Einstrich - Keinstrich

Im Frühjahr 1982 wird der neunzehnjährige W. auf Grund einer Denunziation in Karl-Marx-Stadt auf offener Strasse verhaftet. Die Anschuldigungen beim anschliessenden Verhör lauten "staatsfeindliche Hetze, öffentliche Herabwürdigung und geplante Republikflucht". Auch ohne Beweise folgt die Strafaktion des Ministeriums für Staatssicherheit unmittelbar: Verbot jeglicher Auslandsreisen und Isolation durch sofortigen Einzug zum Militär. Das bedeutet für W. 18 Monate militärischen Drill im Pionierbataillon Pirna, bespitzelt von Zimmerkameraden und getrennt von seiner Geliebten, deren Ausreise kurz darauf genehmigt wird. Joerg Waehners NVA-Tagebuch beschreibt das Leben einer Zwangsgemeinschaft in Uniform und berichtet von der Spurensuche nach seinem Urgrossvater, der am gleichen Ort von den Nazis ermordet wurde. W. kämpft mit seiner Einsamkeit, der Ungewissheit und dem Verdacht, dass man ihn permanent beobachtet. Nach dem Ende der DDR wird dies bestätigt. Die Stasi-Akten belegen, dass sein Leben bei der Armee und auch danach minutiös überwacht wurde.Aus Waehners Montage von Tagebuchaufzeichnungen, Aktenauszügen und Zeitdokumenten des politischen und gesellschaftlichen Geschehens der frühen 80er Jahre entsteht das beklemmende Bild eines Systems, das den einzelnen instrumentalisiert und in einer Welt aus Misstrauen und Verdächtigungen gefangen hält.