Die Grenze / Shadowmarch Bd.1
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Neue Trilogie vom ''Tolkien des 21. Jahrhunderts''
Die Zeit
Südmark wird bedroht.
In der Nebelwelt der Zwielichtzone im Norden wie auch im Reich des machtbesessenen Autarchen im Süden sammeln sich Heere. Und ihr Ziel ist die Südmarksfeste, wo die jungen königlichen Zwillinge, da ihr Vater weit entfernt in Gefangenschaft schmachtet, die Regierungsgeschäfte übernehmen müssen; wo Ferras Vansen, Hauptmann der Königlichen Garde, sich in einer Leidenschaft verzehrt, von der jene, die er zu beschützen hat, nichts ahnen; wo Chaven, der über geheimes Wissen aus den Alten Tagen verfügt, einen magischen Spiegel hütet; und wo der Funderling Chert ein Kind findet - ein Kind, dessen Schicksal ihn ins tiefste Herz des Schattenreiches führen soll ...
LESEPROBE Vorspiel
Komm, Träumer, komm fort. Bald wirst du Zeuge von Dingen werden,die nur Schläfer und Zauberkundige sehen. Besteige den Wind und lass dich vonihm tragen - ja, er ist ein schnelles und furchterregendes Ross, aber vor dirliegen Meilen und Abermeilen, und die Nacht ist kurz.
Höher als ein Vogel fliegst du dahin, über die dürren Landedes südlichen Kontinents Xand, über den gewaltigen Tempelpalast des Autarchen,der sich Meile um Meile die steinernen Kanäle des grossen Xis entlang zieht. Duhältst nicht inne - nicht sterblichen Königen gilt heute dein Interesse, nichteinmal dem mächtigsten von allen. Du fliegst vielmehr über den Ozean zumnördlichen Kontinent Eion, über das zeitlose Hierosol, einst Zentrum der Welt,jetzt aber Spielzeug von Räubern und Kriegsherren, doch auch hier säumst dunicht. Du willst weiter, saust über Fürstentümer hinweg, die bereits den Legionendes Autarchen tributpflichtig sind, und über andere, die es noch nicht sind,aber bald sein werden.
Jenseits der himmelhohen Berge, die den Südteil Eions vomRest abgrenzen, jenseits der weglosen Wälder nördlich der Berge, erreichst dudie grünen Lande der Freien Königreiche und schwingst dich tief über Felder undFluren, über das blühende Herzland des mächtigen Syan (das einst noch vielmächtiger war), über weite Äcker und vielbereiste Strassen, über denbröckelnden Stein alter Adelssitze und weiter bis in die Marken, die an dasgraue Land jenseits der Schattengrenze stossen und die nördlichsten noch vonMenschen bewohnten Gefilde sind.
An der Schwelle zu jenen verlorenen, nicht zur Menschenweltgehörigen Regionen des Nordens, im Königreich Südmark, steht hoch über einerweiten Bucht eine alte Burg, eine Feste, ringsum geschützt von Wasser, so würdevollund schweigend wie eine Königin, die ihren königlichen Gemahl überlebt hat. Sieist von prächtigen Türmen gekrönt,
Du suchst den Spiegelbildzwilling dieser Burg, weit drobenim Norden, die mächtige Festung der unsterblichen Qar.
Und jetzt, so plötzlich, als trätest du über eine Schwelle,bist du in deren Zwielichtland. Und obgleich die Feste Südmark, nur einen kurzenRitt hinter dir, jenseits der Schattengrenze, noch von heller Nachmittagssonnebeschienen ist, liegt diesseits des nebligen Grenzwalls alles in ewigerAbendstille. Die Wiesen sind hoch und dunkel, das Gras glänzt von Tau. Tiefüber den Hals des Windes gebeugt, bemerkst du, dass die Strassen unter dir sobleich wie Aalfleisch schimmern und ein kompliziertes Muster zu bildenscheinen, als ob ein Gott sein geheimes Tagebuch in den nebelverhangenenErdboden geschrieben hätte. Du fliegst hoch über sturmwolkenverhüllte Berge hinwegund über Wälder, so weit wie Königreiche. Im Dunkel unter den Bäumen glühenAugen, und Stimmen wispern durch leere Schluchten.
Und jetzt endlich erblickst du dein Ziel, hoch und rein undstolz am Ufer eines dunklen Binnenmeers. Wenn die Südmarksfeste schon etwasAnderweltliches hatte, scheint an dieser Festung kaum etwas von deiner Welt:eine Million Millionen Steine sind hier aufeinandergetürmt, Onyx auf Jaspis,Obsidian auf Schiefer, und obgleich diesen Türmen eine raffinierte Symmetrieinnewohnt, ist es doch eine Art von Symmetrie, die Sterblichen auf den Magenschlägt.
Du landest jetzt, steigst endlich vom Wind, um durch dielabyrinthischen, oft engen Gänge zu eilen, wobei du dich aber an die breitestenund bestbeleuchteten hältst: Es ist nicht gut, unvorsichtig durch Qul-na-Qar zuwandern, dieses älteste aller Bauwerke (dessen Steine, wie es heisst, vor sovielen Ewigkeiten gebrochen wurden, dass die junge Erde noch warm war), undausserdem hast du nicht viel Zeit.
Das Schattenvolk der Qar hat ein altes Sprichwort, das da,grob übersetzt, lautet: »Selbst das Buch der Trauer beginnt mit einem Wort.« Dasheisst, dass auch die wichtigsten Dinge einen simplen Anfang haben, wenn man ihnmanchmal auch erst viel, viel später benennen kann - einen erstenSchwertstreich, ein Saatkorn, ein nahezu lautloses Luftholen, ehe ein Liedertönt. Deshalb hast du es jetzt so eilig: Die Abfolge von Geschehnissen, dieschliesslich nicht nur Südmark, sondern die gesamte Welt bis in die Grundfestenerschüttern wird, beginnt hier und jetzt, und du wirst Zeuge sein.
In den Tiefen von Qul-na-Qar liegt eine Halle. Natürlichgibt es in Qul-na-Qar viele Hallen, so viele wie Zweige an einem alten, abgestorbenenBaum - ja, selbst in einem ganzen Garten solcher Bäume -, aber selbst jene, dieQul-na-Qar nur während des unruhigen Schlafs einer schlimmen Nacht geschauthaben, wüssten, welche Halle es ist. Sie ist dein Ziel. Komm weiter. Die Zeitwird knapp.
Die Halle ist so gross, dass es eine Stunde dauern würde, siezu durchmessen, oder jedenfalls wirkt es so. Erhellt ist sie von zahllosenFackeln, aber auch von anderen, ungewöhnlicheren Lichtern, die wie Glühwürmchenunter dem dunklen, zum Abbild von Stechpalmenund Schwarzdornästen geschnitztenGebälk glimmen. An beiden Längswänden reihen sich Spiegel, jedes Oval so dickmit Staub bedeckt, dass man kaum damit rechnen würde, darin auch nur den schwächstenWiderschein der Funkellichter und Fackeln zu erblicken, aber noch erstaunlicherist, dass in dem trüben Glas auch andere, dunklere Formen erkennbar sind. DieseSchemen sind auch dann da, wenn die Halle leer ist.
Jetzt ist die Halle nicht leer, sondern voller Wesen,schöner und schauriger. Wenn du in diesem Moment über die Schattengrenze zurückversetztwürdest, auf einen der grossen Märkte der südlichen Hafenstädte, und dortMenschen aus der ganzen, weiten Welt in all ihren unterschiedlichen Gestalten,Grössen und Farben an einem Ort sähst, würdest du doch über ihre Einförmigkeitstaunen, nachdem du die Qar in ihrer hohen, dunklen Halle versammelt gesehenhast. Manche sind so überwältigend schön wie junge Götter, so gross und wohlgestaltetwie die majestätischsten Königinnen und Könige der Menschen. Andere sind soklein wie Mäuse. Wieder andere sind Wesen aus den Albträumen Sterblicher,klauenfingrig, schlangenäugig, bedeckt mit Federn, Schuppen oder öligem Pelz.Sie füllen die Halle vom einen Ende zum anderen, gestaffelt nach komplizierten,uralten Rangordnungen, tausend verschiedene Gestalten, geeint nur durch dieheftige Abneigung gegen die Menschen und, in diesem Moment, durch tiefesSchweigen.
Am Kopfende des langen, spiegelgesäumten Raums sitzen zwei Gestaltenauf hohen Steinthronen. Beide sind von menschenähnlichem Aussehen, aber miteinem so übernatürlichen Einschlag, dass nicht einmal ein betrunkener Blindersie tatsächlich für Menschen halten könnte. Beide sitzen ganz still, aber bei dereinen fällt es schwer zu glauben, dass sie keine Statue aus hellem Marmor ist,so steinern wie der Stuhl, auf dem sie sitzt. Ihre Augen sind offen, aber soleer wie gemalte Puppenaugen, als ob die Seele aus dem anscheinend jungen, weissgewandetenKörper entflohen und so weit davongeflogen wäre, dass sie nicht mehrzurückfindet. Die Hände liegen in ihrem Schoss wie tote Vögel. Sie hat sich seitJahren nicht mehr bewegt. Nur das kaum merkliche Heben und Senken der Brust inquälend langen Abständen verrät, dass sie atmet.
Ihr Gefährte ist zwei Handbreit grösser als eindurchschnittlicher Sterblicher, aber das ist auch schon das Menschenhafteste anihm. Das blasse Gesicht, das einst überwältigend schön war, ist über die Jahrhunderteso hart und scharf geworden wie ein windgeschliffener Felsgrat. Er ist immernoch von einer schrecklichen Schönheit, so gefährlich anziehend wie die Gewalteines Sturms, der übers Meer braust. Seine Augen, da bist du dir sicher, wärenso klar und tief wie der Nachthimmel, unendlich kühl und weise, aber sieverbergen sich unter einem Tuch, das am Hinterkopf geknotet und von seinem langen,mondsilbernen Haar verhangen ist.
Es ist Ynnir, der blinde König, aber die Blindheit ist nichtnur auf seiner Seite. Nur wenige Sterbliche haben ihn geschaut, und kein lebenderMensch, ob Mann oder Frau, hat ihn je ausserhalb von Träumen erblickt.
© Klett Cotta
Übersetzung: Cornelia Holfelder-von der Tann
- Autor: Tad Williams
- 2005, 4. Aufl., 812 Seiten, 2 Abbildungen, Masse: 14,5 x 21,9 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Cornelia Holfelder-von der Tann
- Verlag: Klett-Cotta
- ISBN-10: 360893717X
- ISBN-13: 9783608937176
- Erscheinungsdatum: 20.07.2005
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