Die Legende von Camelot
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DieLegende von Camelot von Wolfgang und Heike Hohlbein
LESEPROBE
Gralszauber
Das Ungeheuer warschnell. Trotz seiner enormen Grösse bewegte es sich so leichtfüssig wie einWiesel und seinen schwarzen, tückisch funkelnden Augen entging nicht diekleinste Bewegung seines Opfers. Seine Zähne blitzten wie gebogene,rasiermesserscharfe Dolche und seine furchtbaren Krallen gruben sich tief inden weichen Waldboden, während es sich zum Sprung spannte.
Dulacs Herz klopfte. Erstand vollkommen reglos da, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, ja selbstohne zu atmen, und seine rechte Hand umklammerte das Schwert so fest, dassseine Knöchel wie kleine weisse Narben durch die Haut stachen. Jeder einzelneMuskel in seinem Körper war angespannt. Er beobachtete das Ungeheuer auf deranderen Seite der Lichtung mit der gleichen Konzentration, mit der die Bestieihn musterte.
Er konnte nicht sagen,wie lange sie jetzt schon so dastanden und sich gegenseitig belauerten.Vermutlich erst wenige Momente, aber ihm kamen sie vor wie Stunden. Und soendlos diese an den Nerven zerrende Wartezeit schien, so schnell würde derKampf vorüber sein. Dulac wusste es. Ein einziger Blick in die Augen desschwarzen Ungeheuers hatte ihm klargemacht, dass er es hier mit keinemgewöhnlichen Raubtier zu tun hatte.
Es war der grösste Wolf,den Dulac jemals gesehen hatte und er hatte eine Menge dieser gefährlichenRäuber erlegt! Das Tier musste fast so viel wiegen wie ein Mensch und seineKiefer sahen aus, als könnten sie Dulacs Arm ohne besondere Mühe einfachabbeissen, trotz der schweren eisernen Rüstung, in der er steckte. Und er hattegesehen, wie unglaublich schnell sich dieses Monster zu bewegen imstande war.Dulac machte sich nichts vor: Dass er den ersten Angriff des Wolfes überlebthatte, war pures Glück gewesen. Ausserdem hatte das Tier ihn unterschätzt.Vermutlich hatte es ihn für einen der wehrlosen Bauern gehalten, von denen esin den
Noch einmal würde esdiesen Fehler nicht begehen.
Während Dulac und derWolf sich langsam zu umkreisen begannen, wurde ihm mit schrecklicher Gewissheitklar, dass dieser Wolf alles war, nur eines nicht: ein normaler Wolf. Wenn erzurück auf Camelot und an König Artus' Tafel war, würde er eine interessanteGeschichte zu erzählen haben.
Wenn er zurückkam.
Ganz sicher war Dulacnicht. Als Ritter der Tafel war Dulac daran gewöhnt, gegen gefährliche undmanchmal sogar überlegene Gegner zu kämpfen - aber dieses Tier war verhext.Vielleicht war es sogar ein Dämon, der nur in die Gestalt eines Wolfesgeschlüpft war, um unter den Menschen zu wüten. Wenn das Ungeheuer angriff,dann würde es schnell geschehen und mit aller Kraft. Der Kampf würde mit demersten Zusammenprall entschieden sein.
Als hätte er seineGedanken gelesen, liess der Wolf ein leises, dunkles Grollen hören und begannsich langsam auf ihn zu zu bewegen. Seine Lefzen zogen sich zurück undentblössten sein Gebiss, bei dessen Anblick Dulac wieder ein Schauer der Furchtüber den Rücken lief. Das böse Funkeln in den Augen des Tieres wurde stärker.
»Nun komm schon, duUngeheuer!«, sagte Dulac. »Ich habe keine Angst vor dir. Du magst vom Teufelbesessen sein, aber ich gehöre zu den Rittern der Tafel. Wir fürchten uns nichtvor Dämonen!«
Das schien den Wolfnicht besonders zu beeindrucken. Er knurrte nur noch tiefer und kam mitkleinen, vorsichtigen Schritten näher; vermutlich, um die richtige Entfernungzu gewinnen, von der aus er ihn mit einem einzigen Sprung erreichen konnte.Dulac drehte das Schwert ein wenig in der Hand und spannte die Muskeln, um zumZuschlagen bereit zu sein. Der Wolf würde im nächsten Augenblick angreifen. Erwürde -
»Dulac!«
Die Stimme schnittscharf wie ein Peitschenhieb in Dulacs Gedanken, noch weit entfernt, aberschrill und hörbar wütend.
»Dulac, du nichtsnutziger,fauler Tagedieb! Wo treibst du dich wieder herum? Spielst mit dem Hund undstiehlst Gott den Tag?«
Dulac blinzelte. Dasdunkle Grün des ihn umgebenden Waldes verschwand und machte der schäbigenBretterwand einer Scheune Platz, durch deren Ritzen der Wind pfiff und derenBoden mit halb verfaultem Stroh bedeckt war. Aus dem Schwert in seiner Handwurde ein abgebrochener Ast und auch der Wolf schrumpfte auf einen Bruchteilseiner ursprünglichen Grösse zusammen und sah mit einem Male eher aus wie einstruppiger kleiner Terrier, der Dulac gerade einmal bis zum Knie reichte undschwanzwedelnd zu ihm hochsah.
Elbenschwert
Es war der Anblick derWelt und des Lebens, die er beide verloren hatte, was ihn so über die Massenschmerzte. Seit der Katastrophe, die Camelot getroffen hatte, war wenig mehrals eine Woche vergangen und doch waren kaum noch Spuren der entsetzlichenZerstörung zu erkennen, die das Erdbeben hinterlassen hatte. Die Stadtschimmerte wie ein riesiges Juwel im Licht der Morgensonne. Hunderte, wennnicht Tausende bunter Fahnen und Wimpel flatterten über Hausdächern und Mauern,auf Türmen und Erkern und über Toren und Fenstern. In vielerlei Farbengekleidete Gestalten bewegten sich in den Strassen oder strömten durch die weitoffen stehenden Tore der Stadt. Und obwohl Lancelot viel zu weit entfernt war,um auch nur den geringsten Laut hören zu können, glaubte er doch das Lachen derMenschen und die ausgelassene Musik zu vernehmen, die in den Strassen Camelotswiderhallten. Es war Samstag, noch ein Tag, bis die Hochzeit stattfinden würde,doch die Feierlichkeiten, die Artus anberaumt hatte, waren bereits in vollemGange.
Lancelot hatte dasEinhorn im Wald zurückgelassen und stand gut versteckt im dichten Unterholz amWaldrand an einer Stelle, an der sich kein verirrter Lichtstrahl auf demsilberfarbenen Metall der Rüstung brechen und ihn womöglich verraten konnte. Eswar nicht nur Camelot, das er beobachtete. Seine Aufmerksamkeit galt jetzt derkleinen Karawane, die sich über den Weg bewegte, der sich zwischen denbewaldeten Hügeln westlich der Stadt dahinschlängelte. Sie bestand aus dreiWagen, von denen der mittlere mit silbernen Verzierungen beschlagen war und dervon vier weissen Pferden gezogen wurde (auffälliger geht es wohl kaum, dachteder Krieger in ihm ärgerlich), während die beiden anderen schwere Packwagenwaren, die das Gepäck und die für den langen Weg von York aus hier benötigteMenge an Vorräten und Wasser beförderten. Zwei gleich grosse Trupps von jeweilssechs Reitern bildeten Vor- und Nachhut der Karawane und rechts und links desprächtigen Wagens ritten zwei gepanzerte Gestalten, an deren aufgestelltenLanzen die Wimpel Camelots flatterten. Lancelot konnte die beiden Männer überdie grosse Entfernung nicht erkennen, aber es waren eindeutig Tafelritter.
Ausserdem waren siepraktisch schon tot.
Die Falle war perfektgeplant und perfekt aufgestellt. Selbst Lancelot hatte von seiner erhöhtenPosition aus alle Mühe, die in fleckiges Grün und Braun gekleideten Gestaltenauszumachen, die sich beiderseits des Weges auf die Lauer gelegt hatten.Trotzdem konnte er auch einen zweiten Trupp piktischer Reiter erkennen. Nocheinmal ein halbes Dutzend folgte dem Wagenzug im Abstand von vielleicht einerMeile und weitere Krieger ritten der Karawane voraus, um rechtzeitig Alarm zuschlagen, sollte Artus dem Bischof vielleicht noch mehr Männerentgegenschicken.
Lancelot war ziemlichsicher, dass es nicht geschehen würde. Artus war alles andere als leichtsinnig,aber während der vergangenen Tage hatte er Dutzende von Patrouillen ausgesandt,die die Wälder rings um Camelot durchkämmt und nach Barbarenkriegern Ausschaugehalten hatten, die vielleicht ihren gefangenen Anführer zu befreienversuchten. Aber seit zwei Tagen waren keine Pikten mehr in den Wäldern naheder Stadt aufgetaucht. Möglicherweise beklagten sie hohe Verluste, vielleichtlag es auch daran, dass Mordred in Camelots Verlies sass und für den Mann, dersie jetzt führte, seine Krieger mehr waren als blosses Fleisch.
Lancelot überlegteangestrengt, was er tun sollte. Er hatte geplant, erst am nächsten Morgen nachCamelot zu gehen, um das Versprechen einzulösen, das er Artus gegeben hatte,nämlich Gwinneth' Brautführer zu sein. Aber er konnte unmöglich hier stehenbleiben und zusehen, wie die Männer in einen Hinterhalt liefen, den keiner vonihnen überleben würde. Einen Moment lang blickte er nach Westen und versuchtedie Zeit abzuschätzen, die die Verfolger noch brauchen würden, um den Wagenzugeinzuholen, dann drehte er sich rasch herum und trat wieder in den Wald hinein.
Er musste nicht nachdem Einhorn rufen. Das Tier schien aus dem Nichts aufgetaucht zu sein undLancelot schwang sich in den Sattel und ritt los.
Während er sich seinenWeg durch das dichte Unterholz bahnte, zerbrach er sich den Kopf über den Sinndieses Hinterhalts. Der Mann, der in dem prächtigen Wagen sass, war eine sehrwichtige Persönlichkeit - immerhin der Bischof von York, einem der mächtigstenKönigreiche im Lande, das zwar nicht mit Camelot verbündet war, aber zumindestbefreundet, was im Zweifelsfall vielleicht mehr bedeutete. Aber ihn zu tötenoder auch nur zu entführen brachte den Pikten keinerlei Nutzen, ganz imGegenteil: Es würde die einzelnen Königreiche noch mehr erzürnen und gegen dengemeinsamen Feind aus dem Norden zusammenschweissen. Was also planten diePikten?
Runenschild
Verluste, vielleichtlag es auch daran, dass Mordred in Camelots Verlies sass und für den Mann, dersie jetzt führte, seine Krieger mehr waren als blosses Fleisch.
Lancelot überlegteangestrengt, was er tun sollte. Er hatte geplant, erst am nächsten Morgen nachCamelot zu gehen, um das Versprechen einzulösen, das er Artus gegeben hatte,nämlich Gwinneth' Brautführer zu sein. Aber er konnte unmöglich hier stehenbleiben und zusehen, wie die Männer in einen Hinterhalt liefen, den keiner vonihnen überleben würde. Einen Moment lang blickte er nach Westen und versuchtedie Zeit abzuschätzen, die die Verfolger noch brauchen würden, um den Wagenzugeinzuholen, dann drehte er sich rasch herum und trat wieder in den Wald hinein.
Er musste nicht nachdem Einhorn rufen. Das Tier schien aus dem Nichts aufgetaucht zu sein undLancelot schwang sich in den Sattel und ritt los.
Während er sich seinenWeg durch das dichte Unterholz bahnte, zerbrach er sich den Kopf über den Sinndieses Hinterhalts. Der Mann, der in dem prächtigen Wagen sass, war eine sehrwichtige Persönlichkeit - immerhin der Bischof von York, einem der mächtigstenKönigreiche im Lande, das zwar nicht mit Camelot verbündet war, aber zumindestbefreundet, was im Zweifelsfall vielleicht mehr bedeutete. Aber ihn zu tötenoder auch nur zu entführen brachte den Pikten keinerlei Nutzen, ganz imGegenteil: Es würde die einzelnen Königreiche noch mehr erzürnen und gegen dengemeinsamen Feind aus dem Norden zusammenschweissen. Was also planten diePikten? Bartholomäus richtete sich stöhnend im Sattel auf. Einer von Lancelotsletzten Hieben hatte ihm den Helm vom Schädel gerissen. Sein Gesicht glänztevor Schweiss und war schmerzverzerrt. Sein Handgelenk musste gebrochen sein undder Schmerz schien selbst für einen so kampferprobten Ritter wie ihn fast mehrzu sein, als er ertragen konnte. Dennoch las Lancelot ganz deutlich in seinenAugen, dass er nicht aufgeben würde, obwohl er wissen musste, was dasbedeutete.
Mit zusammengebissenenZähnen legte Bartholomiius den gebrochenen, nutzlosen rechten Arm vor sich inden Sattel, schüttelte den Schild von seinem anderen Arm und tasteteungeschickt und fahrig mit der nun frei gewordenen Hand nach dem dreikugeligenMorgenstern, der an seinem Sattel hing. Selbst über dieses Handgelenk liefBlut, wenn auch nicht annähernd so viel wie über das andere. Lancelot hatte ihnmindestens ein Dutzend Mal getroffen, und obwohl er mit einem ganz normalenSchwert kämpfte statt mit der magischen Runenklinge, hatte mehr als ein Hiebdie Rüstung seines Gegners durchschlagen und ihm tiefe Wunden zugefügt. Erwusste nicht, welches Gefühl stärker in ihm war: Die Achtung, die er der Kraftund dem Mut des Tafelritters zollte, oder das kalte Entsetzen bei dem Gedanken,dass er ihn aller Wahrscheinlichkeit nach töten musste.
»Ich beschwöre Euch,gebt auf, Sir«, sagte er eindringlich. »Ihr wisst, dass Ihr mich nicht besiegenkönnt. Zwingt mich nicht, Euch auch noch zu erschlagen!«
Bartholomäus war nichtallein gekommen, sondern in Begleitung zweier Knappen und zweier weitererLancelot unbekannter junger Ritter, die sich wohl wie viele andere erst inletzter Zeit König Artus angeschlossen hatten. Der Mut dieser jungen Heissspornewar grösser als ihr Geschick im Umgang mit dem Schwert und erst recht grösser alsihr Verstand. Die Knappen hatten sofort die Flucht ergriffen, als sie denlegendären Lancelot auf seinem riesigen gepanzerten Reittier erblickten obwohlsie dieses nur als prächtiges Schlachtross, nicht aber als Einhorn erkennenkonnten -, die beiden Ritter und Sir Bartholomäus waren dagegen dumm genuggewesen, sich auf einen Kampf einzulassen.
Die zwei jungen Narrenlagen jetzt in ihrem Blut da. Bartholomäus hatte ihnen die undankbare Aufgabeübertragen, Lancelot als Erste anzugreifen, um ihn zu ermüden, auch wenn ervermutlich ganz genau gewusst hatte, dass sie mit ihrem Leben dafür bezahlenwürden; ein Verhalten, das vielleicht nicht unbedingt ritterlich, unter Artus'altgedienten Recken aber nichtsdestotrotz gang und gäbe war. Wenn es um ihrenVorteil ging, dann nahmen es die Mitglieder der zusammengeschmolzenenTafelrunde mit den alten Rittertugenden nicht allzu genau.
»Ich kann nichtaufgeben, und das wisst Ihr auch genau, Lancelot«, antwortete Bartholomäusgepresst. In den Schweiss auf seinem stoppelbärtigen, ausgezehrt wirkendenGesicht mengte sich jetzt Blut, das aus seinem Haaransatz sickerte. Sein Blickflackerte. Er hatte den Morgenstern vom Sattel gelöst, aber er hatte nicht mehrdie Kraft, ihn zu schwingen. Die stachelbewehrten Eisenkugeln hingen reglosnach unten und wirkten nun nicht mehr bedrohlich, sondern unterstrichen ehernoch die Schwäche des Mannes.
»Ich habe Artusgeschworen, Euch und Lady Gwinneth zurückzubringen.« (...)
© VerlagCarl Ueberreuter
- Autor: Wolfgang Hohlbein
- Altersempfehlung: Ab 12 Jahre
- 2005, Masse: 12,6 x 20,2 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Ueberreuter
- ISBN-10: 3800051664
- ISBN-13: 9783800051663
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