Nachtjägerin / Die Welt von Cat & Bones Bd.1
Roman
Ein rachsüchtiger Dämon ist auf der Suche nach einem Vorfahren der jungen Denise - einem Vampir. Als Denise von dem Dämon erpresst wird, bittet sie den attraktiven Vampir Spade um Hilfe. Gemeinsam versuchen sie, den Vorfahren aufzupüren.
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Produktinformationen zu „Nachtjägerin / Die Welt von Cat & Bones Bd.1 “
Ein rachsüchtiger Dämon ist auf der Suche nach einem Vorfahren der jungen Denise - einem Vampir. Als Denise von dem Dämon erpresst wird, bittet sie den attraktiven Vampir Spade um Hilfe. Gemeinsam versuchen sie, den Vorfahren aufzupüren.
Klappentext zu „Nachtjägerin / Die Welt von Cat & Bones Bd.1 “
Sarkastisch, gefährlich, aber auch unvergleichlich sexy - das sind die Vampire von Jeaniene FrostDer Vampir Spade ist alt und mächtig, doch seit seine grosse Liebe starb, ist er nicht mehr bereit, sich zu binden. Bis er Denise MacGregor kennenlernt! Aber die junge Frau hasst Vampire, denn ihr Mann wurde von den Blutsaugern ermordet. Spade ist sofort klar, dass sie für ihn tabu ist. Da bittet Denise ihn um Hilfe. Spade weiss, dass er diese nicht gewähren sollte. Sobald der erste verführerische Tropfen Blut fliesst, sind sie beide auf immer verloren. Doch wird er dieser Versuchung widerstehen können?
Lese-Probe zu „Nachtjägerin / Die Welt von Cat & Bones Bd.1 “
Nachtjägerin von Jeaniene FrostProlog
Silvester, ein Jahr zuvor
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Obwohl sie im Keller saßen, konnte Denise den Kampflärm draußen hören. sie wusste nicht, was sie angegriffen hatte, aber Menschen konnten es nicht sein, sonst hätte Cat nicht so ein entsetztes Gesicht gemacht, als sie ihnen Anweisung erteilt hatte, nach unten zu gehen. Hatte sie Angst, mussten sie alle Angst haben.
Denise hielt den Atem an, als sie es über sich poltern hörte. Randys Arm schloss sich enger um sie. »Alles wird gut.«
sein Gesichtsausdruck verriet, dass er das selbst nicht glaubte. Denise auch nicht. Aber sie lächelte, versuchte ihrem Mann weiszumachen, dass sie ihm die Lüge abnahm, und sei es nur, damit es ihm besser ging.
sein Arm löste sich von ihr. »ich gehe nach oben und helfe mit, es zu suchen.«
Es war das Objekt, das die mysteriösen Kreaturen zu dem Haus im eisigen Niemandsland gelockt hatte. Konnte es gefunden und zerstört werden, wären sie gerettet.
Noch fünf Jahre zuvor hätte Denise nicht an die Existenz von Vampiren, Ghulen oder zauberkräftigen Gegenständen geglaubt. Und nun würden Randy und sie womöglich sterben, weil sie Silvester zusammen ihrer besten Freundin, einer Halbvampirin, in einem Haus voller Kreaturen hatte verbringen wollen, von denen der Durchschnittsbürger nicht einmal ahnte, dass es sie gab.
»Du kannst da nicht raufgehen, es ist zu gefährlich«, protestierte Denise.
»ich will ja nicht nach draußen, nur im Haus suchen.« Denise wusste, dass sie es finden mussten; das war ihre einzige Überlebenschance. »ich komme mit.«
»Bleib hier. Die Kids haben Angst.«
Denise warf einen Blick auf die entsetzten Gesichter mit den schreckgeweiteten Augen, die sie von der hintersten Ecke des Kellerraumes her ansahen. Ausreißer und Straßenkinder, die die Vampire gegen regelmäßige Blutspenden bei sich aufgenommen hatten. Die einzig andere Erwachsene im Raum war Justina, und selbst die sonst so gebieterisch auftretende Frau machte gerade einen ziemlich verstörten Eindruck.
»ich bleibe hier«, antwortete Denise schließlich. »sei vorsichtig. Komm sofort zurück, wenn die Viecher noch näher kommen.«
Randy küsste sie hastig. »Mach ich. Versprochen.« »ich liebe dich«, rief sie noch, als er die Tür aufriss. Er lächelte. »ich dich auch.«
Er ging, und Denise schloss die Tür hinter ihm ab. sie hatte Randy zum letzten Mal gesehen.
1
»Ich glaube, Amber wurde ermordet.«
Denise starrte ihren Cousin fassungslos an. sie hatte zwar schon ihre dritte Margarita intus, konnte sich aber unmöglich verhört haben. Vielleicht hätten wir nach der Beerdigung doch keinen trinken gehen sollen. Aber Paul hatte darauf bestanden. innerhalb eines Monats waren seine Mutter und seine Achwester verstorben. Wenn es Paul also nach einem Drink besser ging, wer scherte sich da um Anstandsregeln?
»Aber die Ärzte haben gemeint, es wäre das Herz gewesen.«
»ich weiß, was die gemeint haben«, knurrte Paul. »Die Polizei hat mir auch nicht geglaubt. Aber einen Tag vor ihrem Tod hat Amber mir erzählt, sie würde sich verfolgt fühlen. sie war dreiundzwanzig, Denise. Wer kriegt mit dreiundzwanzig einen Herzinfarkt?«
»Deine Mutter ist gerade an einem Herzinfarkt gestorben«, rief Denise ihm sacht in Erinnerung. »Herzkrankheiten können erblich sein. so junge Menschen wie Amber leiden zwar selten darunter, aber deine Schwester stand unter enormem stress ... «
»Nicht mehr als ich gerade«, schnitt Paul ihr in bitterem Tonfall das Wort ab. »Heißt das, ich bin der Nächste?«
Die Vorstellung war so entsetzlich, dass Denise sie gar nicht näher in Betracht ziehen wollte. »Mit dir ist bestimmt alles in Ordnung, aber es könnte trotzdem nicht schaden, wenn du dich mal durchchecken lässt.«
Paul beugte sich vor. Bevor er sprach, sah er sich verstohlen um. »ich glaube, hinter mir ist auch jemand her.« seine stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
Denise antwortete zunächst nichts darauf. Nach Randys Tod hatte sie monatelang hinter jedem Schatten ein Ungeheuer vermutet, das über sie herfallen wollte. selbst ein Jahr später hatte sie das Gefühl noch nicht gänzlich abschütteln können. Nun waren ihre Tante und ihre Cousine innerhalb eines Monats verstorben, und Paul schien sich ebenfalls vom Tod verfolgt zu fühlen. War das eine normale Phase der Trauerbewältigung? Das Gefühl, der Tod hätte es auf einen selbst abgesehen, nachdem er sich einen geliebten Menschen geholt hatte?
»Willst du ein paar Tage bei mir wohnen?«, fragte sie ihn. »ich könnte ein bisschen Gesellschaft vertragen.«
Eigentlich wäre Denise lieber allein gewesen, aber das wusste Paul nicht. ihr von Randy angelegtes Geld war dem Börsencrash zum Opfer gefallen, sodass ihr gerade genug geblieben war, um seine Beerdigung und eine Anzahlung auf ein neues Haus fernab vom Großteil ihrer Verwandtschaft finanzieren zu können. ihre Eltern hatten es zwar nur gut gemeint, in ihrer sorge aber versucht, Denises Leben in allen Einzelheiten zu regeln. An ihrem Arbeitsplatz mied sie den Kontakt zu Kollegen, und das Alleinsein hatte ihr geholfen, das lange harte Jahr nach Randys Tod zu bewältigen.
Wenn es allerdings Paul bei der Bewältigung seines eigenen Verlusts half, würde sie ihr Einsiedlerinnendasein mit Freuden aufgeben.
ihr Cousin machte ein erleichtertes Gesicht. »Ja. Wenn das für dich okay geht.«
Denise winkte dem Barkeeper. »Na klar. Gehen wir, bevor ich noch mehr in mich reinschütte. Du hast sowieso schon zu viel getrunken, wir nehmen meinen Wagen. Deinen holen wir morgen früh.«
»ich kann fahren«, protestierte Paul.
Denise warf ihm einen strengen Blick zu. »Nicht heute Abend.«
Paul zuckte mit den schultern. Denise war froh, dass er nicht versuchte, sich mit ihr anzulegen. sie hätte es sich nicht verziehen, wenn Paul nach dem Barbesuch einen Unfall gebaut hätte. Nach ihren Eltern war er ihr nächster Verwandter.
Pauls Protesten zum Trotz zahlte sie die Rechnung, dann gingen sie zum Parkplatz. Nach dem Zwischenfall drei Monate zuvor stellte Denise ihren Wagen nur noch an gut beleuchteten Plätzen so nahe wie möglich am Eingang einer Kneipe ab. Jetzt war zwar Paul bei ihr, als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme trug sie aber trotzdem immer Reizgas am Schlüsselbund. Zwei verschiedene Dosen, um genau zu sein; in der einen war Pfefferspray, in der anderen Silbernitrat. Menschen waren nicht die Einzigen, die ihre Angriffe gern im Dunkeln starteten.
»Das Gästezimmer ist zwar klein, hat aber einen Fernseher«, verkündete Denise, als sie den Wagen erreicht hatten. »Willst du ...«
Ihr Satz endete in einem schrei, als Paul von einem Mann zurückgerissen wurde, der hinter ihm aus dem Nichts aufgetaucht war. Auch Paul wollte schreien, aber ein Arm, der ihm die Kehle zudrückte, hielt ihn davon ab. Mit glühenden Augen sah der Fremde von Denise zu ihrem Cousin.
»Noch einer«, zischte er und legte Paul die Faust auf die Brust.
Denise schrie, so laut sie konnte, griff sich ihr Pfefferspray und sprühte dem Mann ins Gesicht. Der blinzelte nicht einmal, nur Pauls Augen schwollen zu, als das Reizgas ihn traf.
»Hilfe!«, brüllte Denise und sprühte, bis die Dose leer war. Der Mann rührte sich nicht, während Pauls Gesicht allmählich blau anlief.
sie schnappte sich das Silbernitrat und sprühte viermal. Nun kniff der Mann in der Tat die Augen zusammen, aber eher aus Überraschung. schließlich lachte er.
»Silber? Wie interessant.«
Denise waren die Waffen ausgegangen, und der Mann hatte seinen Griff keinen Millimeter gelockert. in Panik ballte sie die Fäuste und stürzte sich auf ihn ... nur um einen Augenblick später auf ihrem zu Boden gesackten Cousin zu landen.
»Was ist da draußen los?«, rief jemand aus der Bar.
Denise blickte hoch. Der Fremde war verschwunden. Etwa einen Meter entfernt saß ein großer Schäferhund, das Maul zu einem breiten Hundegrinsen geöffnet. Er drehte sich um und lief davon, als aus der Bar eine Handvoll Leute näher kam.
»Rufen sie den Notarzt!«, rief Denise, die entsetzt feststellte, dass Paul nicht mehr atmete. sie legte die Lippen auf seine, blies mit aller Kraft ... und musste würgen, als sie Pfefferspray in den Mund bekam.
Hustend und röchelnd sah Denise zu, wie ein junger Mann sich an einer Herzdruckmassage versuchte und dann ebenfalls keuchend aufgab. sie legte zwei Finger an Pauls Hals. Nichts.
Fast ein Dutzend Leute standen um sie herum, von denen es aber anscheinend niemand für nötig hielt, zum Handy zu greifen.
»Rufen sie doch endlich einen verdammten Krankenwagen«, keuchte sie, während sie unablässig auf Pauls Brust einschlug und versuchte, ihn zu beatmen, obwohl sie selbst kaum Luft bekam. »Komm schon, Paul! Mach das nicht!«
Undeutlich sah sie, wie das Gesicht ihres Cousins immer dunkler anlief. sein Mund stand offen, sein Brustkorb unter ihren Händen bewegte sich nicht. Aber Denise trommelte weiter auf seine Brust ein, legte die Hände um seine Lippen und versuchte, ihm Atem zu spenden, ohne dabei selbst noch mehr Pfefferspray abzubekommen. sie hörte erst auf, als nach einer scheinbaren Ewigkeit die Rettungssanitäter eintrafen. Als sie sie von Paul lösten, atmete er noch immer nicht.
»Sie sagen also, der Mann ist einfach so ... verschwunden?«
Der Polizeibeamte konnte den Unglauben in seiner stimme nicht ganz unterdrücken. Denise musste sich schwer zusammennehmen, sonst hätte sie ihn geohrfeigt. Wie viel konnte sie noch ertragen? sie hatte bereits ihre Angehörigen anrufen und ihnen das Unvorstellbare mitteilen müssen, mit ihnen getrauert, als sie im Krankenhaus eingetroffen waren, und schließlich bei der Polizei ausgesagt. Wo man ihr offenbar nicht recht glauben mochte.
»Wie gesagt; als ich aufgesehen habe, war der Killer verschwunden.«
»Die Leute aus der Bar haben draußen niemanden gesehen«, stellte der Beamte zum dritten Mal fest.
Denise platzte der Kragen. »Ja, weil sie drinnen waren, als wir angegriffen wurden. Hören sie, der Typ hat meinen Cousin erwürgt; hat Paul keine Blutergüsse am Hals?«
Der Polizist wandte den Blick ab. »Nein. Der Leichenbeschauer war zwar noch nicht da, aber die Sanitäter haben keine Würgemale feststellen können. Anzeichen für einen Herzstillstand allerdings schon ... «
»Er ist erst fünfundzwanzig!«, fuhr Denise ihn an und verstummte dann. Ein eisiger Schauder überkam sie. Wer kriegt mit dreiundzwanzig einen Herzinfarkt?, hatte Paul sie vor wenigen stunden erst gefragt und dann etwas hinzugefügt, dem sie im Grunde genommen keinerlei Beachtung geschenkt hatte. Ich glaube, hinter mir ist auch jemand her.
Und nun war Paul tot - gestorben an einem vermeintlichen Herzinfarkt. Genau wie Amber und Tante Rose. Denise wusste, dass sie sich den Mann, dem weder Pfefferspray noch Silbernitrat etwas anhaben konnte, nicht nur eingebildet hatte. Diesen Mann, der einfach so wieder verschwunden war ... und dann den großen Hund, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war.
Das alles konnte sie dem Beamten natürlich nicht erzählen. Er schaute sie jetzt schon an, als hielte er sie für grenzdebil. Denise war nicht entgangen, dass man ihr auch Blut abgenommen hatte, als sie gegen das Pfefferspray behandelt worden war, vermutlich um ihren Alkoholspiegel zu testen. schon beim Verlassen der Bar war sie mehrmals gefragt worden, wie viel sie getrunken hätte. Und sobald der Leichenbeschauer den Herzinfarkt als Todesursache bestätigt hatte, würde man sie überhaupt nicht mehr ernst nehmen, nicht mal wenn sie alles Übernatürliche aus dem spiel ließ.
Na ja, sie kannte Leute, die ihr zumindest insofern glauben würden, dass sie bereit wären, ihr bei ihren Nachforschungen zu helfen.
»Kann ich jetzt heimgehen?«, fragte Denise.
Ein erleichterter Ausdruck huschte über das Gesicht des Beamten. Jetzt hätte Denise ihm gern erst recht eine gelangt. »selbstverständlich. ich kann sie von einem Streifenwagen nach Hause bringen lassen.«
»ich rufe mir ein Taxi.«
Kopfnickend erhob sich der Mann. »Hier ist meine Karte, falls ihnen noch etwas einfällt.«
Denise nahm das stück Papier entgegen, aber nur, weil es einen miserablen Eindruck hinterlassen hätte, wenn sie es zerknüllt und ihm ins Gesicht geworfen hätte.
Erst bei sich zu Hause tätigte sie ihren Anruf. Am Ende hätte der Taxifahrer noch herumerzählt, sein letzter Fahrgast hätte wirres Zeug über einen Mörder gefaselt, der sich möglicherweise in einen Hund verwandelt hatte. Und wenn die Polizei herausfand, dass sie dieser Fahrgast gewesen war, würden die Beamten erst recht keiner spur mehr nachgehen, auf die sie sie aufmerksam machte, noch nicht einmal, wenn sich herausstellte, dass Paul doch Opfer eines Verbrechens geworden war.
Beim dritten Piepen meldete sich eine Computerstimme, die ihr mitteilte, unter der gewählten Rufnummer gebe es keinen Anschluss. Denise legte auf. Ja, richtig, Cat hatte ständig umziehen müssen, weil irgendein verrückter Vampir hinter ihr her gewesen war. offensichtlich hatte sie auch die Telefonnummer gewechselt. War Cat noch in Europa? Wie lange war es her, seit Denise das letzte Mal mit ihr gesprochen hatte? Wochen vielleicht.
Als Nächstes wählte sie die Nummer, die sie für Bones, Cats Mann, gespeichert hatte, aber auch unter der erreichte sie niemanden. Denise kramte im Haus herum, bis sie ein Adressbuch mit der Telefonnummer von Cats Mutter fand. sie hatte sie vor einem Jahr notiert und war dementsprechend wenig überrascht, als sie wieder kein Glück hatte.
Frustriert warf Denise das Adressbuch auf die Couch. sie hatte jeden Kontakt zur Welt der Untoten vermieden, und jetzt, wo sie dringend jemanden gebraucht hätte, der in diesen Kreisen verkehrte, fehlten ihr die Telefonnummern.
Irgendjemanden musste sie doch erreichen können. Auf der suche nach einer Person mit Verbindungen zu Cat scrollte Denise die Einträge auf ihrem Handy. Als sie fast am Ende der Liste angelangt war, sprang ein Name ihr förmlich entgegen.
Spade. Ein paar Monate zuvor hatte sie seine Nummer gespeichert, weil er sie zu ihrem letzten Treffen mit Cat mitgenommen hatte.
Denise zögerte. Spades feingeschnittene Züge, seine bleiche Haut und der durchdringende Blick tauchten vor ihrem geistigen Auge auf. Wäre Spade in einer Calvin-Klein-Anzeige abgebildet gewesen, hätte eine Menge Frauen wohl den Drang verspürt, die Seite abzulecken; für Denise allerdings war die Erinnerung an Spade unauslöschlich mit Blut verknüpft. insbesondere, da er bei ihrer letzten Begegnung damit beschmiert gewesen war.
sie verdrängte den Gedanken. Jemand hatte Paul umgebracht, und Spade war vielleicht ihre einzige Verbindung zu Cat. Denise drückte die Anruftaste und betete, dass sie nicht wieder nur die monotone Computerstimme zu hören bekäme. Drei Freizeichen, vier ...
»Hallo?«
Denise war ganz benommen vor Erleichterung, als sie Spades unverkennbaren britischen Akzent hörte. »Spade, ich bin's, Denise. Cats Freundin«, fügte sie noch hinzu, als ihr der Gedanke kam, dass ein jahrhundertealter Vampir bestimmt mehr als eine Denise kannte. »ich habe Cats Nummer nicht mehr und ... bin mir ziemlich sicher, dass irgendein Wesen meinen Cousin ermordet hat. Meine Cousine und meine Tante möglicherweise auch.«
ihr hektisches Gestammel kam sogar ihr ziemlich abstrus vor. sie wartete und hörte nur das Atmen am anderen Ende der Leitung, während ihr Gesprächspartner schwieg.
»ich spreche doch mit Spade, richtig?«, fragte sie schließlich vorsichtshalber noch einmal nach. Was, wenn sie die falsche Nummer gewählt hatte?
sofort erklang wieder seine stimme. »Ja, entschuldige bitte. Warum erzählst du mir nicht erst mal, was du glaubst, gesehen zu haben?«
Denise bemerkte seine Wortwahl sehr wohl, war aber zu entnervt, um ihm Vorhaltungen zu machen. »ich habe gesehen, wie mein Cousin von einem Mann ermordet wurde, dem weder Pfefferspray noch Silbernitrat etwas anhaben konnten. Und dann war der Mann plötzlich verschwunden, und da stand dieser verdammte Riesenköter, aber der ist weggelaufen, und die Polizei ist der Meinung, mein fünfundzwanzig Jahre alter Cousin wäre nicht erdrosselt worden, sondern an einem Herzinfarkt gestorben.«
Wieder herrschte schweigen am anderen Ende der Leitung. Denise sah Spade geradezu vor sich, wie er beim Zuhören die Stirn runzelte. Er machte ihr Angst, aber im Augenblick fürchtete sie sich eher vor dem, was Paul getötet hatte.
»Bist du noch in Fort Worth?«, fragte er schließlich.
»Ja, ich wohne noch im selben Haus wie ... wie vorher.« Dem Haus, vor dem er sie abgesetzt hatte, nachdem er kaltblütig einen Mann ermordet hatte.
»okay. Tut mir leid, aber Cat ist in Neuseeland. ich kann sie anrufen oder dir ihre Nummer geben, aber es würde mindestens einen Tag dauern, bis sie bei dir ist, wenn nicht sogar länger.«
ihre Freundin und Expertin in Sachen Untote war am anderen Ende der Welt. Klasse.
»... aber ich bin zurzeit in den Staaten«, fuhr Spade fort. »Genauer gesagt in st. Louis. ich könnte später vorbeikommen und mir deinen toten Cousin einmal ansehen.«
Denise holte tief Luft, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, so schnell wie möglich herauszufinden, was Paul so plötzlich umgebracht hatte, und dem Unbehagen darüber, dass ausgerechnet Spade die Nachforschungen anstellen sollte. schließlich rief sie sich zur Ordnung. Paul, Amber und ihre Tante waren tot, und das war doch wohl wichtiger als ihre Vorbehalte gegenüber dem Mann, der ihr helfen wollte.
»Das wäre sehr nett von dir. Meine Adresse ist ... «
»ich weiß noch, wo du wohnst«, fiel Spade ihr ins Wort. » so gegen Mittag bin ich bei dir. «
sie sah auf ihre Armbanduhr. Knappe sechs stunden noch. sie selbst hätte es in so kurzer Zeit von st. Louis nach Fort Worth nicht einmal geschafft, wenn ihr Leben davon abgehangen hätte, aber wenn Spade sagte, er würde gegen Mittag bei ihr sein, dann glaubte sie ihm.
»Danke. Kannst du Cat ausrichten, dass, äh, dass ...«
»Vielleicht wäre es das Beste, wenn wir Cat und Crispin vorerst nicht einweihen«, antwortete Spade, Bones wie üblich bei seinem Menschennamen nennend. »Die beiden haben eine schwere Zeit hinter sich. Kein Grund, sie zu beunruhigen, wenn ich das Problem allein lösen kann.«
Denise verkniff sich eine bissige Bemerkung. sie wusste, was er damit sagen wollte. Oder du dir alles nur eingebildet hast.
»Bis heute Mittag, dann«, sagte sie und legte auf.
Das Haus kam ihr auf unheimliche Weise still vor. schaudernd blickte Denise aus den Fenstern und sagte sich, dass ihre bangen Gefühle eine normale Reaktion auf die schrecklichen Ereignisse des Abends waren. Zur Sicherheit ging sie aber trotzdem noch einmal durch alle Zimmer und vergewisserte sich, dass die Fenster und Türen geschlossen waren. Dann zwang sie sich, eine Dusche zu nehmen, und versuchte, die Erinnerung an Pauls blau angelaufenes Gesicht aus dem Kopf zu bekommen. Was ihr nicht gelang. Denise zog sich einen Bademantel über und streifte von Neuem rastlos durchs Haus.
Hätte sie sich bloß nicht dazu überreden lassen, mit Paul auszugehen, vielleicht wäre er dann noch am Leben. Und was wäre geschehen, wenn sie sofort in das Lokal gelaufen und Hilfe geholt hätte, statt auf dem Parkplatz zu bleiben?
...
Übersetzung: Sandra Müller und Andreas Kasprzak
Taschenbuchausgabe Mai 2012 bei Blanvalet, einem Unternehmen
der Verlagsgruppe Random House GmbH, München
Obwohl sie im Keller saßen, konnte Denise den Kampflärm draußen hören. sie wusste nicht, was sie angegriffen hatte, aber Menschen konnten es nicht sein, sonst hätte Cat nicht so ein entsetztes Gesicht gemacht, als sie ihnen Anweisung erteilt hatte, nach unten zu gehen. Hatte sie Angst, mussten sie alle Angst haben.
Denise hielt den Atem an, als sie es über sich poltern hörte. Randys Arm schloss sich enger um sie. »Alles wird gut.«
sein Gesichtsausdruck verriet, dass er das selbst nicht glaubte. Denise auch nicht. Aber sie lächelte, versuchte ihrem Mann weiszumachen, dass sie ihm die Lüge abnahm, und sei es nur, damit es ihm besser ging.
sein Arm löste sich von ihr. »ich gehe nach oben und helfe mit, es zu suchen.«
Es war das Objekt, das die mysteriösen Kreaturen zu dem Haus im eisigen Niemandsland gelockt hatte. Konnte es gefunden und zerstört werden, wären sie gerettet.
Noch fünf Jahre zuvor hätte Denise nicht an die Existenz von Vampiren, Ghulen oder zauberkräftigen Gegenständen geglaubt. Und nun würden Randy und sie womöglich sterben, weil sie Silvester zusammen ihrer besten Freundin, einer Halbvampirin, in einem Haus voller Kreaturen hatte verbringen wollen, von denen der Durchschnittsbürger nicht einmal ahnte, dass es sie gab.
»Du kannst da nicht raufgehen, es ist zu gefährlich«, protestierte Denise.
»ich will ja nicht nach draußen, nur im Haus suchen.« Denise wusste, dass sie es finden mussten; das war ihre einzige Überlebenschance. »ich komme mit.«
»Bleib hier. Die Kids haben Angst.«
Denise warf einen Blick auf die entsetzten Gesichter mit den schreckgeweiteten Augen, die sie von der hintersten Ecke des Kellerraumes her ansahen. Ausreißer und Straßenkinder, die die Vampire gegen regelmäßige Blutspenden bei sich aufgenommen hatten. Die einzig andere Erwachsene im Raum war Justina, und selbst die sonst so gebieterisch auftretende Frau machte gerade einen ziemlich verstörten Eindruck.
»ich bleibe hier«, antwortete Denise schließlich. »sei vorsichtig. Komm sofort zurück, wenn die Viecher noch näher kommen.«
Randy küsste sie hastig. »Mach ich. Versprochen.« »ich liebe dich«, rief sie noch, als er die Tür aufriss. Er lächelte. »ich dich auch.«
Er ging, und Denise schloss die Tür hinter ihm ab. sie hatte Randy zum letzten Mal gesehen.
1
»Ich glaube, Amber wurde ermordet.«
Denise starrte ihren Cousin fassungslos an. sie hatte zwar schon ihre dritte Margarita intus, konnte sich aber unmöglich verhört haben. Vielleicht hätten wir nach der Beerdigung doch keinen trinken gehen sollen. Aber Paul hatte darauf bestanden. innerhalb eines Monats waren seine Mutter und seine Achwester verstorben. Wenn es Paul also nach einem Drink besser ging, wer scherte sich da um Anstandsregeln?
»Aber die Ärzte haben gemeint, es wäre das Herz gewesen.«
»ich weiß, was die gemeint haben«, knurrte Paul. »Die Polizei hat mir auch nicht geglaubt. Aber einen Tag vor ihrem Tod hat Amber mir erzählt, sie würde sich verfolgt fühlen. sie war dreiundzwanzig, Denise. Wer kriegt mit dreiundzwanzig einen Herzinfarkt?«
»Deine Mutter ist gerade an einem Herzinfarkt gestorben«, rief Denise ihm sacht in Erinnerung. »Herzkrankheiten können erblich sein. so junge Menschen wie Amber leiden zwar selten darunter, aber deine Schwester stand unter enormem stress ... «
»Nicht mehr als ich gerade«, schnitt Paul ihr in bitterem Tonfall das Wort ab. »Heißt das, ich bin der Nächste?«
Die Vorstellung war so entsetzlich, dass Denise sie gar nicht näher in Betracht ziehen wollte. »Mit dir ist bestimmt alles in Ordnung, aber es könnte trotzdem nicht schaden, wenn du dich mal durchchecken lässt.«
Paul beugte sich vor. Bevor er sprach, sah er sich verstohlen um. »ich glaube, hinter mir ist auch jemand her.« seine stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
Denise antwortete zunächst nichts darauf. Nach Randys Tod hatte sie monatelang hinter jedem Schatten ein Ungeheuer vermutet, das über sie herfallen wollte. selbst ein Jahr später hatte sie das Gefühl noch nicht gänzlich abschütteln können. Nun waren ihre Tante und ihre Cousine innerhalb eines Monats verstorben, und Paul schien sich ebenfalls vom Tod verfolgt zu fühlen. War das eine normale Phase der Trauerbewältigung? Das Gefühl, der Tod hätte es auf einen selbst abgesehen, nachdem er sich einen geliebten Menschen geholt hatte?
»Willst du ein paar Tage bei mir wohnen?«, fragte sie ihn. »ich könnte ein bisschen Gesellschaft vertragen.«
Eigentlich wäre Denise lieber allein gewesen, aber das wusste Paul nicht. ihr von Randy angelegtes Geld war dem Börsencrash zum Opfer gefallen, sodass ihr gerade genug geblieben war, um seine Beerdigung und eine Anzahlung auf ein neues Haus fernab vom Großteil ihrer Verwandtschaft finanzieren zu können. ihre Eltern hatten es zwar nur gut gemeint, in ihrer sorge aber versucht, Denises Leben in allen Einzelheiten zu regeln. An ihrem Arbeitsplatz mied sie den Kontakt zu Kollegen, und das Alleinsein hatte ihr geholfen, das lange harte Jahr nach Randys Tod zu bewältigen.
Wenn es allerdings Paul bei der Bewältigung seines eigenen Verlusts half, würde sie ihr Einsiedlerinnendasein mit Freuden aufgeben.
ihr Cousin machte ein erleichtertes Gesicht. »Ja. Wenn das für dich okay geht.«
Denise winkte dem Barkeeper. »Na klar. Gehen wir, bevor ich noch mehr in mich reinschütte. Du hast sowieso schon zu viel getrunken, wir nehmen meinen Wagen. Deinen holen wir morgen früh.«
»ich kann fahren«, protestierte Paul.
Denise warf ihm einen strengen Blick zu. »Nicht heute Abend.«
Paul zuckte mit den schultern. Denise war froh, dass er nicht versuchte, sich mit ihr anzulegen. sie hätte es sich nicht verziehen, wenn Paul nach dem Barbesuch einen Unfall gebaut hätte. Nach ihren Eltern war er ihr nächster Verwandter.
Pauls Protesten zum Trotz zahlte sie die Rechnung, dann gingen sie zum Parkplatz. Nach dem Zwischenfall drei Monate zuvor stellte Denise ihren Wagen nur noch an gut beleuchteten Plätzen so nahe wie möglich am Eingang einer Kneipe ab. Jetzt war zwar Paul bei ihr, als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme trug sie aber trotzdem immer Reizgas am Schlüsselbund. Zwei verschiedene Dosen, um genau zu sein; in der einen war Pfefferspray, in der anderen Silbernitrat. Menschen waren nicht die Einzigen, die ihre Angriffe gern im Dunkeln starteten.
»Das Gästezimmer ist zwar klein, hat aber einen Fernseher«, verkündete Denise, als sie den Wagen erreicht hatten. »Willst du ...«
Ihr Satz endete in einem schrei, als Paul von einem Mann zurückgerissen wurde, der hinter ihm aus dem Nichts aufgetaucht war. Auch Paul wollte schreien, aber ein Arm, der ihm die Kehle zudrückte, hielt ihn davon ab. Mit glühenden Augen sah der Fremde von Denise zu ihrem Cousin.
»Noch einer«, zischte er und legte Paul die Faust auf die Brust.
Denise schrie, so laut sie konnte, griff sich ihr Pfefferspray und sprühte dem Mann ins Gesicht. Der blinzelte nicht einmal, nur Pauls Augen schwollen zu, als das Reizgas ihn traf.
»Hilfe!«, brüllte Denise und sprühte, bis die Dose leer war. Der Mann rührte sich nicht, während Pauls Gesicht allmählich blau anlief.
sie schnappte sich das Silbernitrat und sprühte viermal. Nun kniff der Mann in der Tat die Augen zusammen, aber eher aus Überraschung. schließlich lachte er.
»Silber? Wie interessant.«
Denise waren die Waffen ausgegangen, und der Mann hatte seinen Griff keinen Millimeter gelockert. in Panik ballte sie die Fäuste und stürzte sich auf ihn ... nur um einen Augenblick später auf ihrem zu Boden gesackten Cousin zu landen.
»Was ist da draußen los?«, rief jemand aus der Bar.
Denise blickte hoch. Der Fremde war verschwunden. Etwa einen Meter entfernt saß ein großer Schäferhund, das Maul zu einem breiten Hundegrinsen geöffnet. Er drehte sich um und lief davon, als aus der Bar eine Handvoll Leute näher kam.
»Rufen sie den Notarzt!«, rief Denise, die entsetzt feststellte, dass Paul nicht mehr atmete. sie legte die Lippen auf seine, blies mit aller Kraft ... und musste würgen, als sie Pfefferspray in den Mund bekam.
Hustend und röchelnd sah Denise zu, wie ein junger Mann sich an einer Herzdruckmassage versuchte und dann ebenfalls keuchend aufgab. sie legte zwei Finger an Pauls Hals. Nichts.
Fast ein Dutzend Leute standen um sie herum, von denen es aber anscheinend niemand für nötig hielt, zum Handy zu greifen.
»Rufen sie doch endlich einen verdammten Krankenwagen«, keuchte sie, während sie unablässig auf Pauls Brust einschlug und versuchte, ihn zu beatmen, obwohl sie selbst kaum Luft bekam. »Komm schon, Paul! Mach das nicht!«
Undeutlich sah sie, wie das Gesicht ihres Cousins immer dunkler anlief. sein Mund stand offen, sein Brustkorb unter ihren Händen bewegte sich nicht. Aber Denise trommelte weiter auf seine Brust ein, legte die Hände um seine Lippen und versuchte, ihm Atem zu spenden, ohne dabei selbst noch mehr Pfefferspray abzubekommen. sie hörte erst auf, als nach einer scheinbaren Ewigkeit die Rettungssanitäter eintrafen. Als sie sie von Paul lösten, atmete er noch immer nicht.
»Sie sagen also, der Mann ist einfach so ... verschwunden?«
Der Polizeibeamte konnte den Unglauben in seiner stimme nicht ganz unterdrücken. Denise musste sich schwer zusammennehmen, sonst hätte sie ihn geohrfeigt. Wie viel konnte sie noch ertragen? sie hatte bereits ihre Angehörigen anrufen und ihnen das Unvorstellbare mitteilen müssen, mit ihnen getrauert, als sie im Krankenhaus eingetroffen waren, und schließlich bei der Polizei ausgesagt. Wo man ihr offenbar nicht recht glauben mochte.
»Wie gesagt; als ich aufgesehen habe, war der Killer verschwunden.«
»Die Leute aus der Bar haben draußen niemanden gesehen«, stellte der Beamte zum dritten Mal fest.
Denise platzte der Kragen. »Ja, weil sie drinnen waren, als wir angegriffen wurden. Hören sie, der Typ hat meinen Cousin erwürgt; hat Paul keine Blutergüsse am Hals?«
Der Polizist wandte den Blick ab. »Nein. Der Leichenbeschauer war zwar noch nicht da, aber die Sanitäter haben keine Würgemale feststellen können. Anzeichen für einen Herzstillstand allerdings schon ... «
»Er ist erst fünfundzwanzig!«, fuhr Denise ihn an und verstummte dann. Ein eisiger Schauder überkam sie. Wer kriegt mit dreiundzwanzig einen Herzinfarkt?, hatte Paul sie vor wenigen stunden erst gefragt und dann etwas hinzugefügt, dem sie im Grunde genommen keinerlei Beachtung geschenkt hatte. Ich glaube, hinter mir ist auch jemand her.
Und nun war Paul tot - gestorben an einem vermeintlichen Herzinfarkt. Genau wie Amber und Tante Rose. Denise wusste, dass sie sich den Mann, dem weder Pfefferspray noch Silbernitrat etwas anhaben konnte, nicht nur eingebildet hatte. Diesen Mann, der einfach so wieder verschwunden war ... und dann den großen Hund, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war.
Das alles konnte sie dem Beamten natürlich nicht erzählen. Er schaute sie jetzt schon an, als hielte er sie für grenzdebil. Denise war nicht entgangen, dass man ihr auch Blut abgenommen hatte, als sie gegen das Pfefferspray behandelt worden war, vermutlich um ihren Alkoholspiegel zu testen. schon beim Verlassen der Bar war sie mehrmals gefragt worden, wie viel sie getrunken hätte. Und sobald der Leichenbeschauer den Herzinfarkt als Todesursache bestätigt hatte, würde man sie überhaupt nicht mehr ernst nehmen, nicht mal wenn sie alles Übernatürliche aus dem spiel ließ.
Na ja, sie kannte Leute, die ihr zumindest insofern glauben würden, dass sie bereit wären, ihr bei ihren Nachforschungen zu helfen.
»Kann ich jetzt heimgehen?«, fragte Denise.
Ein erleichterter Ausdruck huschte über das Gesicht des Beamten. Jetzt hätte Denise ihm gern erst recht eine gelangt. »selbstverständlich. ich kann sie von einem Streifenwagen nach Hause bringen lassen.«
»ich rufe mir ein Taxi.«
Kopfnickend erhob sich der Mann. »Hier ist meine Karte, falls ihnen noch etwas einfällt.«
Denise nahm das stück Papier entgegen, aber nur, weil es einen miserablen Eindruck hinterlassen hätte, wenn sie es zerknüllt und ihm ins Gesicht geworfen hätte.
Erst bei sich zu Hause tätigte sie ihren Anruf. Am Ende hätte der Taxifahrer noch herumerzählt, sein letzter Fahrgast hätte wirres Zeug über einen Mörder gefaselt, der sich möglicherweise in einen Hund verwandelt hatte. Und wenn die Polizei herausfand, dass sie dieser Fahrgast gewesen war, würden die Beamten erst recht keiner spur mehr nachgehen, auf die sie sie aufmerksam machte, noch nicht einmal, wenn sich herausstellte, dass Paul doch Opfer eines Verbrechens geworden war.
Beim dritten Piepen meldete sich eine Computerstimme, die ihr mitteilte, unter der gewählten Rufnummer gebe es keinen Anschluss. Denise legte auf. Ja, richtig, Cat hatte ständig umziehen müssen, weil irgendein verrückter Vampir hinter ihr her gewesen war. offensichtlich hatte sie auch die Telefonnummer gewechselt. War Cat noch in Europa? Wie lange war es her, seit Denise das letzte Mal mit ihr gesprochen hatte? Wochen vielleicht.
Als Nächstes wählte sie die Nummer, die sie für Bones, Cats Mann, gespeichert hatte, aber auch unter der erreichte sie niemanden. Denise kramte im Haus herum, bis sie ein Adressbuch mit der Telefonnummer von Cats Mutter fand. sie hatte sie vor einem Jahr notiert und war dementsprechend wenig überrascht, als sie wieder kein Glück hatte.
Frustriert warf Denise das Adressbuch auf die Couch. sie hatte jeden Kontakt zur Welt der Untoten vermieden, und jetzt, wo sie dringend jemanden gebraucht hätte, der in diesen Kreisen verkehrte, fehlten ihr die Telefonnummern.
Irgendjemanden musste sie doch erreichen können. Auf der suche nach einer Person mit Verbindungen zu Cat scrollte Denise die Einträge auf ihrem Handy. Als sie fast am Ende der Liste angelangt war, sprang ein Name ihr förmlich entgegen.
Spade. Ein paar Monate zuvor hatte sie seine Nummer gespeichert, weil er sie zu ihrem letzten Treffen mit Cat mitgenommen hatte.
Denise zögerte. Spades feingeschnittene Züge, seine bleiche Haut und der durchdringende Blick tauchten vor ihrem geistigen Auge auf. Wäre Spade in einer Calvin-Klein-Anzeige abgebildet gewesen, hätte eine Menge Frauen wohl den Drang verspürt, die Seite abzulecken; für Denise allerdings war die Erinnerung an Spade unauslöschlich mit Blut verknüpft. insbesondere, da er bei ihrer letzten Begegnung damit beschmiert gewesen war.
sie verdrängte den Gedanken. Jemand hatte Paul umgebracht, und Spade war vielleicht ihre einzige Verbindung zu Cat. Denise drückte die Anruftaste und betete, dass sie nicht wieder nur die monotone Computerstimme zu hören bekäme. Drei Freizeichen, vier ...
»Hallo?«
Denise war ganz benommen vor Erleichterung, als sie Spades unverkennbaren britischen Akzent hörte. »Spade, ich bin's, Denise. Cats Freundin«, fügte sie noch hinzu, als ihr der Gedanke kam, dass ein jahrhundertealter Vampir bestimmt mehr als eine Denise kannte. »ich habe Cats Nummer nicht mehr und ... bin mir ziemlich sicher, dass irgendein Wesen meinen Cousin ermordet hat. Meine Cousine und meine Tante möglicherweise auch.«
ihr hektisches Gestammel kam sogar ihr ziemlich abstrus vor. sie wartete und hörte nur das Atmen am anderen Ende der Leitung, während ihr Gesprächspartner schwieg.
»ich spreche doch mit Spade, richtig?«, fragte sie schließlich vorsichtshalber noch einmal nach. Was, wenn sie die falsche Nummer gewählt hatte?
sofort erklang wieder seine stimme. »Ja, entschuldige bitte. Warum erzählst du mir nicht erst mal, was du glaubst, gesehen zu haben?«
Denise bemerkte seine Wortwahl sehr wohl, war aber zu entnervt, um ihm Vorhaltungen zu machen. »ich habe gesehen, wie mein Cousin von einem Mann ermordet wurde, dem weder Pfefferspray noch Silbernitrat etwas anhaben konnten. Und dann war der Mann plötzlich verschwunden, und da stand dieser verdammte Riesenköter, aber der ist weggelaufen, und die Polizei ist der Meinung, mein fünfundzwanzig Jahre alter Cousin wäre nicht erdrosselt worden, sondern an einem Herzinfarkt gestorben.«
Wieder herrschte schweigen am anderen Ende der Leitung. Denise sah Spade geradezu vor sich, wie er beim Zuhören die Stirn runzelte. Er machte ihr Angst, aber im Augenblick fürchtete sie sich eher vor dem, was Paul getötet hatte.
»Bist du noch in Fort Worth?«, fragte er schließlich.
»Ja, ich wohne noch im selben Haus wie ... wie vorher.« Dem Haus, vor dem er sie abgesetzt hatte, nachdem er kaltblütig einen Mann ermordet hatte.
»okay. Tut mir leid, aber Cat ist in Neuseeland. ich kann sie anrufen oder dir ihre Nummer geben, aber es würde mindestens einen Tag dauern, bis sie bei dir ist, wenn nicht sogar länger.«
ihre Freundin und Expertin in Sachen Untote war am anderen Ende der Welt. Klasse.
»... aber ich bin zurzeit in den Staaten«, fuhr Spade fort. »Genauer gesagt in st. Louis. ich könnte später vorbeikommen und mir deinen toten Cousin einmal ansehen.«
Denise holte tief Luft, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, so schnell wie möglich herauszufinden, was Paul so plötzlich umgebracht hatte, und dem Unbehagen darüber, dass ausgerechnet Spade die Nachforschungen anstellen sollte. schließlich rief sie sich zur Ordnung. Paul, Amber und ihre Tante waren tot, und das war doch wohl wichtiger als ihre Vorbehalte gegenüber dem Mann, der ihr helfen wollte.
»Das wäre sehr nett von dir. Meine Adresse ist ... «
»ich weiß noch, wo du wohnst«, fiel Spade ihr ins Wort. » so gegen Mittag bin ich bei dir. «
sie sah auf ihre Armbanduhr. Knappe sechs stunden noch. sie selbst hätte es in so kurzer Zeit von st. Louis nach Fort Worth nicht einmal geschafft, wenn ihr Leben davon abgehangen hätte, aber wenn Spade sagte, er würde gegen Mittag bei ihr sein, dann glaubte sie ihm.
»Danke. Kannst du Cat ausrichten, dass, äh, dass ...«
»Vielleicht wäre es das Beste, wenn wir Cat und Crispin vorerst nicht einweihen«, antwortete Spade, Bones wie üblich bei seinem Menschennamen nennend. »Die beiden haben eine schwere Zeit hinter sich. Kein Grund, sie zu beunruhigen, wenn ich das Problem allein lösen kann.«
Denise verkniff sich eine bissige Bemerkung. sie wusste, was er damit sagen wollte. Oder du dir alles nur eingebildet hast.
»Bis heute Mittag, dann«, sagte sie und legte auf.
Das Haus kam ihr auf unheimliche Weise still vor. schaudernd blickte Denise aus den Fenstern und sagte sich, dass ihre bangen Gefühle eine normale Reaktion auf die schrecklichen Ereignisse des Abends waren. Zur Sicherheit ging sie aber trotzdem noch einmal durch alle Zimmer und vergewisserte sich, dass die Fenster und Türen geschlossen waren. Dann zwang sie sich, eine Dusche zu nehmen, und versuchte, die Erinnerung an Pauls blau angelaufenes Gesicht aus dem Kopf zu bekommen. Was ihr nicht gelang. Denise zog sich einen Bademantel über und streifte von Neuem rastlos durchs Haus.
Hätte sie sich bloß nicht dazu überreden lassen, mit Paul auszugehen, vielleicht wäre er dann noch am Leben. Und was wäre geschehen, wenn sie sofort in das Lokal gelaufen und Hilfe geholt hätte, statt auf dem Parkplatz zu bleiben?
...
Übersetzung: Sandra Müller und Andreas Kasprzak
Taschenbuchausgabe Mai 2012 bei Blanvalet, einem Unternehmen
der Verlagsgruppe Random House GmbH, München
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Autoren-Porträt von Jeaniene Frost
Jeaniene Frost ist eine »New York Times«- und SPIEGEL-Bestsellerautorin, ihre Romane erscheinen in 20 Sprachen. Neben dem Schreiben liest Jeaniene gerne, schaut sich Filme an, erkundet alte Friedhöfe und macht Roadtrips. Sie lebt mit ihrem Mann in Florida. Andreas Kasprzak, Jahrgang 1972, arbeitet seit dem Abschluss seiner Buchhändlerlehre als Autor und Übersetzer, u. a. von »Star Wars«, »Warcraft«, »Minecraft« und »Assassin´s Creed«.
Bibliographische Angaben
- Autor: Jeaniene Frost
- 2012, Erstmals im TB, 416 Seiten, Masse: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Sandra Müller, Andreas Kasprzak
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442378672
- ISBN-13: 9783442378678
- Erscheinungsdatum: 16.04.2012
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