Die Traumtänzerin
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Zelda lässt das Leben ihrer Mutter, die einst eine gefeierte Tänzerin war, keine Ruhe, und sie macht sich auf die Suche nach ihr. Was hat diese bewogen, ihr Kind im Stich zu lassen und ein völlig neues Leben anzufangen?
Je mehr Zelda von ihrer Mutter erfährt, desto mehr sieht sie sie in einem ganz neuen Licht.
Die Traumtänzerin von Katherine Scholes
LESEPROBE
Zelda stieg ins Führerhaus und schlossdie Tür, die sie vor der Gischt schützte. Das Führerhauswareng. Sie lehnte sich in eine Ecke und hielt, so gut es ging, Abstand.Schweigend standen sie da, während das Boot gegen die kabbelige See anstampfte.Nach einer Weile sagte Zelda: »Du hast es absichtlichspät werden lassen!« Sie machte eine Pause, aber James antwortete nicht. »Ichmöchte mir auch einmal etwas vornehmen dürfen, schliesslich bin ich kein Kind mehr.«»Du kennst die Arbeit«, antwortete James. »Es dauert so lange, wie es dauert.Das war schon immer so und wird immer so bleiben.« Zeldastarrte minutenlang aus dem Fenster und folgte den Konturen eines Felsens, dervor der blutrot untergehenden Sonne aus dem Meer ragte. Schliesslich sagte sie:»Was hast du eigentlich gegen Dana?« James trat einen Schritt vor, um auf dieBenzinuhr zu sehen, und schob sie zur Seite. »Es ist wegen der Tanzstunden,nicht wahr? Du kannst sie nicht leiden, weil sie mir das Tanzenbeibringt.«James runzelte die Stirn und schwieg. »Was ist daran nicht inOrdnung?« Zelda gab nicht auf. »Es ist reineZeitverschwendung.« Zelda holte tief Luft. »Du magstes nicht, weil es dich an Ellen erinnert « Beim Namen ihrer Mutter versagtees ihr fast die Stimme. Ellen. Der Name stand zwischen ihnen, ein kleinerabgewürgter Laut. James starrte aufs Meer. Ängstlich betrachtete Zelda sein Gesicht und wartete. Als er zu sprechen begann,war seine Stimme ruhig, fast gelassen. »Nein, du irrst. Ich will nur nicht,dass du dich auf solche Dinge einlässt.« »Das ist doch nur zum Spass«,widersprach Zelda. »Ich lasse mich auf gar nichtsein.« »Und was ist mit heute Abend?« Zelda zuckte dieSchultern. »Dana bekommt Besuch von ein paar Freunden vom Festland. Es ist eineGelegenheit, neue Leute kennen zu lernen.« »Toll! Neue Leute vom Festland!«,imitierte James sie. Zelda senkte den Blick undbetrachtete die frischen Blutspuren und Fischschuppen. Nach einer Weile spürtesie James Hand warm und schwer auf der Schulter. »Hör auf mich, Zel«, sagte er sanft. »Gib dich nicht mit solchen Dingenab. Bleib bei dem, was du kennst. Einverstanden?« Zeldawarf ihrem Vater einen Seitenblick zu. Ihre Blicke trafen sich. Dann wandte siesich ab und schaute aus dem salzverkrusteten Kajütenfenster. Als sie am Steganlegten, der aus dem geschützten Teil der Landzunge vorragte, sprang sie anLand und machte die Leinen fest. »Ich nehme den Jeep«, rief sie James zu. »Eskann spät werden, in Ordnung?« James stellte sich taub und packte langsam undsorgfältig sein Ölzeug ein. Sie sah auf die Uhr und seufzte. Dann lief sie denSteg entlang und sprang hinunter in den weissen Sand. Die schweren Stiefelversanken im Sand und bremsten ihren Schritt. Schon bald tauchte das Dach derkleinen Blockhütte auf. Graue Granitblöcke bildeten die Grenze zum Strand. Nochbevor sie die Hütte erreichte, zog sie das Gummiband aus dem langen dunklenHaar. Voll und schwer fiel es ihr über die Schultern. Dann zog sie sich dasArbeitshemd über den Kopf. Darunter trug sie ein Herrenunterhemd, das lose anihrem Körper hing und die Brust nur spärlich bedeckte. Sie warf es über die vorder Hütte gespannte Wäscheleine. Ihr Blick fiel auf einen kleinen weissen Brief,der vor der Haustür auf dem Boden lag. Lizzie hatwohl die Post gebracht, dachte sie und hob den Umschlag auf. Sie überflog dieAdresse. Er war für James. In der oberen rechten Ecke befand sich der Stempelder tasmanischen Regierung. Wahrscheinlich ging es um Wahlen, Gebühren oderFischereibestimmungen - nichts Interessantes. Mit dem Brief unter dem Armdrückte sie die Tür mit der Schulter auf. Im Haus roch es nach Holz und Öl. Sieliess den Brief auf den Tisch fallen und griff nach einem Handtuch, das über demKaminsims zum Trocknen hing. Dann ging sie über den Hof und verschwand in derBadehütte. Sie zog sich aus. Die untergehende Sonne drang durch die Ritzen derHolzwand und malte ein Muster auf ihre nackte Haut. Sie wappnete sich innerlichgegen das kalte Wasser und goss es sich über den Körper. Dabei achtete siedarauf, dass die hochgesteckten Haare nicht nass wurden. Dünne Bäche liefenüber Schultern, Hüften und Füsse. Sorgfältig seifte sie sich mit einemabgebrochenen Stück Seife ein und schrubbte die Haut mit einer Hand vollkleiner Meeresschwämme. Sie gab sich viel Mühe, Schweiss, Salz und Reste vonrohem Fisch zu entfernen. Ob James schon heraufgekommen war? Würde sie ihm nochbegegnen, bevor sie das Haus verliess? Sie wurde wütend. Ich bin einundzwanzigJahre alt, hatte sie ihm gesagt. Es geht dich nichts an, wohin ich gehe und mitwem ich mich treffe. In seinen Augen standen Wut und tiefer Schmerz. »Er hängtzu sehr an dir«, hatten ihr Freunde oft gesagt. »Das ist kein Wunder, ihr seidallein. Er musste dir Vater und Mutter sein und will nur dein Bestes «Aber Zelda wusste, dass mehr dahinter steckte. Es waretwas anderes, was sie verband. Mit ihrer Entwicklung vom Kind zur jungen Frauwurde es immer stärker. Sie war ihrer Mutter so ähnlich, dass man sagte, siehätten Zwillinge sein können. James sprach nie darüber. Aber Zelda ahnte, wie schwer es für ihn sein musste, stets anEllen erinnert zu werden. Eines Tages hatte er überraschend die Badehüttebetreten - der kleine Raum mit dem Wassereimer und dem Holzrost, der als Duschediente. In diesem Augenblick hatte sie begriffen, wie tief es ihn berührte. »Oentschuldige«, hatte er verlegen gesagt, »ich dachte, du bist schon fertig.«Aber anstatt die Hütte sofort wieder zu verlassen, war er wie angewurzeltstehen geblieben. Stumm hatten sie sich angesehen. Dann war sein Blick langsamüber ihren nackten Körper gewandert. Das lange nasse Haar war ihr lose über dieBrust gefallen, nur die rosa Spitzen waren zu sehen gewesen. Zwischen denBeinen hatte sich das schwarz behaarte Dreieck von der hellen Haut abgehoben. Zelda hatte mit Erstaunen bemerkt, dass die sonnengebräunteHaut verblasst war und die Konturen ihres Bikinis gerade noch zu erkennenwaren. Als sie den Kopf hob, hatte sie Tränen in James Augen bemerkt. Er hattesich vor Schmerz auf die Lippen gebissen.
© Knaur Verlag
Übersetzung: Grace Pampus
Autoren-Porträt von Katherine Scholes
KatherineScholes ist 1954 in Tansania geboren, heute lebt sie in Australien. Sie machtFilme und schreibt vor allem für Kinder. Dieses Buch war ihr erstes und machtesie auf einen Schlag berühmt.
- Autor: Katherine Scholes
- 2004, 15. Aufl., 496 Seiten, Masse: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Grace Pampus
- Verlag: Droemer/Knaur
- ISBN-10: 3426621746
- ISBN-13: 9783426621745
- Erscheinungsdatum: 01.05.2004
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