Der Sommer deines Todes
Karin und ihr Mann fliegen nach einem erledigten Job nach Sardinien in Urlaub. Ihre Kinder haben sie bereits mit Freundin Mary dorthin vorausgeschickt Als sie jedoch im Ferienhaus ankommen, fehlt von Mary und den Kindern jede Spur
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Der Sommer deines Todes “
Karin und ihr Mann fliegen nach einem erledigten Job nach Sardinien in Urlaub. Ihre Kinder haben sie bereits mit Freundin Mary dorthin vorausgeschickt Als sie jedoch im Ferienhaus ankommen, fehlt von Mary und den Kindern jede Spur
Klappentext zu „Der Sommer deines Todes “
Ex-Polizistin Karin Schaeffer und ihr Mann Mac haben es endlich geschafft, sich ein schönes Leben aufzubauen. Sie wohnen mit Sohn Ben und Adoptivtochter Dathi in Brooklyn, Karin hat ihr Studium der forensischen Psychologie abgeschlossen, Macs Detektei läuft gut. Fast vergessen sind die Gespenster der Vergangenheit. Als Mac ein Auftrag in London angeboten wird, bei dem er in einem Fall von Geldwäsche ermitteln soll, zögert er: Nur einen Tag sollen die Nachforschungen dauern, weitere Details werden ihm ebenso wenig genannt wie der Name des Auftraggebers. Doch die junge Familie kann es sich nicht erlauben, das mehr als großzügige Honorar auszuschlagen, außerdem lässt sich die Reise nach Übersee gut mit einem Urlaub in Europa verbinden. Während Mac und Karin also nach London fliegen, um zu erfahren, was sich hinter dem geheimnisvollen Fall verbirgt, fährt die befreundete Kollegin Mary mit Ben und Dathi nach Italien vor. Doch als Karin und Mac einen Tag später das Ferienhaus auf Sardinien erreichen, fehlt von Mary und den Kindern jede Spur. Da die italienische Polizei nur halbherzig Ermittlungen anstellt, müssen die schockierten Eltern sich selbst auf die Suche nach ihren Kindern begeben. Der geplante Familienurlaub ist zum Albtraum geworden. Und je mehr Tage verstreichen, desto größer wird Karins Angst, das zu verlieren, was sie am meisten liebt.Lese-Probe zu „Der Sommer deines Todes “
Der Sommer deines Todes von Kate PepperAus dem Englischen von Bettina Zeller
Teil Eins
Kapitel 1
Montag, 25. Juni
Geht das?«, Mac fährt mit der Hand über seine Krawatte. Der Kleidersack für seinen besten Anzug, den er nur selten trägt, liegt vor dem Spiegel auf dem Boden. Auf der Hose entdecke ich einen hellen Fleck, auf den ich ihn lieber nicht hinweise. Heute Morgen vergeht die Zeit mal wieder wie im Flug und wir müssen uns beeilen.
»Du siehst toll aus.« Ich sitze auf der Bettkante und strahle meinen Mann an. In der Strumpf hose, in die ich mich gerade hineingequält habe, fühle ich mich wie die Wurst in der Pelle. Also ziehe ich sie kurzerhand wieder aus und schleudere sie quer durch den Raum, wo sie neben dem Kleidersack landet. »Wer auch immer diese Dinger erfunden hat, gehört aufgeknöpft. «
»Dann lass sie doch einfach weg.«
»Keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht habe, im Sommer Nylons anzuziehen.« Mein Leinenkleid sieht mit nackten Beinen ohnehin besser aus.
»Du möchtest an Bens großem Tag eben gut aussehen.«
»Ich bin ziemlich nervös.«
»Ich auch.«
... mehr
In dem Moment läuft Dathi an unserer Schlafzimmertür vorbei. Dem Anlass entsprechend - ihr kleiner Bruder kommt im Kindergarten in die nächste Gruppe - verzichtet sie heute auf ihre Röhrenjeans und trägt stattdessen Rock und Bluse. Der bevorstehende Empfang, festlich und auch ein wenig übertrieben, hat etwas von einer Abiturfeier, obwohl hier erst der Grundstein für eine Ausbildung gelegt wird, von der wir alle hoffen, dass sie mit dem College endet. Die Vorstellung, dass Ben nach der High School nicht aufs College geht, versetzt mich jedes Mal, wenn ich daran denke, in helle Aufregung, was mehr mit mir als mit ihm zu tun hat: Ich bin inzwischen vierzig, habe immer noch keinen College-Abschluss und glaube auch nicht mehr so recht daran, dass daraus noch etwas wird.
Barfuß und mit einem Paar schwarzen Ballerinas in der Hand kommt Dathi ins Zimmer. »Meine Schuhe passen mir nicht mehr.«
»Du schießt gerade wie Unkraut in die Höhe.« Auch ihre körperliche Entwicklung ist nicht zu übersehen - unter ihrer weißen Bluse zeichnen sich leichte Erhebungen ab. Ihr Gesicht hat sich allerdings kaum verändert, seit sie im vorletzten Winter aus Indien zu uns nach Brooklyn gekommen ist. Mit ihrem leicht gebräunten Teint und den dunklen Haaren ist sie eine wahre Augenweide.
»Ich komme da einfach nicht mehr rein.« Zur Demonstration lässt sie den linken Schuh fallen und versucht, ihren Fuß hineinzuzwängen.
»Hier, schau mal, ob die dir passen.« Ich reiche ihr die Sandalen mit den kleinen Absätzen, die ich für mich ausgesucht hatte.
»Nein, nicht die!«
»O doch. Keine Diskussion.«
Gutmütig schlüpft sie in meine Sandalen, die zwar ein bisschen zu groß sind, aber das muss gehen.
Mac wirft einen Blick auf seine Uhr und fragt: »Meinst du, ich kann noch kurz im Büro vorbeischauen, bevor wir uns auf den Weg machen? Mary braucht Hilfe und hat mir eine SMS
geschickt.«
»Kannst du das nicht von hier aus erledigen?«
»Karin, bis zum Büro sind es doch nur ein paar Schritte.«
»Zwanzig Minuten«, rufe ich meinem bereits den Flur hi nunterstürmenden Mann hinterher. »Wir klingeln dann.«
Dathi und ich sind eigentlich auch startklar. Während sie zum achten Mal an diesem Morgen ihre Facebook-Seite überfliegt, stelle ich die leeren Futternäpfe in die Küchenspüle. Wie immer dösen Jeff und Justin, unsere beiden einjährigen Kater, nach dem Frühstück auf der Couch. Ich streichele noch schnell über Jeffs orangenen Kopf und Justins seidigen schwarzen Schwanz. Jeff schnurrt leise im Schlaf.
An der Haustür warte ich auf Dathi.
»Fertig«, ruft sie und taucht endlich auf. Gemeinsam treten wir in den strahlenden Junimorgen hinaus. Die grünen Kronen der hohen alten Bäume spenden Schatten an diesem Frühsommertag, der warm zu werden verspricht. Die Bergen Street mit den alten Bürgersteigen, den Vordertreppen zu den rötlichbraunen Sandsteinhäusern und den großen Fenstern, die hier Wache zu halten scheinen, gleicht einem Stillleben.
Abgesehen von einer Dame, die uns entgegenkommt, ist die Straße wie ausgestorben. Selbst in unserer durchaus als gentrifiziert zu bezeichnenden Gegend wirkt die Frau in ihrer pinkfarbenen Bluse, der ordentlich gebügelten Hose und dem großen Diamantring reichlich deplatziert. Um diese Uhrzeit - das Heer der Berufstätigen, das in Manhattan arbeitet, ist längst verschwunden - begegnet man in diesem Viertel nicht solch elegant gekleideten Menschen. Bei denjenigen, die nicht in aller Herrgottsfrühe das Haus verlassen, handelt es sich größtenteils um Freiberufler in Jeans und mit zerzausten Haaren, Studenten oder Eltern, die gerade nicht arbeiten. Als uns nur noch ein paar Meter trennen, steigt mir der schwere Duft ihres Parfüms - eine exquisite Komposition aus Jasmin und Rosen - in die Nase, der mich kurz neidisch werden lässt, da ich mir so einen Luxus nicht leisten kann.
Sie geht auf das Haus zu, in dem sich MacLeary Investigations das Erdgeschoss mit einem selbstständigen Grafikdesigner teilt, und läutet. Dass sie zu Andre möchte, der nur äußerst selten vor zwölf Uhr mittags auftaucht, erscheint eher unwahrscheinlich, denn sein Kundenstamm ist längst nicht so vornehm. Und auch unsere Klienten gehören für gewöhnlich einer anderen Schicht an. Im Geiste gehe ich unseren Kalender durch. Soweit ich mich entsinne, ist Bens Feier der einzige Termin, der heute ansteht.
»Hallo?«, tönt Marys Stimme aus der Gegensprechanlage.
»MacLeary Investigations?«
»Ja.«
»Es tut mir leid, dass ich hier einfach so auftauche, aber ...«
»Warten Sie kurz, ich komme.«
Die Frau umklammert ihre Handtasche, wirft einen Blick nach hinten und entdeckt Dathi und mich. Aus Zeitgründen verzichte ich darauf, meinen Schlüssel aus der Tasche zu kramen, und warte stattdessen vor der Tür, bis Mac herauskommt.
»Hier ist kein Schild«, konstatiert sie. »Ich war mir nicht sicher, ob das die richtige Adresse ist.«
»Ja, das sollten wir schleunigst ändern«, platzte ich heraus und bereue auf der Stelle das wir. Obwohl ich mich energisch dagegen gewehrt habe, dass mein Name in der Firmenbezeichnung auftaucht, kann ich es nicht lassen, mich einzumischen. Wahrscheinlich wartet Mac nur darauf, dass ich klein beigebe und meine Mitarbeit offiziell verkünde. Und gelegentlich bin ich tatsächlich geneigt, ihm den Wunsch zu erfüllen, wäre da nicht die Sehnsucht, mich von dieser Art von Arbeit, die einen wie ein gefräßiges Tier verschluckt, durchkaut und wieder ausspuckt, endgültig zu verabschieden.
Ehe die Frau noch etwas sagen kann, geht die Tür auf. Und auf einmal hat sie diesen unsicheren Blick, den Menschen immer kriegen, wenn sie sich dazu durchgerungen haben, einen Privatdetektiv aufsuchen.
Mary zwinkert uns kurz zu, bevor sie dem unerwarteten Gast ein gewinnendes Lächeln schenkt. »Wie kann ich Ihnen helfen?« Die roten Stoff-Espadrilles, die sie für den Notfall unter dem Schreibtisch auf bewahrt, schauen unter ihren ausgefransten Schlaghosen hervor. Obwohl sie heute Morgen offenbar ihre braunen Haare gebürstet hat, wirkt sie ziemlich zerzaust.
Dann taucht Mac hinter ihr auf und fragt: »Alles in Ordnung? «
»Sind Sie ...«
Er reicht der Frau die Hand. »Mac MacLeary. Es tut mir leid ... Hatten wir einen Termin?« Er sieht zu Mary hinüber, die den Kopf schüttelt.
»Nein«, sagt die Frau, ohne seine Hand loszulassen, »ich bin Cathy Millerhausen. Bitte, entschuldigen Sie, normalerweise schneie ich nicht einfach so bei jemandem herein.«
»Im Moment passt es leider nicht, Mrs. Millerhausen. Ich bin gerade auf dem Sprung.«
»Bitte, es wird nicht lange dauern. Bitte.« Sie drückt seine Hand und sieht ihn flehend an. Auf ihrer Oberlippe bilden sich Schweißperlen. Ihre Verzweiflung ist deutlich spürbar und man kann förmlich sehen, wie ihr die Angst aus jeder Pore quillt.
»Wir könnten einen Termin für einen anderen Tag vereinbaren «, schlägt Mac vor.
»Bitte. Ich weiß, ich hätte vorher anrufen sollen, aber ich bin einfach so ... Ich bin ...«
Sein Blick wandert von Cathy Millerhausen zu mir. Einem Impuls folgend, lasse ich mich zu einem Zugeständnis hinreißen. Aus unerfindlichen Gründen habe ich Mitleid mit dieser Fremden, deren Probleme mich im Moment nicht kümmern sollten. »Falls du es schaffst, um elf dort zu erscheinen«, sage ich zu Mac, »wirst du bestimmt nichts verpassen.«
»Reichen fünfzehn Minuten?«, fragt er sie.
»Ich kann nicht abschätzen, wie lange so etwas normalerweise dauert.«
»Na, dann müssen wir uns eben sputen.« Mac tritt beiseite, damit sie eintreten kann.
»Viel Spaß!« Als Mary uns zuwinkt, fällt Mrs. Millerhausens Blick auf die Tätowierung in ihrer linken Hand: Ein Smiley von der Größe einer 25-Cent-Münze. Hätte Mary die rechte Hand gehoben, hätte unsere Besucherin eine Lotusblume gesehen. Bemerkenswerterweise verzieht Cathy Millerhausen keine Miene. Es braucht wohl mehr als eine lustige Tätowierung, um diese verzweifelte Frau in Erstaunen zu versetzen.
Mac macht einen Schritt in den dunklen Eingangsbereich und bittet Cathy Millerhausen herein. Im Schein der Neonröhre sieht ihre Haut alabasterfarben aus, was ihm draußen im grellen, alles nivellierenden Sonnenlicht gar nicht auffiel. Während sie krampf haft versucht, sich ein Lächeln abzuringen, tauchen kleine Fältchen neben ihren hellen Augen auf. Ihr verängstigter Blick geht ihm ganz schön unter die Haut.
»Mein Büro liegt am Ende des Flurs.« Er führt sie den schmalen Korridor hinunter, wo rechter Hand drei Büros abzweigen: zuerst Andres, ganz hinten Macs und dazwischen ein fensterloser Raum, den sich Karin und Mary teilen. Da die beiden Frauen erst später dazugestoßen sind und nur stundenweise arbeiten, wurde ihnen dieses unattraktive Büro zugeteilt, obwohl diese Art von Logik Mac eigentlich fremd ist. Als er sich hier einnistete, wurde der mittlere Raum noch von einer Dichterin genutzt. Er wirft einen kurzen Blick durch die offen stehende Tür. Mary sitzt bereits wieder am Computer und recherchiert.
Mac nimmt hinter seinem Schreibtisch Platz. Durch die geöffneten Fenster, vor denen grüne Büsche wuchern, dringt kühle Luft. Um das dunkle Erdgeschoss etwas freundlicher zu gestalten, hat der Vermieter das Büro in einem hellen Gelbton streichen lassen. Eine Deckenleuchte aus grauer Vorzeit taucht den Raum in ein warmes Licht. An der gegenüberliegenden Wand hängt ein gerahmtes Poster. Darauf ist ein offen stehendes Fenster mit Meerblick abgebildet, das ihn daran erinnern soll, dass das Leben nicht nur aus Arbeit besteht. Die sich auf dem Schreibtisch stapelnden Akten, die Mac über reale oder hypothetische Seitensprünge angelegt hat, erwecken fälschlicherweise den Eindruck, er hätte viel zu tun. Mit leidgeprüften Klienten kennt er sich inzwischen aus, und wenn er ehrlich ist, berührt ihr Kummer ihn heute nicht mehr so sehr wie früher. Dennoch wird er aller Wahrscheinlichkeit nach auch für diese betrübte Frau arbeiten, obwohl er lieber seinem Herzen folgen und den Auftrag ablehnen würde. Ohne Karins Zutun hätte er Cathy Millerhausen wahrscheinlich einfach wieder weggeschickt.
»Wie kann ich Ihnen helfen?«, beginnt er.
Wie sie ihm da so völlig verkrampft gegenübersitzt - der Rücken kerzengerade, die Hände auf dem Schoß gefaltet - verspürt er eine leichte Irritation.
»Es geht um meinen Mann.«
Er nickt.
»Ich glaube, er ist mir untreu.«
Natürlich, was denn sonst. »Erzählen Sie mehr.«
»Er hat seine erste Frau betrogen - mit mir.« Sie korrigiert sich. »Godfrey hat seine erste Frau wegen mir verlassen.« Sie errötet. »Von daher weiß ich, wozu er fähig ist.«
Mac hört aufmerksam zu. Das alles klingt nicht ungewöhnlich. Er lehnt sich zurück, macht es sich bequem. Sie zieht ihren Diamantring bis zum Fingergelenk vor, schiebt ihn zurück, dreht den Stein kurz nach unten und dann wieder nach oben, wo er das Licht einfängt und sie blendet.
»Ich glaube, Männer wie Godfrey sind immer untreu. Sie können nicht anders.«
»Was für eine Sorte Mann meinen Sie?«
»Sehr reiche und mächtige Männer.«
»Da Sie seine zweite Frau sind, gehe ich davon aus, dass er auf einen Ehevertrag bestanden hat.«
Sie nickt. »Allerdings hat mein Anwalt eine Klausel zu meinem Gunsten durchgeboxt: Falls Godfrey Armstrong Millerhausen während unserer Ehe eine sexuelle Beziehung zu einer anderen Frau eingeht, falls die Ehe mindestens fünf Jahre währt und der Ehebruch nach fünf Jahren uneingeschränkten Zusammenlebens erfolgt, ist der Ehevertrag null und nichtig.«
»Sind Sie seit fünf Jahren verheiratet?«
»Seit neun.«
»Wären Sie finanziell ruiniert, falls er auf die Einhaltung des Ehevertrags besteht?«
»So würde ich das nicht sagen, aber ohne ausreichende finanzielle Mittel bin ich in Zukunft nicht mehr in der Lage ...«
Er glaubt zu wissen, was kommt, und versucht, keine Miene zu verziehen: ... den Lebensstil beizubehalten, den ich gewöhnt bin.
Gnädige Frau, was interessiert es mich, ob Sie wie eine Königin leben können, denkt er, ehe er sich wieder auf sie konzentriert.
»... die Betreuung für unseren Sohn zu finanzieren. Wir haben Zwillinge und einer der beiden hat besonderen Förderungsbedarf. « Sie umklammert die eine Hand mit der anderen, bis ihre Knöchel weiß anlaufen.
Neugierig beugt Mac sich vor und fragt: »Was für Förderungsbedarf ?«
»Er ist geistig zurückgeblieben. Während der Schwangerschaft habe ich mir einen Virus zugezogen, durch den sich Ritchies Gehirn nicht normal entwickelt hat. Ansonsten sind die Jungs identisch. Oder wären es, meine ich. Sie sind acht. Bobby geht es gut, aber Ritchie ...« Sie verstummt.
»Dann braucht Bobby also keine besondere Betreuung?«
»Nein. Beide besuchen Privatschulen, aber die von Ritchie ist besonders teuer. Und die Therapeuten, die ihn außerhalb der Schule betreuen, kosten ein Vermögen. Dennoch sind sie nötig, damit er wenigstens minimale Fortschritte erzielt. Mit dem, was mir laut Ehevertrag zusteht, wäre ich nie und nimmer in der Lage, dies zu finanzieren.«
»Und Sie bezweifeln, dass Ihr Mann im Fall einer Scheidung für die Betreuung Ihres Sohnes auf kommt?«
»Mit hundertprozentiger Sicherheit kann ich das nicht sagen. Er interessiert sich nicht sonderlich für Ritchie, und ich bin davon überzeugt, dass er mir für den Virus die Schuld gibt, auch wenn das natürlich völlig irrwitzig ist. Aber so ist Godfrey nun mal: Irgendjemand hat immer Schuld und muss zur Rechenschaft gezogen werden.«
»Was bringt Sie auf die Idee, dass Ihre Ehe in Gefahr ist?«
»Sind Sie verheiratet, Mr. MacLeary?«
»Mac. Und ... ja. Sie sind meiner besseren Hälfte vorhin begegnet. «
»Ach, draußen vor der Tür ... die große Frau.«
»Karin. Wir arbeiten zusammen. Der Kindergarten veranstaltet heute eine kleine Feier, weil unser Sohn und seine Spielkameraden in die nächste Gruppe kommen«, meint Mac mit einem Blick auf seine Uhr und rutscht unruhig auf seinem Stuhl herum. Acht Minuten - mehr bleiben Mrs. Millerhausen nicht.
»Ich spüre es«, meint sie. »Zwischen uns läuft nicht mehr viel. Manchmal kommt es mir so vor, als hätte sein Interesse an mir und auch an den Jungs nachgelassen.«
»Sind Sie wirklich davon überzeugt, dass es eine andere Frau gibt?«
»Sicher bin ich mir nicht, aber ich würde mich wundern, wenn dem nicht so wäre. Sollte er mit dem Gedanken spielen, sich von mir scheiden zu lassen, brauche ich selbstverständlich Beweise, um den Ehevertrag anzufechten. Mehr, als das, was mir zusteht, will ich ja gar nicht. Ich bin nicht darauf aus, unsere Ehe zu retten ... soll er sich doch mit einer anderen Frau vergnügen ... So ist er nun mal gestrickt. Ich komme auch ohne ihn zurecht, aber meinen Jungs soll es an nichts mangeln. «
»Ich verstehe.«
»Wenn Ritchie auch in Zukunft betreut werden kann, muss ich mir seinetwegen wahrscheinlich keine Sorgen machen. Godfrey hat mal überlegt, ihn in einem Heim unterzubringen, aber allein der Gedanke bricht mir das Herz, Mr. MacLeary ... Mac. Waren Sie mal in so einer Einrichtung?«
»Nein.«
»Die sind grauenvoll. Auch wenn sie ›hochmodern‹ sind - oder mit was für anderen positiven Attributen sie werben - an so einem Ort liebt einen niemand. Niemand. Man ist allein, wird bis an sein Lebensende verwaltet.« Ihre Augen werden feucht. Ihre Verzagtheit geht Mac ungewöhnlich nah. »Wie soll ich es hinkriegen, dass Bobby ein ganz normales Leben führt und Ritchie gleichzeitig das kriegt, was er braucht? Zweiteilen kann ich mich leider nicht. Meines Erachtens geht das nur, wenn beide daheim sind ... bei mir.«
»Klingt schwierig.«
»Das ist es in der Tat. Und es kostet eine ganz schöne Stange Geld, aber mein Mann hat davon ja mehr als genug.« Sie schluckt schwer und bemüht sich, die Contenance zu wahren, als hätte sie bereits genug Tränen vergossen. Und dann beugt sie sich vor und sagt voller Bitterkeit: »Godfrey ist extrem wohlhabend. Sein Vermögen hat er zu gleichen Teilen geerbt und sich erarbeitet. Sollte er die Hälfte seines Besitzes verlieren, wäre er immer noch obszön reich. Ich werde Sie fürstlich entlohnen, wenn Sie mir die Beweise liefern, die ich brauche, um den Ehevertrag anzufechten. Werden Sie mir helfen?«
»Wieso ich?«
»Weil man Sie in unseren Kreisen nicht kennt.«
Er schnaubt verächtlich. »Entschuldigung, aber das klingt so ...«
»Ich bin mir durchaus bewusst, wie das klingt, und möchte mich dafür entschuldigen. Ich wollte damit sagen, dass wir in einer Welt leben, wo die Dinge auf eine ganz bestimmte Art und Weise gehandhabt werden. In unseren Kreisen besuchen alle dieselben Restaurants, heuern dasselbe Personal an. Wir essen alle das Gleiche und übernachten in denselben Hotels. Und - glauben Sie mir - wenn wir nach New York fahren, kommen wir nicht nach Brooklyn.«
»Sie schon.«
»Stimmt.«
»Wie haben Sie mich gefunden?«
»Ich bin im Internet über Sie gestolpert. Sie schienen den richtigen Background zu haben ... Expolizist, kleine Firma und Sie haben nicht mal ein Schild an der Tür, was ein weiterer Pluspunkt ist.«
»Und Sie haben telefonisch keinen Termin vereinbart, weil Sie fürchten, Godfrey könnte Ihre Telefonrechnung kontrollieren und Ihnen so auf die Schliche kommen.«
Als sie lächelt, tauchen wieder die Fältchen um ihre Augen auf, die sie nahbarer machen.
»Sie hätten sich den Weg sparen und mich von einer öffentlichen Telefonzelle aus anrufen können.«
»Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass es in Greenwich, Connecticut, keine einzige Telefonzelle gibt, die funktioniert? « Ihr Lachen - eine Mischung aus Verbitterung, Verletzlichkeit und Nonchalance - wirkt ansteckend und löst bei Mac einen Sinneswandel aus. Er erklärt sich bereit, ihr zu helfen und dafür zu sorgen, dass ihr Mann finanziell bluten muss.
Mac eilt an der Kirche vorbei, vor der eine Madonnenstatue steht, deren ungerührtem Blick nichts entgeht und der ihn jedes Mal verunsichert, was seiner katholischen Erziehung geschuldet ist. An diesem Vormittag ist aus dem angrenzenden Schulgebäude - wo heute eine städtische Grundschule untergebracht ist - kein Ton zu hören. Doch als er die Tür aufstößt, empfängt ihn ein Wirrwarr aus Kinderstimmen, das ihn wie immer fröhlich stimmt. Ein siebenjähriger Junge rast an ihm vorbei. Seine Turnschuhe hinterlassen schwarze Striemen auf dem auf Hochglanz polierten Fußboden. Als er um die Ecke flitzt und die Treppe hochsprintet, ruft er mit hoher Stimme: »Tschuldigung, Mister!«
Mac durchquert die Cafeteria mit den bemalten Betonziegelwänden, in der es vor dem Mittagessen mucksmäuschenstill ist. Über die hintere Treppe gelangt er in das Stockwerk, in dem die Räume des Kindergartens und der Vorschule untergebracht sind. Mac öffnet eine apfelgrüne Tür an der Blätter aus Zeichenpapier kleben, auf denen die Namen der Kinder stehen. Als er Bens Namen auf einem blauen Blatt entdeckt, rötet sich sein Gesicht vor Stolz.
Die Leiterin spricht vor einer Gruppe piekfein gekleideter Eltern, die sich auf Klappstühlen niedergelassen hat. Das leise Quietschen der Tür kündigt Macs Erscheinen an, worauf hin mehrere Besucher den Kopf drehen. Er hebt entschuldigend die Hand, erhascht Karins Blick. Sie schürzt die Lippen, und er muss grinsen, bis er merkt, dass sie ihm gar kein Luftküsschen schickt, sondern den Zeigefinger auf die Lippen legt und ihn damit ermahnt, leise zu sein. Die Feier ist schon in vollem Gang.
Kapitel 2
Mary Salter, die sich gerade die Hände waschen wollte, stürmt aus dem Büro-WC. Auf ihrem Handy klagt Mick Jagger voller Inbrunst I can't get no satisfaction. Das ist Fremonts Klingelton, der sich normalerweise nie während des Unterrichts meldet. Als er in die 4. Klasse kam und allein zur Schule ging, weil sie arbeiten musste und ihn nicht mehr begleiten konnte, kaufte sie ihm ein Handy. Und seit jenem Tag kriegt sie es jedes Mal mit der Angst zu tun, wenn er sie aus der Schule anruft, was zugegebenermaßen nur äußerst selten vorkommt.
Das Handy vibriert auf ihrem Schreibtisch und hüpft langsam zu dem Schreibblock hinüber, auf dem sie die Notizen zu Macs neue Klientin, Cathy Millerhausen, festhält.
»Bist du krank?«
»Hallo?«, fragt eine Mädchenstimme.
»Wer spricht da?«
Schweigen.
»Wieso haben Sie das Telefon meines Sohnes?«
»Wessen Telefon?«
»Das von meinem Sohn, Fremont. Warum ...«
»He, Free«, ruft sie, »ich hab' dein Telefon gefunden, die Kurzwahltaste 1 gedrückt, und jetzt behauptet da 'ne Lady, sie sei deine Mutter. Fang!«
Aus dem Handy dringt heiteres Gelächter, in das auch Fremont einstimmt, an dessen tiefe Stimmlage Mary sich immer noch nicht gewöhnt hat.
Das Mädchen legt auf und Marys Gedanken überschlagen sich. Sie erlebt mal wieder eine von diesen täglich wiederkehrenden, existenziellen Krisen, mit denen Eltern von Teenagern bestens vertraut sind. Sie drückt Fremonts Kurzwahltaste, wird sofort zur Mailbox umgeleitet und verzichtet darauf, eine Nachricht zu hinterlassen. Wozu auch? Fremont ist zwar ein guter Junge, aber erfahrungsgemäß ruft er nicht zurück. Sie wird es später noch mal versuchen, ihn ganz beiläufig nach dem Handy und dem Mädchen fragen und sich erkundigen, wie sein Tag so läuft.
Kopfschüttelnd klappt sie ihr Handy zu, legt es auf den Tisch, aber bringt es nicht über sich, das Gerät loszulassen. Freunde, darunter auch andere alleinerziehende Mütter, haben sie schon oft darauf hingewiesen, dass sie klammert. Doch wer kann schon nachvollziehen, was es bedeutet, in dieser Stadt als Weiße alleine einen dunkelhäutigen Teenagersohn aufzuziehen? Die Erfahrung hat Mary gelehrt, dass ein Junge mit einem weißen Elternteil - selbst im New York des einundzwanzigsten Jahrhunderts - immer noch als halbschwarz angesehen wird. Von dem Moment an, wo Fremont eine bestimmte Körpergröße erreichte, seine Stimmlage tiefer wurde und sich auf seiner Oberlippe leichter Flaum bildete, begannen die Menschen, einen großen Bogen um ihn zu machen. Zum ersten Mal fiel ihr das auf, als er irgendwann einmal vor ihr herlief. Seit jenem Tag achtet sie darauf, gelegentlich langsamer zu gehen, um ihre Theo rie zu überprüfen. Und sie wird regelmäßig bestätigt: Dieser charmante Junge, ihr über alles geliebter Sohn, gehört auch zum Stamm junger schwarzafrikanischer Männer, die von der Pubertät an als Bedrohung empfunden werden. Und so kommt es, dass sie sich jedes Mal Sorgen macht, wenn er - wie meistens - allein unterwegs ist.
Mary versucht noch mal, ihren Sohn zu erreichen, der wieder nicht ans Handy geht.
Sie schließt die Augen, atmet tief ein und ganz langsam aus. »Oooommmmmmmm.«
Da Andre im Zimmer nebenan ihr Tun mit lautem Gelächter quittiert, schnappt sie sich Karins weichen Stressball und wirft ihn quer durchs Zimmer. Er landet zwischen dem Konzertplakat von Adele und dem Dartboard, worauf hin einer der Pfeile mit lautem Knall auf den Boden fällt.
Im Nachbarzimmer knarzt ein Stuhl, dann ertönen im Flur Schritte und schon steckt Andre den Kopf durch die offen stehende Tür. Wie immer ist sein Walrossschnauzer, der sein Lächeln unterstreicht, perfekt gewachst. »Mittagessen?«
»Gib mir eine halbe Stunde. Ich möchte diese Recherche für Mac noch fertig machen.«
»Du findest doch nie ein Ende«, moniert Andre, der ihre Arbeitsweise kennt und weiß, dass sie obsessiv recherchiert. Sie gehört zu jenen Menschen, denen das Internet, allein durch seine Existenz, das Leben erleichtert und erschwert.
»Halbe Stunde, versprochen.«
Bislang hat Mary schon einiges herausgefunden: Godfrey Millerhausen, wohnhaft in Greenwich, Connecticut, und auf der Park Avenue in New York, ist der Erbe von Hauser International. Das Unternehmen nahm vor hundert Jahren mit einem Lebensmittelgeschäft in Ohio seinen Anfang und wuchs mit der Zeit zu einer landesweiten Supermarkt- und Spirituosenladenkette namens Hauser heran. 1925 wurde die Unternehmenszentrale von Akron nach Manhattan verlegt. Hauser überstand (laut Wikipedia) den Börsencrash und die große Depression unbeschadet, weil die Unternehmensführung sich damals entschied, Schnaps von Toronto nach Buffalo zu schmuggeln und die illegale Fracht dann mit dem Lkw direkt ins durstige New York zu schaffen. Nach dem Ende der Prohibition im Jahre 1933 wurde Hausers Spirituosengeschäft noch größer und finanziell erfolgreicher, da die Firma inzwischen den hiesigen Markt kontrollierte. Der einzige Unterschied für Hauser bestand darin, dass die Mitarbeiter sich nun keine Sorgen mehr machen mussten, am Ende eines ganz normalen Arbeitstages verhaftet zu werden. In den Siebzigerjahren wurden die beiden Geschäftszweige getrennt. Godfreys Vater übernahm den Lebensmittelbereich und überließ die Spirituosenkette seinem Bruder Dean, der sie später seinem Sohn Preston vermachte. Preston Millerhausen steht heute laut Forbes auf Platz siebenundzwanzig der Liste der reichsten Menschen der Welt. Godfrey Millerhausen findet man auf Platz zweiundneunzig. Oha, denkt Mary. Wie nimmt es ein Typ mit einem Vermögen von nur drei Milliarden Dollar auf, dass sein Cousin fast zwölf Milliarden besitzt? Wenn da mal an den Feiertagen keine Spannungen auf kommen ...
Solche Summen überfordern Marys Vorstellungskraft schlichtweg. Sie selbst wohnt in dem sich langsam gentrifizierenden Viertel Clinton Hill in Brooklyn und kann sich schon glücklich schätzen, eine mietpreisgebundene Wohnung gefunden zu haben. Während sie online die Ausgaben von Forbes, Business Week und Moneyedup liest, kann sie die Augen nicht vor der Tatsache verschließen, dass sie im Vergleich zu diesen Leuten zweifellos arm ist. Mrs. Millerhausen hat mit keiner Wimper gezuckt, als Mac sie darüber informierte, dass der Vorschuss zehntausend Dollar (doppelt so hoch wie sonst) beträgt und alle zwei Wochen weitere zehntausend Dollar fällig werden, bis der Fall abgeschlossen ist oder sie ihn feuert. Offenbar sind das für jemanden wie sie nur Peanuts. Er hätte zwanzigtausend verlangen und Mary eine Gehahltserhöhung geben sollen.
Ihr Finger drückt immer wieder energisch die Nach-unten Pfeiltaste, während sie einen Artikel durchscrollt mit dem Titel Milliardär im Profil: Godfrey Millerhausen. Darin steht, dass er aus ›gut betuchtem‹ Elternhaus stammt und nach seinem Abschluss an der Wharton Business School sein ererbtes Vermögen beträchtlich vermehren konnte. Er ist zum zweiten Mal verheiratet und hat drei Kinder: eine erwachsene Tochter aus erster Ehe und die Zwillinge aus der zweiten Verbindung.
Mary versucht abermals, Fremont zu erreichen. Vergeblich.
»Oooommmmmm.«
»Fertig?«, ruft Andre durch die Wand.
»Noch fünf Minuten.«
Für Mac stellt sie eine Liste zusammen mit Firmennamen, Büroadresse und Privatanschriften, Dan Stylos' Kontaktdaten - er ist der Geschäftsführer von Hauser Lebensmittel und offenbar Millerhausens engster Mitarbeiter - und Internetlinks, von denen Mary denkt, dass ihr Boss selbst einen Blick darauf werfen möchte. Bedauerlicherweise ist es ihr nicht gelungen, irgendetwas über die Exfrau, von der Millerhausen sich vor zehn Jahren getrennt hat, oder die erwachsene Tochter in Erfahrung zu bringen. So wie Mary Mac kennt, möchte er auf jeden Fall wissen, wo die erste Familie jetzt lebt und was sie treibt. Während sie ihre Schultertasche umhängt und in Andres Büro geht, fasst sie einen Entschluss. Falls Mac nach ihrer Mittagspause noch nicht zurück sein sollte, wird sie weiter recherchieren und versuchen, etwas über die beiden Frauen im Netz zu finden. Das Aufspüren von Personen ist ihre Spezialität, und Karin ist klar, dass Mac genau das von ihr erwartet. Warum also warten?
Dienstag, 26. Juni
Direkt gegenüber von 501 Madison Avenue, einem hohen Bürogebäude mit einem exklusiven Uhrengeschäft im Erdgeschoß, gähnt Mac. Wieder einmal wird ihm auf grausame Art und Weise vor Auge geführt, wie langsam die Zeit beim Warten verstreicht. Seit exakt zwei Stunden und sieben Minuten beobachtet er nun schon den Wolkenkratzer, in dem die beiden Geschäftszweige von Hauser International auf acht Stockwerken verteilt sind. Er überlegt, wie viele Stunden er im Lauf der Jahre mit Observierungen verbracht hat - Hunderte, wenn nicht gar Tausende. Muss er vor einem Gebäude stehen oder auf und ab gehen, wünscht er sich immer, sitzen zu können. Wenn er sitzt, würde er nichts lieber tun als sich zu bewegen. Egal, wie es ist, es ist verkehrt. Die grenzenlose Langeweile verdeutlicht ihm auch noch einmal, wie sehr er die Überwachung von untreuen oder besser gesagt vermeintlich untreuen Ehemännern hasst. Empathie, mahnt er sich selbst. Du hast eine zahlende Klientin, die in deinen Augen aus unerfindlichen Gründen etwas Besonderes ist. Also, zeig ein bisschen Mitgefühl.
Ein brauner UPS-Lieferwagen hält vor dem Eingang des Uhrengeschäfts. Mac wirft einen Blick auf seine Armbanduhr, als hoffe er, sie ginge schneller, was natürlich nicht der Fall ist. Seit sieben Uhr in der Früh harrt er hier aus. Da er die Gewohnheiten der Zielperson ja noch nicht einschätzen kann, legt er am ersten Tag einer Observierung immer zeitig los. Was ein Fehler war, denn bislang ist Godfrey Millerhausen noch nicht aufgetaucht. Daraus schließt Mac, dass der Mann wahrscheinlich in Greenwich und nicht in dem Apartment an der Park Avenue übernachtet hat. In vierundzwanzig Stunden werden sie deutlich mehr über Millerhausens Tagesablauf wissen. Und Mac hofft inständig, dass ihm das Glück hold ist und er schon heute Abend mit den Beweisen aufwarten kann, die Mrs. Millerhausen von ihm möchte.
Gerade als er sich den dritten Becher Kaffee genehmigt, fährt eine schwarze Limousine vor 501 Madison Avenue vor und Godfrey Millerhausen steigt aus. Demnach kommt der Chef erst nach den Sekretärinnen, die bereits gegen neun Uhr eintreffen, aber noch vor den Freiberuflern, die gegen zehn Uhr anfangen.
Millerhausen, der eigentlich ganz gut aussieht, trägt einen sündhaft teuren Sommeranzug, eine modische Kurzhaarfrisur und ist deutlich imposanter, als Macs Klientin ihn beschrieben hat. Er ist größer und dünner als Mac. Aus der Entfernung kann Mac die Augenfarbe des Mannes nicht erkennen. Sollte diese Info von Bedeutung sein, wovon er allerdings nicht ausgeht, kann Mary diesen Punkt klären.
Mac öffnet den Kalender in seinem Blackberry und notiert das Kennzeichen der Limousine und die Ankunftszeit -
9:19 Uhr. Dafür, dass er bereits gut zwei Stunden auf der Lauer gelegen hat, ist er mit seinem derzeitigen Erkenntnisstand überhaupt nicht zufrieden, doch in der Vergangenheit ist es durchaus schon vorgekommen, dass Mac einen ganzen Tag mit Warten verbrachte und die Zielperson überhaupt nicht zur Arbeit kam, sondern stattdessen irgendwo anders ein Schäferstündchen einlegte. Um kurz nach halb eins verlässt Millerhausen das Gebäude in Begleitung eines Mannes in Anzug und Krawatte. Sein Begleiter ist kleiner, kräftiger und hat grau-braun meliertes Haar. Mac holt seinen Blackberry heraus und sucht ein Foto von dem Geschäftsführer Dan Stylos, das Mary ihm vor ein paar Minuten zugemailt hat. Bingo! Die beiden ins Gespräch vertieften Männer schlendern langsam zu einem Restaurant auf der 53th Street und kehren dort ein. Mit knurrendem Magen studiert Mac die ausgehängte Speisekarte: Hamburger zu fünfunddreißig, Salate zu dreißig und Cappuccino zu zehn Dollar. Dieser Spätjunitag hat es, was die Temperaturen angeht, in sich und als die beiden Männer anderthalb Stunden später das Restaurant verlassen, ist das Thermometer auf siebenundzwanzig Grad geklettert und Macs Hemdrücken feucht. Er folgt ihnen zur Madison Avenue, beobachtet, wie sie das Gebäude betreten, und flüchtet sich für einen Moment in den herrlich klimatisierten Crumbs Bake Shop nebenan, wo er der Frau mit dem schwarzen Haarnetz und der fleckigen weißen Schürze nicht mehr sagen muss, dass er einen kalten Kaffee mit Eiswürfeln möchte. Er bestellt noch einen Vanille-Kokosnuss-Cupcake und kehrt dann auf seinen Posten auf dem Gehweg zurück.
Um 17:23 Uhr hält die Limousine abermals vor dem Gebäude und wartet mit laufendem Motor. Knapp zwanzig Minuten später nimmt Godfrey auf der Rückbank Platz. Mac tritt auf die Straße und winkt eins der zahllosen gelben Taxis heran. Am frühen Abend besteht ihre Kundschaft vorwiegend aus Abteilungsleitern, die es sich zwar leisten können, nicht mit der U-Bahn zu fahren, aber auf die Art von Fortbewegung verzichten müssen, die Millerhausen zur Verfügung steht. Dass Mac nicht den geringsten Schimmer hat, wohin es gehen soll, schert ihn wenig. Er kann die Taxifahrt Cathy Millerhausen in Rechnung stellen, hat den ganzen Abend Zeit und ist hocherfreut, endlich sitzen zu dürfen.
Der Berufsverkehr auf dem Cross Bronx Expressway ist mörderisch und bessert sich erst, als sie mit zwei Wagenlängen Abstand hinter der Limousine auf der Interstate 87 nach Norden kriechen. Anscheinend fahren sie zu dem Haus in Connecticut, in dem Millerhausen mit Cathy und den Zwillingen lebt. Die Vorstellung, wie lang sich die Fahrt in diesem nach verschütteter Limonade riechenden Taxi hinziehen wird, begeistert Mac nicht gerade. Wie vertreiben sich reiche Typen wie Millerhausen eigentlich die Zeit, während normale Menschen einfach warten müssen? Wenn man so viel Geld hat, dass man sich alles leisten kann, was einem in den Sinn kommt, tut man es dann auch? Der Privatdetektiv spielt im Geist all die Möglichkeiten durch, die einem Milliardär zur Verfügung stehen. Er malt sich aus, wie Millerhausen mit ausgestreckten Beinen in seiner bequemen Limousine sitzt, sich einen Drink genehmigt und auf dem Flachbildfernseher ein Spiel der Yankees anschaut.
Ali Hussein Muhammad al-Adzhari (so heißt der Taxifahrer laut dem auf dem Armaturenbrett befestigten Ausweis) mustert Mac im Rückspiegel. »Machen Sie das jeden Tag?«
»Ich bin doch nicht verrückt.«
Als urplötzlich ein Rap-Song aus dem Radio dröhnt, ächzt Ali und schaltet 1010 WINS ein, wo gerade die Nachrichten laufen:
»Wetterchaos im Juni: Vor der Nordwestküste Floridas braut sich ein Hurrikan zusammen!«
»Dramatischer Absolventenrückgang an amerikanischen Highschools!«
»Stellvertretender Football-Trainer für schuldig befunden, über zwanzig Jahre Kinder an der Penn State missbraucht zu haben!«
»Killerbienenterror in Südmexiko. Erstes Todesopfer in eigenem Haus gefunden!«
»Suche nach dem vermissten Teenager aus Harrisburg, Pennsylvania, wird personell aufgestockt! Der Vater sagt: ›Wir hoffen immer noch, sie lebend zu finden!‹«
Mac beugt sich vor: »Könnten Sie einen anderen Sender einschalten? «
Ali wählt einen Musiksender, wo gerade eine originalgetreue Coverversion eines Joni-Mitchell-Klassikers läuft, den Mac früher einmal sehr gemocht hat.
»Danke«, meint Mac.
»Keine Ursache.«
Mac schließt die Augen und als er sie wieder öffnet, rollen sie über den baumbestandenen Hutchinson Parkway und fädeln sich in die Ausfahrt nach Rye Brook und Greenwich ein.
Schlagartig wirken die Straßen fast wie ausgestorben. Die wenigen Fahrzeuge, die man noch sieht, sind durch die Bank die allerneuesten Modelle der Premiumhersteller. Sie schlängeln sich durch idyllische Seitenstraßen mit so passenden Namen wie Riversville Road und Meadow Lane, bis sie in die Zaccheus Lane biegen und sich nun direkt hinter Müllerhausens Limousine befinden. Mac muss laut lachen. Er hat als Kind einen Bibelkreis besucht und erinnert sich an die Geschichte von Zacchaeus oder Zachäus, dem Zollpächter, der auf einen Maulbeerfeigenbaum geklettert ist, um Jesus besser sehen zu können. Das A aus dem Namen zu streichen und diese Straße Zaccheus zu nennen, hilft nicht. Greenwich ist eine der reichsten Städte Amerikas und das Letzte, was diese Menschen hier draußen sehen möchten, ist ein Zollpächter. Oder ein Privatdetektiv.
Die Limousine fährt in den Ashton Drive und rollt dann auf eine Auffahrt.
»Halten Sie hier«, bittet Mac Ali.
Das Taxi bleibt vor zwei Steinsäulen stehen. In einen Pfeiler ist der Name Ashton Manor eingemeißelt.
»Ist das Ihr Haus?«
»Machen Sie Witze?«
»Was weiß ich denn?«
»Parken Sie bitte hinter diese Bäume da und schalten Sie den Motor aus.«
Mac steigt aus, lässt die Tür einen Spaltbreit offen stehen und nähert sich auf leisen Sohlen einer Stelle, von wo aus er die lange, von Hecken gesäumte Zufahrt sehen kann, die vor dem Backsteinanwesen einen Halbkreis beschreibt. Die Limousine hält vor dem mächtigen weißen Portikus. Das Haus verfügt über riesige Sprossenfenster und vier Schornsteine, die aus dem Schindeldach ragen.
Kaum ist Millerhausen eingetreten, schließt sich hinter ihm die Tür.
»Was nun?«, fragt Ali, der auf einmal hinter Mac steht.
»Wir warten.«
»Wie lange?«
»Keine Ahnung.«
»Ihnen ist aber schon bewusst, was Sie das kosten wird, oder?«
»Sie meinen, was es ihn kosten wird.« Mac deutet mit dem Kopf auf das Haus.
Ali grinst. Seine schiefen gelben Zähne sehen aus, als hätte sie ihm jemand in den Mund gerammt. »Sie sind irre, Mann.«
Sie warten eine Stunde. Zwei. Drei. Als in dem Anwesen das Licht gelöscht wird, kommt Mac zu dem Schluss, dass Millerhausen nicht mehr wegfahren wird und er sich endlich auf den Heimweg machen kann.
Mittwoch, 27. Juni
In meinem kleinen Schwarzen, vielmehr ein kleines Rotes, das ich nur bei Observierungen trage, bedanke ich mich mit einem Nicken bei dem livrierten Portier, der mir die Tür vom Daniel's auf hält. Mac zufolge ist Millerhausen vor exakt fünfzig Minuten in diesem Restaurant eingetroffen. Aus dem Augenwinkel heraus beobachte ich, wie mein Mann an diesem lauen Sommerabend die 65th Street hinunter Richtung Park Avenue geht. Heute Abend darf er sich daheim ausruhen, während ich Millerhausen observiere.
Der Oberkellner, ein runzeliger Herr in schwarzem Anzug, begrüßt mich mit dem für seinen Berufsstand typisch steifen Lächeln. »Wie kann ich Ihnen helfen, Madam?«
Ich lächele genauso frostig zurück. »Ich treffe einen Freund an der Bar. Er hat mich gebeten, um sieben Uhr hier zu sein.«
»Es ist viertel vor sieben.«
»Ach ja?«
»Sein Name?«
»Er hat mich gebeten, seinen Namen nicht zu nennen.« Ich lächele kokett und gebe ihm zu verstehen, dass dieser Herr ein heimliches Date mit seiner Geliebten hat. Der Oberkellner mustert meinen kamelfarbenen Pashmina, als wisse er, dass ich ihn für fünf Dollar bei einem Straßenhändler ergattert habe.
»Bitte.«
Ich folge ihm durch mehrere, von Bögen und griechischen Säulen eingefasste Räume mit bernsteinfarbenen Wänden, dicken Teppichen, weiß gedeckten Tischen und dunklen Lackstühlen. Schwarz gekleidetes Personal schwebt leise durch das weitläufige Restaurant wie eine Legion diensteifriger, unsichtbarer Geister, deren einziges Ziel es ist, den Gästen zu dienen und ihnen jeden Wunsch zu erfüllen. Gerade so, als würden sie nur hier existieren und nach ihrer Schicht nicht in Turnschuhen in die Bronx, nach Brooklyn, Queens oder gar Staten Island fahren. Während ich zur Bar geführt werde, vorbei an Menschen, die alle aussehen, als würden sie eine Rolle spielen, lasse ich meinen Blick über die adrett frisierten Häupter und Kaschmir- rücken schweifen ... bis ich ihn entdecke, allein an einem Tisch, auf dem zwei halb volle Teller stehen.
Dass Godfrey Millerhausens Tisch so dicht an der Bar steht, bringt mich aus dem Konzept. Ich versuche, die Ruhe zu bewahren, damit ich kein Herzrasen kriege oder rot werde. Du darfst nicht in Schweiß ausbrechen, du darfst keinen roten Kopf kriegen, du darfst dir nicht anmerken lassen, dass du eigentlich nicht in diese Welt gehörst.
In Realität ist er attraktiver als auf den Fotos: Er wirkt nicht wie achtundvierzig, sondern deutlich jünger, und sieht aus, als wäre er frisch rasiert und käme direkt vom Friseur. Seine Seidenkrawatte changiert in dem gelbraunen Licht, seine Augen glänzen ... aber vielleicht bilde ich mir das alles auch nur ein. Er spielt mit seinem Ehering. Auf wen wartet er wohl? All dies erfasse ich mit einem Blick, der ihn nur kurz streift.
Cathy Millerhausen braucht ein Foto, das mehr zeigt als ein Treffen mit einer Geschäftspartnerin oder Bekannten. Ein verstohlener Kuss. Eine Hand, die unter dem Tisch ein Knie berührt. Oder dieses gewisse Lächeln.
Von der eleganten Bar aus habe ich einen erstklassigen Blick auf Godfreys Hinterkopf. Von hier aus kann ich auch die Person sehen, auf die er wartet. Der Oberkellner zieht einen freien Barhocker vor und fordert mich auf, Platz zu nehmen.
Er nickt höflich. Ich nicke höflich. Und dann verschwindet er.
Den Pashmina lasse ich auf die kleine Lehne gleiten. Da ich es nicht gewöhnt bin, zehn Zentimeter hohe Lacklederpumps zu tragen, freut es mich, endlich sitzen zu dürfen. In einem Anflug von Nonkonformismus streife ich einen Stiletto ab und fahre mit der nackten Sohle über die unterste Sprosse des Hockers, ehe ich meinen Fuß wieder in den Schuh zwänge.
»Haben Sie auch offenen Weißwein?«, frage ich den nachsichtig lächelnden Barkeeper, der sich sofort daran macht, die Sorten aufzuzählen.
»Danke, ich nehme den Pinot Grigio«, unterbreche ich ihn.
Der leichte Wein ist genau richtig temperiert. Das Kinn in eine Hand und den Ellbogen auf die Theke gestützt schlüpfe ich in die Rolle der entspannten Geliebten, die auf ihren Liebhaber wartet, und richte den Blick auf Godfrey. In Situationen wie diesen hilft es, groß, dünn und (nicht von Natur aus) blond zu sein. Eine Spionin in der Welt der Wohlhabenden.
Es vergehen keine fünf Minuten, ehe Godfrey Millerhausen, immer noch allein, aufsteht, die Krawatte zurechtrückt, das Kinn reckt und den Gürtel justiert. In der Annahme, dass er nicht länger auf die Person warten möchte, mit der er gespeist hat, mache ich Anstalten, mich zu erheben, um ihm zu folgen, doch er steuert auf die Bar zu. Also tue ich ganz cool, nippe an meinem Wein, atme tief durch, drehe mich um, sehe ihn an und lächele fast unmerklich.
Sein Blick bleibt an mir hängen und er nickt.
»Jeremy?«, spricht er den Barkeeper an.
»Whiskey Sour?«
»Danke.«
»Er kennt Sie«, sage ich ganz beiläufig zu Millerhausen.
Er mustert mich und entgegnet mit sanfter Stimme: »Ich komme häufig hierher. Sie kenne ich allerdings nicht.«
»Bin zum ersten Mal hier.« Ich kichere, so wie andere Frauen das gelegentlich tun, und komme mir total blöd vor.
Er wirft einen Blick auf seine Uhr - eine fette Rolex mit einem Armband aus schweren Goldgliedern - und steckt dann die Hand in die Hosentasche. Mit einem Lächeln erklärt er: »Meine Begleitung telefoniert bereits seit zehn, fünfzehn Minuten. «
»Es heißt, beim Warten vergeht die Zeit langsamer.«
»Dem kann ich nur beipflichten.« Wieder in diesem samtweichen Tonfall. Er ist mir nicht unsympathisch, aber das spielt keine Rolle, denn ich bin ja im Auftrag seiner Frau hier.
»Diese abendlichen Geschäftsessen ...«, beginnt er und merkt dann, dass sein Bekannter an den Tisch zurückgekehrt ist. Mit einem angedeuteten Nicken und einem überaus charmanten Lächeln, das auf mich eher freundlich als anzüglich wirkt, geht er mit seinem Drink wieder an seinen Platz.
Der Mann, der ihm gegenüber sitzt, hat dickes stahlgraues Haar und ein stattliches Doppelkinn, das bei jeder Kopf bewegung hin und her wackelt. Ich kriege gerade noch mit, wie er sich bei Millerhausen entschuldigt, ehe seine Worte in der lautstarken Unterhaltung der anderen Gäste untergehen.
Während Godfrey die Rechnung begleicht, trinke ich meinen Wein aus, warte ein paar Minuten und folge dann den Männern nach draußen.
Gerade als ich aus dem Restaurant komme, steigt der grauhaarige Herr in ein Taxi. Ein Stück die Straße hinunter wartet Millerhausens Limousine mit laufendem Motor. Mit einem Handzeichen weist er den Chauffeur an, loszufahren, woraufhin sich der lange schwarze Wagen in den Verkehr einfädelt. Godfrey steckt die Hände in die Hosentaschen, biegt an der Ecke ab und geht zu Fuß Richtung Uptown und Park Avenue.
Ich nehme die Verfolgung auf, halte Distanz und fühle mich dank des Pashmina unsichtbar. Seine dezente Farbe kaschiert mein kleines Rotes, sodass ich auf der breiten, spärlich beleuchteten Straße nicht weiter auffalle. Dass es noch nicht allzu spät ist und genug gut betuchte Menschen unterwegs sind, erleichtert mir meine Aufgabe. Trotz der paar Worte, die wir gewechselt haben, hat Millerhausen an der Bar nicht wirklich von mir Notiz genommen - jedenfalls nicht so, wie triebgesteuerte Männer auf willige Frauen reagieren. Er hat mich irgendwie registriert, mit mir geplaudert und mich prompt wieder vergessen. Von daher bin ich mir ziemlich sicher, dass er mich nicht sofort erkennen würde, sollte er sich umdrehen.
Ohne einen Blick nach hinten zu werfen, schlendert er langsam und mit gesenktem Kopf sechs Blocks entlang, bis er zu einer grauen Markise gelangt, die sich um die Hausecke zieht. Kurzzeitig verschwindet er in einem diagonalen Schatten, ehe er wieder auftaucht und das Gebäude betritt. Von dem freundlich grüßenden Portier nimmt er keine Notiz. Marys Recherche zufolge ist 740 Park Avenue eine von New Yorks teuersten Adres sen. Vor zehn Jahren haben die Millerhausens sich hier eine Zweitwohnung für neun Millionen Dollar zugelegt. Marys exzessive Nachforschungen haben ergeben, dass das Apartment, dessen Nebenkosten sich im Monat auf zwölftausend Dollar belaufen, heute auf dem Markt locker zwanzig Millionen erzielen würde. Meiner Meinung nach hat Mary es etwas übertrieben, doch auf der anderen Seite schadet es auch nicht, dass sie uns über alles unterrichtet, was sie herausfindet.
Ich werfe einen Blick auf meine Uhr: 20:47. Nachdem ich die Uhrzeit in meinem Blackberry notiert habe, rufe ich Mac an.
»Er hat mit einem älteren Herrn zu Abend gegessen und ist allein nach Hause gegangen. Millerhausen wirkt auf mich ein bisschen verloren.«
»Was bringt dich denn auf die Idee?«
»Ich habe mit ihm gesprochen, an der Bar.«
»Worüber?«
»Nichts Besonderes.«
»Nimm ein Taxi und komm nach Hause.«
»So spät ist es noch nicht. Ich fahre mit der U-Bahn.«
»Nein, Karin, du nimmst ein Taxi. Die Kosten dafür kann ich Cathy Millerhausen in Rechnung stellen.«
Ich stelle mich an die Bordsteinkante, hebe den Arm, als wollte ich den Göttern der Park Avenue salutieren, und zeige genug Bein, um einen Aufruhr auszulösen. Drei Taxis halten auf mich zu und ich steige in das Fahrzeug ein, das mich zuerst erreicht.
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In dem Moment läuft Dathi an unserer Schlafzimmertür vorbei. Dem Anlass entsprechend - ihr kleiner Bruder kommt im Kindergarten in die nächste Gruppe - verzichtet sie heute auf ihre Röhrenjeans und trägt stattdessen Rock und Bluse. Der bevorstehende Empfang, festlich und auch ein wenig übertrieben, hat etwas von einer Abiturfeier, obwohl hier erst der Grundstein für eine Ausbildung gelegt wird, von der wir alle hoffen, dass sie mit dem College endet. Die Vorstellung, dass Ben nach der High School nicht aufs College geht, versetzt mich jedes Mal, wenn ich daran denke, in helle Aufregung, was mehr mit mir als mit ihm zu tun hat: Ich bin inzwischen vierzig, habe immer noch keinen College-Abschluss und glaube auch nicht mehr so recht daran, dass daraus noch etwas wird.
Barfuß und mit einem Paar schwarzen Ballerinas in der Hand kommt Dathi ins Zimmer. »Meine Schuhe passen mir nicht mehr.«
»Du schießt gerade wie Unkraut in die Höhe.« Auch ihre körperliche Entwicklung ist nicht zu übersehen - unter ihrer weißen Bluse zeichnen sich leichte Erhebungen ab. Ihr Gesicht hat sich allerdings kaum verändert, seit sie im vorletzten Winter aus Indien zu uns nach Brooklyn gekommen ist. Mit ihrem leicht gebräunten Teint und den dunklen Haaren ist sie eine wahre Augenweide.
»Ich komme da einfach nicht mehr rein.« Zur Demonstration lässt sie den linken Schuh fallen und versucht, ihren Fuß hineinzuzwängen.
»Hier, schau mal, ob die dir passen.« Ich reiche ihr die Sandalen mit den kleinen Absätzen, die ich für mich ausgesucht hatte.
»Nein, nicht die!«
»O doch. Keine Diskussion.«
Gutmütig schlüpft sie in meine Sandalen, die zwar ein bisschen zu groß sind, aber das muss gehen.
Mac wirft einen Blick auf seine Uhr und fragt: »Meinst du, ich kann noch kurz im Büro vorbeischauen, bevor wir uns auf den Weg machen? Mary braucht Hilfe und hat mir eine SMS
geschickt.«
»Kannst du das nicht von hier aus erledigen?«
»Karin, bis zum Büro sind es doch nur ein paar Schritte.«
»Zwanzig Minuten«, rufe ich meinem bereits den Flur hi nunterstürmenden Mann hinterher. »Wir klingeln dann.«
Dathi und ich sind eigentlich auch startklar. Während sie zum achten Mal an diesem Morgen ihre Facebook-Seite überfliegt, stelle ich die leeren Futternäpfe in die Küchenspüle. Wie immer dösen Jeff und Justin, unsere beiden einjährigen Kater, nach dem Frühstück auf der Couch. Ich streichele noch schnell über Jeffs orangenen Kopf und Justins seidigen schwarzen Schwanz. Jeff schnurrt leise im Schlaf.
An der Haustür warte ich auf Dathi.
»Fertig«, ruft sie und taucht endlich auf. Gemeinsam treten wir in den strahlenden Junimorgen hinaus. Die grünen Kronen der hohen alten Bäume spenden Schatten an diesem Frühsommertag, der warm zu werden verspricht. Die Bergen Street mit den alten Bürgersteigen, den Vordertreppen zu den rötlichbraunen Sandsteinhäusern und den großen Fenstern, die hier Wache zu halten scheinen, gleicht einem Stillleben.
Abgesehen von einer Dame, die uns entgegenkommt, ist die Straße wie ausgestorben. Selbst in unserer durchaus als gentrifiziert zu bezeichnenden Gegend wirkt die Frau in ihrer pinkfarbenen Bluse, der ordentlich gebügelten Hose und dem großen Diamantring reichlich deplatziert. Um diese Uhrzeit - das Heer der Berufstätigen, das in Manhattan arbeitet, ist längst verschwunden - begegnet man in diesem Viertel nicht solch elegant gekleideten Menschen. Bei denjenigen, die nicht in aller Herrgottsfrühe das Haus verlassen, handelt es sich größtenteils um Freiberufler in Jeans und mit zerzausten Haaren, Studenten oder Eltern, die gerade nicht arbeiten. Als uns nur noch ein paar Meter trennen, steigt mir der schwere Duft ihres Parfüms - eine exquisite Komposition aus Jasmin und Rosen - in die Nase, der mich kurz neidisch werden lässt, da ich mir so einen Luxus nicht leisten kann.
Sie geht auf das Haus zu, in dem sich MacLeary Investigations das Erdgeschoss mit einem selbstständigen Grafikdesigner teilt, und läutet. Dass sie zu Andre möchte, der nur äußerst selten vor zwölf Uhr mittags auftaucht, erscheint eher unwahrscheinlich, denn sein Kundenstamm ist längst nicht so vornehm. Und auch unsere Klienten gehören für gewöhnlich einer anderen Schicht an. Im Geiste gehe ich unseren Kalender durch. Soweit ich mich entsinne, ist Bens Feier der einzige Termin, der heute ansteht.
»Hallo?«, tönt Marys Stimme aus der Gegensprechanlage.
»MacLeary Investigations?«
»Ja.«
»Es tut mir leid, dass ich hier einfach so auftauche, aber ...«
»Warten Sie kurz, ich komme.«
Die Frau umklammert ihre Handtasche, wirft einen Blick nach hinten und entdeckt Dathi und mich. Aus Zeitgründen verzichte ich darauf, meinen Schlüssel aus der Tasche zu kramen, und warte stattdessen vor der Tür, bis Mac herauskommt.
»Hier ist kein Schild«, konstatiert sie. »Ich war mir nicht sicher, ob das die richtige Adresse ist.«
»Ja, das sollten wir schleunigst ändern«, platzte ich heraus und bereue auf der Stelle das wir. Obwohl ich mich energisch dagegen gewehrt habe, dass mein Name in der Firmenbezeichnung auftaucht, kann ich es nicht lassen, mich einzumischen. Wahrscheinlich wartet Mac nur darauf, dass ich klein beigebe und meine Mitarbeit offiziell verkünde. Und gelegentlich bin ich tatsächlich geneigt, ihm den Wunsch zu erfüllen, wäre da nicht die Sehnsucht, mich von dieser Art von Arbeit, die einen wie ein gefräßiges Tier verschluckt, durchkaut und wieder ausspuckt, endgültig zu verabschieden.
Ehe die Frau noch etwas sagen kann, geht die Tür auf. Und auf einmal hat sie diesen unsicheren Blick, den Menschen immer kriegen, wenn sie sich dazu durchgerungen haben, einen Privatdetektiv aufsuchen.
Mary zwinkert uns kurz zu, bevor sie dem unerwarteten Gast ein gewinnendes Lächeln schenkt. »Wie kann ich Ihnen helfen?« Die roten Stoff-Espadrilles, die sie für den Notfall unter dem Schreibtisch auf bewahrt, schauen unter ihren ausgefransten Schlaghosen hervor. Obwohl sie heute Morgen offenbar ihre braunen Haare gebürstet hat, wirkt sie ziemlich zerzaust.
Dann taucht Mac hinter ihr auf und fragt: »Alles in Ordnung? «
»Sind Sie ...«
Er reicht der Frau die Hand. »Mac MacLeary. Es tut mir leid ... Hatten wir einen Termin?« Er sieht zu Mary hinüber, die den Kopf schüttelt.
»Nein«, sagt die Frau, ohne seine Hand loszulassen, »ich bin Cathy Millerhausen. Bitte, entschuldigen Sie, normalerweise schneie ich nicht einfach so bei jemandem herein.«
»Im Moment passt es leider nicht, Mrs. Millerhausen. Ich bin gerade auf dem Sprung.«
»Bitte, es wird nicht lange dauern. Bitte.« Sie drückt seine Hand und sieht ihn flehend an. Auf ihrer Oberlippe bilden sich Schweißperlen. Ihre Verzweiflung ist deutlich spürbar und man kann förmlich sehen, wie ihr die Angst aus jeder Pore quillt.
»Wir könnten einen Termin für einen anderen Tag vereinbaren «, schlägt Mac vor.
»Bitte. Ich weiß, ich hätte vorher anrufen sollen, aber ich bin einfach so ... Ich bin ...«
Sein Blick wandert von Cathy Millerhausen zu mir. Einem Impuls folgend, lasse ich mich zu einem Zugeständnis hinreißen. Aus unerfindlichen Gründen habe ich Mitleid mit dieser Fremden, deren Probleme mich im Moment nicht kümmern sollten. »Falls du es schaffst, um elf dort zu erscheinen«, sage ich zu Mac, »wirst du bestimmt nichts verpassen.«
»Reichen fünfzehn Minuten?«, fragt er sie.
»Ich kann nicht abschätzen, wie lange so etwas normalerweise dauert.«
»Na, dann müssen wir uns eben sputen.« Mac tritt beiseite, damit sie eintreten kann.
»Viel Spaß!« Als Mary uns zuwinkt, fällt Mrs. Millerhausens Blick auf die Tätowierung in ihrer linken Hand: Ein Smiley von der Größe einer 25-Cent-Münze. Hätte Mary die rechte Hand gehoben, hätte unsere Besucherin eine Lotusblume gesehen. Bemerkenswerterweise verzieht Cathy Millerhausen keine Miene. Es braucht wohl mehr als eine lustige Tätowierung, um diese verzweifelte Frau in Erstaunen zu versetzen.
Mac macht einen Schritt in den dunklen Eingangsbereich und bittet Cathy Millerhausen herein. Im Schein der Neonröhre sieht ihre Haut alabasterfarben aus, was ihm draußen im grellen, alles nivellierenden Sonnenlicht gar nicht auffiel. Während sie krampf haft versucht, sich ein Lächeln abzuringen, tauchen kleine Fältchen neben ihren hellen Augen auf. Ihr verängstigter Blick geht ihm ganz schön unter die Haut.
»Mein Büro liegt am Ende des Flurs.« Er führt sie den schmalen Korridor hinunter, wo rechter Hand drei Büros abzweigen: zuerst Andres, ganz hinten Macs und dazwischen ein fensterloser Raum, den sich Karin und Mary teilen. Da die beiden Frauen erst später dazugestoßen sind und nur stundenweise arbeiten, wurde ihnen dieses unattraktive Büro zugeteilt, obwohl diese Art von Logik Mac eigentlich fremd ist. Als er sich hier einnistete, wurde der mittlere Raum noch von einer Dichterin genutzt. Er wirft einen kurzen Blick durch die offen stehende Tür. Mary sitzt bereits wieder am Computer und recherchiert.
Mac nimmt hinter seinem Schreibtisch Platz. Durch die geöffneten Fenster, vor denen grüne Büsche wuchern, dringt kühle Luft. Um das dunkle Erdgeschoss etwas freundlicher zu gestalten, hat der Vermieter das Büro in einem hellen Gelbton streichen lassen. Eine Deckenleuchte aus grauer Vorzeit taucht den Raum in ein warmes Licht. An der gegenüberliegenden Wand hängt ein gerahmtes Poster. Darauf ist ein offen stehendes Fenster mit Meerblick abgebildet, das ihn daran erinnern soll, dass das Leben nicht nur aus Arbeit besteht. Die sich auf dem Schreibtisch stapelnden Akten, die Mac über reale oder hypothetische Seitensprünge angelegt hat, erwecken fälschlicherweise den Eindruck, er hätte viel zu tun. Mit leidgeprüften Klienten kennt er sich inzwischen aus, und wenn er ehrlich ist, berührt ihr Kummer ihn heute nicht mehr so sehr wie früher. Dennoch wird er aller Wahrscheinlichkeit nach auch für diese betrübte Frau arbeiten, obwohl er lieber seinem Herzen folgen und den Auftrag ablehnen würde. Ohne Karins Zutun hätte er Cathy Millerhausen wahrscheinlich einfach wieder weggeschickt.
»Wie kann ich Ihnen helfen?«, beginnt er.
Wie sie ihm da so völlig verkrampft gegenübersitzt - der Rücken kerzengerade, die Hände auf dem Schoß gefaltet - verspürt er eine leichte Irritation.
»Es geht um meinen Mann.«
Er nickt.
»Ich glaube, er ist mir untreu.«
Natürlich, was denn sonst. »Erzählen Sie mehr.«
»Er hat seine erste Frau betrogen - mit mir.« Sie korrigiert sich. »Godfrey hat seine erste Frau wegen mir verlassen.« Sie errötet. »Von daher weiß ich, wozu er fähig ist.«
Mac hört aufmerksam zu. Das alles klingt nicht ungewöhnlich. Er lehnt sich zurück, macht es sich bequem. Sie zieht ihren Diamantring bis zum Fingergelenk vor, schiebt ihn zurück, dreht den Stein kurz nach unten und dann wieder nach oben, wo er das Licht einfängt und sie blendet.
»Ich glaube, Männer wie Godfrey sind immer untreu. Sie können nicht anders.«
»Was für eine Sorte Mann meinen Sie?«
»Sehr reiche und mächtige Männer.«
»Da Sie seine zweite Frau sind, gehe ich davon aus, dass er auf einen Ehevertrag bestanden hat.«
Sie nickt. »Allerdings hat mein Anwalt eine Klausel zu meinem Gunsten durchgeboxt: Falls Godfrey Armstrong Millerhausen während unserer Ehe eine sexuelle Beziehung zu einer anderen Frau eingeht, falls die Ehe mindestens fünf Jahre währt und der Ehebruch nach fünf Jahren uneingeschränkten Zusammenlebens erfolgt, ist der Ehevertrag null und nichtig.«
»Sind Sie seit fünf Jahren verheiratet?«
»Seit neun.«
»Wären Sie finanziell ruiniert, falls er auf die Einhaltung des Ehevertrags besteht?«
»So würde ich das nicht sagen, aber ohne ausreichende finanzielle Mittel bin ich in Zukunft nicht mehr in der Lage ...«
Er glaubt zu wissen, was kommt, und versucht, keine Miene zu verziehen: ... den Lebensstil beizubehalten, den ich gewöhnt bin.
Gnädige Frau, was interessiert es mich, ob Sie wie eine Königin leben können, denkt er, ehe er sich wieder auf sie konzentriert.
»... die Betreuung für unseren Sohn zu finanzieren. Wir haben Zwillinge und einer der beiden hat besonderen Förderungsbedarf. « Sie umklammert die eine Hand mit der anderen, bis ihre Knöchel weiß anlaufen.
Neugierig beugt Mac sich vor und fragt: »Was für Förderungsbedarf ?«
»Er ist geistig zurückgeblieben. Während der Schwangerschaft habe ich mir einen Virus zugezogen, durch den sich Ritchies Gehirn nicht normal entwickelt hat. Ansonsten sind die Jungs identisch. Oder wären es, meine ich. Sie sind acht. Bobby geht es gut, aber Ritchie ...« Sie verstummt.
»Dann braucht Bobby also keine besondere Betreuung?«
»Nein. Beide besuchen Privatschulen, aber die von Ritchie ist besonders teuer. Und die Therapeuten, die ihn außerhalb der Schule betreuen, kosten ein Vermögen. Dennoch sind sie nötig, damit er wenigstens minimale Fortschritte erzielt. Mit dem, was mir laut Ehevertrag zusteht, wäre ich nie und nimmer in der Lage, dies zu finanzieren.«
»Und Sie bezweifeln, dass Ihr Mann im Fall einer Scheidung für die Betreuung Ihres Sohnes auf kommt?«
»Mit hundertprozentiger Sicherheit kann ich das nicht sagen. Er interessiert sich nicht sonderlich für Ritchie, und ich bin davon überzeugt, dass er mir für den Virus die Schuld gibt, auch wenn das natürlich völlig irrwitzig ist. Aber so ist Godfrey nun mal: Irgendjemand hat immer Schuld und muss zur Rechenschaft gezogen werden.«
»Was bringt Sie auf die Idee, dass Ihre Ehe in Gefahr ist?«
»Sind Sie verheiratet, Mr. MacLeary?«
»Mac. Und ... ja. Sie sind meiner besseren Hälfte vorhin begegnet. «
»Ach, draußen vor der Tür ... die große Frau.«
»Karin. Wir arbeiten zusammen. Der Kindergarten veranstaltet heute eine kleine Feier, weil unser Sohn und seine Spielkameraden in die nächste Gruppe kommen«, meint Mac mit einem Blick auf seine Uhr und rutscht unruhig auf seinem Stuhl herum. Acht Minuten - mehr bleiben Mrs. Millerhausen nicht.
»Ich spüre es«, meint sie. »Zwischen uns läuft nicht mehr viel. Manchmal kommt es mir so vor, als hätte sein Interesse an mir und auch an den Jungs nachgelassen.«
»Sind Sie wirklich davon überzeugt, dass es eine andere Frau gibt?«
»Sicher bin ich mir nicht, aber ich würde mich wundern, wenn dem nicht so wäre. Sollte er mit dem Gedanken spielen, sich von mir scheiden zu lassen, brauche ich selbstverständlich Beweise, um den Ehevertrag anzufechten. Mehr, als das, was mir zusteht, will ich ja gar nicht. Ich bin nicht darauf aus, unsere Ehe zu retten ... soll er sich doch mit einer anderen Frau vergnügen ... So ist er nun mal gestrickt. Ich komme auch ohne ihn zurecht, aber meinen Jungs soll es an nichts mangeln. «
»Ich verstehe.«
»Wenn Ritchie auch in Zukunft betreut werden kann, muss ich mir seinetwegen wahrscheinlich keine Sorgen machen. Godfrey hat mal überlegt, ihn in einem Heim unterzubringen, aber allein der Gedanke bricht mir das Herz, Mr. MacLeary ... Mac. Waren Sie mal in so einer Einrichtung?«
»Nein.«
»Die sind grauenvoll. Auch wenn sie ›hochmodern‹ sind - oder mit was für anderen positiven Attributen sie werben - an so einem Ort liebt einen niemand. Niemand. Man ist allein, wird bis an sein Lebensende verwaltet.« Ihre Augen werden feucht. Ihre Verzagtheit geht Mac ungewöhnlich nah. »Wie soll ich es hinkriegen, dass Bobby ein ganz normales Leben führt und Ritchie gleichzeitig das kriegt, was er braucht? Zweiteilen kann ich mich leider nicht. Meines Erachtens geht das nur, wenn beide daheim sind ... bei mir.«
»Klingt schwierig.«
»Das ist es in der Tat. Und es kostet eine ganz schöne Stange Geld, aber mein Mann hat davon ja mehr als genug.« Sie schluckt schwer und bemüht sich, die Contenance zu wahren, als hätte sie bereits genug Tränen vergossen. Und dann beugt sie sich vor und sagt voller Bitterkeit: »Godfrey ist extrem wohlhabend. Sein Vermögen hat er zu gleichen Teilen geerbt und sich erarbeitet. Sollte er die Hälfte seines Besitzes verlieren, wäre er immer noch obszön reich. Ich werde Sie fürstlich entlohnen, wenn Sie mir die Beweise liefern, die ich brauche, um den Ehevertrag anzufechten. Werden Sie mir helfen?«
»Wieso ich?«
»Weil man Sie in unseren Kreisen nicht kennt.«
Er schnaubt verächtlich. »Entschuldigung, aber das klingt so ...«
»Ich bin mir durchaus bewusst, wie das klingt, und möchte mich dafür entschuldigen. Ich wollte damit sagen, dass wir in einer Welt leben, wo die Dinge auf eine ganz bestimmte Art und Weise gehandhabt werden. In unseren Kreisen besuchen alle dieselben Restaurants, heuern dasselbe Personal an. Wir essen alle das Gleiche und übernachten in denselben Hotels. Und - glauben Sie mir - wenn wir nach New York fahren, kommen wir nicht nach Brooklyn.«
»Sie schon.«
»Stimmt.«
»Wie haben Sie mich gefunden?«
»Ich bin im Internet über Sie gestolpert. Sie schienen den richtigen Background zu haben ... Expolizist, kleine Firma und Sie haben nicht mal ein Schild an der Tür, was ein weiterer Pluspunkt ist.«
»Und Sie haben telefonisch keinen Termin vereinbart, weil Sie fürchten, Godfrey könnte Ihre Telefonrechnung kontrollieren und Ihnen so auf die Schliche kommen.«
Als sie lächelt, tauchen wieder die Fältchen um ihre Augen auf, die sie nahbarer machen.
»Sie hätten sich den Weg sparen und mich von einer öffentlichen Telefonzelle aus anrufen können.«
»Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass es in Greenwich, Connecticut, keine einzige Telefonzelle gibt, die funktioniert? « Ihr Lachen - eine Mischung aus Verbitterung, Verletzlichkeit und Nonchalance - wirkt ansteckend und löst bei Mac einen Sinneswandel aus. Er erklärt sich bereit, ihr zu helfen und dafür zu sorgen, dass ihr Mann finanziell bluten muss.
Mac eilt an der Kirche vorbei, vor der eine Madonnenstatue steht, deren ungerührtem Blick nichts entgeht und der ihn jedes Mal verunsichert, was seiner katholischen Erziehung geschuldet ist. An diesem Vormittag ist aus dem angrenzenden Schulgebäude - wo heute eine städtische Grundschule untergebracht ist - kein Ton zu hören. Doch als er die Tür aufstößt, empfängt ihn ein Wirrwarr aus Kinderstimmen, das ihn wie immer fröhlich stimmt. Ein siebenjähriger Junge rast an ihm vorbei. Seine Turnschuhe hinterlassen schwarze Striemen auf dem auf Hochglanz polierten Fußboden. Als er um die Ecke flitzt und die Treppe hochsprintet, ruft er mit hoher Stimme: »Tschuldigung, Mister!«
Mac durchquert die Cafeteria mit den bemalten Betonziegelwänden, in der es vor dem Mittagessen mucksmäuschenstill ist. Über die hintere Treppe gelangt er in das Stockwerk, in dem die Räume des Kindergartens und der Vorschule untergebracht sind. Mac öffnet eine apfelgrüne Tür an der Blätter aus Zeichenpapier kleben, auf denen die Namen der Kinder stehen. Als er Bens Namen auf einem blauen Blatt entdeckt, rötet sich sein Gesicht vor Stolz.
Die Leiterin spricht vor einer Gruppe piekfein gekleideter Eltern, die sich auf Klappstühlen niedergelassen hat. Das leise Quietschen der Tür kündigt Macs Erscheinen an, worauf hin mehrere Besucher den Kopf drehen. Er hebt entschuldigend die Hand, erhascht Karins Blick. Sie schürzt die Lippen, und er muss grinsen, bis er merkt, dass sie ihm gar kein Luftküsschen schickt, sondern den Zeigefinger auf die Lippen legt und ihn damit ermahnt, leise zu sein. Die Feier ist schon in vollem Gang.
Kapitel 2
Mary Salter, die sich gerade die Hände waschen wollte, stürmt aus dem Büro-WC. Auf ihrem Handy klagt Mick Jagger voller Inbrunst I can't get no satisfaction. Das ist Fremonts Klingelton, der sich normalerweise nie während des Unterrichts meldet. Als er in die 4. Klasse kam und allein zur Schule ging, weil sie arbeiten musste und ihn nicht mehr begleiten konnte, kaufte sie ihm ein Handy. Und seit jenem Tag kriegt sie es jedes Mal mit der Angst zu tun, wenn er sie aus der Schule anruft, was zugegebenermaßen nur äußerst selten vorkommt.
Das Handy vibriert auf ihrem Schreibtisch und hüpft langsam zu dem Schreibblock hinüber, auf dem sie die Notizen zu Macs neue Klientin, Cathy Millerhausen, festhält.
»Bist du krank?«
»Hallo?«, fragt eine Mädchenstimme.
»Wer spricht da?«
Schweigen.
»Wieso haben Sie das Telefon meines Sohnes?«
»Wessen Telefon?«
»Das von meinem Sohn, Fremont. Warum ...«
»He, Free«, ruft sie, »ich hab' dein Telefon gefunden, die Kurzwahltaste 1 gedrückt, und jetzt behauptet da 'ne Lady, sie sei deine Mutter. Fang!«
Aus dem Handy dringt heiteres Gelächter, in das auch Fremont einstimmt, an dessen tiefe Stimmlage Mary sich immer noch nicht gewöhnt hat.
Das Mädchen legt auf und Marys Gedanken überschlagen sich. Sie erlebt mal wieder eine von diesen täglich wiederkehrenden, existenziellen Krisen, mit denen Eltern von Teenagern bestens vertraut sind. Sie drückt Fremonts Kurzwahltaste, wird sofort zur Mailbox umgeleitet und verzichtet darauf, eine Nachricht zu hinterlassen. Wozu auch? Fremont ist zwar ein guter Junge, aber erfahrungsgemäß ruft er nicht zurück. Sie wird es später noch mal versuchen, ihn ganz beiläufig nach dem Handy und dem Mädchen fragen und sich erkundigen, wie sein Tag so läuft.
Kopfschüttelnd klappt sie ihr Handy zu, legt es auf den Tisch, aber bringt es nicht über sich, das Gerät loszulassen. Freunde, darunter auch andere alleinerziehende Mütter, haben sie schon oft darauf hingewiesen, dass sie klammert. Doch wer kann schon nachvollziehen, was es bedeutet, in dieser Stadt als Weiße alleine einen dunkelhäutigen Teenagersohn aufzuziehen? Die Erfahrung hat Mary gelehrt, dass ein Junge mit einem weißen Elternteil - selbst im New York des einundzwanzigsten Jahrhunderts - immer noch als halbschwarz angesehen wird. Von dem Moment an, wo Fremont eine bestimmte Körpergröße erreichte, seine Stimmlage tiefer wurde und sich auf seiner Oberlippe leichter Flaum bildete, begannen die Menschen, einen großen Bogen um ihn zu machen. Zum ersten Mal fiel ihr das auf, als er irgendwann einmal vor ihr herlief. Seit jenem Tag achtet sie darauf, gelegentlich langsamer zu gehen, um ihre Theo rie zu überprüfen. Und sie wird regelmäßig bestätigt: Dieser charmante Junge, ihr über alles geliebter Sohn, gehört auch zum Stamm junger schwarzafrikanischer Männer, die von der Pubertät an als Bedrohung empfunden werden. Und so kommt es, dass sie sich jedes Mal Sorgen macht, wenn er - wie meistens - allein unterwegs ist.
Mary versucht noch mal, ihren Sohn zu erreichen, der wieder nicht ans Handy geht.
Sie schließt die Augen, atmet tief ein und ganz langsam aus. »Oooommmmmmmm.«
Da Andre im Zimmer nebenan ihr Tun mit lautem Gelächter quittiert, schnappt sie sich Karins weichen Stressball und wirft ihn quer durchs Zimmer. Er landet zwischen dem Konzertplakat von Adele und dem Dartboard, worauf hin einer der Pfeile mit lautem Knall auf den Boden fällt.
Im Nachbarzimmer knarzt ein Stuhl, dann ertönen im Flur Schritte und schon steckt Andre den Kopf durch die offen stehende Tür. Wie immer ist sein Walrossschnauzer, der sein Lächeln unterstreicht, perfekt gewachst. »Mittagessen?«
»Gib mir eine halbe Stunde. Ich möchte diese Recherche für Mac noch fertig machen.«
»Du findest doch nie ein Ende«, moniert Andre, der ihre Arbeitsweise kennt und weiß, dass sie obsessiv recherchiert. Sie gehört zu jenen Menschen, denen das Internet, allein durch seine Existenz, das Leben erleichtert und erschwert.
»Halbe Stunde, versprochen.«
Bislang hat Mary schon einiges herausgefunden: Godfrey Millerhausen, wohnhaft in Greenwich, Connecticut, und auf der Park Avenue in New York, ist der Erbe von Hauser International. Das Unternehmen nahm vor hundert Jahren mit einem Lebensmittelgeschäft in Ohio seinen Anfang und wuchs mit der Zeit zu einer landesweiten Supermarkt- und Spirituosenladenkette namens Hauser heran. 1925 wurde die Unternehmenszentrale von Akron nach Manhattan verlegt. Hauser überstand (laut Wikipedia) den Börsencrash und die große Depression unbeschadet, weil die Unternehmensführung sich damals entschied, Schnaps von Toronto nach Buffalo zu schmuggeln und die illegale Fracht dann mit dem Lkw direkt ins durstige New York zu schaffen. Nach dem Ende der Prohibition im Jahre 1933 wurde Hausers Spirituosengeschäft noch größer und finanziell erfolgreicher, da die Firma inzwischen den hiesigen Markt kontrollierte. Der einzige Unterschied für Hauser bestand darin, dass die Mitarbeiter sich nun keine Sorgen mehr machen mussten, am Ende eines ganz normalen Arbeitstages verhaftet zu werden. In den Siebzigerjahren wurden die beiden Geschäftszweige getrennt. Godfreys Vater übernahm den Lebensmittelbereich und überließ die Spirituosenkette seinem Bruder Dean, der sie später seinem Sohn Preston vermachte. Preston Millerhausen steht heute laut Forbes auf Platz siebenundzwanzig der Liste der reichsten Menschen der Welt. Godfrey Millerhausen findet man auf Platz zweiundneunzig. Oha, denkt Mary. Wie nimmt es ein Typ mit einem Vermögen von nur drei Milliarden Dollar auf, dass sein Cousin fast zwölf Milliarden besitzt? Wenn da mal an den Feiertagen keine Spannungen auf kommen ...
Solche Summen überfordern Marys Vorstellungskraft schlichtweg. Sie selbst wohnt in dem sich langsam gentrifizierenden Viertel Clinton Hill in Brooklyn und kann sich schon glücklich schätzen, eine mietpreisgebundene Wohnung gefunden zu haben. Während sie online die Ausgaben von Forbes, Business Week und Moneyedup liest, kann sie die Augen nicht vor der Tatsache verschließen, dass sie im Vergleich zu diesen Leuten zweifellos arm ist. Mrs. Millerhausen hat mit keiner Wimper gezuckt, als Mac sie darüber informierte, dass der Vorschuss zehntausend Dollar (doppelt so hoch wie sonst) beträgt und alle zwei Wochen weitere zehntausend Dollar fällig werden, bis der Fall abgeschlossen ist oder sie ihn feuert. Offenbar sind das für jemanden wie sie nur Peanuts. Er hätte zwanzigtausend verlangen und Mary eine Gehahltserhöhung geben sollen.
Ihr Finger drückt immer wieder energisch die Nach-unten Pfeiltaste, während sie einen Artikel durchscrollt mit dem Titel Milliardär im Profil: Godfrey Millerhausen. Darin steht, dass er aus ›gut betuchtem‹ Elternhaus stammt und nach seinem Abschluss an der Wharton Business School sein ererbtes Vermögen beträchtlich vermehren konnte. Er ist zum zweiten Mal verheiratet und hat drei Kinder: eine erwachsene Tochter aus erster Ehe und die Zwillinge aus der zweiten Verbindung.
Mary versucht abermals, Fremont zu erreichen. Vergeblich.
»Oooommmmmm.«
»Fertig?«, ruft Andre durch die Wand.
»Noch fünf Minuten.«
Für Mac stellt sie eine Liste zusammen mit Firmennamen, Büroadresse und Privatanschriften, Dan Stylos' Kontaktdaten - er ist der Geschäftsführer von Hauser Lebensmittel und offenbar Millerhausens engster Mitarbeiter - und Internetlinks, von denen Mary denkt, dass ihr Boss selbst einen Blick darauf werfen möchte. Bedauerlicherweise ist es ihr nicht gelungen, irgendetwas über die Exfrau, von der Millerhausen sich vor zehn Jahren getrennt hat, oder die erwachsene Tochter in Erfahrung zu bringen. So wie Mary Mac kennt, möchte er auf jeden Fall wissen, wo die erste Familie jetzt lebt und was sie treibt. Während sie ihre Schultertasche umhängt und in Andres Büro geht, fasst sie einen Entschluss. Falls Mac nach ihrer Mittagspause noch nicht zurück sein sollte, wird sie weiter recherchieren und versuchen, etwas über die beiden Frauen im Netz zu finden. Das Aufspüren von Personen ist ihre Spezialität, und Karin ist klar, dass Mac genau das von ihr erwartet. Warum also warten?
Dienstag, 26. Juni
Direkt gegenüber von 501 Madison Avenue, einem hohen Bürogebäude mit einem exklusiven Uhrengeschäft im Erdgeschoß, gähnt Mac. Wieder einmal wird ihm auf grausame Art und Weise vor Auge geführt, wie langsam die Zeit beim Warten verstreicht. Seit exakt zwei Stunden und sieben Minuten beobachtet er nun schon den Wolkenkratzer, in dem die beiden Geschäftszweige von Hauser International auf acht Stockwerken verteilt sind. Er überlegt, wie viele Stunden er im Lauf der Jahre mit Observierungen verbracht hat - Hunderte, wenn nicht gar Tausende. Muss er vor einem Gebäude stehen oder auf und ab gehen, wünscht er sich immer, sitzen zu können. Wenn er sitzt, würde er nichts lieber tun als sich zu bewegen. Egal, wie es ist, es ist verkehrt. Die grenzenlose Langeweile verdeutlicht ihm auch noch einmal, wie sehr er die Überwachung von untreuen oder besser gesagt vermeintlich untreuen Ehemännern hasst. Empathie, mahnt er sich selbst. Du hast eine zahlende Klientin, die in deinen Augen aus unerfindlichen Gründen etwas Besonderes ist. Also, zeig ein bisschen Mitgefühl.
Ein brauner UPS-Lieferwagen hält vor dem Eingang des Uhrengeschäfts. Mac wirft einen Blick auf seine Armbanduhr, als hoffe er, sie ginge schneller, was natürlich nicht der Fall ist. Seit sieben Uhr in der Früh harrt er hier aus. Da er die Gewohnheiten der Zielperson ja noch nicht einschätzen kann, legt er am ersten Tag einer Observierung immer zeitig los. Was ein Fehler war, denn bislang ist Godfrey Millerhausen noch nicht aufgetaucht. Daraus schließt Mac, dass der Mann wahrscheinlich in Greenwich und nicht in dem Apartment an der Park Avenue übernachtet hat. In vierundzwanzig Stunden werden sie deutlich mehr über Millerhausens Tagesablauf wissen. Und Mac hofft inständig, dass ihm das Glück hold ist und er schon heute Abend mit den Beweisen aufwarten kann, die Mrs. Millerhausen von ihm möchte.
Gerade als er sich den dritten Becher Kaffee genehmigt, fährt eine schwarze Limousine vor 501 Madison Avenue vor und Godfrey Millerhausen steigt aus. Demnach kommt der Chef erst nach den Sekretärinnen, die bereits gegen neun Uhr eintreffen, aber noch vor den Freiberuflern, die gegen zehn Uhr anfangen.
Millerhausen, der eigentlich ganz gut aussieht, trägt einen sündhaft teuren Sommeranzug, eine modische Kurzhaarfrisur und ist deutlich imposanter, als Macs Klientin ihn beschrieben hat. Er ist größer und dünner als Mac. Aus der Entfernung kann Mac die Augenfarbe des Mannes nicht erkennen. Sollte diese Info von Bedeutung sein, wovon er allerdings nicht ausgeht, kann Mary diesen Punkt klären.
Mac öffnet den Kalender in seinem Blackberry und notiert das Kennzeichen der Limousine und die Ankunftszeit -
9:19 Uhr. Dafür, dass er bereits gut zwei Stunden auf der Lauer gelegen hat, ist er mit seinem derzeitigen Erkenntnisstand überhaupt nicht zufrieden, doch in der Vergangenheit ist es durchaus schon vorgekommen, dass Mac einen ganzen Tag mit Warten verbrachte und die Zielperson überhaupt nicht zur Arbeit kam, sondern stattdessen irgendwo anders ein Schäferstündchen einlegte. Um kurz nach halb eins verlässt Millerhausen das Gebäude in Begleitung eines Mannes in Anzug und Krawatte. Sein Begleiter ist kleiner, kräftiger und hat grau-braun meliertes Haar. Mac holt seinen Blackberry heraus und sucht ein Foto von dem Geschäftsführer Dan Stylos, das Mary ihm vor ein paar Minuten zugemailt hat. Bingo! Die beiden ins Gespräch vertieften Männer schlendern langsam zu einem Restaurant auf der 53th Street und kehren dort ein. Mit knurrendem Magen studiert Mac die ausgehängte Speisekarte: Hamburger zu fünfunddreißig, Salate zu dreißig und Cappuccino zu zehn Dollar. Dieser Spätjunitag hat es, was die Temperaturen angeht, in sich und als die beiden Männer anderthalb Stunden später das Restaurant verlassen, ist das Thermometer auf siebenundzwanzig Grad geklettert und Macs Hemdrücken feucht. Er folgt ihnen zur Madison Avenue, beobachtet, wie sie das Gebäude betreten, und flüchtet sich für einen Moment in den herrlich klimatisierten Crumbs Bake Shop nebenan, wo er der Frau mit dem schwarzen Haarnetz und der fleckigen weißen Schürze nicht mehr sagen muss, dass er einen kalten Kaffee mit Eiswürfeln möchte. Er bestellt noch einen Vanille-Kokosnuss-Cupcake und kehrt dann auf seinen Posten auf dem Gehweg zurück.
Um 17:23 Uhr hält die Limousine abermals vor dem Gebäude und wartet mit laufendem Motor. Knapp zwanzig Minuten später nimmt Godfrey auf der Rückbank Platz. Mac tritt auf die Straße und winkt eins der zahllosen gelben Taxis heran. Am frühen Abend besteht ihre Kundschaft vorwiegend aus Abteilungsleitern, die es sich zwar leisten können, nicht mit der U-Bahn zu fahren, aber auf die Art von Fortbewegung verzichten müssen, die Millerhausen zur Verfügung steht. Dass Mac nicht den geringsten Schimmer hat, wohin es gehen soll, schert ihn wenig. Er kann die Taxifahrt Cathy Millerhausen in Rechnung stellen, hat den ganzen Abend Zeit und ist hocherfreut, endlich sitzen zu dürfen.
Der Berufsverkehr auf dem Cross Bronx Expressway ist mörderisch und bessert sich erst, als sie mit zwei Wagenlängen Abstand hinter der Limousine auf der Interstate 87 nach Norden kriechen. Anscheinend fahren sie zu dem Haus in Connecticut, in dem Millerhausen mit Cathy und den Zwillingen lebt. Die Vorstellung, wie lang sich die Fahrt in diesem nach verschütteter Limonade riechenden Taxi hinziehen wird, begeistert Mac nicht gerade. Wie vertreiben sich reiche Typen wie Millerhausen eigentlich die Zeit, während normale Menschen einfach warten müssen? Wenn man so viel Geld hat, dass man sich alles leisten kann, was einem in den Sinn kommt, tut man es dann auch? Der Privatdetektiv spielt im Geist all die Möglichkeiten durch, die einem Milliardär zur Verfügung stehen. Er malt sich aus, wie Millerhausen mit ausgestreckten Beinen in seiner bequemen Limousine sitzt, sich einen Drink genehmigt und auf dem Flachbildfernseher ein Spiel der Yankees anschaut.
Ali Hussein Muhammad al-Adzhari (so heißt der Taxifahrer laut dem auf dem Armaturenbrett befestigten Ausweis) mustert Mac im Rückspiegel. »Machen Sie das jeden Tag?«
»Ich bin doch nicht verrückt.«
Als urplötzlich ein Rap-Song aus dem Radio dröhnt, ächzt Ali und schaltet 1010 WINS ein, wo gerade die Nachrichten laufen:
»Wetterchaos im Juni: Vor der Nordwestküste Floridas braut sich ein Hurrikan zusammen!«
»Dramatischer Absolventenrückgang an amerikanischen Highschools!«
»Stellvertretender Football-Trainer für schuldig befunden, über zwanzig Jahre Kinder an der Penn State missbraucht zu haben!«
»Killerbienenterror in Südmexiko. Erstes Todesopfer in eigenem Haus gefunden!«
»Suche nach dem vermissten Teenager aus Harrisburg, Pennsylvania, wird personell aufgestockt! Der Vater sagt: ›Wir hoffen immer noch, sie lebend zu finden!‹«
Mac beugt sich vor: »Könnten Sie einen anderen Sender einschalten? «
Ali wählt einen Musiksender, wo gerade eine originalgetreue Coverversion eines Joni-Mitchell-Klassikers läuft, den Mac früher einmal sehr gemocht hat.
»Danke«, meint Mac.
»Keine Ursache.«
Mac schließt die Augen und als er sie wieder öffnet, rollen sie über den baumbestandenen Hutchinson Parkway und fädeln sich in die Ausfahrt nach Rye Brook und Greenwich ein.
Schlagartig wirken die Straßen fast wie ausgestorben. Die wenigen Fahrzeuge, die man noch sieht, sind durch die Bank die allerneuesten Modelle der Premiumhersteller. Sie schlängeln sich durch idyllische Seitenstraßen mit so passenden Namen wie Riversville Road und Meadow Lane, bis sie in die Zaccheus Lane biegen und sich nun direkt hinter Müllerhausens Limousine befinden. Mac muss laut lachen. Er hat als Kind einen Bibelkreis besucht und erinnert sich an die Geschichte von Zacchaeus oder Zachäus, dem Zollpächter, der auf einen Maulbeerfeigenbaum geklettert ist, um Jesus besser sehen zu können. Das A aus dem Namen zu streichen und diese Straße Zaccheus zu nennen, hilft nicht. Greenwich ist eine der reichsten Städte Amerikas und das Letzte, was diese Menschen hier draußen sehen möchten, ist ein Zollpächter. Oder ein Privatdetektiv.
Die Limousine fährt in den Ashton Drive und rollt dann auf eine Auffahrt.
»Halten Sie hier«, bittet Mac Ali.
Das Taxi bleibt vor zwei Steinsäulen stehen. In einen Pfeiler ist der Name Ashton Manor eingemeißelt.
»Ist das Ihr Haus?«
»Machen Sie Witze?«
»Was weiß ich denn?«
»Parken Sie bitte hinter diese Bäume da und schalten Sie den Motor aus.«
Mac steigt aus, lässt die Tür einen Spaltbreit offen stehen und nähert sich auf leisen Sohlen einer Stelle, von wo aus er die lange, von Hecken gesäumte Zufahrt sehen kann, die vor dem Backsteinanwesen einen Halbkreis beschreibt. Die Limousine hält vor dem mächtigen weißen Portikus. Das Haus verfügt über riesige Sprossenfenster und vier Schornsteine, die aus dem Schindeldach ragen.
Kaum ist Millerhausen eingetreten, schließt sich hinter ihm die Tür.
»Was nun?«, fragt Ali, der auf einmal hinter Mac steht.
»Wir warten.«
»Wie lange?«
»Keine Ahnung.«
»Ihnen ist aber schon bewusst, was Sie das kosten wird, oder?«
»Sie meinen, was es ihn kosten wird.« Mac deutet mit dem Kopf auf das Haus.
Ali grinst. Seine schiefen gelben Zähne sehen aus, als hätte sie ihm jemand in den Mund gerammt. »Sie sind irre, Mann.«
Sie warten eine Stunde. Zwei. Drei. Als in dem Anwesen das Licht gelöscht wird, kommt Mac zu dem Schluss, dass Millerhausen nicht mehr wegfahren wird und er sich endlich auf den Heimweg machen kann.
Mittwoch, 27. Juni
In meinem kleinen Schwarzen, vielmehr ein kleines Rotes, das ich nur bei Observierungen trage, bedanke ich mich mit einem Nicken bei dem livrierten Portier, der mir die Tür vom Daniel's auf hält. Mac zufolge ist Millerhausen vor exakt fünfzig Minuten in diesem Restaurant eingetroffen. Aus dem Augenwinkel heraus beobachte ich, wie mein Mann an diesem lauen Sommerabend die 65th Street hinunter Richtung Park Avenue geht. Heute Abend darf er sich daheim ausruhen, während ich Millerhausen observiere.
Der Oberkellner, ein runzeliger Herr in schwarzem Anzug, begrüßt mich mit dem für seinen Berufsstand typisch steifen Lächeln. »Wie kann ich Ihnen helfen, Madam?«
Ich lächele genauso frostig zurück. »Ich treffe einen Freund an der Bar. Er hat mich gebeten, um sieben Uhr hier zu sein.«
»Es ist viertel vor sieben.«
»Ach ja?«
»Sein Name?«
»Er hat mich gebeten, seinen Namen nicht zu nennen.« Ich lächele kokett und gebe ihm zu verstehen, dass dieser Herr ein heimliches Date mit seiner Geliebten hat. Der Oberkellner mustert meinen kamelfarbenen Pashmina, als wisse er, dass ich ihn für fünf Dollar bei einem Straßenhändler ergattert habe.
»Bitte.«
Ich folge ihm durch mehrere, von Bögen und griechischen Säulen eingefasste Räume mit bernsteinfarbenen Wänden, dicken Teppichen, weiß gedeckten Tischen und dunklen Lackstühlen. Schwarz gekleidetes Personal schwebt leise durch das weitläufige Restaurant wie eine Legion diensteifriger, unsichtbarer Geister, deren einziges Ziel es ist, den Gästen zu dienen und ihnen jeden Wunsch zu erfüllen. Gerade so, als würden sie nur hier existieren und nach ihrer Schicht nicht in Turnschuhen in die Bronx, nach Brooklyn, Queens oder gar Staten Island fahren. Während ich zur Bar geführt werde, vorbei an Menschen, die alle aussehen, als würden sie eine Rolle spielen, lasse ich meinen Blick über die adrett frisierten Häupter und Kaschmir- rücken schweifen ... bis ich ihn entdecke, allein an einem Tisch, auf dem zwei halb volle Teller stehen.
Dass Godfrey Millerhausens Tisch so dicht an der Bar steht, bringt mich aus dem Konzept. Ich versuche, die Ruhe zu bewahren, damit ich kein Herzrasen kriege oder rot werde. Du darfst nicht in Schweiß ausbrechen, du darfst keinen roten Kopf kriegen, du darfst dir nicht anmerken lassen, dass du eigentlich nicht in diese Welt gehörst.
In Realität ist er attraktiver als auf den Fotos: Er wirkt nicht wie achtundvierzig, sondern deutlich jünger, und sieht aus, als wäre er frisch rasiert und käme direkt vom Friseur. Seine Seidenkrawatte changiert in dem gelbraunen Licht, seine Augen glänzen ... aber vielleicht bilde ich mir das alles auch nur ein. Er spielt mit seinem Ehering. Auf wen wartet er wohl? All dies erfasse ich mit einem Blick, der ihn nur kurz streift.
Cathy Millerhausen braucht ein Foto, das mehr zeigt als ein Treffen mit einer Geschäftspartnerin oder Bekannten. Ein verstohlener Kuss. Eine Hand, die unter dem Tisch ein Knie berührt. Oder dieses gewisse Lächeln.
Von der eleganten Bar aus habe ich einen erstklassigen Blick auf Godfreys Hinterkopf. Von hier aus kann ich auch die Person sehen, auf die er wartet. Der Oberkellner zieht einen freien Barhocker vor und fordert mich auf, Platz zu nehmen.
Er nickt höflich. Ich nicke höflich. Und dann verschwindet er.
Den Pashmina lasse ich auf die kleine Lehne gleiten. Da ich es nicht gewöhnt bin, zehn Zentimeter hohe Lacklederpumps zu tragen, freut es mich, endlich sitzen zu dürfen. In einem Anflug von Nonkonformismus streife ich einen Stiletto ab und fahre mit der nackten Sohle über die unterste Sprosse des Hockers, ehe ich meinen Fuß wieder in den Schuh zwänge.
»Haben Sie auch offenen Weißwein?«, frage ich den nachsichtig lächelnden Barkeeper, der sich sofort daran macht, die Sorten aufzuzählen.
»Danke, ich nehme den Pinot Grigio«, unterbreche ich ihn.
Der leichte Wein ist genau richtig temperiert. Das Kinn in eine Hand und den Ellbogen auf die Theke gestützt schlüpfe ich in die Rolle der entspannten Geliebten, die auf ihren Liebhaber wartet, und richte den Blick auf Godfrey. In Situationen wie diesen hilft es, groß, dünn und (nicht von Natur aus) blond zu sein. Eine Spionin in der Welt der Wohlhabenden.
Es vergehen keine fünf Minuten, ehe Godfrey Millerhausen, immer noch allein, aufsteht, die Krawatte zurechtrückt, das Kinn reckt und den Gürtel justiert. In der Annahme, dass er nicht länger auf die Person warten möchte, mit der er gespeist hat, mache ich Anstalten, mich zu erheben, um ihm zu folgen, doch er steuert auf die Bar zu. Also tue ich ganz cool, nippe an meinem Wein, atme tief durch, drehe mich um, sehe ihn an und lächele fast unmerklich.
Sein Blick bleibt an mir hängen und er nickt.
»Jeremy?«, spricht er den Barkeeper an.
»Whiskey Sour?«
»Danke.«
»Er kennt Sie«, sage ich ganz beiläufig zu Millerhausen.
Er mustert mich und entgegnet mit sanfter Stimme: »Ich komme häufig hierher. Sie kenne ich allerdings nicht.«
»Bin zum ersten Mal hier.« Ich kichere, so wie andere Frauen das gelegentlich tun, und komme mir total blöd vor.
Er wirft einen Blick auf seine Uhr - eine fette Rolex mit einem Armband aus schweren Goldgliedern - und steckt dann die Hand in die Hosentasche. Mit einem Lächeln erklärt er: »Meine Begleitung telefoniert bereits seit zehn, fünfzehn Minuten. «
»Es heißt, beim Warten vergeht die Zeit langsamer.«
»Dem kann ich nur beipflichten.« Wieder in diesem samtweichen Tonfall. Er ist mir nicht unsympathisch, aber das spielt keine Rolle, denn ich bin ja im Auftrag seiner Frau hier.
»Diese abendlichen Geschäftsessen ...«, beginnt er und merkt dann, dass sein Bekannter an den Tisch zurückgekehrt ist. Mit einem angedeuteten Nicken und einem überaus charmanten Lächeln, das auf mich eher freundlich als anzüglich wirkt, geht er mit seinem Drink wieder an seinen Platz.
Der Mann, der ihm gegenüber sitzt, hat dickes stahlgraues Haar und ein stattliches Doppelkinn, das bei jeder Kopf bewegung hin und her wackelt. Ich kriege gerade noch mit, wie er sich bei Millerhausen entschuldigt, ehe seine Worte in der lautstarken Unterhaltung der anderen Gäste untergehen.
Während Godfrey die Rechnung begleicht, trinke ich meinen Wein aus, warte ein paar Minuten und folge dann den Männern nach draußen.
Gerade als ich aus dem Restaurant komme, steigt der grauhaarige Herr in ein Taxi. Ein Stück die Straße hinunter wartet Millerhausens Limousine mit laufendem Motor. Mit einem Handzeichen weist er den Chauffeur an, loszufahren, woraufhin sich der lange schwarze Wagen in den Verkehr einfädelt. Godfrey steckt die Hände in die Hosentaschen, biegt an der Ecke ab und geht zu Fuß Richtung Uptown und Park Avenue.
Ich nehme die Verfolgung auf, halte Distanz und fühle mich dank des Pashmina unsichtbar. Seine dezente Farbe kaschiert mein kleines Rotes, sodass ich auf der breiten, spärlich beleuchteten Straße nicht weiter auffalle. Dass es noch nicht allzu spät ist und genug gut betuchte Menschen unterwegs sind, erleichtert mir meine Aufgabe. Trotz der paar Worte, die wir gewechselt haben, hat Millerhausen an der Bar nicht wirklich von mir Notiz genommen - jedenfalls nicht so, wie triebgesteuerte Männer auf willige Frauen reagieren. Er hat mich irgendwie registriert, mit mir geplaudert und mich prompt wieder vergessen. Von daher bin ich mir ziemlich sicher, dass er mich nicht sofort erkennen würde, sollte er sich umdrehen.
Ohne einen Blick nach hinten zu werfen, schlendert er langsam und mit gesenktem Kopf sechs Blocks entlang, bis er zu einer grauen Markise gelangt, die sich um die Hausecke zieht. Kurzzeitig verschwindet er in einem diagonalen Schatten, ehe er wieder auftaucht und das Gebäude betritt. Von dem freundlich grüßenden Portier nimmt er keine Notiz. Marys Recherche zufolge ist 740 Park Avenue eine von New Yorks teuersten Adres sen. Vor zehn Jahren haben die Millerhausens sich hier eine Zweitwohnung für neun Millionen Dollar zugelegt. Marys exzessive Nachforschungen haben ergeben, dass das Apartment, dessen Nebenkosten sich im Monat auf zwölftausend Dollar belaufen, heute auf dem Markt locker zwanzig Millionen erzielen würde. Meiner Meinung nach hat Mary es etwas übertrieben, doch auf der anderen Seite schadet es auch nicht, dass sie uns über alles unterrichtet, was sie herausfindet.
Ich werfe einen Blick auf meine Uhr: 20:47. Nachdem ich die Uhrzeit in meinem Blackberry notiert habe, rufe ich Mac an.
»Er hat mit einem älteren Herrn zu Abend gegessen und ist allein nach Hause gegangen. Millerhausen wirkt auf mich ein bisschen verloren.«
»Was bringt dich denn auf die Idee?«
»Ich habe mit ihm gesprochen, an der Bar.«
»Worüber?«
»Nichts Besonderes.«
»Nimm ein Taxi und komm nach Hause.«
»So spät ist es noch nicht. Ich fahre mit der U-Bahn.«
»Nein, Karin, du nimmst ein Taxi. Die Kosten dafür kann ich Cathy Millerhausen in Rechnung stellen.«
Ich stelle mich an die Bordsteinkante, hebe den Arm, als wollte ich den Göttern der Park Avenue salutieren, und zeige genug Bein, um einen Aufruhr auszulösen. Drei Taxis halten auf mich zu und ich steige in das Fahrzeug ein, das mich zuerst erreicht.
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg
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Autoren-Porträt von Kate Pepper
Kate Pepper wurde in Frankreich geboren. Sie wuchs in Massachusetts und New York auf, wo sie sich mit verschiedenen Jobs über Wasser hielt. Heute lebt sie mit ihrem Mann, einem Filmproduzenten, und ihren zwei Kindern als Schriftstellerin in New York und gibt in ihrer Freizeit Kurse in kreativem Schreiben.
Bibliographische Angaben
- Autor: Kate Pepper
- 2013, 1, 368 Seiten, Masse: 14,3 x 22 cm, Geb. mit Su.
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3863653963
- ISBN-13: 9783863653965
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