Im Bann des Drachen / Elder Races Bd.1
Roman. Deutsche Erstausgabe
Pia ist halb Mensch, halb Werwesen. Eines Tages wird sie von einem Erpresser dazu gezwungen, eine Münze aus dem Hort des gefährlichen Werdrachen Dragos Cuelebre zu stehlen. Aber als Dragos die attraktive Diebin entdeckt, hat er alles andere als Rache im Sinn.
- Kreditkarte, Paypal, Rechnungskauf
- 30 Tage Widerrufsrecht
Produktdetails
Produktinformationen zu „Im Bann des Drachen / Elder Races Bd.1 “
Pia ist halb Mensch, halb Werwesen. Eines Tages wird sie von einem Erpresser dazu gezwungen, eine Münze aus dem Hort des gefährlichen Werdrachen Dragos Cuelebre zu stehlen. Aber als Dragos die attraktive Diebin entdeckt, hat er alles andere als Rache im Sinn.
Klappentext zu „Im Bann des Drachen / Elder Races Bd.1 “
Pia Giovanni ist halb Mensch, halb Werwesen. Sie hat sich stets die grösste Mühe gegeben, ein unauffälliges Leben zu führen und sich aus dem schwelenden Konflikt zwischen den Werdrachen und den Fae herauszuhalten. Doch das ist mit einem Schlag vorbei, als ein Erpresser sie dazu zwingt, eine Münze aus dem Hort von Dragos Cuelebre zu stehlen. Dragos ist der gefährlichste und mächtigste unter den Werdrachen. Als dieser der Diebin auf die Spur kommt, muss er zu seinem Leidwesen feststellen, dass Rache das Letzte ist, woran er denkt ...
Lese-Probe zu „Im Bann des Drachen / Elder Races Bd.1 “
Im Bann des Drachen von Thea Harrison1
... mehr
Pia war zu einem derart selbstmörderischen Verbrechen erpresst worden, wie sie es niemals für möglich gehalten hätte. Und sie konnte niemand anderem als sich selbst die Schuld daran geben.
Es zu wissen, machte es nicht besser. sie konnte einfach nicht fassen, dass sie so wenig Urteilskraft, Geschmack und Sensibilität an den Tag gelegt hatte.
Mal ehrlich - was hatte sie getan? Sie hatte einen Blick auf ein hübsches Gesicht geworfen und alles vergessen, was ihre Mutter ihr über das Überleben beigebracht hatte. Der Gedanke daran war so unerträglich, dass sie sich am liebsten eine Knarre an den Kopf gesetzt und abgedrückt hätte. Nur besaß sie keine Knarre, weil sie keine Waffen mochte. Außerdem war das Abfeuern einer Pistole eine ziemlich endgültige Angelegenheit, und sie legte sich nicht gern langfristig fest. Aber sie war ohnehin schon so was von tot, also wozu noch die Mühe?
Ein Taxi hupte. In New York war dieses Geräusch so allgegenwärtig, dass jeder es ignorierte, doch dieses Mal schreckte es sie auf. Sie warf einen Blick über die hochgezogene Schulter.
Ihr Leben war ein Scherbenhaufen. Sie würde für den Rest ihrer Tage auf der Flucht sein, so etwa alle fünfzehn Minuten. Und das alles nur wegen ihrer eigenen Dummheit und ihres Scheißkerls von Exfreund, der sie erst gevögelt und dann so dermaßen beschissen hatte, dass sie über dieses Gefühl, das ihr wie ein Messer in den Magen stach, einfach nicht hinwegkam.
Sie stolperte in eine schmale, zugemüllte Straße hinter einem koreanischen Restaurant, wo sie eine Literflasche Wasser öffnete und sie in einem Zug halb leer trank. Mit einer Hand stützte sie sich an der Betonmauer ab, während sie das Treiben auf dem Bürgersteig beobachtete. Der Dampf aus der Restaurantküche hüllte sie ein, und der Geruch von rotem Chili und Soja der Gochu Jang- und Gangjang-Saucen überlagerte den Gestank des Mülls aus dem Container neben ihr und die beißenden Abgase des Straßenverkehrs.
Die Menschen auf dem Bürgersteig sahen fast aus wie immer, wie sie von unsichtbaren Mächten getrieben über den Gehweg eilten und in ihre Handys brüllten. Einige sprachen murmelnd mit sich selbst, während sie in Mülltonnen wühlten und die Welt mit verlorenen, argwöhnischen Augen betrachteten. Alles wirkte normal. So weit, so gut?
Nach einer langen, albtraumhaften Woche hatte sie das Verbrechen schließlich einfach begangen. Sie hatte eine der mächtigsten Kreaturen der Welt bestohlen, eine Kreatur, die so furchterregend war, dass ein einziger Gedanke an sie Pia mehr Angst einjagte, als sie in ihrem ganzen Leben gebraucht hätte. Jetzt war es beinahe vollbracht. Nur noch ein paar Dinge zu erledigen, noch ein Treffen mit dem Scheißkerl, und dann hatte sie Zeit zu schreien, sagen wir, ein paar Tage lang, während sie sich überlegte, wo sie sich verstecken könnte.
An diesen Gedanken klammerte sie sich, während sie zügig die Straße hinunterging, bis sie den Magic District erreichte. Der östlich vom Garment District und nördlich von Koreatown gelegene Zauberbezirk von New York wurde manchmal auch Hexenkessel genannt. Er umfasste einige Häuserblocks, in denen die hellen und dunklen Energien nur so brodelten.
Der Hexenkessel verkündete sein »Auf eigene Gefahr!« so stolz wie der Satinumhang eines Preisboxers. in dieser Gegend stapelten sich auf mehreren Stockwerken die Verkaufsbuden und Läden, in denen Kartenlesen, Hellseherei, Götzen und Zauber angeboten wurden. Es gab Einzelhändler, Großhändler und Importeure, jene, die gefälschte Ware feilboten, und solche, deren Zauberartikel eine tödliche Realität besaßen. selbst auf einen Häuserblock Entfernung konnte sie spüren, wie die Gegend geradezu brutal auf ihre Sinne einstürmte.
Sie erreichte ein Geschäft am Rande des Bezirks. Die Fassade war salbeigrün gestrichen, die Einfassungen der Spiegelglasfenster und der Tür blassgelb. Sie trat einen Schritt zurück und sah nach oben. DIVINUS war in einfachen Buchstaben aus gebürstetem Metall über dem Schaufenster zu lesen. Vor vielen Jahren hatte ihre Mutter bei der Hexe, der dieser Laden gehörte, hin und wieder einen Zauber gekauft. Auch Quentin, Pias Chef, hatte erwähnt, dass diese Hexe über eine der stärksten magischen Begabungen verfügte, die ihm je bei einem Menschen begegnet war.
Sie sah ins Schaufenster. Ihr verschwommenes Spiegelbild blickte zurück: eine müde junge Frau, relativ groß mit einem fohlenartigen Körperbau, angespannten Gesichtszügen und einem zerzausten hellblonden Pferdeschwanz. Sie blickte durch sich selbst hindurch, hinein in den abgedunkelten iInnenraum.
Im Gegensatz zu der lauten, nicht allzu sauberen Umgebung der Straße war das innere des Ladens kühl und ruhig. Von dem Haus schien eine Wärme auszugehen. Sie bemerkte, dass Schutzzauber angebracht worden waren. in einer Vitrine neben der Tür funkelten harmonische Energien in einem reizvollen Arrangement aus Kristallen - Amethyst, Peridot, Rosenquarz, blauer Topas und Zölestin. Die Kristalle fingen das schräg einfallende Sonnenlicht ein und warfen strahlende Splitter aus regenbogenfarbenem Licht an die Decke. Ihre Augen fanden die einzige Person im Raum, eine große, majestätisch aussehende Frau, vielleicht lateinamerikanischer Herkunft, deren Blick mit einer Entladung magischer Energie eine Verbindung zu Pias herstellte.
n diesem Augenblick ging das Geschrei los.
»Gehen sie nicht da rein!«, rief ein Mann. Dann schrie eine Frau: »Bleiben sie stehen, bevor es zu spät ist!«
Pia fuhr zusammen und sah sich um. Hinter ihr stand eine Gruppe von zwanzig Leuten auf der Straße. Sie hielten verschiedene Schilder hoch. Auf einem Plakat stand MAGIE = FAHRKARTE IN DIE HÖLLE. Auf einem anderen: GOTT WIRD UNS RETTEN. Und ein drittes behauptete: ALTE VÖLKER - EIN ELITÄRER BETRUG.
Das Gefühl von Unwirklichkeit wurde stärker, gefördert durch Stress, Schlafmangel und ständige Angst. Das Geschrei galt ihr.
Einige Menschen weigerten sich konsequent und auf militante Art, an die Existenz der Alten Völker zu glauben, obwohl die Volksmärchen schon vor vielen Generationen durch Beweise abgelöst worden waren, nachdem man eine entsprechende wissenschaftliche Methode entwickelt hatte. Die Alten Völker und die Menschheit lebten schon seit dem Elisabethanischen Zeitalter offen nebeneinander. Die revisionistische Geschichtsauffassung dieser Menschen ergab ebenso wenig Sinn wie die derjenigen, die behaupteten, die Juden seien im Dritten Reich nicht verfolgt worden.
Nicht nur, dass sie den Bezug zur Realität verloren hatten - sie demonstrierten außerdem vor dem Geschäft einer menschlichen Hexe, um gegen die Alten Völker zu protestieren? Pia schüttelte den Kopf.
Ein kühles Klingeln lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Geschäft. Die Frau, in deren Blick magische Energie lag, hielt ihr die Tür auf. »Die Stadtverordnungen funktionieren in beide Richtungen«, erklärte sie Pia, die Stimme voller Verachtung. »Zwar darf es Zauberläden nur innerhalb eines bestimmten Bezirks geben, aber Demonstranten müssen fünfzehn Meter Abstand von den Läden halten. Sie dürfen die Straße nicht überqueren, sie dürfen den Magic District nicht betreten, und sie können nichts weiter tun, als potenzielle Kunden anzuschreien und zu versuchen, sie aus der Entfernung zu verschrecken. Möchten sie reinkommen?«
Eine ihrer makellosen Augenbrauen hob sich zu einer gebieterischen Herausforderung, als wollte sie nahelegen, dass es eine wahrhaft mutige Tat sei, das Geschäft dieser Frau zu betreten.
Pia blinzelte sie ausdruckslos an. Nach allem, was sie erlebt hatte, war die Herausforderung dieser Frau weniger als unbedeutend - sie war unsinnig. ohne mit der Wimper zu zucken, ging sie hinein.
Hinter ihr fiel die Tür klimpernd ins Schloss. Die Frau hielt einen Herzschlag lang inne, als hätte Pia sie überrascht. Dann trat sie mit einem sanften Lächeln auf sie zu.
»ich bin Adela. Mir gehört Divinus. Was kann ich für sie tun, meine Liebe?« Das Gesicht der Ladenbesitzerin nahm einen irritierten Ausdruck an. Leise, fast zu sich selbst sagte sie: »Was ist das? ... sie haben etwas an sich ...«
Mist, daran hatte sie nicht gedacht! Diese Hexe könnte sich an ihre Mutter erinnern.
»Stimmt. ich sehe aus wie Greta Garbo«, unterbrach Pia sie mit versteinerter Miene. »Können wir jetzt weitermachen?«
Die andere Frau fing ihren Blick auf. Pias Mimik und Körpersprache hielten förmlich ein »Geschlossen«-Schild in die Höhe, und die Hexe beschloss offenbar, sich wieder wie eine professionelle Verkäuferin zu verhalten. »Entschuldigen sie«, sagte sie mit ihrer Schokoladenmilchstimme. sie deutete auf die Auslagen. »Hier drüben habe ich Kräuterkosmetik, Schönheitsmittelchen und Tinkturen, mit Heilungszaubern aufgeladene Kristalle ...«
Pia sah sich um, ohne das alles wahrzunehmen, doch sie bemerkte einen würzigen Geruch. Es roch so wunderbar, dass sie, ohne darüber nachzudenken, tief einatmete. Gegen ihren Willen entspannten sich die Muskeln in ihrem Nacken und den schultern. Der Duft enthielt einen einfachen Zauber, der ganz eindeutig dazu dienen sollte, nervöse Kunden zu beruhigen.
Zwar richtete der Zauber eigentlich keinen Schaden an und versuchte nicht, ihre Sinne zu vernebeln, doch seine manipulative Wirkung störte Pia. Wie viele Menschen entspannten sich dadurch und gaben deswegen Geld aus? Mit geballten Fäusten schob sie die Magie beiseite. Der Zauber klebte noch einen Augenblick an ihr fest, bevor er sich auflöste. Das Gefühl erinnerte sie an Spinnweben, die sich über ihre Haut zogen. Sie kämpfte gegen den Drang an, sich über Arme und Beine zu reiben.
Verärgert wandte sie sich um und sah der Ladenbesitzerin in die Augen. »Sie wurden mir von einer zuverlässigen Quelle empfohlen«, sagte sie knapp. »Ich brauche einen Verpflichtungszauber.«
Adelas höfliches Benehmen ließ nach. »Verstehe«, sagte sie ebenso kurz angebunden wie Pia. Wieder hoben sich ihre Augenbrauen herausfordernd. »Wenn Sie von mir gehört haben, werden Sie wissen, dass ich nicht billig bin.«
»Sie sind nicht billig, weil sie angeblich eine der besten Hexen der Stadt sind«, sagte Pia, während sie zu einer gläsernen Theke hinüberging. Sie streifte den Rucksack von den schmerzenden Schultern und legte ihn auf die Theke, nachdem sie eine Strähne ihres Pferdeschwanzes unter dem Schulterriemen hervorgezogen hatte. Dann verstaute sie ihre Wasserflasche im Rucksack und zog den Reißverschluss wieder zu.
...
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
Pia war zu einem derart selbstmörderischen Verbrechen erpresst worden, wie sie es niemals für möglich gehalten hätte. Und sie konnte niemand anderem als sich selbst die Schuld daran geben.
Es zu wissen, machte es nicht besser. sie konnte einfach nicht fassen, dass sie so wenig Urteilskraft, Geschmack und Sensibilität an den Tag gelegt hatte.
Mal ehrlich - was hatte sie getan? Sie hatte einen Blick auf ein hübsches Gesicht geworfen und alles vergessen, was ihre Mutter ihr über das Überleben beigebracht hatte. Der Gedanke daran war so unerträglich, dass sie sich am liebsten eine Knarre an den Kopf gesetzt und abgedrückt hätte. Nur besaß sie keine Knarre, weil sie keine Waffen mochte. Außerdem war das Abfeuern einer Pistole eine ziemlich endgültige Angelegenheit, und sie legte sich nicht gern langfristig fest. Aber sie war ohnehin schon so was von tot, also wozu noch die Mühe?
Ein Taxi hupte. In New York war dieses Geräusch so allgegenwärtig, dass jeder es ignorierte, doch dieses Mal schreckte es sie auf. Sie warf einen Blick über die hochgezogene Schulter.
Ihr Leben war ein Scherbenhaufen. Sie würde für den Rest ihrer Tage auf der Flucht sein, so etwa alle fünfzehn Minuten. Und das alles nur wegen ihrer eigenen Dummheit und ihres Scheißkerls von Exfreund, der sie erst gevögelt und dann so dermaßen beschissen hatte, dass sie über dieses Gefühl, das ihr wie ein Messer in den Magen stach, einfach nicht hinwegkam.
Sie stolperte in eine schmale, zugemüllte Straße hinter einem koreanischen Restaurant, wo sie eine Literflasche Wasser öffnete und sie in einem Zug halb leer trank. Mit einer Hand stützte sie sich an der Betonmauer ab, während sie das Treiben auf dem Bürgersteig beobachtete. Der Dampf aus der Restaurantküche hüllte sie ein, und der Geruch von rotem Chili und Soja der Gochu Jang- und Gangjang-Saucen überlagerte den Gestank des Mülls aus dem Container neben ihr und die beißenden Abgase des Straßenverkehrs.
Die Menschen auf dem Bürgersteig sahen fast aus wie immer, wie sie von unsichtbaren Mächten getrieben über den Gehweg eilten und in ihre Handys brüllten. Einige sprachen murmelnd mit sich selbst, während sie in Mülltonnen wühlten und die Welt mit verlorenen, argwöhnischen Augen betrachteten. Alles wirkte normal. So weit, so gut?
Nach einer langen, albtraumhaften Woche hatte sie das Verbrechen schließlich einfach begangen. Sie hatte eine der mächtigsten Kreaturen der Welt bestohlen, eine Kreatur, die so furchterregend war, dass ein einziger Gedanke an sie Pia mehr Angst einjagte, als sie in ihrem ganzen Leben gebraucht hätte. Jetzt war es beinahe vollbracht. Nur noch ein paar Dinge zu erledigen, noch ein Treffen mit dem Scheißkerl, und dann hatte sie Zeit zu schreien, sagen wir, ein paar Tage lang, während sie sich überlegte, wo sie sich verstecken könnte.
An diesen Gedanken klammerte sie sich, während sie zügig die Straße hinunterging, bis sie den Magic District erreichte. Der östlich vom Garment District und nördlich von Koreatown gelegene Zauberbezirk von New York wurde manchmal auch Hexenkessel genannt. Er umfasste einige Häuserblocks, in denen die hellen und dunklen Energien nur so brodelten.
Der Hexenkessel verkündete sein »Auf eigene Gefahr!« so stolz wie der Satinumhang eines Preisboxers. in dieser Gegend stapelten sich auf mehreren Stockwerken die Verkaufsbuden und Läden, in denen Kartenlesen, Hellseherei, Götzen und Zauber angeboten wurden. Es gab Einzelhändler, Großhändler und Importeure, jene, die gefälschte Ware feilboten, und solche, deren Zauberartikel eine tödliche Realität besaßen. selbst auf einen Häuserblock Entfernung konnte sie spüren, wie die Gegend geradezu brutal auf ihre Sinne einstürmte.
Sie erreichte ein Geschäft am Rande des Bezirks. Die Fassade war salbeigrün gestrichen, die Einfassungen der Spiegelglasfenster und der Tür blassgelb. Sie trat einen Schritt zurück und sah nach oben. DIVINUS war in einfachen Buchstaben aus gebürstetem Metall über dem Schaufenster zu lesen. Vor vielen Jahren hatte ihre Mutter bei der Hexe, der dieser Laden gehörte, hin und wieder einen Zauber gekauft. Auch Quentin, Pias Chef, hatte erwähnt, dass diese Hexe über eine der stärksten magischen Begabungen verfügte, die ihm je bei einem Menschen begegnet war.
Sie sah ins Schaufenster. Ihr verschwommenes Spiegelbild blickte zurück: eine müde junge Frau, relativ groß mit einem fohlenartigen Körperbau, angespannten Gesichtszügen und einem zerzausten hellblonden Pferdeschwanz. Sie blickte durch sich selbst hindurch, hinein in den abgedunkelten iInnenraum.
Im Gegensatz zu der lauten, nicht allzu sauberen Umgebung der Straße war das innere des Ladens kühl und ruhig. Von dem Haus schien eine Wärme auszugehen. Sie bemerkte, dass Schutzzauber angebracht worden waren. in einer Vitrine neben der Tür funkelten harmonische Energien in einem reizvollen Arrangement aus Kristallen - Amethyst, Peridot, Rosenquarz, blauer Topas und Zölestin. Die Kristalle fingen das schräg einfallende Sonnenlicht ein und warfen strahlende Splitter aus regenbogenfarbenem Licht an die Decke. Ihre Augen fanden die einzige Person im Raum, eine große, majestätisch aussehende Frau, vielleicht lateinamerikanischer Herkunft, deren Blick mit einer Entladung magischer Energie eine Verbindung zu Pias herstellte.
n diesem Augenblick ging das Geschrei los.
»Gehen sie nicht da rein!«, rief ein Mann. Dann schrie eine Frau: »Bleiben sie stehen, bevor es zu spät ist!«
Pia fuhr zusammen und sah sich um. Hinter ihr stand eine Gruppe von zwanzig Leuten auf der Straße. Sie hielten verschiedene Schilder hoch. Auf einem Plakat stand MAGIE = FAHRKARTE IN DIE HÖLLE. Auf einem anderen: GOTT WIRD UNS RETTEN. Und ein drittes behauptete: ALTE VÖLKER - EIN ELITÄRER BETRUG.
Das Gefühl von Unwirklichkeit wurde stärker, gefördert durch Stress, Schlafmangel und ständige Angst. Das Geschrei galt ihr.
Einige Menschen weigerten sich konsequent und auf militante Art, an die Existenz der Alten Völker zu glauben, obwohl die Volksmärchen schon vor vielen Generationen durch Beweise abgelöst worden waren, nachdem man eine entsprechende wissenschaftliche Methode entwickelt hatte. Die Alten Völker und die Menschheit lebten schon seit dem Elisabethanischen Zeitalter offen nebeneinander. Die revisionistische Geschichtsauffassung dieser Menschen ergab ebenso wenig Sinn wie die derjenigen, die behaupteten, die Juden seien im Dritten Reich nicht verfolgt worden.
Nicht nur, dass sie den Bezug zur Realität verloren hatten - sie demonstrierten außerdem vor dem Geschäft einer menschlichen Hexe, um gegen die Alten Völker zu protestieren? Pia schüttelte den Kopf.
Ein kühles Klingeln lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Geschäft. Die Frau, in deren Blick magische Energie lag, hielt ihr die Tür auf. »Die Stadtverordnungen funktionieren in beide Richtungen«, erklärte sie Pia, die Stimme voller Verachtung. »Zwar darf es Zauberläden nur innerhalb eines bestimmten Bezirks geben, aber Demonstranten müssen fünfzehn Meter Abstand von den Läden halten. Sie dürfen die Straße nicht überqueren, sie dürfen den Magic District nicht betreten, und sie können nichts weiter tun, als potenzielle Kunden anzuschreien und zu versuchen, sie aus der Entfernung zu verschrecken. Möchten sie reinkommen?«
Eine ihrer makellosen Augenbrauen hob sich zu einer gebieterischen Herausforderung, als wollte sie nahelegen, dass es eine wahrhaft mutige Tat sei, das Geschäft dieser Frau zu betreten.
Pia blinzelte sie ausdruckslos an. Nach allem, was sie erlebt hatte, war die Herausforderung dieser Frau weniger als unbedeutend - sie war unsinnig. ohne mit der Wimper zu zucken, ging sie hinein.
Hinter ihr fiel die Tür klimpernd ins Schloss. Die Frau hielt einen Herzschlag lang inne, als hätte Pia sie überrascht. Dann trat sie mit einem sanften Lächeln auf sie zu.
»ich bin Adela. Mir gehört Divinus. Was kann ich für sie tun, meine Liebe?« Das Gesicht der Ladenbesitzerin nahm einen irritierten Ausdruck an. Leise, fast zu sich selbst sagte sie: »Was ist das? ... sie haben etwas an sich ...«
Mist, daran hatte sie nicht gedacht! Diese Hexe könnte sich an ihre Mutter erinnern.
»Stimmt. ich sehe aus wie Greta Garbo«, unterbrach Pia sie mit versteinerter Miene. »Können wir jetzt weitermachen?«
Die andere Frau fing ihren Blick auf. Pias Mimik und Körpersprache hielten förmlich ein »Geschlossen«-Schild in die Höhe, und die Hexe beschloss offenbar, sich wieder wie eine professionelle Verkäuferin zu verhalten. »Entschuldigen sie«, sagte sie mit ihrer Schokoladenmilchstimme. sie deutete auf die Auslagen. »Hier drüben habe ich Kräuterkosmetik, Schönheitsmittelchen und Tinkturen, mit Heilungszaubern aufgeladene Kristalle ...«
Pia sah sich um, ohne das alles wahrzunehmen, doch sie bemerkte einen würzigen Geruch. Es roch so wunderbar, dass sie, ohne darüber nachzudenken, tief einatmete. Gegen ihren Willen entspannten sich die Muskeln in ihrem Nacken und den schultern. Der Duft enthielt einen einfachen Zauber, der ganz eindeutig dazu dienen sollte, nervöse Kunden zu beruhigen.
Zwar richtete der Zauber eigentlich keinen Schaden an und versuchte nicht, ihre Sinne zu vernebeln, doch seine manipulative Wirkung störte Pia. Wie viele Menschen entspannten sich dadurch und gaben deswegen Geld aus? Mit geballten Fäusten schob sie die Magie beiseite. Der Zauber klebte noch einen Augenblick an ihr fest, bevor er sich auflöste. Das Gefühl erinnerte sie an Spinnweben, die sich über ihre Haut zogen. Sie kämpfte gegen den Drang an, sich über Arme und Beine zu reiben.
Verärgert wandte sie sich um und sah der Ladenbesitzerin in die Augen. »Sie wurden mir von einer zuverlässigen Quelle empfohlen«, sagte sie knapp. »Ich brauche einen Verpflichtungszauber.«
Adelas höfliches Benehmen ließ nach. »Verstehe«, sagte sie ebenso kurz angebunden wie Pia. Wieder hoben sich ihre Augenbrauen herausfordernd. »Wenn Sie von mir gehört haben, werden Sie wissen, dass ich nicht billig bin.«
»Sie sind nicht billig, weil sie angeblich eine der besten Hexen der Stadt sind«, sagte Pia, während sie zu einer gläsernen Theke hinüberging. Sie streifte den Rucksack von den schmerzenden Schultern und legte ihn auf die Theke, nachdem sie eine Strähne ihres Pferdeschwanzes unter dem Schulterriemen hervorgezogen hatte. Dann verstaute sie ihre Wasserflasche im Rucksack und zog den Reißverschluss wieder zu.
...
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
... weniger
Autoren-Porträt von Thea Harrison
Thea Harrison ist ein Pseudonym der Autorin Teddy Harrison. Bereits im Alter von neunzehn Jahren begann sie zu schreiben und veröffentlicht seither mit grossem Erfolg Liebesromane. Derzeit lebt sie in Nordkalifornien.
Bibliographische Angaben
- Autor: Thea Harrison
- Altersempfehlung: Ab 16 Jahre
- 2012, 4. Aufl. 2012, 464 Seiten, Masse: 12,4 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Cornelia Röser
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802586255
- ISBN-13: 9783802586255
- Erscheinungsdatum: 08.02.2012
Kommentare zu "Im Bann des Drachen / Elder Races Bd.1"
0 Gebrauchte Artikel zu „Im Bann des Drachen / Elder Races Bd.1“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
5 von 5 Sternen
5 Sterne 18Schreiben Sie einen Kommentar zu "Im Bann des Drachen / Elder Races Bd.1".
Kommentar verfassen