Dunkle Gebete
Thriller
Die Opfer sind unschuldige Frauen. Der Killer ist ein Phantom. Und die Ermittlerin hat mehr als nur ein Geheimnis.
DC Lacey Flint ist eine junge Londoner Ermittlerin mit undurchsichtiger Vergangenheit und einem morbiden Interesse an...
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Produktinformationen zu „Dunkle Gebete “
Die Opfer sind unschuldige Frauen. Der Killer ist ein Phantom. Und die Ermittlerin hat mehr als nur ein Geheimnis.
DC Lacey Flint ist eine junge Londoner Ermittlerin mit undurchsichtiger Vergangenheit und einem morbiden Interesse an Serienkillern. Mit einem echten Mord hatte sie bisher allerdings nie zu tun - bis jetzt, da eine aus zahlreichen Stichwunden blutende Frau an der Tür von Laceys Wagen lehnt und in ihren Armen stirbt. Lacey wird zunächst nur als Zeugin vernommen, doch bald wird klar, dass sie in dem Fall eine ganz besondere Rolle spielt: Ein blutiger Bekennerbrief ist unmissverständlich an sie adressiert. Unversehens findet sich Lacey im Mittelpunkt einer Mordserie, die in einem besonderen Zusammenhang mit ihr selbst stehen muss. Doch wie findet man einen Killer, der sich einen nie gefassten Serienmörder zum Vorbild genommen hat?
Lese-Probe zu „Dunkle Gebete “
Dunkle Gebete von Sharon J. BoltonProlog
Vor elf Jahren
... mehr
Blätter und Matsch und Gras dämpfen jedes Geräusch, selbst einen Schrei. Das Mädchen weiß das. Kein Laut, den sie von sich geben würde, könnte jemals bis zu den Autoscheinwerfern und den Straßenlaternen einen halben Kilometer weiter dringen, zu den erleuchteten Fenstern der hohen Gebäude, die sie hinter der Mauer gerade noch ausmachen kann. Die nahe Stadt kann ihr nicht helfen, und Schreien kostet nur unnötig Kraft, die zu verschwenden sie sich nicht leisten kann.
Sie ist allein. Eben war es noch anders.
»Cathy«, sagt sie. »Cathy, das ist nicht witzig.«
Es fällt ihr schwer, dem Ganzen etwas Witziges abzugewinnen. Warum kichert da also jemand? Dann ein anderes Geräusch. Ein kratzendes, schabendes Geräusch.
Sie könnte weglaufen. Die Brücke ist nicht weit. Vielleicht schafft sie es ja.
Wenn sie wegläuft, lässt sie Cathy zurück.
Eine Brise rührt sich in den Blättern des Baumes, neben dem sie steht, und sie merkt, dass sie schon die ganze Zeit zittert. Vor ein paar Stunden hat sie sich für einen stickigen Pub und eine Heimfahrt in einem geheizten Bus angezogen, nicht für diesen Ort im Freien um Mitternacht. Da ihr klar ist, dass sie möglicherweise jeden Augenblick losrennen muss, hebt sie erst den einen und dann den anderen Fuß und zieht ihre Schuhe aus.
»Mir reicht's langsam«, verkündet sie mit einer Stimme, die nicht ihre ist. Sie tritt einen Schritt vor, weg von dem Baum, ein bisschen weiter auf den großen Felsbrocken zu, der vor ihr im Gras liegt. »Cathy«, sagt sie, »wo bist du?«
Nur das Schaben antwortet.
Bei Nacht sehen die Steine größer aus. Nicht nur größer, sondern schwärzer und älter. Und doch scheint der Kreis, den sie bilden, kleiner geworden zu sein. Sie hat das Gefühl, dass die Steine sich näher heranschleichen, mit ihr Ochs am Berg spielen. Dass sie nur noch einmal kurz weg- und dann wieder hinschauen müsste, schon wären sie nahe genug, um sie zu berühren.
Unmöglich, sich mit so einem Gedanken im Kopf nicht umzuschauen, nicht aufzustöhnen, als eine dunkle Silhouette eindeutig näher kommt. Einer der hohen Steine hat sich geteilt, als ob ein Felsstück von einer Klippe abbricht. Das Felsstück löst sich und tritt vor.
Da rennt sie los, aber es währt nicht lange. Eine weitere schwarze Silhouette verstellt ihr den Weg zur Brücke. Sie macht kehrt. Noch eine. Und noch eine. Dunkle Gestalten kommen auf sie zu. Fliehen ist unmöglich. Schreien ist sinnlos. Alles, was sie tun kann, ist, sich wie eine Ratte in einer Falle auf der Stelle zu drehen. Sie packen sie und zerren sie auf den großen, flachen Felsen zu, und zumindest eins wird ihr klar.
Das Schaben, das sie hört, ist das Geräusch einer Klinge, die an Stein gewetzt wird.
Teil 1
Polly
1
Freitag, 31. August
Eine Tote lehnte an meinem Auto.
Eine tote Frau, die es irgendwie schaffte, mit ausgestreckten Armen aufrecht dazustehen. Ihre Finger umklammerten die Kante, wo die Beifahrertür und das Dach aufeinandertrafen. Blut spritzte in rhythmischen Wellen auf meinen Wagen. Jeder Schwall ergoss sich über den davor, bis das Muster auf dem Lack einem Spinnennetz zu ähneln begann.
Gleich darauf drehte sie sich um, und ihr Blick begegnete dem meinen. Die Augen einer Toten. Eine tiefe Wunde klaffte in ihrer Kehle, und ihr Bauch war eine dunkelrote Masse. Sie griff nach mir. Ich konnte mich nicht rühren. Dann klammerte sie sich an mich, war verblüffend stark für eine Tote.
Ich weiß, ich weiß, sie stand auf den Beinen, sie bewegte sich, das Blut pumpte weiter, doch es war unmöglich, in diese Augen zu blicken und sie in Gedanken als irgendetwas anderes zu bezeichnen. Ihr Herz schlug noch, und sie hatte immer noch ein wenig Gewalt über ihre Muskeln. Doch das spielte letztlich keine Rolle mehr. Diese Augen wussten, dass das Spiel aus war.
Plötzlich war mir heiß. Bevor die Sonne untergegangen war, war es ein warmer Abend gewesen, einer von der Sorte, an denen die Gehsteige und Gebäude Londons sich an die Hitze des Tages klammern und einen mit einer Woge heißer Luft überfluten, wenn man ins Freie tritt. Das hier jedoch war etwas Neues, diese pumpende, klebrige Wärme. Diese Hitze hatte nichts mit dem Wetter zu tun.
Ich hatte das Messer nicht gesehen. Doch jetzt konnte ich den Griff fühlen, der sich gegen mich drückte. Sie hielt mich so fest umklammert, stieß sich das Messer selbst tiefer in den Leib.
Nein, tun Sie das nicht.
Ich versuchte, sie fortzuschieben, nur so weit, dass kein Druck mehr auf dem Messer war. Sie hustete, nur kam dieses Husten aus der Wunde in ihrer Kehle, nicht aus ihrem Mund. Etwas spritzte mir ins Gesicht, und dann drehte die Welt sich um uns.
Wir waren hingefallen. Sie sank zu Boden und ich mit, schlug hart auf den Asphalt und stieß mir die Schulter an. Jetzt lag sie flach auf dem Gehsteig, starrte in den Himmel hinauf, und ich kniete über ihr. Ihre Brust hob und senkte sich - aber nur noch ganz schwach.
Es ist noch nicht zu spät, dachte ich und wusste, dass das nicht stimmte. Ich brauchte Hilfe. Nichts zu wollen. Der kleine Parkplatz war verlassen. Hohe sechs- und achtstöckige Wohnblocks umgaben uns, und einen Moment lang bemerkte ich eine Bewegung auf einem der Balkone, dann nichts mehr. Es wurde von Sekunde zu Sekunde dämmriger.
Sie war erst vor wenigen Augenblicken angegriffen worden. Wer immer das getan hatte, war bestimmt noch in der Nähe.
Ich griff nach meinem Funkgerät, klopfte meine Taschen ab und fand es nicht, und die ganze Zeit sah ich in die Augen der Frau. Meine Tasche war ein kleines Stück entfernt zu Boden gefallen, und ich streckte mich danach, tastete darin herum und fand mein Handy. Ich zitierte Polizei und Rettungsdienst zum Parkplatz vor dem Victoria House der Wohnsiedlung Brendon in Kennington. Dann merkte ich, dass die Frau meine Hand ergriffen hatte.
Eine Tote hielt meine Hand, und es ging fast über meine Kraft, in diese Augen zu blicken und zu sehen, wie sie versuchten, sich auf meine zu fokussieren. Ich musste mit ihr sprechen, dafür sorgen, dass sie bei Bewusstsein blieb. Ich durfte nicht auf die Stimme in meinem Kopf hören, die mir sagte, dass es vorbei war.
»Ist ja gut«, sagte ich. »Es ist alles okay.«
Die Situation war eindeutig sehr weit davon entfernt, okay zu sein.
»Hilfe ist unterwegs«, versicherte ich und wusste, dass ihr nicht mehr zu helfen war. »Es wird alles gut.«
Wir belügen Sterbende, ging mir an jenem Abend auf, gerade als die erste Sirene in der Ferne ertönte.
»Hören Sie das? Da kommen sie. Halten Sie durch.« Sowohl ihre als auch meine Hand waren klebrig von Blut. Das Metallband ihrer Uhr drückte sich in meine Haut. »Kommen Sie, nicht aufgeben.« Die Sirene wurde lauter. »Hören Sie? Sie sind fast da.«
Rennende Schritte. Ich blickte auf und sah funkelndes Blaulicht, das sich in mehreren Fenstern spiegelte. Ein Streifenwagen hatte neben meinem Golf gehalten, und ein Constable in Uniform kam auf uns zugetrabt und sprach dabei in sein Funkgerät. Er erreichte uns und hockte sich hin.
»Halten Sie durch«, sagte ich. »Sie sind da, wir kümmern uns um Sie.«
Der Constable hatte eine Hand auf meiner Schulter. »Ganz ruhig«, sagte er, genauso wie ich es eben getan hatte, nur sagte er es zu mir. »Der Notarztwagen ist unterwegs. Ganz ruhig.«
Der Polizist war Mitte vierzig, untersetzt, mit schütterem grauem Haar. Es kam mir vor, als hätte ich ihn vielleicht schon einmal gesehen.
»Können Sie mir sagen, wo Sie verletzt sind?«, fragte er. Ich wandte mich wieder der Toten zu. Jetzt war sie wirklich tot.
»Schätzchen, können Sie sprechen? Können Sie mir Ihren Namen sagen? Sagen Sie mir, wo Sie verletzt sind.«
Kein Zweifel. Die blassblauen Augen starr. Der Körper regungslos. Ich fragte mich, ob sie wohl irgendetwas von dem gehört hatte, was ich zu ihr gesagt hatte. Sie hatte wunderschönes Haar, fiel mir jetzt auf, ein ganz helles Aschblond. Es war um ihren Kopf ausgebreitet wie ein Fächer. In ihren Ohrringen spiegelten sich die Straßenlaternen, und irgendetwas daran, wie sie durch die Strähnen ihres Haares hindurchfunkelten, kam mir vertraut vor. Ich ließ ihre Hand los und machte Anstalten, mich vom Gehsteig hochzustemmen. Sanft hielt mich jemand zurück.
»Ich glaube, Sie sollten sich lieber nicht bewegen, Schätzchen. Warten Sie, bis der Notarztwagen da ist.«
Ich brachte es nicht übers Herz zu widersprechen, also starrte ich weiter die Tote an. Blut war über den unteren Teil ihres Gesichts gespritzt. Ihr Hals und ihre Brust waren blutüberströmt. Blut sammelte sich unter ihr auf dem Gehsteig zu einer Lache, fand winzige Spalten im Pflaster, um darin entlangzurinnen. In der Mitte ihrer Brust konnte ich gerade noch den Stoff ihrer Bluse erkennen. Weiter unten war das unmöglich. Die Wunde in der Kehle war nicht die schlimmste Verletzung, bei Weitem nicht. Mir fiel wieder ein, dass ich einmal gehört hatte, der weibliche Körper enthielte ungefähr fünf Liter Blut. Ich hatte mir allerdings nie Gedanken darüber gemacht, wie es wohl aussehen würde, wenn das alles auslief.
2
»Mir fehlt nichts, ich bin nicht verletzt. Das ist nicht mein Blut.«
Ich wollte aufstehen; sie ließen mich nicht.
Drei Rettungshelfer kauerten über der blonden Frau. Anscheinend drückten sie Kompressen auf die Wunde in ihrem Bauch. Ich hörte jemanden etwas von einer Tracheotomie sagen. Dann etwas von peripherem Puls.
Lassen wir's gut sein? Ich glaube schon. Sie ist tot.
Jetzt wandten sie sich mir zu. Ich kam auf die Beine. Das Blut der Frau klebte auf meiner Haut, trocknete bereits in der warmen Luft. Ich merkte, wie ich schwankte, und sah überall Bewegung. Die Wohnblocks, die den Platz umgaben, hatten lange Balkone, die sich über die ganze Fassade erstreckten. Vor ein paar Minuten waren sie verwaist gewesen. Jetzt waren sie voller Menschen. Ich zog meinen Dienstausweis aus der Gesäßtasche meiner Jeans und hielt ihn dem am nächsten stehenden Polizisten hin.
»DC Lacey Flint«, sagte ich.
Er las den Ausweis und sah mir in die Augen, suchte nach Bestätigung. »Hab mir doch gedacht, dass Sie mir bekannt vorkommen. Sie arbeiten in der Wache in Southwark, nicht wahr?«
Ich nickte.
»CID - Kriminalpolizei«, sagte er zu den Rettungshelfern, die ihre Aufmerksamkeit mir zugewandt hatten, nachdem ihnen klar geworden war, dass sie nichts mehr für die blonde Frau tun konnten. Einer von ihnen kam auf mich zu. Ich trat zurück.
»Fassen Sie mich lieber nicht an«, sagte ich. »Ich bin nicht verletzt.« Ich blickte an meinen blutverschmierten Kleidern hinunter, fühlte, wie Dutzende von Augen mich anstarrten. »Ich bin Beweismaterial.«
Es wurde mir nicht gestattet, mich still und leise in die Anonymität des nächsten Polizeireviers davonzustehlen. DC Stenning, der Detective, der als Erster am Tatort eingetroffen war, hatte einen Anruf vom zuständigen Detective Inspector bekommen. Sein Boss war bereits unterwegs und wollte, dass ich mich nicht von der Stelle rührte.
Pete Stenning war in Southwark einer meiner Kollegen gewesen, bevor er zur Abteilung für Schwerverbrechen - zum Major Investigation Team oder MIT - des Bezirks gegangen war, die vom Revier in Lewisham aus operierte. Er war nicht viel älter als ich, vielleicht so um die dreißig, und einer jener Glückspilze, die bei fast allen beliebt sind. Männer mochten ihn, weil er hart arbeitete, aber nicht so hart, dass andere sich bedroht fühlten. Stenning stand auf bodenständige Arbeitersportarten wie Fußball, konnte sich aber auch in einem Gespräch über Golf oder Cricket behaupten. Er redete nicht übermäßig viel, doch alles, was er sagte, war vernünftig. Frauen mochten ihn, weil er groß und schlank war und lockiges dunkles Haar und stets ein freches Grinsen im Gesicht hatte.
Er nickte mir zu, war jedoch zu sehr damit beschäftigt, die Schaulustigen zurückzuhalten, um herüberzukommen. Inzwischen waren um den Leichnam der blonden Frau herum Sichtschutzwände aufgestellt worden. Da ihnen der erregendste Anblick verwehrt war, glotzten alle stattdessen mich an. Die Neuigkeit hatte sich herumgesprochen. Die Leute hatten per SMS ihre Freunde benachrichtigt, die eilends anrückten, um bei dem Spaß dabei zu sein. Ich saß hinten im Streifenwagen, mied aufdringliche Blicke und versuchte, meinen Job zu machen.
Die ersten sechzig Minuten nach einem schweren Verbrechen sind die wichtigsten, wenn die Beweise frisch sind und die Spur des Täters noch warm ist. Es gibt strikte Vorschriften, an die wir uns halten müssen. Ich arbeitete nicht beim Morddezernat; zu meinem Berufsalltag gehörte es, die Besitzer von Diebesgut ausfindig zu machen. Das war sehr viel weniger aufregend, doch mir war klar, dass ich mir so viel wie möglich merken musste. Ich registrierte normalerweise jedes klitzekleine Detail, etwas, wofür ich nicht immer dankbar war, wenn ich unweigerlich die langweiligen Jobs bekam. Jetzt jedoch sollte ich froh darüber sein.
»Ich hab Ihnen einen Tee geholt, Schätzchen.« Der Constable, der sich zu meinem Aufpasser ernannt hatte, war wieder da. »Trinken Sie den lieber schnell«, riet er mir. »Der DI ist da.«
Ich folgte seinem Blick und sah, dass ein silberner Mercedes unweit von meinem Wagen gehalten hatte. Zwei Personen stiegen aus. Der Mann war hochgewachsen, und selbst aus einiger Entfernung konnte ich sehen, dass ihm das Fitnessstudio nicht fremd war. Er trug Jeans und ein graues Polohemd. Gebräunte Arme. Sonnenbrille.
Die Frau erkannte ich sofort von Fotos her. Schlank wie ein Model, mit glänzendem dunklem Haar, das zu einem kinnlangen Bob geschnitten war. Jeans von der Sorte, für die Frauen über hundert Pfund bezahlen. Sie war die neueste ranghohe Rekrutin der siebenundzwanzig Londoner MITs, und ihre Ankunft war ausführlich abgehandelt worden, in internen Kreisen ebenso wie in den diversen Polizei-Blogs. Für den Posten eines Detective Inspector war sie ziemlich jung, nicht viel mehr als Mitte dreißig, doch sie hatte gerade einen Fall in Schottland bearbeitet, der viel Aufsehen erregt hatte. Außerdem ging das Gerücht, dass sie sich besser als jeder andere Polizeibeamte in Großbritannien mit HOLMES 2 auskannte - dem Computersystem, das sämtliche Morddezernate im Land benutzten. Natürlich schadete es nicht, hatten ein oder zwei weniger wohlgesonnene Blogs bemerkt, dass sie eine Frau und nicht rein europäischer Abstammung war.
Ich sah zu, wie sie und der Mann hellblaue Schutzanzüge und Überschuhe anzogen. Sie stopfte ihr Haar unter die Kapuze. Dann gingen die beiden hinter die Abschirmung; der Mann trat im letzten Moment zur Seite, um ihr den Vortritt zu lassen.
Inzwischen liefen auf dem ganzen Parkplatz Gestalten in weißen Schutzanzügen herum. Die Leute von der Spurensicherung waren eingetroffen. Sie würden einen inneren Sperrbereich um den Leichnam und einen äußeren um den Tatort herum einrichten. Von jetzt an würde jeder, der diesen Bereich betrat oder verließ, sich an- oder abmelden müssen, und der genaue Zeitpunkt seines Kommens oder Gehens würde protokolliert werden. All das hatte ich erst vor ein paar Monaten bei der Ausbildung zum Detective gelernt, doch dies war das erste Mal, dass ich es in der Praxis erlebte.
Ein pavillonartiges Gebilde wurde über der Stelle errichtet, wo der Leichnam noch immer lag. Mit Planen bespannte Stellwände waren bereits aufgerichtet worden, und binnen kürzester Zeit hatten die Ermittler einen großen, geschlossenen Bereich, in dem sie arbeiten konnten. Polizei-Absperrband wurde um mein Auto herumgespannt. Lampen wurden aus einem Lieferwagen ausgeladen, gerade als der Detective Inspector und ihr Begleiter wieder herauskamen. Sie sprachen kurz miteinander, dann machte der Mann kehrt und ging davon; er stieg über das gestreifte Flatterband, das den Rand des Sperrbereichs markierte. Die Frau kam auf mich zu.
»Ich lass Sie dann mal«, meinte mein Aufpasser. Ich reichte ihm meine Tasse, und er verzog sich. Der neue DI stand vor mir. Selbst in dem Schutzanzug sah sie elegant aus. Ihre Haut hatte einen kräftigen, dunklen Cremeton, und ihre Augen waren grün. Ich erinnerte mich, gelesen zu haben, dass ihre Mutter Inderin gewesen sei.
»DC Flint?«, fragte sie mit weichem, schottischem Akzent. Ich nickte.
»Wir kennen uns noch nicht«, fuhr sie fort. »Ich bin Dana Tulloch.«
3
»Okay«, sagte DI Tulloch. »Schön langsam, und erzählen Sie weiter.«
Ich ging los. Meine Füße knisterten bei jedem Schritt auf dem Gehsteig. Tulloch hatte einen einzigen Blick auf mich geworfen und darauf bestanden, dass man mir einen Schutzoverall und Überschuhe brachte. Ich würde mich erkälten, hatte sie behauptet, trotz des warmen Abends, und ich würde viel weniger Aufmerksamkeit erregen, wenn die Blutflecke nicht zu sehen wären. Außerdem trug ich Latexhandschuhe.
»Ich war im dritten Stock«, sagte ich. »Wohnung 37. Ich bin die Treppe da runtergekommen und dann nach rechts gegangen.«
»Was haben Sie da oben gemacht?«
»Mit einer Zeugin geredet.« Ich hielt inne und verbesserte mich. »Mit einer potenziellen Zeugin. Ich komme jetzt schon seit ein paar Wochen jeden Freitagabend her. Das ist die einzige Zeit, zu der ich ziemlich sicher sein kann, dass ich ihre Mutter nicht antreffe. Ich versuche, sie dazu zu bringen, in einer Strafsache auszusagen, und ihre Mutter hält nicht viel davon.«
»Hatten Sie Erfolg?«, erkundigte sich Tulloch.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein«, gestand ich.
Wir erreichten das Ende des Fußwegs und konnten den Parkplatz wieder sehen. Die Streifenpolizisten versuchten, die Leute zu überreden, nach Hause zu gehen, und hatten nicht viel Glück damit.
»Heute Abend läuft wohl nicht viel im Fernsehen«, bemerkte Tulloch halblaut. »Was für eine Strafsache?«
»Gruppenvergewaltigung«, antwortete ich und wusste genau, dass ich wahrscheinlich mit Schwierigkeiten rechnen konnte. Für Sexualdelikte war ich nicht zuständig, und vorhin war ich in eigener Sache unterwegs gewesen. Vor ein paar Jahren hatte die Londoner Polizei eine Anzahl Spezialteams gegründet, die als Sapphire Units bekannt waren und sich mit sexuellen Übergriffen aller Art befassten. Für genau so etwas war ich in den Polizeidienst eingetreten, und ich wartete darauf, dass in einem der Teams ein Platz frei wurde. In der Zwischenzeit ermittelte ich auf eigene Faust. Ich konnte nicht anders.
»War der Fußweg leer, als Sie aus dem Treppenhaus gekommen sind?«, wollte Tulloch wissen.
»Ich glaube schon«, sagte ich, obwohl ich in Wahrheit nicht sicher war. Ich hatte mich über die Antwort geärgert, die ich von meiner potenziellen Zeugin Rona bekommen hatte, und hatte über meine nächsten Schritte nachgedacht, darüber, ob es überhaupt nächste Schritte für mich gab. Ich hatte nicht allzu genau darauf geachtet, was um mich herum geschah.
»Als Sie auf den Parkplatz gekommen sind, was haben Sie da gesehen? Wie viele Menschen?« Langsam rekapitulierten wir, wie ich das letzte Mal hier entlanggegangen war. Tulloch feuerte alle paar Sekunden Fragen auf mich ab. Ich ärgerte mich über mich selbst, weil ich vorhin nicht besser aufgepasst hatte, und bemühte mich nach Kräften. Meiner Meinung nach war niemand da gewesen. Musik war zu hören gewesen, irgendein lauter Rap, den ich nicht kannte. Ein Hubschrauber war über mich hinweggeflogen, tiefer als gewöhnlich, denn ich hatte zu ihm hinaufgeschaut. Ich war mir sicher, dass ich die blonde Frau vor heute Abend noch nie gesehen hatte. Einen Augenblick lang war irgendetwas an ihr gewesen, irgendetwas, das mich stutzig machte, doch nein, es war weg.
»Hier habe ich mich umgedreht«, sagte ich, während ich kehrtmachte. »Hinter mir war ein lautes Geräusch.«
Mein Blick begegnete dem von Tulloch, und ich wusste, was sie dachte. Wahrscheinlich hatte ich den Überfall ganz knapp verpasst. Um Bruchteile von Sekunden.
»Wann haben Sie sie gesehen?«, fragte sie mich.
»Ich war noch ein bisschen näher dran«, antwortete ich. »Ich habe beim Gehen in meiner Tasche gekramt, ich dachte, ich hätte vielleicht meinen Autoschlüssel oben vergessen. Dann habe ich hochgeschaut und sie gesehen.«
Wir kamen zu der Stelle, wo es passiert war. Eine weiß gekleidete Gestalt fotografierte die Blutspritzer auf meinem Wagen.
Übersetzung: Marie-Luise Bezzenberger
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2012 by Wilhelm Goldmann Verlag, München
Blätter und Matsch und Gras dämpfen jedes Geräusch, selbst einen Schrei. Das Mädchen weiß das. Kein Laut, den sie von sich geben würde, könnte jemals bis zu den Autoscheinwerfern und den Straßenlaternen einen halben Kilometer weiter dringen, zu den erleuchteten Fenstern der hohen Gebäude, die sie hinter der Mauer gerade noch ausmachen kann. Die nahe Stadt kann ihr nicht helfen, und Schreien kostet nur unnötig Kraft, die zu verschwenden sie sich nicht leisten kann.
Sie ist allein. Eben war es noch anders.
»Cathy«, sagt sie. »Cathy, das ist nicht witzig.«
Es fällt ihr schwer, dem Ganzen etwas Witziges abzugewinnen. Warum kichert da also jemand? Dann ein anderes Geräusch. Ein kratzendes, schabendes Geräusch.
Sie könnte weglaufen. Die Brücke ist nicht weit. Vielleicht schafft sie es ja.
Wenn sie wegläuft, lässt sie Cathy zurück.
Eine Brise rührt sich in den Blättern des Baumes, neben dem sie steht, und sie merkt, dass sie schon die ganze Zeit zittert. Vor ein paar Stunden hat sie sich für einen stickigen Pub und eine Heimfahrt in einem geheizten Bus angezogen, nicht für diesen Ort im Freien um Mitternacht. Da ihr klar ist, dass sie möglicherweise jeden Augenblick losrennen muss, hebt sie erst den einen und dann den anderen Fuß und zieht ihre Schuhe aus.
»Mir reicht's langsam«, verkündet sie mit einer Stimme, die nicht ihre ist. Sie tritt einen Schritt vor, weg von dem Baum, ein bisschen weiter auf den großen Felsbrocken zu, der vor ihr im Gras liegt. »Cathy«, sagt sie, »wo bist du?«
Nur das Schaben antwortet.
Bei Nacht sehen die Steine größer aus. Nicht nur größer, sondern schwärzer und älter. Und doch scheint der Kreis, den sie bilden, kleiner geworden zu sein. Sie hat das Gefühl, dass die Steine sich näher heranschleichen, mit ihr Ochs am Berg spielen. Dass sie nur noch einmal kurz weg- und dann wieder hinschauen müsste, schon wären sie nahe genug, um sie zu berühren.
Unmöglich, sich mit so einem Gedanken im Kopf nicht umzuschauen, nicht aufzustöhnen, als eine dunkle Silhouette eindeutig näher kommt. Einer der hohen Steine hat sich geteilt, als ob ein Felsstück von einer Klippe abbricht. Das Felsstück löst sich und tritt vor.
Da rennt sie los, aber es währt nicht lange. Eine weitere schwarze Silhouette verstellt ihr den Weg zur Brücke. Sie macht kehrt. Noch eine. Und noch eine. Dunkle Gestalten kommen auf sie zu. Fliehen ist unmöglich. Schreien ist sinnlos. Alles, was sie tun kann, ist, sich wie eine Ratte in einer Falle auf der Stelle zu drehen. Sie packen sie und zerren sie auf den großen, flachen Felsen zu, und zumindest eins wird ihr klar.
Das Schaben, das sie hört, ist das Geräusch einer Klinge, die an Stein gewetzt wird.
Teil 1
Polly
1
Freitag, 31. August
Eine Tote lehnte an meinem Auto.
Eine tote Frau, die es irgendwie schaffte, mit ausgestreckten Armen aufrecht dazustehen. Ihre Finger umklammerten die Kante, wo die Beifahrertür und das Dach aufeinandertrafen. Blut spritzte in rhythmischen Wellen auf meinen Wagen. Jeder Schwall ergoss sich über den davor, bis das Muster auf dem Lack einem Spinnennetz zu ähneln begann.
Gleich darauf drehte sie sich um, und ihr Blick begegnete dem meinen. Die Augen einer Toten. Eine tiefe Wunde klaffte in ihrer Kehle, und ihr Bauch war eine dunkelrote Masse. Sie griff nach mir. Ich konnte mich nicht rühren. Dann klammerte sie sich an mich, war verblüffend stark für eine Tote.
Ich weiß, ich weiß, sie stand auf den Beinen, sie bewegte sich, das Blut pumpte weiter, doch es war unmöglich, in diese Augen zu blicken und sie in Gedanken als irgendetwas anderes zu bezeichnen. Ihr Herz schlug noch, und sie hatte immer noch ein wenig Gewalt über ihre Muskeln. Doch das spielte letztlich keine Rolle mehr. Diese Augen wussten, dass das Spiel aus war.
Plötzlich war mir heiß. Bevor die Sonne untergegangen war, war es ein warmer Abend gewesen, einer von der Sorte, an denen die Gehsteige und Gebäude Londons sich an die Hitze des Tages klammern und einen mit einer Woge heißer Luft überfluten, wenn man ins Freie tritt. Das hier jedoch war etwas Neues, diese pumpende, klebrige Wärme. Diese Hitze hatte nichts mit dem Wetter zu tun.
Ich hatte das Messer nicht gesehen. Doch jetzt konnte ich den Griff fühlen, der sich gegen mich drückte. Sie hielt mich so fest umklammert, stieß sich das Messer selbst tiefer in den Leib.
Nein, tun Sie das nicht.
Ich versuchte, sie fortzuschieben, nur so weit, dass kein Druck mehr auf dem Messer war. Sie hustete, nur kam dieses Husten aus der Wunde in ihrer Kehle, nicht aus ihrem Mund. Etwas spritzte mir ins Gesicht, und dann drehte die Welt sich um uns.
Wir waren hingefallen. Sie sank zu Boden und ich mit, schlug hart auf den Asphalt und stieß mir die Schulter an. Jetzt lag sie flach auf dem Gehsteig, starrte in den Himmel hinauf, und ich kniete über ihr. Ihre Brust hob und senkte sich - aber nur noch ganz schwach.
Es ist noch nicht zu spät, dachte ich und wusste, dass das nicht stimmte. Ich brauchte Hilfe. Nichts zu wollen. Der kleine Parkplatz war verlassen. Hohe sechs- und achtstöckige Wohnblocks umgaben uns, und einen Moment lang bemerkte ich eine Bewegung auf einem der Balkone, dann nichts mehr. Es wurde von Sekunde zu Sekunde dämmriger.
Sie war erst vor wenigen Augenblicken angegriffen worden. Wer immer das getan hatte, war bestimmt noch in der Nähe.
Ich griff nach meinem Funkgerät, klopfte meine Taschen ab und fand es nicht, und die ganze Zeit sah ich in die Augen der Frau. Meine Tasche war ein kleines Stück entfernt zu Boden gefallen, und ich streckte mich danach, tastete darin herum und fand mein Handy. Ich zitierte Polizei und Rettungsdienst zum Parkplatz vor dem Victoria House der Wohnsiedlung Brendon in Kennington. Dann merkte ich, dass die Frau meine Hand ergriffen hatte.
Eine Tote hielt meine Hand, und es ging fast über meine Kraft, in diese Augen zu blicken und zu sehen, wie sie versuchten, sich auf meine zu fokussieren. Ich musste mit ihr sprechen, dafür sorgen, dass sie bei Bewusstsein blieb. Ich durfte nicht auf die Stimme in meinem Kopf hören, die mir sagte, dass es vorbei war.
»Ist ja gut«, sagte ich. »Es ist alles okay.«
Die Situation war eindeutig sehr weit davon entfernt, okay zu sein.
»Hilfe ist unterwegs«, versicherte ich und wusste, dass ihr nicht mehr zu helfen war. »Es wird alles gut.«
Wir belügen Sterbende, ging mir an jenem Abend auf, gerade als die erste Sirene in der Ferne ertönte.
»Hören Sie das? Da kommen sie. Halten Sie durch.« Sowohl ihre als auch meine Hand waren klebrig von Blut. Das Metallband ihrer Uhr drückte sich in meine Haut. »Kommen Sie, nicht aufgeben.« Die Sirene wurde lauter. »Hören Sie? Sie sind fast da.«
Rennende Schritte. Ich blickte auf und sah funkelndes Blaulicht, das sich in mehreren Fenstern spiegelte. Ein Streifenwagen hatte neben meinem Golf gehalten, und ein Constable in Uniform kam auf uns zugetrabt und sprach dabei in sein Funkgerät. Er erreichte uns und hockte sich hin.
»Halten Sie durch«, sagte ich. »Sie sind da, wir kümmern uns um Sie.«
Der Constable hatte eine Hand auf meiner Schulter. »Ganz ruhig«, sagte er, genauso wie ich es eben getan hatte, nur sagte er es zu mir. »Der Notarztwagen ist unterwegs. Ganz ruhig.«
Der Polizist war Mitte vierzig, untersetzt, mit schütterem grauem Haar. Es kam mir vor, als hätte ich ihn vielleicht schon einmal gesehen.
»Können Sie mir sagen, wo Sie verletzt sind?«, fragte er. Ich wandte mich wieder der Toten zu. Jetzt war sie wirklich tot.
»Schätzchen, können Sie sprechen? Können Sie mir Ihren Namen sagen? Sagen Sie mir, wo Sie verletzt sind.«
Kein Zweifel. Die blassblauen Augen starr. Der Körper regungslos. Ich fragte mich, ob sie wohl irgendetwas von dem gehört hatte, was ich zu ihr gesagt hatte. Sie hatte wunderschönes Haar, fiel mir jetzt auf, ein ganz helles Aschblond. Es war um ihren Kopf ausgebreitet wie ein Fächer. In ihren Ohrringen spiegelten sich die Straßenlaternen, und irgendetwas daran, wie sie durch die Strähnen ihres Haares hindurchfunkelten, kam mir vertraut vor. Ich ließ ihre Hand los und machte Anstalten, mich vom Gehsteig hochzustemmen. Sanft hielt mich jemand zurück.
»Ich glaube, Sie sollten sich lieber nicht bewegen, Schätzchen. Warten Sie, bis der Notarztwagen da ist.«
Ich brachte es nicht übers Herz zu widersprechen, also starrte ich weiter die Tote an. Blut war über den unteren Teil ihres Gesichts gespritzt. Ihr Hals und ihre Brust waren blutüberströmt. Blut sammelte sich unter ihr auf dem Gehsteig zu einer Lache, fand winzige Spalten im Pflaster, um darin entlangzurinnen. In der Mitte ihrer Brust konnte ich gerade noch den Stoff ihrer Bluse erkennen. Weiter unten war das unmöglich. Die Wunde in der Kehle war nicht die schlimmste Verletzung, bei Weitem nicht. Mir fiel wieder ein, dass ich einmal gehört hatte, der weibliche Körper enthielte ungefähr fünf Liter Blut. Ich hatte mir allerdings nie Gedanken darüber gemacht, wie es wohl aussehen würde, wenn das alles auslief.
2
»Mir fehlt nichts, ich bin nicht verletzt. Das ist nicht mein Blut.«
Ich wollte aufstehen; sie ließen mich nicht.
Drei Rettungshelfer kauerten über der blonden Frau. Anscheinend drückten sie Kompressen auf die Wunde in ihrem Bauch. Ich hörte jemanden etwas von einer Tracheotomie sagen. Dann etwas von peripherem Puls.
Lassen wir's gut sein? Ich glaube schon. Sie ist tot.
Jetzt wandten sie sich mir zu. Ich kam auf die Beine. Das Blut der Frau klebte auf meiner Haut, trocknete bereits in der warmen Luft. Ich merkte, wie ich schwankte, und sah überall Bewegung. Die Wohnblocks, die den Platz umgaben, hatten lange Balkone, die sich über die ganze Fassade erstreckten. Vor ein paar Minuten waren sie verwaist gewesen. Jetzt waren sie voller Menschen. Ich zog meinen Dienstausweis aus der Gesäßtasche meiner Jeans und hielt ihn dem am nächsten stehenden Polizisten hin.
»DC Lacey Flint«, sagte ich.
Er las den Ausweis und sah mir in die Augen, suchte nach Bestätigung. »Hab mir doch gedacht, dass Sie mir bekannt vorkommen. Sie arbeiten in der Wache in Southwark, nicht wahr?«
Ich nickte.
»CID - Kriminalpolizei«, sagte er zu den Rettungshelfern, die ihre Aufmerksamkeit mir zugewandt hatten, nachdem ihnen klar geworden war, dass sie nichts mehr für die blonde Frau tun konnten. Einer von ihnen kam auf mich zu. Ich trat zurück.
»Fassen Sie mich lieber nicht an«, sagte ich. »Ich bin nicht verletzt.« Ich blickte an meinen blutverschmierten Kleidern hinunter, fühlte, wie Dutzende von Augen mich anstarrten. »Ich bin Beweismaterial.«
Es wurde mir nicht gestattet, mich still und leise in die Anonymität des nächsten Polizeireviers davonzustehlen. DC Stenning, der Detective, der als Erster am Tatort eingetroffen war, hatte einen Anruf vom zuständigen Detective Inspector bekommen. Sein Boss war bereits unterwegs und wollte, dass ich mich nicht von der Stelle rührte.
Pete Stenning war in Southwark einer meiner Kollegen gewesen, bevor er zur Abteilung für Schwerverbrechen - zum Major Investigation Team oder MIT - des Bezirks gegangen war, die vom Revier in Lewisham aus operierte. Er war nicht viel älter als ich, vielleicht so um die dreißig, und einer jener Glückspilze, die bei fast allen beliebt sind. Männer mochten ihn, weil er hart arbeitete, aber nicht so hart, dass andere sich bedroht fühlten. Stenning stand auf bodenständige Arbeitersportarten wie Fußball, konnte sich aber auch in einem Gespräch über Golf oder Cricket behaupten. Er redete nicht übermäßig viel, doch alles, was er sagte, war vernünftig. Frauen mochten ihn, weil er groß und schlank war und lockiges dunkles Haar und stets ein freches Grinsen im Gesicht hatte.
Er nickte mir zu, war jedoch zu sehr damit beschäftigt, die Schaulustigen zurückzuhalten, um herüberzukommen. Inzwischen waren um den Leichnam der blonden Frau herum Sichtschutzwände aufgestellt worden. Da ihnen der erregendste Anblick verwehrt war, glotzten alle stattdessen mich an. Die Neuigkeit hatte sich herumgesprochen. Die Leute hatten per SMS ihre Freunde benachrichtigt, die eilends anrückten, um bei dem Spaß dabei zu sein. Ich saß hinten im Streifenwagen, mied aufdringliche Blicke und versuchte, meinen Job zu machen.
Die ersten sechzig Minuten nach einem schweren Verbrechen sind die wichtigsten, wenn die Beweise frisch sind und die Spur des Täters noch warm ist. Es gibt strikte Vorschriften, an die wir uns halten müssen. Ich arbeitete nicht beim Morddezernat; zu meinem Berufsalltag gehörte es, die Besitzer von Diebesgut ausfindig zu machen. Das war sehr viel weniger aufregend, doch mir war klar, dass ich mir so viel wie möglich merken musste. Ich registrierte normalerweise jedes klitzekleine Detail, etwas, wofür ich nicht immer dankbar war, wenn ich unweigerlich die langweiligen Jobs bekam. Jetzt jedoch sollte ich froh darüber sein.
»Ich hab Ihnen einen Tee geholt, Schätzchen.« Der Constable, der sich zu meinem Aufpasser ernannt hatte, war wieder da. »Trinken Sie den lieber schnell«, riet er mir. »Der DI ist da.«
Ich folgte seinem Blick und sah, dass ein silberner Mercedes unweit von meinem Wagen gehalten hatte. Zwei Personen stiegen aus. Der Mann war hochgewachsen, und selbst aus einiger Entfernung konnte ich sehen, dass ihm das Fitnessstudio nicht fremd war. Er trug Jeans und ein graues Polohemd. Gebräunte Arme. Sonnenbrille.
Die Frau erkannte ich sofort von Fotos her. Schlank wie ein Model, mit glänzendem dunklem Haar, das zu einem kinnlangen Bob geschnitten war. Jeans von der Sorte, für die Frauen über hundert Pfund bezahlen. Sie war die neueste ranghohe Rekrutin der siebenundzwanzig Londoner MITs, und ihre Ankunft war ausführlich abgehandelt worden, in internen Kreisen ebenso wie in den diversen Polizei-Blogs. Für den Posten eines Detective Inspector war sie ziemlich jung, nicht viel mehr als Mitte dreißig, doch sie hatte gerade einen Fall in Schottland bearbeitet, der viel Aufsehen erregt hatte. Außerdem ging das Gerücht, dass sie sich besser als jeder andere Polizeibeamte in Großbritannien mit HOLMES 2 auskannte - dem Computersystem, das sämtliche Morddezernate im Land benutzten. Natürlich schadete es nicht, hatten ein oder zwei weniger wohlgesonnene Blogs bemerkt, dass sie eine Frau und nicht rein europäischer Abstammung war.
Ich sah zu, wie sie und der Mann hellblaue Schutzanzüge und Überschuhe anzogen. Sie stopfte ihr Haar unter die Kapuze. Dann gingen die beiden hinter die Abschirmung; der Mann trat im letzten Moment zur Seite, um ihr den Vortritt zu lassen.
Inzwischen liefen auf dem ganzen Parkplatz Gestalten in weißen Schutzanzügen herum. Die Leute von der Spurensicherung waren eingetroffen. Sie würden einen inneren Sperrbereich um den Leichnam und einen äußeren um den Tatort herum einrichten. Von jetzt an würde jeder, der diesen Bereich betrat oder verließ, sich an- oder abmelden müssen, und der genaue Zeitpunkt seines Kommens oder Gehens würde protokolliert werden. All das hatte ich erst vor ein paar Monaten bei der Ausbildung zum Detective gelernt, doch dies war das erste Mal, dass ich es in der Praxis erlebte.
Ein pavillonartiges Gebilde wurde über der Stelle errichtet, wo der Leichnam noch immer lag. Mit Planen bespannte Stellwände waren bereits aufgerichtet worden, und binnen kürzester Zeit hatten die Ermittler einen großen, geschlossenen Bereich, in dem sie arbeiten konnten. Polizei-Absperrband wurde um mein Auto herumgespannt. Lampen wurden aus einem Lieferwagen ausgeladen, gerade als der Detective Inspector und ihr Begleiter wieder herauskamen. Sie sprachen kurz miteinander, dann machte der Mann kehrt und ging davon; er stieg über das gestreifte Flatterband, das den Rand des Sperrbereichs markierte. Die Frau kam auf mich zu.
»Ich lass Sie dann mal«, meinte mein Aufpasser. Ich reichte ihm meine Tasse, und er verzog sich. Der neue DI stand vor mir. Selbst in dem Schutzanzug sah sie elegant aus. Ihre Haut hatte einen kräftigen, dunklen Cremeton, und ihre Augen waren grün. Ich erinnerte mich, gelesen zu haben, dass ihre Mutter Inderin gewesen sei.
»DC Flint?«, fragte sie mit weichem, schottischem Akzent. Ich nickte.
»Wir kennen uns noch nicht«, fuhr sie fort. »Ich bin Dana Tulloch.«
3
»Okay«, sagte DI Tulloch. »Schön langsam, und erzählen Sie weiter.«
Ich ging los. Meine Füße knisterten bei jedem Schritt auf dem Gehsteig. Tulloch hatte einen einzigen Blick auf mich geworfen und darauf bestanden, dass man mir einen Schutzoverall und Überschuhe brachte. Ich würde mich erkälten, hatte sie behauptet, trotz des warmen Abends, und ich würde viel weniger Aufmerksamkeit erregen, wenn die Blutflecke nicht zu sehen wären. Außerdem trug ich Latexhandschuhe.
»Ich war im dritten Stock«, sagte ich. »Wohnung 37. Ich bin die Treppe da runtergekommen und dann nach rechts gegangen.«
»Was haben Sie da oben gemacht?«
»Mit einer Zeugin geredet.« Ich hielt inne und verbesserte mich. »Mit einer potenziellen Zeugin. Ich komme jetzt schon seit ein paar Wochen jeden Freitagabend her. Das ist die einzige Zeit, zu der ich ziemlich sicher sein kann, dass ich ihre Mutter nicht antreffe. Ich versuche, sie dazu zu bringen, in einer Strafsache auszusagen, und ihre Mutter hält nicht viel davon.«
»Hatten Sie Erfolg?«, erkundigte sich Tulloch.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein«, gestand ich.
Wir erreichten das Ende des Fußwegs und konnten den Parkplatz wieder sehen. Die Streifenpolizisten versuchten, die Leute zu überreden, nach Hause zu gehen, und hatten nicht viel Glück damit.
»Heute Abend läuft wohl nicht viel im Fernsehen«, bemerkte Tulloch halblaut. »Was für eine Strafsache?«
»Gruppenvergewaltigung«, antwortete ich und wusste genau, dass ich wahrscheinlich mit Schwierigkeiten rechnen konnte. Für Sexualdelikte war ich nicht zuständig, und vorhin war ich in eigener Sache unterwegs gewesen. Vor ein paar Jahren hatte die Londoner Polizei eine Anzahl Spezialteams gegründet, die als Sapphire Units bekannt waren und sich mit sexuellen Übergriffen aller Art befassten. Für genau so etwas war ich in den Polizeidienst eingetreten, und ich wartete darauf, dass in einem der Teams ein Platz frei wurde. In der Zwischenzeit ermittelte ich auf eigene Faust. Ich konnte nicht anders.
»War der Fußweg leer, als Sie aus dem Treppenhaus gekommen sind?«, wollte Tulloch wissen.
»Ich glaube schon«, sagte ich, obwohl ich in Wahrheit nicht sicher war. Ich hatte mich über die Antwort geärgert, die ich von meiner potenziellen Zeugin Rona bekommen hatte, und hatte über meine nächsten Schritte nachgedacht, darüber, ob es überhaupt nächste Schritte für mich gab. Ich hatte nicht allzu genau darauf geachtet, was um mich herum geschah.
»Als Sie auf den Parkplatz gekommen sind, was haben Sie da gesehen? Wie viele Menschen?« Langsam rekapitulierten wir, wie ich das letzte Mal hier entlanggegangen war. Tulloch feuerte alle paar Sekunden Fragen auf mich ab. Ich ärgerte mich über mich selbst, weil ich vorhin nicht besser aufgepasst hatte, und bemühte mich nach Kräften. Meiner Meinung nach war niemand da gewesen. Musik war zu hören gewesen, irgendein lauter Rap, den ich nicht kannte. Ein Hubschrauber war über mich hinweggeflogen, tiefer als gewöhnlich, denn ich hatte zu ihm hinaufgeschaut. Ich war mir sicher, dass ich die blonde Frau vor heute Abend noch nie gesehen hatte. Einen Augenblick lang war irgendetwas an ihr gewesen, irgendetwas, das mich stutzig machte, doch nein, es war weg.
»Hier habe ich mich umgedreht«, sagte ich, während ich kehrtmachte. »Hinter mir war ein lautes Geräusch.«
Mein Blick begegnete dem von Tulloch, und ich wusste, was sie dachte. Wahrscheinlich hatte ich den Überfall ganz knapp verpasst. Um Bruchteile von Sekunden.
»Wann haben Sie sie gesehen?«, fragte sie mich.
»Ich war noch ein bisschen näher dran«, antwortete ich. »Ich habe beim Gehen in meiner Tasche gekramt, ich dachte, ich hätte vielleicht meinen Autoschlüssel oben vergessen. Dann habe ich hochgeschaut und sie gesehen.«
Wir kamen zu der Stelle, wo es passiert war. Eine weiß gekleidete Gestalt fotografierte die Blutspritzer auf meinem Wagen.
Übersetzung: Marie-Luise Bezzenberger
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2012 by Wilhelm Goldmann Verlag, München
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Autoren-Porträt von Sharon J. Bolton
Sharon Bolton wurde im englischen Lancashire geboren, hat eine Schauspielausbildung absolviert und Theaterwissenschaft studiert. Sie arbeitete erfolgreich im Bereich PR und Marketing und begann schliesslich mit dem Schreiben. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Oxford.
Autoren-Interview mit Sharon J. Bolton
Interview mit Sharon Bolton zu „DUNKLE GEBETE"Was hat Sie zum Schreiben gebracht? Hatten Sie schon immer davon geträumt, Schriftstellerin zu werden, oder war eher die Inspiration für eine bestimmte Geschichte der Auslöser?
Ich habe relativ spät mit dem Schreiben begonnen - mit Ende dreißig -, weil es mir lange Zeit gar nicht in den Sinn gekommen war, dass ich es überhaupt könnte. Auslöser war am Ende ein Mittagessen mit einem Wirtschaftsjournalisten, der mir erzählte, man könnte mit Liebesromanen viel Geld verdienen. Weil ich damals ziemlich knapp bei Kasse war, habe ich beschlossen, es einmal zu versuchen. Der Mann lag, wie sich herausstellte, mit seiner Einschätzung völlig daneben, und es hat dann doch noch einige Jahre gedauert, bis ich mit dem Schreiben Geld verdient habe. Aber ich habe bei meinen ersten Versuchen zweierlei herausgefunden: Erstens, dass ich tatsächlich Romane schreiben konnte, und zweitens, dass ich für den Rest meines Lebens auch gar nichts anderes mehr machen wollte.
Sie sind fraglos von Buch zu Buch besser geworden. Werden Sie je ausgelernt haben, was die Kunst des Erzählens betrifft?
Ich hoffe nicht! Aber es ist mir auch bewusst, dass viele Autoren ihre besten Werke eher zu Beginn ihrer Karriere vorlegen. Es könnte sein, dass im Laufe der Zeit zwar Erfahrung und Können wachsen, dass man dafür aber etwas von seiner Inspiration und Magie einbüßt. Ich drücke mir aber selbst die Daumen, dass ich noch ein gutes Stück Weg vor mir habe, ehe das passiert.
All Ihre Romane kreisen um die dunkle Seite der menschlichen Natur. Hat Sie dieser Aspekt auch zum Thriller-Genre geführt?
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In Lancashire, wo ich herkomme, gibt es den Spruch: Es gibt nichts Seltsameres als Leute. Ich würde sogar noch weiter gehen und sagen: Es gibt nichts Furchteinflößenderes als Menschen. Ich lasse immer mal wieder einen Hauch von Übernatürlichem in meine Romane einfließen, aber am Ende gibt es nichts Abgründigeres als das, was Menschen selbst einander bisweilen antun. Trotzdem muss ein gutes Buch meiner Überzeugung nach immer die Balance wahren, und das Böse, das in meinen Romanen vorkommt, wird immer durch großen Mut und etwas Heldenhaftes aufgewogen.
Ihr neuester Roman, „Dunkle Gebete", greift auf die Verbrechen von Jack the Ripper zurück. Warum fasziniert uns das alles noch heute so?
Wenn wir mit etwas so schockierend Bösem konfrontiert werden, dann müssen wir irgendwann auch einen Schlusspunkt hinter die Sache setzen können. So können wir die Geschichte als in sich abgeschlossen betrachten und verstehen. Aber genau das ist uns im Fall von Jack the Ripper immer verwehrt geblieben. Wir werden nie wissen, wer er war und warum er gemordet hat.
Ihre Hauptfiguren sind immer versierte, patente Frauen. Und trotzdem kämpfen alle mit sich selbst oder mit ihrer Vergangenheit. Haben Sie das Ihren Figuren bewusst mit auf den Weg gegeben, oder hat sich das im Laufe der Romane jeweils von selbst entwickelt? Und wer ist Ihre Lieblingsheldin?
Ich weiß sehr wenig über meine Figuren, bevor ich mit dem Schreiben anfange. Nur ein paar grundsätzliche Details. Aber sie entwickeln sich mit der Geschichte - durch ihre Reaktionen auf bestimmte Ereignisse und durch die Art, wie sie mit anderen interagieren. In gewisser Hinsicht formen sie sich dadurch selbst. Manchmal treffe ich aber auch ganz bewusst gewisse Entscheidungen. In meinem dritten Roman wollte ich beispielsweise eine Heldin mit einer kleinen Behinderung, die sich schließlich ganz auf ihren Verstand verlassen muss, um zu überleben. Meine Lieblingsheldin ist eindeutig Lacey aus „Dunkle Gebete", weil das, was ihr zugestoßen ist, eine schwächere Frau zerstört hätte, Lacey dadurch aber nur stärker und einfühlsamer geworden ist.
Worauf dürfen wir uns als Nächstes von Ihnen freuen?
Ich beende gerade meinen fünften Roman, der noch keinen Titel hat, aber ich kann schon einmal verraten, dass Lacey Flint und Mark Joesbury aus „Dunkle Gebete" sowie Evi Oliver aus „Bluternte" dabei sein werden. Lacey ermittelt undercover im höchst pittoresken Cambridge.
Und welches Buch lesen Sie selbst gerade?
Phil Rickmans Roman „The Secrets of Pain", weil ich demnächst gemeinsam mit ihm an einer Podiumsdiskussion auf einem Krimifestival teilnehmen werde.
Copyright © Shelagh Parry 2011, www.thewordfiend.net
In Lancashire, wo ich herkomme, gibt es den Spruch: Es gibt nichts Seltsameres als Leute. Ich würde sogar noch weiter gehen und sagen: Es gibt nichts Furchteinflößenderes als Menschen. Ich lasse immer mal wieder einen Hauch von Übernatürlichem in meine Romane einfließen, aber am Ende gibt es nichts Abgründigeres als das, was Menschen selbst einander bisweilen antun. Trotzdem muss ein gutes Buch meiner Überzeugung nach immer die Balance wahren, und das Böse, das in meinen Romanen vorkommt, wird immer durch großen Mut und etwas Heldenhaftes aufgewogen.
Ihr neuester Roman, „Dunkle Gebete", greift auf die Verbrechen von Jack the Ripper zurück. Warum fasziniert uns das alles noch heute so?
Wenn wir mit etwas so schockierend Bösem konfrontiert werden, dann müssen wir irgendwann auch einen Schlusspunkt hinter die Sache setzen können. So können wir die Geschichte als in sich abgeschlossen betrachten und verstehen. Aber genau das ist uns im Fall von Jack the Ripper immer verwehrt geblieben. Wir werden nie wissen, wer er war und warum er gemordet hat.
Ihre Hauptfiguren sind immer versierte, patente Frauen. Und trotzdem kämpfen alle mit sich selbst oder mit ihrer Vergangenheit. Haben Sie das Ihren Figuren bewusst mit auf den Weg gegeben, oder hat sich das im Laufe der Romane jeweils von selbst entwickelt? Und wer ist Ihre Lieblingsheldin?
Ich weiß sehr wenig über meine Figuren, bevor ich mit dem Schreiben anfange. Nur ein paar grundsätzliche Details. Aber sie entwickeln sich mit der Geschichte - durch ihre Reaktionen auf bestimmte Ereignisse und durch die Art, wie sie mit anderen interagieren. In gewisser Hinsicht formen sie sich dadurch selbst. Manchmal treffe ich aber auch ganz bewusst gewisse Entscheidungen. In meinem dritten Roman wollte ich beispielsweise eine Heldin mit einer kleinen Behinderung, die sich schließlich ganz auf ihren Verstand verlassen muss, um zu überleben. Meine Lieblingsheldin ist eindeutig Lacey aus „Dunkle Gebete", weil das, was ihr zugestoßen ist, eine schwächere Frau zerstört hätte, Lacey dadurch aber nur stärker und einfühlsamer geworden ist.
Worauf dürfen wir uns als Nächstes von Ihnen freuen?
Ich beende gerade meinen fünften Roman, der noch keinen Titel hat, aber ich kann schon einmal verraten, dass Lacey Flint und Mark Joesbury aus „Dunkle Gebete" sowie Evi Oliver aus „Bluternte" dabei sein werden. Lacey ermittelt undercover im höchst pittoresken Cambridge.
Und welches Buch lesen Sie selbst gerade?
Phil Rickmans Roman „The Secrets of Pain", weil ich demnächst gemeinsam mit ihm an einer Podiumsdiskussion auf einem Krimifestival teilnehmen werde.
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Bibliographische Angaben
- Autor: Sharon J. Bolton
- 2012, 1, 509 Seiten, Masse: 13,6 x 21,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Aus d. Engl. v. Bezzenberger, Marie-Luise
- Übersetzer: Marie-Luise Bezzenberger
- Verlag: MANHATTAN
- ISBN-10: 3442546796
- ISBN-13: 9783442546794
Rezension zu „Dunkle Gebete “
»Ein komplexer psychologischer Thriller, der gekonnt mit den Erwartungen der Leser spielt.«
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