Die Frau im Fahrstuhl
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"Ein würdiges weibliches Gegenstück zu den Kurt-Wallander-Romanen von Henning Mankell." -- Lexikon der Kriminalliteratur
"Beim Lesen kommt einem unweigerlich P.D. James in den Sinn. Gut möglich, dass Helene Tursten die grosse Krimiautorin, ist, auf die wir in Schweden lange gewartet haben." -- Vadstena Tidning
Die Frauim Fahrstuhl von Helene Tursten
LESEPROBE
Die Frau im Fahrstuhl
Ausmeinen vielen Jahren als Krankenschwester habe ich unzählige Erinnerungen.Gewisse Episoden sind lustig, andere traurig. Aber es gibt eine Erinnerung,die mich niemals losgelassen hat. Sie begleitet mich jetzt schon seit fastfünfzig Jahren.
Bevor ichdie Schwesternschule besuchte, arbeitete ich ein Jahr nachts alsSchwesternhelferin. Ich dankte dem Schicksal, das mir eine langfristigeVertretung in der neu gebauten und gut ausgestatteten Hautklinik des SahlgrenskaKrankenhauses beschert hatte.
Wir warenzu dritt im Nachtdienst, die Krankenschwester Ellen, die SchwesternhelferinMarianne und ich. Wir waren ungefähr im selben Alter, und von Anfang anverstanden wir uns gut. Mein Dienst begann im August. Bereits nach ein paarNächten fiel mir auf, dass Schwester Ellen und Marianne tuschelnd in dieschwarze Augustnacht starrten. Ich hörte nur Fetzen:
»Jetzt istbald Vollmond ...«
»Sie kommtsicher dieses Mal auch ...«
Schliesslichkonnte ich meine Neugier nicht länger bezwingen, sondern fragte, was es da zutuscheln gab. Meine Kolleginnen sahen sich an und nickten sich dann zu.Schwester Ellen ergriff das Wort:
»Ein Jahrnach Eröffnung der Klinik fiel uns Nachtschwestern auf, dass sich bei Vollmondseltsame Dinge ereigneten. Genau um Mitternacht fährt der Fahrstuhl ins obersteStockwerk.«
»Aber daoben ist doch nur die Verwaltung. Dort arbeitet doch niemand mitten in derNacht! Und ausserdem ist dort dann abgeschlossen«, wandte ich ein.
SchwesterEllen nickte viel sagend.
»Genau.Aber wenn der Fahrstuhl wieder nach unten kommt, steht eine Frau darin. Sie istvielleicht ein paar Jahre älter als ich. Sehr hübsch gekleidet. Seltsam istnur, dass sie immer dieselben Kleider trägt.«
»Hast dusie mit eigenen Augen gesehen?«, fragte ich.
»Klar.Mehrmals. Nächstes Mal, wenn wir wieder Dienst haben, ist Vollmond. Dannstellen wir uns in den Korridor und schauen sie uns an.«
Damit wardas entschieden.
Es warspannend und etwas kribbelig, kurz vor Mitternacht im dunklen Treppenhaus zustehen. Der Vollmond schien durchs Fenster, und die Treppenstufen badeten in seinemkalten Licht. Vor der Fahrstuhltür war es jedoch vollkommen dunkel. Dortstanden wir zu dritt, die Köpfe dicht an dicht vor dem schmalen schwarzenFahrstuhlfenster.
Kurz vorder zwölften Stunde glitt der leere Aufzug auf dem Weg nach oben an dem Fenstervorbei. Schwester Ellen drückte immer wieder auf den Knopf, aber der Fahrstuhlfuhr einfach weiter.
Derleuchtende Pfeil, der anzeigte, dass sich der Aufzug auf dem Weg nach obenbefand, erlosch. Fast unverzüglich leuchtete der Abwärtspfeil auf. MeineSpannung nahm zu, als ich hörte, wie sich der Fahrstuhl unserem Stockwerknäherte.
Als Erstessah ich ein Paar schwarze, funkelnde, spitze Damenschuhe mit wahnsinnig hohenPfennigabsätzen. Dann kamen ein Paar schlanke Unterschenkel in Nylonstrümpfen.Auf Kniehöhe begann der Rocksaum. Der Rock war eng und gerade geschnitten undaus einem grob gewebten, tannengrünen Stoff. Mit ihren Händen, die in schwarzenHandschuhen steckten, presste die Frau eine schwarze Lederhandtasche gegen dieOberschenkel. Ihre Kostümjacke mit den blitzenden Goldknöpfen reichte ihr knappbis zur Taille. Zu dem Kostüm trug sie eine weisse Bluse und eineBernsteinkette. Ihre rot geschminkten Lippen in ihrem bleichen Gesicht warenvollkommen bewegungslos. Sie war sehr ernst und sah uns durch eine Brille,Modell Fünfzigerjahre, an. Das grüne Gestell passte zu dem eleganten Kostüm.Sie stand so da, dass sie durch das Fenster in der Fahrstuhltür deutlich zusehen war. Ihr kupferrotes Haar glänzte im Licht des Aufzugs. Sie trug einenordentlichen Pagenschnitt. Wäre ihr Gesichtsausdruck nicht so nichts sagendgewesen, hätte man sie als eine strahlende Schönheit bezeichnen können.
DerFahrstuhl verschwand nach unten, und im Fenster der Fahrstuhltür wurde eswieder schwarz. Niemand von uns sagte etwas. Schweigend kehrten wir auf dieStation zurück und begaben uns in die kleine Küche. Ellen stellte Tassen aufden Tisch und goss aus einer Thermoskanne Kaffee ein. Erst dann sagte sie:
»Na, washältst du von der Dame im Fahrstuhl?« (...)
© derdeutschsprachigen Ausgabe 2003 by Verlagsgruppe Random House GmbH, München
Übersetzung:Holger Wolandt
Autoren-Porträt von Helene Tursten
Helene Tursten wurde 1954 in Göteborg geboren. Bereits mit ihremersten Kriminalroman "Der Novembermörder" eroberte sie SchwedensKritiker und Leser im Sturm.
Interview mit Helene Tursten
Haben Sie eine Erklärung dafür, dasses in den letzten Jahren so viele erfolgreiche Krimis aus Schweden gab. Ist dieKriminalitätsrate dort gestiegen?
Dieerfolgreichen schwedischen Krimis haben mit einer wachsenden Zahl guterKrimiautoren zu tun. Nicht mit einer gestiegenen Kriminalitätsrate.
"Der zweite Mord" spieltin einem Krankenhaus. Bevor Sie als Schriftstellerin arbeiteten, waren SieZahnärztin. Hat es Ihnen Freude gemacht, wieder in die Atmosphäre einzutauchen,die Ihnen von früher vertraut ist?
Vor meinen Abschluss in Zahnmedizin habe ich drei Jahre alsKrankenschwester gearbeitet. Ich habe es wirklich genossen, in "Der zweiteMord" wieder in dieses Milieu zurückzukehren.
Der Leser entwickelt sehr schnelleine Art persönlicher Beziehung zu Ihrer Heldin Irene Huss.Welche Rolle spielt diese besondere Beziehung für die Handlung der Geschichte?
Ichschreibe eine Geschichte immer so, wie sie mir persönlich am besten gefällt.Ich überlasse es dem Leser, seine eigene Beziehung zu Irene Hussaufzubauen.
Würden Sie Irene Hussals eine starke Frau bezeichnen?
Ja, sie istsowohl physisch wie psychisch stark. Dadurch haben auch die männlichen KollegenRespekt vor ihr. Diese Stärke gibt ihr das notwendige Selbstbewusstsein, um alsKriminalinspektorin arbeiten zu können.
Könnten Sie sich vorstellen, ihrerArbeit eine andere Richtung zu geben? Beispielsweise eine, die nichts mitKriminalität zu tun hat?
Ja. Wennmir gute Geschichten in den Kopf kommen, schreibe ich sie auf, auch wenn sienichts mit einem Krimi zu tun haben.
- Autor: Helene Tursten
- 2004, Deutsche Erstausgabe, 172 Seiten, Masse: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Holger Wolandt
- Verlag: BTB
- ISBN-10: 3442732573
- ISBN-13: 9783442732579
- Erscheinungsdatum: 27.10.2004
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