Die Herrschaft der Zahlen
Zur Kalkulation des Sozialen in der kapitalistischen Moderne. Habilitationsschrift
Frankfurter Beiträge zur Soziologie und Sozialphilosophie
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Produktinformationen zu „Die Herrschaft der Zahlen “
Frankfurter Beiträge zur Soziologie und Sozialphilosophie
Klappentext zu „Die Herrschaft der Zahlen “
Werner Sombart und Max Weber stellten den inneren Zusammenhang zwischen ökonomischem Zahlengebrauch und der Entstehung des Kapitalismus in den Mittelpunkt ihrer gesellschaftstheoretischen Überlegungen. Uwe Vormbusch untersucht vor diesem Hintergrund das Eindringen kalkulativer Messung und Bewertung in neue, bislang als subjektiv und strukturell unkalkulierbar geltende Gesellschaftsbereiche. Am Beispiel der Personalplanung und -beurteilung grosser Unternehmen zeigt er, wie sich die Kalkulation verändert, um sich immaterielle Werte wie das Wissen und die Kompetenzen von Beschäftigten zu erschliessen. An die Stelle der "Buchhaltung der Dinge" tritt so eine neuartige "Soziokalkulation". Sie bildet die Grundlage der subjektivierenden Steuerung im Wissenskapitalismus.
Lese-Probe zu „Die Herrschaft der Zahlen “
EinleitungTheorien der Moderne scheinen ebenso wie Theorien des Kapitalismus ohne einen adäquaten Begriff der Kalkulation auszukommen. Das ist zunächst erstaunlich, weil zentrale kapitalistische und moderne Institutionen wie Markt, Staat und Organisation ohne kalkulative Praktiken nicht vorstellbar sind (vgl. Hopwood und Miller 1994; Porter 1995; Power 1997; Desrosières 2005). Noch erstaunlicher wird dies vor dem Hintergrund der soziologischen Theoriegeschichte, insofern bereits Karl Marx, Werner Sombart und Max Weber ökonomischen Zahlengebrauch in Form der doppelten Buchführung beziehungsweise der rationalen Kapitalrechnung für ein konstitutives Merkmal des modernen Kapitalismus hielten. Die Entwicklung einer Soziologie der Kalkulation sieht sich jedoch der Schwierigkeit einer langen Unterbrechung in der theoretischen Auseinandersetzung mit kalkulativen Praktiken in Wirtschaft und Gesellschaft gegenüber. Scheinbar, so Miller (2005: 30), sind die Soziologen »von einem Terrain verbannt worden, das von offenbar komplexen quantitativen Techniken besiedelt wird, die sie bereitwillig als gesellschaftlich beziehungsweise gesellschaftspolitisch neutrale Methoden bar jeden soziologischen Interesses akzeptierten«. Und so lassen sich heute nicht mehr als »rudimentäre Ansätze einer Soziologie kalkulativer Praktiken« (ebd.: 31) erkennen.
In der neuen Wirtschaftssoziologie (Smelser und Swedberg 1994; Maurer 2008; Beckert und Deutschmann 2009), welche sich vordringlich mit dem Handeln ökonomischer Akteure, der Konstitution von Märkten und ihrer gesellschaftlichen Einbettung beschäftigt, fehlt es bislang an einer kritischen Diskussion kalkulativer Praktiken als eines konstitutiven Aspekts der Hervorbringung von Unternehmen und Märkten. Die Soziologie hat sich im Rahmen der Kapitalismusanalyse zwar immer schon und vor dem Hintergrund der aktuellen, finanzmarktinduzierten Krise sehr intensiv mit der Institution und der historisch-konkreten Ordnung von Märkten
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auseinandergesetzt. Gleichwohl beginnt sich in Deutschland eine in ihrer Begrifflichkeit und ihren theoretischen Bezügen eigenständige Soziologie der Kalkulation gerade erst zu entfalten. Mit Ausnahme der breit angelegten Untersuchungen Vollmers (2003a und 2003b) liegt der Schwerpunkt der einschlägigen Arbeiten in der Finanzsoziologie sowie der Mathematiksoziologie (Heintz 1993, 2000a und 2000b). Einige der speziell für die Industrie- und Wirtschaftssoziologie grundlegenden Analysedimensionen: die Entwicklung der Arbeit, Fragen von Kontrolle und Herrschaft, des Zusammenhangs von Organisation, Rationalisierung und Lebensführung, wurden bislang noch kaum aus der Perspektive des organisierten Zahlengebrauchs thematisiert. An dieser Lücke setzt das vorliegende Buch an. Es fragt danach, was praktisch gewonnen und theoretisch noch zu gewinnen ist, wenn die Schnittstelle der organisatorischen und individuellen Planung von Erwerbsbiografien mit Hilfe kalkulativer Praktiken strukturiert und beobachtet wird. Kalkulation wird hier also zunächst empirisch als eine Form der Organisation unsicherer Arbeitszukünfte untersucht. Sie dient nicht allein - wie in grossen Teilen der unternehmerischen Rechnungslegung - der Darstellung und Legitimation vergangener Entscheidungen, sondern vor allem der Erzeugung stabiler Erwartungserwartungen unter Bedingungen ökonomischer und gesellschaftlicher Flexibilisierung. Im untersuchten Feld der Personalentwicklung wird den Erwartungen und Ansprüchen der Akteure in Hinblick auf unsichere Erwerbszukünfte mittels »soziokalkulativer« Praktiken eine Form gegeben. Durch diese Parallelisierung der Zukunftserwartungen der Akteure wird ein gemeinsames Handeln auf die Zukunft sicher nicht festgeschrieben - aber es wird wechselseitig beobachtbar, wahrscheinlicher und also »berechenbarer«.
Dass in dieser Arbeit die »Kalkulation des Sozialen« im Mittelpunkt steht, ist auf die fundamentale Verschiebung der Wertbasis des gegenwärtigen Kapitalismus zurückzuführen. Mit
Dass in dieser Arbeit die »Kalkulation des Sozialen« im Mittelpunkt steht, ist auf die fundamentale Verschiebung der Wertbasis des gegenwärtigen Kapitalismus zurückzuführen. Mit
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Inhaltsverzeichnis zu „Die Herrschaft der Zahlen “
InhaltVorwort 9Einleitung 17Soziokalkulation als historisch spezifische Form des Schreibens von Wert 23Zur Kulturbedeutung des gesellschaftlichen Zahlengebrauchs 31Eine neue Kalkulationsweise 371 Koevolution von Kalkulation und Kapitalismus 411.1 Werner Sombart: Buchführung und Kapitalismus als soziogenetische Einheit 461.1.1 Der umstrittene »erste Starsoziologe« 491.2 Das kapitalistische Wirtschaftssystem 511.2.1 »A Ghost in the Machine«: Die Bedeutung des Geistes im Wirtschaftsleben 601.2.2 Weber und Sombart: Konkurrenz um das Copyright des kapitalistischen Geistes 651.2.3 Geist und System: Talcott Parsons' Kritik an der zentralen Modellstellung des Wirtschaftsgeistes bei Sombart 691.3 Die doppelte Buchführung und die Formierung der frühkapitalistischen Unternehmung 731.3.1 Die kapitalistische Unternehmung als Einheit der Differenz von Soll und Haben 761.3.2 Die Kulturbedeutung der Buchführung: Entgrenzung und Temperierung des Erwerbsmotivs 801.3.3 Sombarts erkenntnisleitendes Motiv: Kohärenz statt Konflikt 821.3.4 Exkurs: Die Diskussion der Sombart-These in Wirtschaftsgeschichte, angewandter Wirtschaftstheorie und kritischer Accounting-Forschung 871.4 Max Weber 921.4.1 Der Stellenwert der rationalen Buchführung für die Vergesellschaftung des Handels 981.5 A Tale of Two Calculations 1042 Soziokalkulation im Human Resource Management 1172.1 Human Resource Management 1342.1.1 Konzeptionelle und historische Hintergründe des Human Resource Managements 1422.1.2 Angloamerikanische Ursprünge des Human Resource Managements 1482.2 Die Subjektivierung von Arbeit 1512.2.1 Foucaults Konzept der Subjektivierung: Produktive Macht und negative Produktivität 1572.3 Soziokalkulation: Personalbewertung und -entwicklung bei hochqualifizierten Beschäftigten 1662.3.1 Das Geschäftsmodell: »Body Leasing« 1672.3.2 Der Führungsrahmen als Massstab für Personalbeurteilung und -entwicklung 1762.3.3 Karriereplanung, Kompetenzentwicklung und Selbstmanagement im Kontext des »Systematischen
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Entwicklungsprozesses« 1802.3.4 Soziokalkulative Praktiken in Personalbewertung und -entwicklung 1922.4 Interpretation 2062.4.1 Soziokalkulation und Portfoliotheorie: Zur Ökonomisierung des Sozialen 2123 Soziokalkulation 2193.1 Soziokalkulation als subjektivierende Entfaltung des unternehmerischen Arbeitshandelns2333.2 Die Kalkulation der Zukunft2383.3 Die Stärke schwacher Zahlen und die Ausdehnung des Kalkulativen 2403.4 Die Schrift der Gesellschaft und die Rhetorik der Kalkulation 241Literatur 247
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Autoren-Porträt von Uwe Vormbusch
Uwe Vormbusch ist Professor für Soziologische Gegenwartsdiagnosen am Institut für Soziologie der FernUniversität Hagen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Uwe Vormbusch
- 2012, 272 Seiten, 8 Schwarz-Weiss-Abbildungen, mit Abbildungen, Masse: 14,1 x 21,3 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593393123
- ISBN-13: 9783593393124
- Erscheinungsdatum: 28.11.2012
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