Die Arena
Roman
Unter dem Titel "Under the Dome" wurde Steven Kings "Arena" verfilmt und ist jetzt als Serie bei Pro 7 zu sehen: Eine unsichtbare und völlig undurchdringliche Kuppel stülpt sich über Chester's Mill. Die Einwohner sind komplett von der...
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Produktinformationen zu „Die Arena “
Unter dem Titel "Under the Dome" wurde Steven Kings "Arena" verfilmt und ist jetzt als Serie bei Pro 7 zu sehen: Eine unsichtbare und völlig undurchdringliche Kuppel stülpt sich über Chester's Mill. Die Einwohner sind komplett von der Umwelt abgeschnitten. Es beginnt der Kampf ums Überleben.
Klappentext zu „Die Arena “
Wenn kein Gesetz mehr gilt, zählt nur der Kampf ums nackte Überleben...Mit "Die Arena" legt Stephen King ein faszinierendes neues Monumentalwerk vor - seinen umfangreichsten und fesselndsten Roman seit "The Stand - Das letzte Gefecht". Urplötzlich stülpt sich eines Tages wie eine unsichtbare Kuppel ein undurchdringliches Kraftfeld über Chester's Mill. Die Einwohner der neuenglischen Kleinstadt sind komplett von ihrer Umwelt abgeschnitten. Und auf einmal gilt kein herkömmliches Gesetz mehr ...
Lese-Probe zu „Die Arena “
Die Arena von Stephen KingDas Flugzeug und das Waldmurmeltier
1
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Aus einer Höhe von zweitausend Fuß, wo Claudette San-
ders gerade eine Flugstunde nahm, leuchtete die Kleinstadt Chester's Mill im Morgenlicht, als wäre sie frisch hergestellt und eben erst dorthin verfrachtet worden. Autos rollten die Main Street entlang und schickten Sonnenblitze herauf. Der Turm der Congo Church sah spitz genug aus, um den makellos blauen Himmel zu durchbohren. Die Sonne raste über das Flüsschen Prestile, während die Seneca V es überflog - Flugzeug wie Wasserlauf auf demselben Diagonalkurs über und durch die Stadt.
»Chuck, ich glaube, ich sehe zwei Jungen neben der Peace Bridge! Sie angeln!« Sie lachte vor Entzücken. Die Flugstunden waren ein Geschenk ihres Mannes, des Ersten Stadtverordneten. Obwohl Andy der Überzeugung war, wenn Gott den Menschen zum Fliegen bestimmt hätte, hätte er ihm Flügel gegeben, ließ er sich extrem leicht beeinflussen, und so hatte Claudette schließlich ihren Willen bekommen. Sie hatte das Erlebnis von Anfang an genossen. Aber dies hier war mehr als Vergnügen; es war ein Hochgenuss. Heute hatte sie erstmals verstanden, was das Fliegen so großartig machte. Was das Coole daran war.
Chuck Thompson, ihr Fluglehrer, berührte das Steuerhorn leicht und zeigte dann auf die Instrumente. »Klar doch«, sagte er, »aber wir wollen trotzdem weiter aufpassen, Claudie, okay?«
»Sorry, sorry.«
»Halb so schlimm.« Er war seit vielen Jahren Fluglehrer und mochte Schüler wie Claudie, die begierig waren, etwas Neues zu lernen. Sie würde Andy Sanders vielleicht schon bald eine Menge Geld kosten: Sie liebte die Seneca und hatte schon erklärt, dass sie gern genauso eine besitzen würde, allerdings keine gebrauchte. Eine nagelneue Maschine würde rund eine Million Dollar kosten. Claudie Sanders war zwar nicht eigentlich verwöhnt, aber doch eine Frau mit teuren Vorlieben, die Andy, dieser Glückspilz, anscheinend mühelos befriedigen konnte.
Chuck gefielen auch Tage wie dieser: unbegrenzte Sicht, kein Wind, ideale Schulungsbedingungen. Trotzdem schwankte die Seneca etwas, als sie überkorrigierte.
»Du verlierst deine glücklichen Gedanken. Tu das nicht. Neuer Kurs hundertzwanzig. Wir fliegen die Route 119 entlang. Und geh auf neunhundert runter.«
Das tat sie, und die Seneca war wieder perfekt ausgetrimmt. Chuck entspannte sich.
Sie überflogen Jim Rennies Gebrauchtwagenplatz, dann blieb die Stadt hinter ihnen zurück. Auf beiden Seiten der 119 lagen Felder, standen Bäume in flammenden Herbstfarben. Der kreuzförmige Schatten der Seneca huschte über den Asphalt, wobei eine dunkle Tragfläche über einen Ameisen-Mann mit einem Rucksack hinwegglitt. Der Ameisen-Mann sah auf und winkte. Chuck winkte zurück, obwohl er wusste, dass der Kerl ihn nicht sehen konnte.
»Gottverdammt schöner Tag!«, rief Claudie aus. Chuck lachte. Sie hatten noch vierzig Sekunden zu leben.
2
Das Waldmurmeltier trottete auf dem Randstreifen der
Route 119 in Richtung Chester's Mill, obwohl die Stadt noch eineinhalb Meilen entfernt lag und selbst Jim Rennie's Used Cars nicht mehr war als ordentlich aufgereihte blitzende Reflexionen an der Stelle, wo die Straße nach links abbog. Das Murmeltier plante (soweit Waldmurmeltiere überhaupt etwas planen), schon lange vorher wieder in den Wald abzubiegen. Vorläufig jedoch war der Randstreifen in Ordnung. Es war weiter von seinem Bau entfernt als beabsichtigt, aber die Sonne auf seinem Rücken war warm, und die frischen Gerüche in seiner Nase erzeugten rudimentäre Vorstellungen - keine echten Bilder - in seinem Gehirn.
Es machte halt und richtete sich kurz auf den Hinterläufen auf. Seine Augen waren nicht mehr so gut wie früher, aber gut genug, um es einen Menschen erkennen zu lassen, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite näher kam.
Das Murmeltier beschloss, trotzdem noch etwas weiter zu gehen. Menschen ließen manchmal gute Sachen zu fressen liegen.
Es war ein alter Bursche, ein fetter alter Bursche. Früher hatte es oft Mülltonnen geplündert, daher kannte es den Weg zur Müllhalde von Chester's Mill so gut wie die drei Gänge seines Baus; auf der Müllhalde gab es immer gute Sachen zu fressen.
Der Mann blieb stehen. Das Murmeltier erkannte, dass es entdeckt worden war. Gleich vorne rechts lag eine umgestürzte Birke. Darunter würde es sich verstecken, bis der Mann vorbei war, und sich dann nach leckeren ...
So weit kam das Murmeltier in seinen Gedanken - und mit noch drei Watschelschritten -, obwohl es entzweigeschnitten worden war. Dann fiel es am Straßenrand auseinander. Blut spritzte und pumpte; Eingeweide quollen in den Staub; seine Hinterläufe traten zweimal zuckend aus, dann bewegten sie sich nicht mehr.
Sein letzter Gedanke vor der Dunkelheit, in der wir alle, Murmeltiere wie Menschen, versinken: Was ist passiert?
3
Die Anzeigen aller Instrumente fielen auf null zurück.
»Was zum Teufel ?«, sagte Claudie Sanders. Sie wandte sich Chuck zu. Ihre Augen waren geweitet, aber in ihnen stand keine Panik, nur Verwirrung. Für Panik war keine Zeit.
Chuck sah die Instrumente nicht mehr. Stattdessen sah er, wie der Bug der Seneca eingedrückt wurde. Dann sah er beide Luftschrauben zerschellen.
Für weitere Beobachtungen war keine Zeit. Oder für sonst irgendetwas. Die Seneca explodierte über der Route 119 und ließ Feuer auf die nähere Umgebung herabregnen. Und Leichenteile. Ein rauchender Unterarm - Claudettes - landete mit dumpfem Aufprall neben dem sauber halbierten Waldmurmeltier.
Das war am 21. Oktober.
BARBIE
1
Barbie begann sich besser zu fühlen, sobald er an der Food
City vorbeiging und die Stadtmitte hinter sich ließ. Als er das Schild mit der Aufschrift SIE VERLASSEN DIE GEMEINDE CHESTER'S MILL KOMMEN SIE RECHT BALD WIEDER! las, fühlte er sich noch besser. Er war froh, unterwegs zu sein, und das nicht nur, weil er in The Mill eine ziemlich gute Abreibung bezogen hatte. Es war das gute alte Weiterziehen, das ihn aufgeheitert hatte. Er hatte sich mindestens zwei Wochen lang unter seiner eigenen kleinen grauen Wolke bewegt, bevor er auf dem Parkplatz des Dipper's vermöbelt worden war.
»Eigentlich bin ich nur ein Vagabund«, sagte er und lachte. »Ein Vagabund auf dem Weg zum Big Sky.« Und warum zum Teufel nicht? Der weite Himmel: Montana! Oder Wyoming. Die gottverdammte Rapid City, South Dakota. Überall, nur nicht hier.
Er hörte einen näher kommenden Motor, drehte sich um -ging jetzt rückwärts - und reckte den Daumen hoch. Was er sah,
war eine wundervolle Kombination: ein schmutziger alter Ford Pick-up mit einer kecken jungen Blondine am Steuer. Aschblond, sein liebstes Blond von allen. Barbie setzte sein gewinnendstes Lächeln auf. Das Mädchen am Steuer lächelte ebenfalls, und, o mein Gott, wenn sie auch nur einen Tick über neunzehn war, würde er seinen letzten Lohnscheck aus dem Sweetbriar Rose verspeisen. Zweifellos zu jung für einen Gentleman von dreißig Sommern, aber völlig straßentauglich, wie man in seiner getreidegenährten Jugend in Iowa gesagt hatte.
Der Pick-up wurde langsamer, so dass Barbie darauf zuging ... und beschleunigte dann wieder. Im Vorbeifahren bedachte sie ihn mit einem weiteren kurzen Blick. Das Lächeln stand noch auf ihrem Gesicht, hatte sich aber in ein bedauerndes verwandelt. Ich hatte einen kurzen Hirnkrampf, besagte das Lächeln, aber jetzt hat die Vernunft wieder die Oberhand.
Und Barbie glaubte, sie vom Sehen zu kennen, obwohl sich das nicht mit Bestimmtheit sagen ließ. Sonntagmorgens war das Sweetbriar immer ein Tollhaus. Aber er glaubte, sie mit einem älteren Mann, vermutlich ihrem Dad, gesehen zu haben, beide mit dem Gesicht in einem Teil der Sunday Times vergraben. Hätte er sie im Vorbeifahren ansprechen können, hätte Barbie gesagt: Wenn Sie mir vertraut haben, dass ich Ihre Würstchen und Eier anständig brate, können Sie mir bestimmt ein paar Meilen weit auf dem Beifahrersitz trauen.
Aber das konnte er natürlich nicht, deshalb hob er nur die Hand zu einem kleinen Nichts-für-ungut-Gruß. Die Bremsleuchten des Trucks flackerten, als überlegte sie noch immer. Dann erloschen sie, und der Ford beschleunigte weiter.
In den folgenden Tagen, während die Zustände in The Mill sich immer mehr verschlimmerten, würde er diesen kleinen Augenblick in der warmen Oktobersonne wieder und wieder vor sich ablaufen lassen. Vor allem dachte er an dieses zweite Aufflackern der Bremsleuchten ... als hätte sie ihn schließlich doch erkannt. Das ist doch der Koch aus dem Sweetbriar Rose. Vielleicht sollte ich ...
Aber vielleicht war ein Abgrund, in den schon bessere Männer als er gestürzt waren. Hätte sie sich die Sache anders überlegt, wäre sein ganzes späteres Leben anders verlaufen. Sie musste es nämlich nach draußen geschafft haben; er sah die kecke Blondine oder den schmutzigen alten Ford F-150 nie wieder. Sie musste die Stadtgrenze von Chester's Mill in den letzten Minuten (oder sogar Sekunden) überquert haben, bevor sie abgeriegelt wurde. Mit ihr zusammen wäre er draußen und in Sicherheit gewesen.
Es sei denn, dachte er später, wenn er nicht schlafen konnte, das Anhalten, um mich aufzunehmen, hätte eben lange genug gedauert, um zu lang zu sein. Dann wäre ich vermutlich trotzdem nicht hier. Und sie auch nicht. Weil man dort draußen auf der 119 fünfzig fahren darf. Und mit fünfzig Meilen in der Stunde ...
An dieser Stelle würde er in Zukunft immer an das Flugzeug denken.
...
Übersetzung: Wulf Bergner
Copyright © 2009 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Aus einer Höhe von zweitausend Fuß, wo Claudette San-
ders gerade eine Flugstunde nahm, leuchtete die Kleinstadt Chester's Mill im Morgenlicht, als wäre sie frisch hergestellt und eben erst dorthin verfrachtet worden. Autos rollten die Main Street entlang und schickten Sonnenblitze herauf. Der Turm der Congo Church sah spitz genug aus, um den makellos blauen Himmel zu durchbohren. Die Sonne raste über das Flüsschen Prestile, während die Seneca V es überflog - Flugzeug wie Wasserlauf auf demselben Diagonalkurs über und durch die Stadt.
»Chuck, ich glaube, ich sehe zwei Jungen neben der Peace Bridge! Sie angeln!« Sie lachte vor Entzücken. Die Flugstunden waren ein Geschenk ihres Mannes, des Ersten Stadtverordneten. Obwohl Andy der Überzeugung war, wenn Gott den Menschen zum Fliegen bestimmt hätte, hätte er ihm Flügel gegeben, ließ er sich extrem leicht beeinflussen, und so hatte Claudette schließlich ihren Willen bekommen. Sie hatte das Erlebnis von Anfang an genossen. Aber dies hier war mehr als Vergnügen; es war ein Hochgenuss. Heute hatte sie erstmals verstanden, was das Fliegen so großartig machte. Was das Coole daran war.
Chuck Thompson, ihr Fluglehrer, berührte das Steuerhorn leicht und zeigte dann auf die Instrumente. »Klar doch«, sagte er, »aber wir wollen trotzdem weiter aufpassen, Claudie, okay?«
»Sorry, sorry.«
»Halb so schlimm.« Er war seit vielen Jahren Fluglehrer und mochte Schüler wie Claudie, die begierig waren, etwas Neues zu lernen. Sie würde Andy Sanders vielleicht schon bald eine Menge Geld kosten: Sie liebte die Seneca und hatte schon erklärt, dass sie gern genauso eine besitzen würde, allerdings keine gebrauchte. Eine nagelneue Maschine würde rund eine Million Dollar kosten. Claudie Sanders war zwar nicht eigentlich verwöhnt, aber doch eine Frau mit teuren Vorlieben, die Andy, dieser Glückspilz, anscheinend mühelos befriedigen konnte.
Chuck gefielen auch Tage wie dieser: unbegrenzte Sicht, kein Wind, ideale Schulungsbedingungen. Trotzdem schwankte die Seneca etwas, als sie überkorrigierte.
»Du verlierst deine glücklichen Gedanken. Tu das nicht. Neuer Kurs hundertzwanzig. Wir fliegen die Route 119 entlang. Und geh auf neunhundert runter.«
Das tat sie, und die Seneca war wieder perfekt ausgetrimmt. Chuck entspannte sich.
Sie überflogen Jim Rennies Gebrauchtwagenplatz, dann blieb die Stadt hinter ihnen zurück. Auf beiden Seiten der 119 lagen Felder, standen Bäume in flammenden Herbstfarben. Der kreuzförmige Schatten der Seneca huschte über den Asphalt, wobei eine dunkle Tragfläche über einen Ameisen-Mann mit einem Rucksack hinwegglitt. Der Ameisen-Mann sah auf und winkte. Chuck winkte zurück, obwohl er wusste, dass der Kerl ihn nicht sehen konnte.
»Gottverdammt schöner Tag!«, rief Claudie aus. Chuck lachte. Sie hatten noch vierzig Sekunden zu leben.
2
Das Waldmurmeltier trottete auf dem Randstreifen der
Route 119 in Richtung Chester's Mill, obwohl die Stadt noch eineinhalb Meilen entfernt lag und selbst Jim Rennie's Used Cars nicht mehr war als ordentlich aufgereihte blitzende Reflexionen an der Stelle, wo die Straße nach links abbog. Das Murmeltier plante (soweit Waldmurmeltiere überhaupt etwas planen), schon lange vorher wieder in den Wald abzubiegen. Vorläufig jedoch war der Randstreifen in Ordnung. Es war weiter von seinem Bau entfernt als beabsichtigt, aber die Sonne auf seinem Rücken war warm, und die frischen Gerüche in seiner Nase erzeugten rudimentäre Vorstellungen - keine echten Bilder - in seinem Gehirn.
Es machte halt und richtete sich kurz auf den Hinterläufen auf. Seine Augen waren nicht mehr so gut wie früher, aber gut genug, um es einen Menschen erkennen zu lassen, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite näher kam.
Das Murmeltier beschloss, trotzdem noch etwas weiter zu gehen. Menschen ließen manchmal gute Sachen zu fressen liegen.
Es war ein alter Bursche, ein fetter alter Bursche. Früher hatte es oft Mülltonnen geplündert, daher kannte es den Weg zur Müllhalde von Chester's Mill so gut wie die drei Gänge seines Baus; auf der Müllhalde gab es immer gute Sachen zu fressen.
Der Mann blieb stehen. Das Murmeltier erkannte, dass es entdeckt worden war. Gleich vorne rechts lag eine umgestürzte Birke. Darunter würde es sich verstecken, bis der Mann vorbei war, und sich dann nach leckeren ...
So weit kam das Murmeltier in seinen Gedanken - und mit noch drei Watschelschritten -, obwohl es entzweigeschnitten worden war. Dann fiel es am Straßenrand auseinander. Blut spritzte und pumpte; Eingeweide quollen in den Staub; seine Hinterläufe traten zweimal zuckend aus, dann bewegten sie sich nicht mehr.
Sein letzter Gedanke vor der Dunkelheit, in der wir alle, Murmeltiere wie Menschen, versinken: Was ist passiert?
3
Die Anzeigen aller Instrumente fielen auf null zurück.
»Was zum Teufel ?«, sagte Claudie Sanders. Sie wandte sich Chuck zu. Ihre Augen waren geweitet, aber in ihnen stand keine Panik, nur Verwirrung. Für Panik war keine Zeit.
Chuck sah die Instrumente nicht mehr. Stattdessen sah er, wie der Bug der Seneca eingedrückt wurde. Dann sah er beide Luftschrauben zerschellen.
Für weitere Beobachtungen war keine Zeit. Oder für sonst irgendetwas. Die Seneca explodierte über der Route 119 und ließ Feuer auf die nähere Umgebung herabregnen. Und Leichenteile. Ein rauchender Unterarm - Claudettes - landete mit dumpfem Aufprall neben dem sauber halbierten Waldmurmeltier.
Das war am 21. Oktober.
BARBIE
1
Barbie begann sich besser zu fühlen, sobald er an der Food
City vorbeiging und die Stadtmitte hinter sich ließ. Als er das Schild mit der Aufschrift SIE VERLASSEN DIE GEMEINDE CHESTER'S MILL KOMMEN SIE RECHT BALD WIEDER! las, fühlte er sich noch besser. Er war froh, unterwegs zu sein, und das nicht nur, weil er in The Mill eine ziemlich gute Abreibung bezogen hatte. Es war das gute alte Weiterziehen, das ihn aufgeheitert hatte. Er hatte sich mindestens zwei Wochen lang unter seiner eigenen kleinen grauen Wolke bewegt, bevor er auf dem Parkplatz des Dipper's vermöbelt worden war.
»Eigentlich bin ich nur ein Vagabund«, sagte er und lachte. »Ein Vagabund auf dem Weg zum Big Sky.« Und warum zum Teufel nicht? Der weite Himmel: Montana! Oder Wyoming. Die gottverdammte Rapid City, South Dakota. Überall, nur nicht hier.
Er hörte einen näher kommenden Motor, drehte sich um -ging jetzt rückwärts - und reckte den Daumen hoch. Was er sah,
war eine wundervolle Kombination: ein schmutziger alter Ford Pick-up mit einer kecken jungen Blondine am Steuer. Aschblond, sein liebstes Blond von allen. Barbie setzte sein gewinnendstes Lächeln auf. Das Mädchen am Steuer lächelte ebenfalls, und, o mein Gott, wenn sie auch nur einen Tick über neunzehn war, würde er seinen letzten Lohnscheck aus dem Sweetbriar Rose verspeisen. Zweifellos zu jung für einen Gentleman von dreißig Sommern, aber völlig straßentauglich, wie man in seiner getreidegenährten Jugend in Iowa gesagt hatte.
Der Pick-up wurde langsamer, so dass Barbie darauf zuging ... und beschleunigte dann wieder. Im Vorbeifahren bedachte sie ihn mit einem weiteren kurzen Blick. Das Lächeln stand noch auf ihrem Gesicht, hatte sich aber in ein bedauerndes verwandelt. Ich hatte einen kurzen Hirnkrampf, besagte das Lächeln, aber jetzt hat die Vernunft wieder die Oberhand.
Und Barbie glaubte, sie vom Sehen zu kennen, obwohl sich das nicht mit Bestimmtheit sagen ließ. Sonntagmorgens war das Sweetbriar immer ein Tollhaus. Aber er glaubte, sie mit einem älteren Mann, vermutlich ihrem Dad, gesehen zu haben, beide mit dem Gesicht in einem Teil der Sunday Times vergraben. Hätte er sie im Vorbeifahren ansprechen können, hätte Barbie gesagt: Wenn Sie mir vertraut haben, dass ich Ihre Würstchen und Eier anständig brate, können Sie mir bestimmt ein paar Meilen weit auf dem Beifahrersitz trauen.
Aber das konnte er natürlich nicht, deshalb hob er nur die Hand zu einem kleinen Nichts-für-ungut-Gruß. Die Bremsleuchten des Trucks flackerten, als überlegte sie noch immer. Dann erloschen sie, und der Ford beschleunigte weiter.
In den folgenden Tagen, während die Zustände in The Mill sich immer mehr verschlimmerten, würde er diesen kleinen Augenblick in der warmen Oktobersonne wieder und wieder vor sich ablaufen lassen. Vor allem dachte er an dieses zweite Aufflackern der Bremsleuchten ... als hätte sie ihn schließlich doch erkannt. Das ist doch der Koch aus dem Sweetbriar Rose. Vielleicht sollte ich ...
Aber vielleicht war ein Abgrund, in den schon bessere Männer als er gestürzt waren. Hätte sie sich die Sache anders überlegt, wäre sein ganzes späteres Leben anders verlaufen. Sie musste es nämlich nach draußen geschafft haben; er sah die kecke Blondine oder den schmutzigen alten Ford F-150 nie wieder. Sie musste die Stadtgrenze von Chester's Mill in den letzten Minuten (oder sogar Sekunden) überquert haben, bevor sie abgeriegelt wurde. Mit ihr zusammen wäre er draußen und in Sicherheit gewesen.
Es sei denn, dachte er später, wenn er nicht schlafen konnte, das Anhalten, um mich aufzunehmen, hätte eben lange genug gedauert, um zu lang zu sein. Dann wäre ich vermutlich trotzdem nicht hier. Und sie auch nicht. Weil man dort draußen auf der 119 fünfzig fahren darf. Und mit fünfzig Meilen in der Stunde ...
An dieser Stelle würde er in Zukunft immer an das Flugzeug denken.
...
Übersetzung: Wulf Bergner
Copyright © 2009 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von Stephen King
Stephen King, 1947 in Portland, Maine, geboren, ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Bislang haben sich seine Bücher weltweit über 400 Millionen Mal in mehr als 50 Sprachen verkauft. Für sein Werk bekam er zahlreiche Preise, darunter 2003 den Sonderpreis der National Book Foundation für sein Lebenswerk und 2015 mit dem Edgar Allan Poe Award den bedeutendsten kriminalliterarischen Preis für Mr. Mercedes. 2015 ehrte Präsident Barack Obama ihn zudem mit der National Medal of Arts. 2018 erhielt er den PEN America Literary Service Award für sein Wirken, gegen jedwede Art von Unterdrückung aufzubegehren und die hohen Werte der Humanität zu verteidigen.Seine Werke erscheinen im Heyne-Verlag.
Bibliographische Angaben
- Autor: Stephen King
- 2011, Erstmals im TB, 1276 Seiten, Masse: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Wulf Bergner
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453435230
- ISBN-13: 9783453435230
- Erscheinungsdatum: 16.06.2011
Rezension zu „Die Arena “
Mitarbeitertipp von Eva Rosenlechner vom Weltbild-Kundenservice:"Die Arena ist ein typisches Stephen King Buch. Von Beginn an zieht der Autor den Leser in seinen Bann und die Spannung bleibt bis zuletzt aufrecht.
Eine Kuppel senkt sich auf eine Kleinstadt und aus dieser angespannten Lage der Ungewissheit über die Zukunft der Stadt und des eigenen Lebens zeigen sich die wahren Gesichter der einzelnen Personen. Intrigen, Manipulationen, Wahnsinn und Morde sind nur ein paar der passenden Schlagwörter.
Für Fans von Spannung und Thriller ein MUSS!
Einziges Manko: der Schluss ist nicht jedermanns Sache, aber wie wäre eine solche Kuppel schon wissenschaftlich erklärbar?
Anmerkung: die Verfilmung Under the Dome hat mit diesem Buch genau gar nichts gemeinsam. Außer ein paar der beteiligten Personen und der Kuppel."
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