Chemie
Grundwissen für die Feuerwehr
Die Feuerwehr wird immer wieder - sei es bei Brandeinsätzen oder Technischen Hilfeleistungen - mit Gefahrstoffen konfrontiert. Hier ist ein grundlegendes Wissen der Chemie unabdingbar, um Einsätze gefahrlos und erfolgreich bewältigen zu können. Das Rote...
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Produktinformationen zu „Chemie “
Die Feuerwehr wird immer wieder - sei es bei Brandeinsätzen oder Technischen Hilfeleistungen - mit Gefahrstoffen konfrontiert. Hier ist ein grundlegendes Wissen der Chemie unabdingbar, um Einsätze gefahrlos und erfolgreich bewältigen zu können. Das Rote Heft wurde mit der 3. Auflage komplett überarbeitet und um neue Inhalte erweitert. Es ist leicht verständlich geschrieben und bietet damit auch Laien die Möglichkeit, sich ein Grundwissen der Chemie anzueignen und dieses im Einsatz anwenden zu können.
Klappentext zu „Chemie “
Die Feuerwehr wird immer wieder - sei es bei Brandeinsätzen oder Technischen Hilfeleistungen - mit Gefahrstoffen konfrontiert. Hier ist ein grundlegendes Wissen der Chemie unabdingbar, um Einsätze gefahrlos und erfolgreich bewältigen zu können. Das Rote Heft wurde mit der 3. Auflage komplett überarbeitet und um neue Inhalte erweitert. Es ist leicht verständlich geschrieben und bietet damit auch Laien die Möglichkeit, sich ein Grundwissen der Chemie anzueignen und dieses im Einsatz anwenden zu können.
Lese-Probe zu „Chemie “
Die Roten Hefte<br/>Bd.59 Chemie - Grundwissen für die Feuerwehr von Frank HabermaierZur Einführung
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Liebe Leser,
mit dem vorliegenden Heft erhalten Sie nun die 3. Auflage des Roten Heftes »Chemie - Grundwissen für die Feuerwehr«. Seit der 2. Auflage sind inzwischen einige Jahre vergangen. In dieser Zeit hat sich viel getan: Es wurden viele Millionen neue chemische Verbindungen synthetisiert, es wurde Zusammensetzungen und Strukturen aufgeklärt, andererseits aber auch wieder neue Fragen und Rätsel aufgeworfen. Die Feuerwehren mussten in diesem Zeitraum viele tausend Einsätze im Zusammenhang mit Gefahrstoffen bewältigen und zumindest in diesem Bereich sind die Grundlagen im Wesentlichen unverändert geblieben.
Mit dem vorliegenden Heft hat der Autor versucht, Anregungen der vergangenen Jahre aufzunehmen. Es wurden einige Kapitel umgestellt und überarbeitet, neue Kapitel und neue Abbildungen sind hinzugefügt worden. So z. B. auch die besonderen Gefahren bei Biogasanlagen, die man zurzeit und in Zukunft wohl vermehrt finden wird. Trotzdem bleibt es dabei, dass hier kein umfassendes Werk für alle Bereiche der Chemie geschrieben wurde. Es handelt sich vielmehr um die wesentlichen Grundlagen, um Dinge, mit denen Feuerwehrleute in Berührung kommen können und die ihnen hoffentlich ein wenig Verständnis vermitteln, was denn da so alles passiert und warum.
Die Chemie ist und bleibt ein spannender Bereich, ein Bereich, der aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken ist. Dies trifft auch und insbesondere auf die Einsätze der Feuerwehren zu und ich hoffe, mit diesem Buch allen Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmännern ein Instrument an die Hand zu geben, mit dessen Hilfe sie zukünftige Feuerwehreinsätze in diesem Bereich noch effektiver und noch sicherer für sich, die Umwelt und unsere Mitbürger durchführen können.
Augsburg, im April 2010, Frank Habermaier
1 Die Geschichte der Chemie
Lange bevor der erste Mensch oder überhaupt ein Lebewesen die Erde bevölkerte, fand Chemie schon statt. Nach der Entstehung der Erde, mit ihrer festen Oberfläche und der Atmosphäre, entstand ein riesiges chemisches Labor. In der Uratmosphäre, unterstützt durch die Energie von Blitzen bei urweltlichen Gewittern und Vulkanausbrüchen, entstanden die ersten organischen Verbindungen, die letztendlich zur Entwicklung des Lebens führten. Der Mensch begegnete der Chemie (wenn man davon absieht, dass auch alle Stoffwechselvorgänge des Körpers chemische Prozesse sind) zum ersten Mal, als er lernte, das Feuer zu beherrschen.
Feuer, das Brennen, ist ein chemischer Vorgang, den der Mensch sich zunutze machte. Auch all das, wozu der Mensch das Feuer brauchte, ist Chemie. Angefangen vom Braten, Kochen, Backen bis hin zur Metallgewinnung aus Erzen. Obwohl der Mensch sich also recht früh schon als Chemiker betätigte, war er sich dessen nicht bewusst. Die ersten Erklärungen für das, woraus unsere Welt besteht, waren (aus heutiger Sicht) recht kläglich. So glaubten z. B. die Griechen, dass die ganze Welt aus vier Elementen bestehe, aus Erde, Feuer, Wasser und Luft. Heute wissen wir, dass keines dieser vier ein Element, ein Grundbaustein, ist. Um die Ehre der Griechen zu retten, muss man allerdings auch erwähnen, dass Demokrit (400 v. Chr.) bereits damals schon die Vorstellung von Atomen hatte. Er konnte sich, seiner Zeit weit voraus, damit jedoch nicht durchsetzen, sodass diese im Ansatz richtige Theorie bis ins 18. Jahrhundert wieder verloren ging.
Eine prägende Wirkung für das Ansehen der Chemie, bis in die heutige Zeit, hatte sicher das Mittelalter, als die Chemiker sich Alchemisten nannten und alles Streben der Umwandlung von wertlosem Gestein in Gold galt. Aus dieser Zeit stammt die Mystifizierung der Chemie. Da jeder überzeugt war, dass er eines Tages die Lösung der Goldherstellung finden würde, es aber keinem anderen verraten wollte, schlossen sich die Alchemisten von der Umwelt ab, erfanden eigene, sonderbare Zeichen, die kein anderer lesen konnte, und probierten ergebnislos - heute wissen wir auch warum - Gold zu gewinnen.
Auch ein anderer Einfluss, der bis heute beständig ist, stammt aus der damaligen Zeit, nämlich die Trennung von organischer und anorganischer Chemie. Man war der Meinung, dass organische, d. h. lebende, Materie einen Lebensstoff enthalten müsse und dass man aus toter anorganischer Materie niemals organische Materie machen könne.
Wie eigenartig und häufig vom Zufall geprägt die Chemie in ihren Anfängen war, macht vielleicht folgendes Beispiel deutlich. Im Jahre 1675 glaubte ein Deutscher namens Henning Brand, man könne aus menschlichem Urin Gold destillieren (offenbar schloss er dies auch aus der ähnlichen Farbe). Also sammelte er fleißig Eimer mit Urin, die er monatelang aufbewahrte. Mit verschiedenen geheimnisvollen Methoden machte er daraus zunächst eine übel riechende Paste und dann eine wachsartige, durchsichtige Substanz. Gold kam dabei selbstverständlich nicht heraus, aber es ereignete sich etwas anderes: Die Substanz begann nach einiger Zeit zu leuchten und wenn sie mit Luft in Berührung kam, fing sie sogar Feuer - er hatte den Phosphor entdeckt.
So war die Chemie bis Anfang des 19. Jahrhunderts zwangsläufig zumeist ein Herumirren im Dunkeln, einigen merkwürdigen, gelehrten Herren vorbehalten. Erst als Dalton (1766-1844) wieder die Atomtheorie formulierte und durchsetzte, als die Chemie entzaubert und zu einer echten Wissenschaft gemacht wurde, war der Aufschwung und Fortschritt möglich, wie wir ihn heute kennen. Ohne Chemie ist unser Leben heute nicht mehr vorstellbar. Schauen Sie sich in dem Zimmer, in dem Sie gerade sitzen, einmal um, und denken Sie sich alles weg, was aus Kunststoffen besteht. Oder denken Sie sich alles in schwarz, weiß und grau, weil es keine Farbe gibt. Denken Sie an Ihre letzten Kopfschmerzen (oder den Kater?), bei dem Sie eine Tablette genommen haben, und, und, und. Natürlich hat die Chemie auch Schattenseiten. Zu lange wurden schädliche Nebenwirkungen sträflich vernachlässigt. Umweltverschmutzung und Umweltschutz heißen heute die Schlagworte.
In dieser Zeit, für diese Zeit und für Leute, die wissen möchten (oder müssen) über was sie reden, und mit was sie leben, wollen wir zu unserem Streifzug durch die »moderne« Chemie antreten. Und nicht zuletzt auch deshalb, weil der Umweltschutz, und damit die Chemie, bei der Feuerwehr einen immer größeren Raum einnimmt.
2 Was ist Chemie?
Oft ist es für den Laien schwierig zu unterscheiden, ob ein Problem nun zur Chemie oder zur Physik gehört. Doch keine Sorge, auch die Wissenschaftler selbst sind sich nicht immer einig. Der Übergang zwischen den beiden Gebieten ist in vielen Bereichen fließend. Die eine Wissenschaft kann ohne die andere nicht bestehen. Auch die relativ neue Disziplin der »physikalischen Chemie« zeugt von der Unsicherheit einer scharfen Abgrenzung. Recht brauchbar scheinen die beiden folgenden Definitionen zu sein:
- Physik: Lehre von den Zuständen und Zustandsänderungen.
- Chemie: Lehre von den stofflichen Eigenarten und den Stoffänderungen.
Diesen Unterschied wollen wir uns im Folgenden verdeutlichen,wenn wir uns näher mit dem Begriff der »Materie« beschäftigen.
Materie, in der Chemie sagt man Stoff dazu, hat zwei Eigenschaften: Sie besitzt eine Masse und nimmt Raum ein (hat ein Volumen). Materie liegt, wie in Bild 1 gezeigt, entweder als reiner Stoff oder als ein Gemisch von reinen Stoffen vor.
Mischungen bestehen, wie der Name schon sagt, aus mehreren verschiedenen Stoffen und haben eine völlig variable Zusammensetzung. Ist dies sogleich zu erkennen, z. B. bei einer Mischung von Pfeffer und Salz, so nennt man die Mischung heterogen (ungleichmäßig). Ist dies nicht zu erkennen, z.B. bei Kaffee oder einer Lösung von Salz in Wasser, so nennt man das homogen (gleichmäßig).
Solche Mischungen lassen sich durch physikalische Methoden einfach in ihre Bestandteile trennen. Bei Lösungen kann man die Flüssigkeit verdampfen, der gelöste Stoff bleibt zurück. Oder man kann umgekehrt einen Stoff auflösen, der andere bleibt zurück (so z. B. löst sich Salz im Wasser, Pfeffer jedoch nicht). Schmelzen, sieben, filtrieren, abschütten, destillieren, all das sind physikalische Trennmethoden.
Reine Stoffe lassen sich physikalisch nicht weiter trennen. Was man auch tut, man erhält immer wieder den Ausgangsstoff. Nur chemisch (durch Stoffumwandlung) lassen sich Verbindungen bis in die Elemente zerlegen. Als Elemente bezeichnet man Stoffe, die sich auch chemisch nicht weiter zerlegen lassen.
Zwei weitere Beispiele sollen den Unterschied zwischen physikalischen und chemischen Methoden verdeutlichen. Beim Schnapsbrennen (Alkoholdestillation) besteht das Ausgangsprodukt, die Maische, in der Hauptsache aus Wasser und Alkohol, von den festen Bestandteilen (Früchte) und einigen Aromastoffen, die den Geschmack bedingen, einmal abgesehen. Was geschieht nun beim Destillieren? Die Mischung wird erwärmt, der Alkohol verdampft, wird wieder abgekühlt und aufgefangen. Das Wasser bleibt zurück, gewonnen hat man mehr oder weniger hochprozentigen
Alkohol.
Obwohl der Alkohol erhitzt wurde, verdampfte und wieder verflüssigt wurde, ist er während des ganzen Vorganges Alkohol geblieben. Er hat zwar seinen Zustand (flüssig - gasförmig - flüssig) verändert, aber es fand keine Stoffumwandlung statt. Also handelt es sich um einen physikalischen Vorgang.
Durch Erhitzen können aber auch chemische Prozesse ausgelöst werden. Beispiel hierfür ist der von Feuerwehren so oft gefahrene Einsatz »Essen auf Herd«. Was passiert hier? Durch das lange und übermäßige Erhitzen wird die organische Struktur des Essens zerstört. Zurück bleibt als schwarze Masse der Kohlenstoff, die anderen Anteile haben sich in gasförmige Stoffe verwandelt und bedingen zum einen den recht intensiven Geruch, zum anderen die Gefährlichkeit, da einige davon brennbar sind. Hier hat beim Erhitzen eine Stoffumwandlung (chemischer Prozess) stattgefunden. Aus dem schönen, zarten Schnitzel wurde ein harter Brocken Kohle, ein anderer Stoff ist entstanden. Fast alle Eigenschaften, mit denen wir Stoffe beschreiben, sind physikalische Größen. Dazu gehören z. B. Schmelzpunkt, Siedepunkt, Aggregatzustand (fest, flüssig, gasförmig), Farbe, Gewicht, Dichte, Größe (Volumen), Geschwindigkeit. Die physikalischen Größen beschreiben den Zustand eines Stoffes. Ändert sich eine physikalische Größe, hat das Einfluss auf den Zustand des Stoffes. Die Art des Stoffes verändert sich nicht.
Die Chemikalie H2O (Wasser) ist und bleibt chemisch dasselbe, egal ob sie nun fest (als Eis) oder flüssig (als Wasser) vorliegt. Reiner Kohlenstoff kommt als Graphit (schwarz) oder Diamant (farblos) vor. Trotzdem ist es chemisch der gleiche Stoff, auch Diamanten verbrennen sehr gut. Die unterschiedliche Farbe entsteht durch verschiedene Lichtabsorption, ein physikalischer Effekt, verursacht durch eine unterschiedliche räumliche Anordnung der Atome im Festkörper.
Wir wollen uns im Folgenden mit der rechten Hälfte von Bild 1 beschäftigen, nämlich mit den »Reinen Stoffen«. Zunächst mit den Elementen, die ja die Bausteine oder die Grundstoffe für den Chemiker sind, aus denen sich dann die »Verbindungen« darstellen lassen.
3 Allgemeine und Anorganische Chemie
3.1 Atome - Atommodell
Fangen wir ganz klein an. So in der Größenordnung von ca. 10-10m (0,0000000001 m). Das nämlich ist in etwa die Größe der Atome. Noch niemand hat bisher ein solches Atom gesehen, und trotzdem haben wir eine recht gute Vorstellung davon, wie ein solch winziges Ding aufgebaut ist. Wie schon erwähnt, hatten bereits die alten Griechen vermutet, dass es kleinste Teilchen gibt, aus denen sich alle Materie zusammensetzt. Auch das Wort Atom ist von dem griechischen atomos = das Unteilbare abgeleitet. Jedoch erst dem Engländer Dalton gelang es, diese Vorstellung endgültig durchzusetzen. Er stellte Folgendes fest:
- Es gibt kleine, unteilbare Teilchen, die Atome.
- Alle Atome desselben Elementes sind einander gleich, insbesondere besitzen sie dieselbe Masse. Atome verschiedener Elemente
besitzen verschiedene Massen.
- Verbindungen setzen sich aus Atomen zusammen, die sich miteinander in einfachen Verhältnissen verbinden.
In den Jahren nach dieser Feststellung wurden Atome eingehend untersucht, und man kam zu dem Schluss, dass Daltons Theorie noch Lücken hatte. Zum Beispiel lässt sich, die Unteilbarkeit der Atome vorausgesetzt, die Radioaktivität nicht erklären.
© 2010 W. Kohlhammer, Stuttgart
Liebe Leser,
mit dem vorliegenden Heft erhalten Sie nun die 3. Auflage des Roten Heftes »Chemie - Grundwissen für die Feuerwehr«. Seit der 2. Auflage sind inzwischen einige Jahre vergangen. In dieser Zeit hat sich viel getan: Es wurden viele Millionen neue chemische Verbindungen synthetisiert, es wurde Zusammensetzungen und Strukturen aufgeklärt, andererseits aber auch wieder neue Fragen und Rätsel aufgeworfen. Die Feuerwehren mussten in diesem Zeitraum viele tausend Einsätze im Zusammenhang mit Gefahrstoffen bewältigen und zumindest in diesem Bereich sind die Grundlagen im Wesentlichen unverändert geblieben.
Mit dem vorliegenden Heft hat der Autor versucht, Anregungen der vergangenen Jahre aufzunehmen. Es wurden einige Kapitel umgestellt und überarbeitet, neue Kapitel und neue Abbildungen sind hinzugefügt worden. So z. B. auch die besonderen Gefahren bei Biogasanlagen, die man zurzeit und in Zukunft wohl vermehrt finden wird. Trotzdem bleibt es dabei, dass hier kein umfassendes Werk für alle Bereiche der Chemie geschrieben wurde. Es handelt sich vielmehr um die wesentlichen Grundlagen, um Dinge, mit denen Feuerwehrleute in Berührung kommen können und die ihnen hoffentlich ein wenig Verständnis vermitteln, was denn da so alles passiert und warum.
Die Chemie ist und bleibt ein spannender Bereich, ein Bereich, der aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken ist. Dies trifft auch und insbesondere auf die Einsätze der Feuerwehren zu und ich hoffe, mit diesem Buch allen Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmännern ein Instrument an die Hand zu geben, mit dessen Hilfe sie zukünftige Feuerwehreinsätze in diesem Bereich noch effektiver und noch sicherer für sich, die Umwelt und unsere Mitbürger durchführen können.
Augsburg, im April 2010, Frank Habermaier
1 Die Geschichte der Chemie
Lange bevor der erste Mensch oder überhaupt ein Lebewesen die Erde bevölkerte, fand Chemie schon statt. Nach der Entstehung der Erde, mit ihrer festen Oberfläche und der Atmosphäre, entstand ein riesiges chemisches Labor. In der Uratmosphäre, unterstützt durch die Energie von Blitzen bei urweltlichen Gewittern und Vulkanausbrüchen, entstanden die ersten organischen Verbindungen, die letztendlich zur Entwicklung des Lebens führten. Der Mensch begegnete der Chemie (wenn man davon absieht, dass auch alle Stoffwechselvorgänge des Körpers chemische Prozesse sind) zum ersten Mal, als er lernte, das Feuer zu beherrschen.
Feuer, das Brennen, ist ein chemischer Vorgang, den der Mensch sich zunutze machte. Auch all das, wozu der Mensch das Feuer brauchte, ist Chemie. Angefangen vom Braten, Kochen, Backen bis hin zur Metallgewinnung aus Erzen. Obwohl der Mensch sich also recht früh schon als Chemiker betätigte, war er sich dessen nicht bewusst. Die ersten Erklärungen für das, woraus unsere Welt besteht, waren (aus heutiger Sicht) recht kläglich. So glaubten z. B. die Griechen, dass die ganze Welt aus vier Elementen bestehe, aus Erde, Feuer, Wasser und Luft. Heute wissen wir, dass keines dieser vier ein Element, ein Grundbaustein, ist. Um die Ehre der Griechen zu retten, muss man allerdings auch erwähnen, dass Demokrit (400 v. Chr.) bereits damals schon die Vorstellung von Atomen hatte. Er konnte sich, seiner Zeit weit voraus, damit jedoch nicht durchsetzen, sodass diese im Ansatz richtige Theorie bis ins 18. Jahrhundert wieder verloren ging.
Eine prägende Wirkung für das Ansehen der Chemie, bis in die heutige Zeit, hatte sicher das Mittelalter, als die Chemiker sich Alchemisten nannten und alles Streben der Umwandlung von wertlosem Gestein in Gold galt. Aus dieser Zeit stammt die Mystifizierung der Chemie. Da jeder überzeugt war, dass er eines Tages die Lösung der Goldherstellung finden würde, es aber keinem anderen verraten wollte, schlossen sich die Alchemisten von der Umwelt ab, erfanden eigene, sonderbare Zeichen, die kein anderer lesen konnte, und probierten ergebnislos - heute wissen wir auch warum - Gold zu gewinnen.
Auch ein anderer Einfluss, der bis heute beständig ist, stammt aus der damaligen Zeit, nämlich die Trennung von organischer und anorganischer Chemie. Man war der Meinung, dass organische, d. h. lebende, Materie einen Lebensstoff enthalten müsse und dass man aus toter anorganischer Materie niemals organische Materie machen könne.
Wie eigenartig und häufig vom Zufall geprägt die Chemie in ihren Anfängen war, macht vielleicht folgendes Beispiel deutlich. Im Jahre 1675 glaubte ein Deutscher namens Henning Brand, man könne aus menschlichem Urin Gold destillieren (offenbar schloss er dies auch aus der ähnlichen Farbe). Also sammelte er fleißig Eimer mit Urin, die er monatelang aufbewahrte. Mit verschiedenen geheimnisvollen Methoden machte er daraus zunächst eine übel riechende Paste und dann eine wachsartige, durchsichtige Substanz. Gold kam dabei selbstverständlich nicht heraus, aber es ereignete sich etwas anderes: Die Substanz begann nach einiger Zeit zu leuchten und wenn sie mit Luft in Berührung kam, fing sie sogar Feuer - er hatte den Phosphor entdeckt.
So war die Chemie bis Anfang des 19. Jahrhunderts zwangsläufig zumeist ein Herumirren im Dunkeln, einigen merkwürdigen, gelehrten Herren vorbehalten. Erst als Dalton (1766-1844) wieder die Atomtheorie formulierte und durchsetzte, als die Chemie entzaubert und zu einer echten Wissenschaft gemacht wurde, war der Aufschwung und Fortschritt möglich, wie wir ihn heute kennen. Ohne Chemie ist unser Leben heute nicht mehr vorstellbar. Schauen Sie sich in dem Zimmer, in dem Sie gerade sitzen, einmal um, und denken Sie sich alles weg, was aus Kunststoffen besteht. Oder denken Sie sich alles in schwarz, weiß und grau, weil es keine Farbe gibt. Denken Sie an Ihre letzten Kopfschmerzen (oder den Kater?), bei dem Sie eine Tablette genommen haben, und, und, und. Natürlich hat die Chemie auch Schattenseiten. Zu lange wurden schädliche Nebenwirkungen sträflich vernachlässigt. Umweltverschmutzung und Umweltschutz heißen heute die Schlagworte.
In dieser Zeit, für diese Zeit und für Leute, die wissen möchten (oder müssen) über was sie reden, und mit was sie leben, wollen wir zu unserem Streifzug durch die »moderne« Chemie antreten. Und nicht zuletzt auch deshalb, weil der Umweltschutz, und damit die Chemie, bei der Feuerwehr einen immer größeren Raum einnimmt.
2 Was ist Chemie?
Oft ist es für den Laien schwierig zu unterscheiden, ob ein Problem nun zur Chemie oder zur Physik gehört. Doch keine Sorge, auch die Wissenschaftler selbst sind sich nicht immer einig. Der Übergang zwischen den beiden Gebieten ist in vielen Bereichen fließend. Die eine Wissenschaft kann ohne die andere nicht bestehen. Auch die relativ neue Disziplin der »physikalischen Chemie« zeugt von der Unsicherheit einer scharfen Abgrenzung. Recht brauchbar scheinen die beiden folgenden Definitionen zu sein:
- Physik: Lehre von den Zuständen und Zustandsänderungen.
- Chemie: Lehre von den stofflichen Eigenarten und den Stoffänderungen.
Diesen Unterschied wollen wir uns im Folgenden verdeutlichen,wenn wir uns näher mit dem Begriff der »Materie« beschäftigen.
Materie, in der Chemie sagt man Stoff dazu, hat zwei Eigenschaften: Sie besitzt eine Masse und nimmt Raum ein (hat ein Volumen). Materie liegt, wie in Bild 1 gezeigt, entweder als reiner Stoff oder als ein Gemisch von reinen Stoffen vor.
Mischungen bestehen, wie der Name schon sagt, aus mehreren verschiedenen Stoffen und haben eine völlig variable Zusammensetzung. Ist dies sogleich zu erkennen, z. B. bei einer Mischung von Pfeffer und Salz, so nennt man die Mischung heterogen (ungleichmäßig). Ist dies nicht zu erkennen, z.B. bei Kaffee oder einer Lösung von Salz in Wasser, so nennt man das homogen (gleichmäßig).
Solche Mischungen lassen sich durch physikalische Methoden einfach in ihre Bestandteile trennen. Bei Lösungen kann man die Flüssigkeit verdampfen, der gelöste Stoff bleibt zurück. Oder man kann umgekehrt einen Stoff auflösen, der andere bleibt zurück (so z. B. löst sich Salz im Wasser, Pfeffer jedoch nicht). Schmelzen, sieben, filtrieren, abschütten, destillieren, all das sind physikalische Trennmethoden.
Reine Stoffe lassen sich physikalisch nicht weiter trennen. Was man auch tut, man erhält immer wieder den Ausgangsstoff. Nur chemisch (durch Stoffumwandlung) lassen sich Verbindungen bis in die Elemente zerlegen. Als Elemente bezeichnet man Stoffe, die sich auch chemisch nicht weiter zerlegen lassen.
Zwei weitere Beispiele sollen den Unterschied zwischen physikalischen und chemischen Methoden verdeutlichen. Beim Schnapsbrennen (Alkoholdestillation) besteht das Ausgangsprodukt, die Maische, in der Hauptsache aus Wasser und Alkohol, von den festen Bestandteilen (Früchte) und einigen Aromastoffen, die den Geschmack bedingen, einmal abgesehen. Was geschieht nun beim Destillieren? Die Mischung wird erwärmt, der Alkohol verdampft, wird wieder abgekühlt und aufgefangen. Das Wasser bleibt zurück, gewonnen hat man mehr oder weniger hochprozentigen
Alkohol.
Obwohl der Alkohol erhitzt wurde, verdampfte und wieder verflüssigt wurde, ist er während des ganzen Vorganges Alkohol geblieben. Er hat zwar seinen Zustand (flüssig - gasförmig - flüssig) verändert, aber es fand keine Stoffumwandlung statt. Also handelt es sich um einen physikalischen Vorgang.
Durch Erhitzen können aber auch chemische Prozesse ausgelöst werden. Beispiel hierfür ist der von Feuerwehren so oft gefahrene Einsatz »Essen auf Herd«. Was passiert hier? Durch das lange und übermäßige Erhitzen wird die organische Struktur des Essens zerstört. Zurück bleibt als schwarze Masse der Kohlenstoff, die anderen Anteile haben sich in gasförmige Stoffe verwandelt und bedingen zum einen den recht intensiven Geruch, zum anderen die Gefährlichkeit, da einige davon brennbar sind. Hier hat beim Erhitzen eine Stoffumwandlung (chemischer Prozess) stattgefunden. Aus dem schönen, zarten Schnitzel wurde ein harter Brocken Kohle, ein anderer Stoff ist entstanden. Fast alle Eigenschaften, mit denen wir Stoffe beschreiben, sind physikalische Größen. Dazu gehören z. B. Schmelzpunkt, Siedepunkt, Aggregatzustand (fest, flüssig, gasförmig), Farbe, Gewicht, Dichte, Größe (Volumen), Geschwindigkeit. Die physikalischen Größen beschreiben den Zustand eines Stoffes. Ändert sich eine physikalische Größe, hat das Einfluss auf den Zustand des Stoffes. Die Art des Stoffes verändert sich nicht.
Die Chemikalie H2O (Wasser) ist und bleibt chemisch dasselbe, egal ob sie nun fest (als Eis) oder flüssig (als Wasser) vorliegt. Reiner Kohlenstoff kommt als Graphit (schwarz) oder Diamant (farblos) vor. Trotzdem ist es chemisch der gleiche Stoff, auch Diamanten verbrennen sehr gut. Die unterschiedliche Farbe entsteht durch verschiedene Lichtabsorption, ein physikalischer Effekt, verursacht durch eine unterschiedliche räumliche Anordnung der Atome im Festkörper.
Wir wollen uns im Folgenden mit der rechten Hälfte von Bild 1 beschäftigen, nämlich mit den »Reinen Stoffen«. Zunächst mit den Elementen, die ja die Bausteine oder die Grundstoffe für den Chemiker sind, aus denen sich dann die »Verbindungen« darstellen lassen.
3 Allgemeine und Anorganische Chemie
3.1 Atome - Atommodell
Fangen wir ganz klein an. So in der Größenordnung von ca. 10-10m (0,0000000001 m). Das nämlich ist in etwa die Größe der Atome. Noch niemand hat bisher ein solches Atom gesehen, und trotzdem haben wir eine recht gute Vorstellung davon, wie ein solch winziges Ding aufgebaut ist. Wie schon erwähnt, hatten bereits die alten Griechen vermutet, dass es kleinste Teilchen gibt, aus denen sich alle Materie zusammensetzt. Auch das Wort Atom ist von dem griechischen atomos = das Unteilbare abgeleitet. Jedoch erst dem Engländer Dalton gelang es, diese Vorstellung endgültig durchzusetzen. Er stellte Folgendes fest:
- Es gibt kleine, unteilbare Teilchen, die Atome.
- Alle Atome desselben Elementes sind einander gleich, insbesondere besitzen sie dieselbe Masse. Atome verschiedener Elemente
besitzen verschiedene Massen.
- Verbindungen setzen sich aus Atomen zusammen, die sich miteinander in einfachen Verhältnissen verbinden.
In den Jahren nach dieser Feststellung wurden Atome eingehend untersucht, und man kam zu dem Schluss, dass Daltons Theorie noch Lücken hatte. Zum Beispiel lässt sich, die Unteilbarkeit der Atome vorausgesetzt, die Radioaktivität nicht erklären.
© 2010 W. Kohlhammer, Stuttgart
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Autoren-Porträt von Frank Habermaier
Leitender Branddirektor Dipl.-Chem. Frank Habermaier ist Leiter der Berufsfeuerwehr Augsburg.
Bibliographische Angaben
- Autor: Frank Habermaier
- 2010, 3. Aufl., 209 Seiten, 65 Abbildungen, Masse: 10,6 x 14,7 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Kohlhammer
- ISBN-10: 3170209906
- ISBN-13: 9783170209909
- Erscheinungsdatum: 02.06.2010
Rezension zu „Chemie “
"Von den Atommodellen über die Bindungen, die Säuren und Basen, die Reaktionsgeschwindigkeiten und die Elemente im Periodensystem der Allgemeinen und Anorganischen Chemie bis zur Formelsprache und den Stoffgruppen der Organischen Chemie dem Feuerwehrangehörigen mit diesem Roten Heft ohne notwendigen Besitz von Vorkenntnissen nähergebracht. Der direkte Feuerwehrbezug an vielen Stellen lockert den Inhalt auf und macht ihn noch verständlicher. Zum Aufstellen von chemischen Reaktionsgleichungen werden einfache Übungen mit Lösungen angeboten." FLORIAN HESSEN Ausg. 8/9-2010
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