jedes Jahr verbrachten Charlie und seine beiden engsten Freunde, Adam Weiss und Gray Hawk, den August auf Charlies Yacht. Sie kreuzten im Mittelmeer und gingen vor Anker, wo es ihnen gerade gefiel. Seit zehn Jahren war dieser gemeinsame Urlaub zu einem festen Ritual geworden. Immer am ersten August flogen Adam und Gray nach Nizza und gingen dort an Bord der Blue Moon. Charlie war für gewöhnlich bereits den Juli über auf der Yacht und kehrte manchmal nicht vor Ende September zu seinem Wohnsitz nach New York zurück. Seine Investitionen und Entscheidungen bezüglich der Stiftung konnte er problemlos vom Boot aus tätigen. Als Charlie an diesem Morgen auf dem Achterdeck frühstückte, lag das Boot im Hafen von St. Tropez vor Anker. Letzte Nacht war es spät geworden. Erst gegen vier Uhr am Morgen waren sie zurück aufs Schiff gekommen. Trotzdem stand Charlie früh auf. Seine Erinnerungen an letzte Nacht waren verschwommen - so wie immer, wenn Gray und Adam mit von der Partie waren. Die drei schuldeten niemandem Rechenschaft. Keiner von ihnen war verheiratet oder lebte momentan in einer Beziehung. Sie hatten schon vor langem vereinbart, dass sie den Monat auf dem Boot immer als »Junggesellenurlaub« verbringen wollten, auch wenn sich ihre persönliche Situation einmal ändern sollte. Die übrige Zeit des Jahres widmeten sie sich ihrer Arbeit. Adam war Anwalt und Gray Künstler. Adam und Gray waren aus freien Stücken Junggesellen. Charlie hingegen behauptete stets, sein Singledasein sei einfach Pech. Er hätte gern geheiratet, aber bisher war ihm nicht die Richtige begegnet - obwohl er sein Leben lang nach ihr gesucht hatte. Und das tat er noch immer voller Entschlossenheit, obwohl er bereits viermal verlobt gewesen war. Seine erste Verlobte hatte drei Wochen vor der Hochzeit mit seinem ehemals besten Freund geschlafen. Es folgte ein gewaltiger Skandal, und Charlie war gar nichts anderes übriggeblieben, als die Verlobung zu lösen. Damals war er dreißig Jahre alt. Seine zweite Braut hatte kurz nach der Verlobung einen Job in London angenommen. Um sie dennoch regelmäßig zu sehen, hatte sich Charlie eine Wohnung in London gemietet und war gependelt. Allerdings ließ ihr die Arbeit bei der britischen Vogue kaum Zeit für ihn. Zwei Monate vor der Hochzeit gestand sie ihm, dass sie Karriere machen wolle und nicht bereit sei, ihren Job nach der Hochzeit aufzugeben. Da sich das jedoch nicht mit Charlies Vorstellungen der Rollenverteilung vertrug, entschieden sie, sich zu trennen - freundschaftlich natürlich. Für ihn war es eine große Enttäuschung. Trotzdem war er danach entschlossener denn je, seine Traumfrau zu finden. Ein Jahr später war er sicher, dass es ihm endlich gelungen war. Er und sie hatten vieles gemeinsam. Damals musste er häufig nach Südamerika, wo sich die Stiftung um Kinder in Entwicklungsländern kümmerte. Sie begleitete Charlie auf diesen Reisen und war sogar bereit, sich für ihn beruflich einzuschränken. Sechs Monate nach ihrer ersten Begegnung verlobten sie sich. Alles lief gut, bis es Charlie zunehmend störte, dass seine Verlobte und ihre Zwillingsschwester unzertrennlich waren. Seine zukünftige Frau bestand darauf, ihre Schwester überallhin mitzunehmen. Doch sie und Charlie hatten sich vom ersten Augenblick an nicht leiden können. Bei jedem Treffen gab es hitzige Auseinandersetzungen. Er war davon überzeugt, dass sich ihre gegenseitige Abneigung nicht legen würde. Deshalb lösten sie die Verlobung in gegenseitigem Einverständnis. Seiner Verlobten war ihre Zwillingsschwester zu wichtig, als dass sie jemanden heiraten konnte, der ihre Schwester nicht ausstehen konnte. Innerhalb eines Jahres heiratete sie einen anderen Mann, und ihre Schwester zog bei den beiden ein. Da wusste Charlie endgültig, dass er das Richtige getan hatte. Charlies vierte und letzte Verlobung hatte fünf Jahre zuvor ihr trauriges Ende gefunden. Seine Verlobte hatte ihn zwar geliebt, aber sie wollte keine Kinder. Daran änderte auch eine gemeinsame Paartherapie nichts. Anfangs hatte er gedacht, sie noch überzeugen zu können. Als er jedoch erkannte, dass ihm das nicht möglich war, trennten sie sich in aller Freundschaft. Charlie schaffte es, mit allen Ex-Freundinnen befreundet zu bleiben. Zur Weihnachtszeit bekam er unzählige Karten von Frauen, mit denen er irgendwann einmal zusammen gewesen war - die jetzt aber mit einem anderen verheiratet waren. Wenn er sich Fotos von ihnen ansah, dann waren sie sich alle ähnlich: attraktive blonde Frauen aus gutem Hause, die auf renommierten Schulen gewesen waren und renommierte Männer geheiratet hatten. Sie lächelten ihn von ihren Weihnachtskarten an, den erfolgreichen Ehemann neben sich und die fl achsköpfigen Kinder ringsum. Seine Freunde Adam und Gray rieten ihm ständig, endlich die Finger von diesen »Debütantinnen« zu lassen und mit »richtigen« Frauen auszugehen, deren Definition sich entsprechend ihrer jeweiligen Laune unterschied. Aber Charlie wusste ganz genau, was er wollte. Eine intelligente, betuchte Frau, die seine Werte und Ideale teilte und aus einer angesehenen Familie kam. Das war ihm wichtig. Den Stammbaum seiner eigenen Familie konnte man bis ins fünfzehnte Jahrhundert nach England zurückverfolgen. Sein Vermögen war etliche Generationen alt, und wie schon sein Vater und Großvater war auch Charlie in Princeton gewesen. Seine Mutter hatte ebenso wie seine Schwester die private Mädchenschule Miss Porter's und anschließend mehrere Internate in Europa besucht. Eine solche Frau wollte Charlie heiraten. Seine Sichtweise war altmodisch und versnobt, aber Charlie wusste eben, was er wollte und was zu ihm passte. Er selbst war in vielen Dingen altmodisch und hing althergebrachten Werten an, wählte die Konservativen und führte ein solides Leben. Charlie war Eleganz und Würde in Person - ein vollkommener Gentleman. Er war aufmerksam, nett, großzügig, charmant, und seine Manieren waren tadellos. Für die New Yorker Frauen war er schon lange zu einer lohnenswerten Eroberung geworden. Charles Harrington zu heiraten wäre für jede Frau das große Los gewesen. Aber wie der schöne Prinz im Märchen, so suchte auch er auf der ganzen Welt nach der perfekten Frau. Stattdessen fand er Frauen, die zwar auf den ersten Blick reizend und attraktiv wirkten, die aber jedes Mal einen verhängnisvollen Schönheitsfehler aufwiesen, der ihn unweigerlich den Weg zum Altar abbrechen ließ. Aber wo auch immer sich die richtige Frau versteckte, er war nach wie vor fest entschlossen, sie zu finden. Und Charlie war sicher, dass ihm das eines Tages gelingen würde. Er wusste nur nicht, wann das sein würde. Sein einziger Trost bestand darin, dass er bisher zumindest nicht die Falsche geheiratet hatte. Charlies Gesicht war der Sonne zugewandt, die Augen hielt er geschlossen. Eine Stewardess servierte ihm Frühstück und schenkte ihm eine zweite Tasse Kaffee ein. Letzte Nacht hatte er Champagner und etliche Martinis getrunken. Aber seit er vor dem Frühstück schwimmen gewesen war, ging es ihm besser. Er war ein ausdauernder Schwimmer. In Princeton hatte er das Schwimmteam angeführt. Trotz seines Alters war er sportlich und durchtrainiert. Mit Begeisterung fuhr er Ski, surfte, spielte im Winter regelmäßig Squash und im Sommer Tennis. Das tat nicht nur seiner Gesundheit gut, sondern erhielt ihm auch die Figur eines Dreiundzwanzigjährigen. Charlie war groß, schlank und hatte sandfarbenes Haar, in dem die wenigen grauen Haare nicht auffielen, die er im Laufe der Zeit bekommen hatte. Er hatte blaue Augen, und da er den letzten Monat auf dem Boot verbracht hatte, war er tief gebräunt. Das gute Aussehen hatten er und seine Schwester von ihrer Mutter geerbt. Charlies Eltern waren während eines Italienurlaubs bei einem Frontalzusammenstoß mit dem Auto ums Leben gekommen. Charlie war damals sechzehn Jahre alt gewesen und seine Schwester Ellen einundzwanzig. Damals verließ Ellen ihr College in Vassar während des dritten Studienjahrs, um nach Hause zu kommen und sich um Charlie und die Stiftung zu kümmern. Ihm stiegen noch immer Tränen in die Augen, wenn er an seine Schwester dachte. Ellen hatte gesagt, sie wolle ans College zurückkehren, sobald er mit dem Studium anfing. Sie wäre bereit, dieses Opfer für ihn zu bringen. Ellen war eine außergewöhnliche Frau gewesen, und Charlie hatte sie über alles geliebt. Als Charlie dann ans College kam, ahnte er nicht, dass seine Schwester sterbenskrank war. Es gelang ihr, die Krankheit fast drei Jahre lang vor ihm geheim zu halten. Sie sagte, sie habe zu viel mit der Stiftung um die Ohren, um weiter studieren zu können, und er hatte ihr geglaubt. In Wahrheit litt sie an einem Gehirntumor. Sie wusste seit Jahren, dass der Tumor wegen seiner Lage inoperabel war. Ellen starb mit sechsundzwanzig Jahren, nur wenige Monate bevor Charlie in Princeton seinen Abschluss machte. Er hatte niemandem, der diesen wichtigen Tag mit ihm teilte. Kurz nach seinem Abschluss kaufte er sich sein erstes Boot und umsegelte zwei Jahre lang die Welt. Es verging kaum ein Tag, an dem er nicht an seine Schwester und seine Eltern dachte. Ihr Familienleben war absolut harmonisch und liebevoll gewesen. In dem Moment, als alle, die ihn liebten und die er liebte, starben und ihn allein ließen, baute er um sein Innerstes eine Mauer auf. Seine größte Angst war, wieder jemanden zu lieben und ihn erneut an den Tod zu verlieren.
Als er von seiner Weltumseglung zurückkehrte, war er vierundzwanzig Jahre alt. Er ging an die Columbia Business School und machte dort seinen MBA, lernte viel über Investitionen und wie man eine Stiftung leitet. Er war reich und fand ein paar gut gewählte Freunde. Aber ihm war klar, dass er im Grunde so lange allein sein würde, bis er die richtige Frau fand. Er würde sich nicht mit weniger zufriedengeben als dem, was er zu verdienen meinte, eine Frau wie Ellen oder seine Mutter. Dass gerade diese beiden ihn allein zurückgelassen hatten, gestand er sich nur ungern ein. Es war nicht ihre Schuld gewesen, sondern lediglich eine grausame Wendung des Schicksals. Das machte es nur umso wichtiger für ihn, eine Partnerin zu finden, auf die er zählen konnte, die eine gute Mutter für seine Kinder sein würde - jemand, der in jeder Hinsicht nahezu perfekt war. In Charlies Augen war diese Frau es wert, auf sie zu warten. »O Gott«, stöhnte jemand hinter ihm auf dem Deck. Charlie lachte und öffnete die Augen. In weißen Shorts und blauem T-Shirt kam Adam an den Tisch geschlurft und ließ sich Charlie gegenüber in einen Sessel fallen. Die Stewardess schenkte Adam eine Tasse Kaffee ein. Bevor Adam ein weiteres Wort sagte, trank er einen tiefen Schluck. »Was zur Hölle habe ich letzte Nacht getankt?«, brummte er dann. »Jemand muss mir etwas in den Drink geschüttet haben.« Adam hatte dunkle, fast ebenholzschwarze Augen. Auf eine Rasur hatte er diesen Morgen verzichtet. Mittelgroß, mit breiten Schultern und markanten Gesichtszügen war Adam kein so auffallend gutaussehender Mann wie Charlie. Aber er besaß Intelligenz, Humor und Charme. Was ihm an Aussehen mangelte, machte er mit Verstand, Witz und Geld wieder wett. Und von Letzterem hatte er in den vergangenen Jahren eine Menge verdient. »Soweit ich mich erinnere, hast du vor allem Rum und Tequila getrunken, aber das war nach der Flasche Wein zum Abendessen.« Sie hatten an Bord gespeist und dazu Château Haut-Brion getrunken. Anschließend waren sie an Land gegangen und in St. Tropez durch die Bars und Diskotheken gezogen. Charlie wusste, dass er dort nicht die perfekte Frau finden würde, aber es gab hier eine Menge andere, für die er die Suche einige Zeit unterbrach. »Das dachte ich mir. Der Rum muss mich umgehauen haben. Auf diesem Boot verwandle ich mich jedes Jahr in einen Alkoholiker. Wenn ich zu Hause so viel trinken würde, wäre ich schnell aus dem Geschäft.« Adam Weiss blinzelte in das grelle Sonnenlicht, setzte eine dunkle Sonnenbrille auf und grinste. »Du hast einen verdammt schlechten Einfluss auf mich, aber du bist ein hervorragender Gastgeber. Um wie viel Uhr bin ich zurück an Bord gekommen?« »Ich glaube, gegen vier.« Charlie urteilte nicht über seine Freunde. Er wollte einfach nur, dass sie ihren Spaß hatten. Adam und Gray waren die besten Freunde, die er je gehabt hatte, und was die drei miteinander verband, ging über reine Freundschaft hinaus. Sie waren wie Brüder und hatten einander in den letzten zehn Jahren oft beigestanden. Charlie war Adam kurz nach dessen Scheidung von Rachel begegnet. Adam und Rachel hatten sich im zweiten Studienjahr in Harvard kennengelernt, wo sie beide Jura studierten. Rachel hatte ihr Examen im ersten Anlauf summa cum laude bestanden, danach jedoch nie als Anwältin gearbeitet. Adam schaffte seinen Abschluss überhaupt erst beim zweiten Versuch. Dennoch wurde er ein brillanter und erfolgreicher Anwalt. Er stieg in eine Kanzlei ein, die sich auf Rockstars und Spitzensportler spezialisiert hatte - und er liebte seine Arbeit. Rachel und er heirateten einen Tag nach seinem Examen. Ihre Familien kannten sich aus Long Island und begrüßten diese Verbindung. Erstaunlicherweise waren er und Rachel sich während der Highschool-Zeit nie begegnet, obwohl ihre Eltern schon lange befreundet waren. Allerdings hatte er sich auch immer dagegen gesträubt, sich mit Töchtern aus dem Bekanntenkreis seiner Eltern zu treffen. Natürlich wusste er vom ersten Moment an, wer Rachel war. Trotzdem schien sie die perfekte Frau für ihn zu sein. Nach der Hochzeit erhofften sich die beiden ein glückliches Leben. Rachel wurde bereits in den Flitterwochen schwanger und bekam innerhalb von kurzer Zeit zwei Kinder, Amanda und Jacob, die mittlerweile dreizehn und vierzehn Jahre alt waren. Doch die Ehe hielt nur fünf Jahre. Adam arbeitete hart an seiner Karriere. Nachts kam er oft erst um drei Uhr nach Hause, da er seine Klienten noch auf Konzerte oder zu Sportveranstaltungen begleiten musste. Aber allen Versuchungen zum Trotz blieb er Rachel treu. Sie dagegen wurde es leid, ständig allein zu sein, und verliebte sich in einen Kinderarzt, den sie bereits seit der Highschool kannte. Während Adam damit beschäftigt war, das Geld für die Familie zu verdienen, begann sie eine Affäre. Drei Monate nachdem er in der Kanzlei zum Partner ernannt worden war, verließ sie ihn. Sie sagte Adam, er käme gut ohne sie zurecht, nahm die Kinder, die Hälfte seines Geldes und heiratete den Kinderarzt, sobald die Tinte auf dem Scheidungspapier trocken war. Zehn Jahre später war Adam noch immer derart wütend auf sie, dass er es kaum fertigbrachte, höflich mit ihr zu reden. Er hatte sich geschworen, nie wieder zu heiraten, um so etwas nicht noch einmal zu erleben. Als sie ihn damals mit den Kindern verließ, hatte ihn das beinahe umgebracht. Seitdem vermied er jedes Risiko, eine ernsthafte Bindung einzugehen, indem er sich nur mit Frauen traf, die halb so alt waren wie er - die in dem Milieu, in dem er arbeitete, leicht zu finden waren. Im Alter von einundvierzig Jahren ging er mit Mädchen aus, die Anfang zwanzig waren, Models, Starlets, Groupies, eben die Art von Frauen, die sich um Rockstars und Spitzensportler scharen. Meistens konnte er sich nicht einmal ihre Namen merken. Er war ihnen gegenüber großzügig, aber auch ehrlich. Von Anfang an stellte er klar, dass es bei ihrer Beziehung einfach darum ging, sich miteinander zu vergnügen. Es hielt nie länger als einen Monat - wenn überhaupt. Er ging ein paarmal mit ihnen aus und anschließend ins Bett. Und dann zog er weiter. Rachel hatte ihm sein Herz herausgerissen und es unter ihrem Absatz zertreten. Mit ihr redete er nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ, und das passierte immer seltener, je älter die Kinder wurden. Meistens schickte er ihr kurze E-Mails oder ließ seine Sekretärin anrufen. Adam liebte seine neue Freiheit, und nichts auf der Welt würde ihn dazu bringen, diese noch einmal aufs Spiel zu setzen. Soweit es ihn betraf, waren Frauen für Sex und zum Vergnügen da, ansonsten hielt man sie auf Abstand. Wichtig waren ihm nur seine Kinder, seine Arbeit und seine Freunde. Rachel war seine Todfeindin, seine Mutter das Kreuz, das er zu tragen hatte, seine Schwester eine Plage - und die Frauen, mit denen er ausging, kaum mehr als Fremde. »Ich glaube, ich habe mich gestern gut amüsiert.« Adam grinste verlegen. »Ich erinnere mich noch daran, dass ich mit ein paar Brasilianerinnen getanzt habe, die kein Wort Englisch verstanden. Aber die konnten sich vielleicht bewegen ... Ich habe bis zum Abwinken Samba getanzt und bestimmt zwei Dutzend Drinks gehabt. Diese Weiber waren unglaublich.« Charlie lachte, und dann drehten beide Männer ihre Gesichter der Sonne zu. Adams Kopf dröhnte. Er amüsierte sich genauso exzessiv, wie er arbeitete. Adam war einer der Top-Anwälte in seinem Bereich, trug stets drei Handys und einen Pager bei sich und verbrachte den Großteil seines Lebens in Meetings oder in seiner Privatmaschine auf dem Weg zu Meetings. Er vertrat eine lange Liste bekannter Persönlichkeiten, die sich alle mit erschreckender Regelmäßigkeit in Schwierigkeiten brachten. Trotzdem liebte Adam seine Arbeit und hatte mit seinen Klienten mehr Geduld als mit irgendjemandem sonst - abgesehen von seinen Kindern. Sie waren ihm das Wichtigste in seinem Leben. »Ich glaube, ich habe mich mit ihnen für heute Abend verabredet«, sagte Adam und lächelte beim Gedanken an die brasilianischen Schönheiten. »Aber da sie kein Wort verstanden haben, werden wir später hingehen müssen, um festzustellen, ob sie trotzdem kommen.« Nach der zweiten Tasse Kaffee erholten sich Adams Lebensgeister allmählich. In diesem Moment erschien Gray. Er trug ebenfalls eine dunkle Sonnenbrille, und seine ungekämmte Mähne weißer Haare stand in alle Richtungen ab. Stöhnend setzte er sich an den Tisch. Er hatte eine Badehose an und ein mit Farbflecken übersätes T-Shirt. »Ich bin zu alt für so etwas«, sagte er und nahm dankbar eine Tasse Kaffee entgegen. Dann öffnete er eine Flasche Underberg. Der bittere Geschmack vertrieb die aufkommende Übelkeit. Im Vergleich zu Adam und Charlie sah er auffallend anders aus. Gray war groß und sehr dünn. Als Junge hatte er ausgesehen wie ein Strich in der Landschaft. Er war Künstler und lebte in West Village, wo er oft monatelang an einem Bild arbeitete. Wenn er pro Jahr zwei davon verkaufte, kam er damit gerade über die Runden. Wie Charlie hatte er nie geheiratet und war kinderlos. In der Kunstwelt war er anerkannt, er hatte es jedoch nie zu kommerziellem Erfolg gebracht. Aber das war ihm gleichgültig. Geld bedeutete ihm nichts. Für ihn zählte nur die Integrität seiner Arbeit. Er bot Adam und Charlie ebenfalls einen Underberg an, aber die verzogen beide das Gesicht. »Wie kannst du nur dieses Zeug trinken?« Adam schüttelte sich allein bei dem Geruch. »Es mag ja helfen, aber eher ertrage ich meinen Kater, als dass ich dieses Gebräu runterkriege. « »Es hilft wirklich. Wenn wir weiterhin so viel trinken, solltet ihr es mir allerdings intravenös verabreichen. Ich vergesse immer, wie heftig unser Urlaub wird. Bestimmt nähme man uns mittlerweile sofort bei den Anonymen Alkoholikern«, sagte Gray und kippte einen weiteren Underberg herunter, spülte dann mit Kaffee hinterher und stürzte sich anschließend auf einen Teller Rührei. »Normalerweise greifst du erst in der zweiten und nicht schon in der ersten Woche zu diesem Hausmittelchen«, erwiderte Charlie gut gelaunt. Er liebte es, Zeit mit seinen beiden Freunden zu verbringen. Am Anfang schlugen sie immer etwas über die Stränge. Aber es war längst nicht so schlimm, wie sie jetzt taten. Letzte Nacht hatten sie zwar einiges getrunken, aber vor allem hatten sie sich einfach vergnügt, hatten getanzt, Leute beobachtet und es genossen, wieder zusammen zu sein. Charlie freute sich darauf, den ganzen Monat mit den beiden zu verbringen. Für ihn war es der Höhepunkt jedes Jahres, und den beiden anderen ging es ebenso. In den letzten zehn Jahren hatten sie viel gemeinsam erlebt und erzählten sich oft lachend Geschichten aus dieser Zeit. »So heftig wie gestern war es sonst nie an den ersten Tagen. Meine Leber ist jetzt schon hinüber. Das spüre ich«, sagte Gray mit besorgter Miene, während er das Rührei aß und sich dann eine Scheibe Toast in den Mund schob. Kopfschüttelnd betrachtete Adam, was Gray alles verdrückte. Diese Magenbitter schienen wirklich zu helfen. »Immerhin bin ich älter als ihr beide«, fuhr Gray zwischen zwei Bissen fort. »Wenn ich nicht kürzertrete, werde ich den nächsten August nicht mehr erleben. Vermutlich bringt mich allein die Tanzerei schon um. Verdammt, bin ich schlecht in Form.« Gray war gerade erst fünfzig geworden, sah jedoch wegen seiner nicht zu bändigenden weißen Haare wesentlich älter aus als seine Freunde. Außerdem besaß Charlie noch immer ein jungenhaftes Aussehen, das ihn fünf bis zehn Jahre jünger wirken ließ. Adam war erst einundvierzig, und gleichgültig, wo auf der Welt er sich gerade aufhielt und wie beschäftigt er war, es verging kein Tag, an dem er nicht im Fitnessstudio trainierte. Er sagte, nur so könne er den Stress aushalten. Im Gegensatz zu Charlie und Adam suchte Gray nicht aktiv nach Frauen. Er bewegte sich unbeirrt in seiner Welt der Kunst und zog dabei wie ein Magnet Frauen an, die Adam als Psychopathinnen bezeichnete. Gray widersprach ihm nicht. Die Frauen, mit denen er ausging, hatten entweder gerade ihre Medikamente abgesetzt oder taten es, sobald sie mit ihm zusammenkamen. Die meisten waren von ihren Ex-Männern oder -Freunden ausgenutzt und dann auf die Straße gesetzt worden. Gray war ihr Retter in der Not. Selbst wenn er sie nicht einmal attraktiv fand, bot er ihnen an, bei ihm zu wohnen. »Nur für ein paar Wochen, bis sie wieder auf die Füße gekommen sind.« Er kochte für sie, suchte ihnen Ärzte und Therapeuten, brachte sie in einem Entzug unter oder nüchterte sie selbst aus. Er gab ihnen Geld und wurde dabei noch ärmer, als er es zuvor gewesen war. Gray tat für sie, was er konnte - solange sie keine Kinder hatten. Kinder waren das Einzige, womit Gray nicht umgehen konnte. Sie machten ihm Angst. Das war schon immer so gewesen. Sie erinnerten ihn zu sehr an seine eigene Kindheit. Grays Beziehungen hielten zwischen einem Monat und einem Jahr. Er beschaffte den Frauen einen Job, machte sie gesellschaftsfähig und stellte sie Leuten vor, die ihnen nützlich waren. Und wenn sie nicht am Ende doch ins Krankenhaus oder eine Anstalt eingewiesen wurden, verließen sie ihn mit ziemlicher Sicherheit wegen eines anderen. Gray hatte nie den Wunsch verspürt, eine dieser Frauen zu heiraten. Aber obwohl er damit rechnete, war er enttäuscht, wenn sie ihn verließen. Er kümmerte sich aufopferungsvoll um sie, aber so wie hingebungsvolle Eltern wusste er, dass seine Küken irgendwann flügge wurden. Zu seiner Verwunderung waren die Abschiede fast jedes Mal schwierig und dramatisch. So gut wie nie verschwanden die Frauen höflich aus Grays Leben. Sie bestahlen ihn, warfen seine Sachen durchs Fenster auf die Straße oder brachen einen lautstarken Streit vom Zaun, der die Polizei auf den Plan rief. Fast nie dankten sie ihm für die Zeit, Mühe, Zuneigung und das Geld, das er ihnen geschenkt hatte. Und am Ende war es für ihn eine Erleichterung, wenn sie gingen. Adam hatte ihm einmal vorgeschlagen, er solle doch für eine Wohltätigkeitsorganisation arbeiten oder ein Frauenhaus eröffnen. Dort könne er sich als Betreuer austoben, ohne dass sein Liebesleben eine Anlaufstelle für gestörte Persönlichkeiten wurde. »Ich kann einfach nicht anders«, hatte Gray verlegen geantwortet. »Jedes Mal denke ich, wenn ich ihnen nicht helfe, tut es niemand.« Gray litt unter dem unwiderstehlichen Drang, die Welt zu retten. Aber früher oder später brauchten diese Frauen einen anderen Typ Mann. Und sobald die eine weg war, erschien eine neue Unglückliche, die Grays Leben auf den Kopf stellte. Es war eine Achterbahnfahrt, an die er sich im Laufe der Jahre jedoch gewöhnt hatte. Im Unterschied zu Charlie und Adam, die aus angesehenen, alteingesessenen Familien stammten - Adams Familie war auf Long Island ansässig und Charlies an der Fifth Avenue -, war Gray überall auf der Welt aufgewachsen. Seine Eltern gehörten zu einer der erfolgreichsten Rockbands aller Zeiten und hatten ihn als Säugling adoptiert. Er war inmitten von Rockstars aufgezogen worden, die ihm Joints reichten und ihr Bier mit ihm teilten, als er gerade einmal acht Jahre alt war. Seine Eltern hatten auch ein Mädchen adoptiert. Ihn nannten sie Gray - Grauschimmel - und sie Sparrow, also Spatz. Als Gray zehn Jahre alt war, glaubten seine Eltern, wiedergeboren zu sein, und zogen erst nach Indien, dann nach Nepal und blieben eine Weile in der Karibik. Anschließend lebten sie inmitten von Eingeborenen vier Jahre lang auf einem Boot am Amazonas. Seine Schwester wurde eine buddhistische Nonne. Sie kehrte nach Indien zurück und kümmerte sich in Kalkutta um hungernde Menschen. Gray verließ seine Famile mit achtzehn. Er ging nach New York, um zu malen. Seine Eltern verfügten damals noch über ein gewisses Vermögen, aber Gray hatte sich entschieden, es auf eigene Faust zu versuchen. Mit Anfang zwanzig studierte er einige Jahre in Paris, bevor er anschließend wieder nach New York zurückkehrte. Seine Eltern waren zwischenzeitlich nach Santa Fe gezogen. Als Gray fünfundzwanzig war, adoptieren sie ein Navajo-Baby und nannten den Jungen Boy. Gray mochte den Kleinen, aber der Altersunterschied war zu groß, so dass Gray kaum etwas von Boy mitbekam. Als Boy achtzehn Jahre alt war, starben Grays Eltern, und Boy kehrte zu seinem Stamm zurück. Das war jetzt sieben Jahre her. Und obwohl Gray wusste, wo Boy zu finden war, hatten die beiden nie wieder Kontakt miteinander gehabt. Von Sparrow bekam er alle paar Jahre einen Brief aus Indien. Die beiden waren nie sonderlich gut miteinander ausgekommen. In ihrer Kindheit hatte jeder für sich versucht, mit den Launen und der Überspanntheit ihrer Adoptiveltern zu leben. Gray wusste, dass Sparrow jahrelang auf der Suche nach ihren leiblichen Eltern gewesen war. Vielleicht, um etwas Normalität in ihr Leben zu bringen. Irgendwo in Kentucky wurde sie schließlich fündig. Sie stellte fest, dass sie nichts mit ihren Eltern gemein hatte, und sah sie nie wieder. Gray hatte bisher nicht den Wunsch verspürt, seine leiblichen Eltern zu finden - obwohl er ein bisschen neugierig war. Aber er verspürte keinerlei Bedürfnis, seiner illustren Familie noch mehr Verrückte hinzuzufügen. Stattdessen ging er mit Frauen aus, die Probleme hatten, die ihm vertraut waren, das gab ihm eine gewisse Sicherheit. Eins wusste Gray ganz sicher: Er wollte nie Kinder haben. Eine Familie zu gründen überließ er anderen, Menschen wie Adam, die ihre Sprösslinge anständig aufziehen konnten. Gray fühlte sich dazu nicht in der Lage. Er hatte kein elterliches Vorbild und kein richtiges Zuhause, an dem er sich orientieren konnte. Er konnte Kindern nichts geben, davon war er überzeugt. Alles, was er wollte, war malen. Und das konnte er gut. Welcher genetischen Mischung er auch entstammte, Gray war sehr talentiert. Zwar brachte ihm seine Arbeit nicht viel Geld ein, aber als Künstler wurde er respektiert. Das bestätigten ihm sogar die Kritiker. Er war nur nicht geschäftstüchtig genug, um seine finanzielle Situation zu verbessern. Was seine Eltern als Rockmusiker verdient hatten, hatten sie mit Drogen und Reisen um die Welt verprasst. Gray war gewohnt, ohne einen Penny dazustehen, und es machte ihm nichts aus. Was er besaß, gab er anderen, die es seiner Meinung nach dringender brauchten. Und ob er auf Charlies Yacht im Luxus schwelgte oder in seinem Atelier im Meatpacking District fror, war ihm gleichgültig. Auch ob es eine Frau in seinem Leben gab oder nicht, bedeutete ihm nichts. Für ihn zählten nur seine Arbeit und seine Freunde. Er war längst davon überzeugt, dass Frauen zwar manchmal verlockend sein konnten - und er wusste es zu schätzen, in kalten Nächten einen warmen Körper neben sich im Bett zu spüren -, aber allesamt verrückt waren. Zumindest diejenigen, die in seinem Bett landeten. Wenn eine Frau mit ihm zusammen war, dann musste sie einfach verrückt sein, das stand außer Frage. Es war ein Fluch, den er akzeptierte. Seiner Meinung nach konnte er diesen Bann, den ihm seine verrückten Eltern bei der Adoption auferlegt hatten, nur brechen, indem er sich weigerte, diesen neurotischen Lebensstil weiterzugeben. Sein Geschenk an die Welt, das sagte er oft, bestand in dem Versprechen, keine Kinder zu zeugen. Und bisher hatte er es gehalten. »Was wollen wir heute unternehmen?«, fragte Charlie, als sich die drei Männer nach dem Frühstück auf Liegestühlen ausstreckten. Es war schon fast Mittag, und die Sonne stand hoch am Himmel. Adam sagte, er wolle in St. Tropez etwas für seine Kinder kaufen. Amanda liebte die Geschenke, die er ihr mitbrachte, und Jacob war in dieser Hinsicht ohnehin unkompliziert. Die beiden vergötterten ihren Vater, aber sie verstanden sich auch gut mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater. Rachel und ihr Mann hatten noch zwei gemeinsame Kinder bekommen, deren Existenz Adam schlichtweg ignorierte. Er wusste jedoch, dass Amanda und Jacob ihre Halbgeschwister liebten und hervorragend mit ihnen auskamen. Aber davon wollte Adam nichts hören. Er hatte Rachel ihren Verrat nie verziehen und würde das auch nicht tun. Er war schon vor Jahren zu der Überzeugung gelangt, dass alle Frauen von Grund auf hinterhältig waren. Die einzige Methode, mit Frauen umzugehen, bestand nach Adams Meinung darin, sie auf Abstand zu halten und niemals lange bei einer zu verweilen. Dieses Misstrauen legte er nur ab, wenn er mit Charlie und Gray auf dem Boot oder mit seinen Kindern zusammen war. »Um eins schließen die Geschäfte«, sagte Charlie zu Adam. »Wir können hier zu Mittag essen und am Nachmittag an Land gehen, wenn sie wieder geöffnet haben.« Sie hatten gerade erst gefrühstückt, wenn auch Adam nach dem vielen Alkohol letzte Nacht nur Kaffee und ein Brötchen hinunterbekommen hatte. Er litt an einem nervösen Magen, hatte vor Jahren ein Magengeschwür gehabt und aß selten viel. Das war der Preis, den er bereitwillig für seinen stressigen Job zahlte. Seit Jahren handelte er Verträge für Sportler und Popstars aus. Er liebte die damit verbundene Aufregung und konnte sich dabei voll entfalten. Er holte seine Klienten gegen Kaution aus dem Gefängnis, brachte sie in Teams unter, in die sie unbedingt wollten, verpflichtete sie zu Konzerttourneen, handelte ihre Scheidungen und den Unterhalt für die Geliebte sowie Alimente für uneheliche Kinder aus. Seine Klienten hielten ihn beschäftigt, gestresst und glücklich. Nur zweimal im Jahr nahm er sich frei. Den August natürlich, und dann kreuzte er noch einmal eine Woche im Winter mit Charlie in der Karibik. Gray war dabei nie mit von der Partie, er hatte zu schlechte Erinnerungen an die Karibik aus der Zeit, als er mit seinen Eltern dort gelebt hatte. Er sagte immer, dass ihn nichts dazu brächte, dorthin zurückzukehren. Ende August reiste Adam jedes Jahr außerdem eine Woche mit seinen Kindern durch Europa. Diesmal sollte sein Flugzeug die beiden in New York abholen, ihn anschließend in Nizza einsammeln und sie dann nach London fliegen. »Was haltet ihr davon, wenn wir rausfahren und am Strand vor Anker gehen? Dann können wir zum Lunch mit dem Beiboot hinüberfahren und in den Club 55 gehen«, schlug Charlie vor, und die beiden nickten zustimmend. Es war das, was sie für gewöhnlich in St. Tropez taten. Charlie hatte für seine Gäste alle erdenklichen Spielzeuge an Bord - Wasserskier, Jetskier, ein kleines Segelboot, Surfbretter sowie für jeden eine Tauchausrüstung. Aber die meiste Zeit genossen es die drei Männer, einfach nur zu faulenzen. Ihre gemeinsame Zeit verbrachten sie meist mit Essengehen, Frauen, Trinken, ein bisschen Schwimmen - und viel Schlafen. Vor allem Adam. Zu Beginn des Urlaubs war er immer völlig erschöpft und sagte, der einzige Ort, an dem er anständig schlafen könne, sei auf Charlies Boot. Der August war die einzige Zeit im Jahr, in der er keinen Stress hatte. Zwar bekam er auch hierher Faxe und E-Mails, seine Mitarbeiter wussten jedoch, dass sie ihn nur mit absolut wichtigen Angelegenheiten behelligen durften. Und wehe, wenn sie dagegen verstießen. Nur diesen einen Monat gab Adam das Steuer aus der Hand und versuchte, einmal nicht an den Job zu denken. Im September konnte man dann wesentlich angenehmer mit ihm arbeiten. Kennengelernt hatten sich die drei über ihr wohltätiges Engagement. Charlies Stiftung hatte eine Benefizveranstaltung organisiert, um an der Upper West Side ein Frauenhaus zu finanzieren. Der Schirmherr suchte einen Rockstar, der bereit war, dort ohne Gage aufzutreten. Er nahm Kontakt zu Adam auf, der den betreffenden Künstler vertrat. Im Zuge der Verhandlungen trafen sich Adam und Charlie zum Mittagessen und stellten fest, dass sie viele Gemeinsamkeiten hatten. Als das Konzert schließlich stattfand, waren die Männer bereits gute Freunde geworden. Bei diesem Event wurde auch ein von Gray gespendetes Gemälde versteigert, was für ihn ein großes Opfer war, denn es entsprach seinem Einkommen von sechs Monaten. Anschließend hatte er sich dazu bereit erklärt, ein Wandgemälde an dem Frauenhaus anzubringen. Dabei lernte er Charlie kennen und später auch Adam, als Charlie die beiden als Dankeschön zu einem Dinner in sein Apartment einlud. Die drei Männer hätten unterschiedlicher nicht sein können und entdeckten dennoch jede Menge Gemeinsamkeiten: Sie engagierten sich für die gleiche Sache und waren alle drei Single. Charlie hatte gerade erst seine Verlobung hinter sich. Er lud Adam und Gray ein, ihm im August auf seinem Boot Gesellschaft zu leisten - ursprünglich hatte er zu dem Zeitpunkt dort seine Flitterwochen verbringen wollen. Die Reise mit den beiden Männern sah er deshalb als eine angenehme Ablenkung. Das Mädchen, mit dem Gray kurz zuvor zusammen gewesen war, hatte erst versucht, sich das Leben zu nehmen, und war dann mit einem Kunststudenten durchgebrannt. Gray war also froh, im August aus der Stadt herauszukommen, und nahm Charlies Einladung dankbar an. Adam hatte - neben seiner Scheidung - auch ein anstrengendes Frühjahr hinter sich, mit zwei verletzten Spitzensportlern und der abgesagten Konzerttour einer weltbekannten Band, was ein gutes Dutzend Klagen nach sich zog. Am Ende übertraf dieser Urlaub alle Erwartungen. Die drei verbrachten eine tolle Zeit zusammen, und der Aufenthalt auf Charlies Yacht wurde von da an zu ihrem jährlichen Ritual. Dieses Jahr versprach, sich nicht von den vorhergehenden zu unterscheiden. St. Tropez, Monte Carlo mit seinem Casino, Portofino, Sardinien, Capri und wo auch immer sie sonst noch einen Zwischenstopp einlegen wollten. Sie waren erst seit zwei Tagen auf dem Boot und hatten noch viel Zeit vor sich. »Also, wie sieht's aus, Jungs? Zum Mittagessen in den Club 55 und vorher eine Runde schwimmen?«, fragte Charlie. »Ja, wieso nicht?«, antwortete Adam und verdrehte die Augen, als sein teures Handy klingelte. Er ignorierte es. Die Mailbox konnte er abhören. In Europa trug er nur ein Handy bei sich - eine Wohltat gegenüber New York. »Klingt nach harter Arbeit, aber einer muss sie ja tun.« Er grinste. »Möchte jemand eine Bloody Mary?«, fragte Charlie mit gespielter Unschuld, während er dem bereitstehenden Steward ein Zeichen gab, dass sie aufbrechen würden. Der Chefsteward, ein attraktiver junger Neuseeländer, nickte und ging fort, um dem Kapitän Bescheid zu geben und im Club einen Tisch für das Mittagessen zu reservieren. Mehr Informationen brauchte er nicht. Er wusste, dass Charlie um halb drei zum Mittagessen an Land gehen wollte. Meistens aßen die drei lieber an Bord, aber die Prominentenszene in St. Tropez war zu verführerisch. Und jeder, der etwas auf sich hielt, ging zum Mittagessen in den Club 55 und zum Dinner ins Spoon. »Machen Sie aus meiner eine jungfräuliche Bloody Mary«, sagte Gray lächelnd zu dem Steward. »Ich möchte meinen Aufenthalt im Entzug noch ein paar Tage aufschieben.« »Meine bitte scharf und gut gewürzt, und wenn ich so dar über nachdenke, mit Tequila«, sagte Adam mit breitem Grinsen, und Charlie lachte. »Ich nehme einen Bellini«, sagte Charlie. Diese Mischung aus Pfirsichsaft und Champagner erschien ihm als passender Einstieg in den Tag. Charlie hatte eine Vorliebe für kubanische Zigarren und guten Champagner. Von beidem hatten sie eine Menge an Bord. Die drei Männer saßen an Deck und ließen es sich gut gehen. Währenddessen fuhren sie langsam aus dem Hafen, zwischen den Ausflugsbooten voller Schaulustiger hindurch, die Fotos von der Yacht schossen. Am Ende des Kais stand dicht gedrängt die übliche Meute Paparazzi und wartete darauf, dass berühmte Persönlichkeiten im Hafen anlegten, denen sie mit ihren Motorrollern auf Schritt und Tritt folgten. Charlie bot allerdings nur wenig Futter für die Klatschpresse. Abgesehen von der riesigen Yacht bemühte er sich, nicht allzu viel Aufsehen zu erregen. Er war einfach nur ein reicher Mann, der mit zwei Freunden unterwegs war, die niemand kannte, der Klatschzeitungen las. Obwohl Adam von vielen Stars umgeben war, hielt er sich selbst stets im Hintergrund. Und Gray Hawk war schließlich nur ein am Hungertuch nagender Künstler. Vor dem Mittagessen gingen sie eine halbe Stunde schwimmen. Danach holte Adam einen Jetski heraus, um noch ein wenig von seiner überschüssigen Kraft loszuwerden. Gray schlief an Deck, und Charlie rauchte eine seiner kubanischen Zigarren. Ein perfektes Leben. Um halb drei nahmen sie das Beiboot und setzten zum Lunch in den Club 55 über. Alain Delon war da, Gérard Depardieu und Catherine Deneuve, über die sich die drei Freunde einig waren, dass sie noch immer eine Schönheit war. Im Grunde war sie genau Charlies Typ, wenn auch um einiges älter als die Frauen, mit denen er für gewöhnlich ausging. Ältere Frauen überließ er noch älteren Männern. Adam sah das genauso. Im Gegensatz zu den beiden sagte Gray, der sich nichts aus jüngeren Mädchen machte, er wäre in jedem Alter mit Catherine Deneuve glücklich. Mrs Deneuve kam jedoch für ihn aus einem anderen Grund nicht in Frage: Sie wirkte völlig normal und lebensfroh, als sie sich angeregt und lachend mit ihren Freunden unterhielt. Eine Frau, die Gray anzog, würde weinend in einer Ecke sitzen oder schluchzend telefonieren. Die Frau, nach der Adam suchte, wäre gerade einmal zehn Jahre älter als seine Teenager-Tochter, und er würde ihr eine Brustvergrößerung und eine Nasenkorrektur bezahlen müssen. Die Frau aus Charlies Träumen trüge einen Heiligenschein und gläserne Schuhe. Nur dass diese Frau nicht um Mitternacht davonlaufen, sondern versprechen würde, ihn nie zu verlassen und bis in alle Ewigkeit in seinen Armen zu tanzen. Vielleicht würde er diese Frau eines Tages finden.
Aus dem Amerikanischen von Silvia Kinkel Knaur
© 2010 Knaur Taschenbuch
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Autoren-Porträt von Danielle Steel
Steel, DanielleDanielle Steel ist eine der erfolgreichsten Autorinnen der Welt - mit rund 600 Millionen verkauften Büchern, die in knapp 50 Ländern erschienen sind. Nahezu jeder ihrer 78 Romane schaffte es auf die New-York-Times-Bestsellerliste. Neben dem Schreiben widmet sich die Mutter von neun Kindern intensiv ihrer Familie und engagiert sich für verschiedene soziale Stiftungen. Danielle Steel lebt heute in San Francisco und verbringt mehrere Monate des Jahres in Frankreich. Wenn Sie mehr über die Autorin wissen möchten, dann besuchen Sie sie auf ihrer Website unter www.daniellesteel.com.
Bibliographische Angaben
- Autor: Danielle Steel
- 2011, 429 Seiten, Masse: 11,5 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Silvia Kinkel
- Verlag: Droemer/Knaur
- ISBN-10: 3426501651
- ISBN-13: 9783426501658
- Erscheinungsdatum: 09.09.2011
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