Der schönste Fehler meines Lebens
Roman
Meg soll Trauzeugin sein: für Lucy und Ted. Aber Meg hegt grosse Zweifel, und Lucy cancelt daraufhin die Hochzeit. Jetzt ist Meg der Sündenbock. Am liebsten würde sie einfach abhauen. Doch dann kommen sie und Ted sich immer näher.
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Produktinformationen zu „Der schönste Fehler meines Lebens “
Meg soll Trauzeugin sein: für Lucy und Ted. Aber Meg hegt grosse Zweifel, und Lucy cancelt daraufhin die Hochzeit. Jetzt ist Meg der Sündenbock. Am liebsten würde sie einfach abhauen. Doch dann kommen sie und Ted sich immer näher.
Lese-Probe zu „Der schönste Fehler meines Lebens “
Der schönste Fehler meines Lebens von Susan Elizabeth PhillipsKapitel 1
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Viele Bewohner von Wynette, Texas, waren der Ansicht, dass Ted Beaudine eine schlechte Partie machte. Schließlich war die Brautmutter nicht mehr die Präsidentin der Vereinigten Staaten. Cornelia war seit über einem Jahr nicht mehr im Amt. Und Ted Beaudine war immerhin Ted Beaudine.
Die jüngeren Einwohner hätten ihn am liebsten an der Seite eines Rockstars mit vielen Goldenen Schallplatten gesehen, doch diese Chance hatte er bereits gehabt und vorübergehen lassen. Ditto, Filmdiva und Modefreak. Die meisten jedoch fanden, er hätte sich eine Frau aus der Welt des Profisports suchen sollen, am besten eine aus der LPGA, der Turnierserie im professionellen Damengolf. Tatsache war aber, dass Lucy Jorik überhaupt nicht Golf spielte.
Das hielt die geschäftstüchtigen Händler vor Ort jedoch nicht davon ab, die Porträts von Lucy und Ted auf eine spezielle Golfballedition zu drucken. Die Dellen sorgten allerdings dafür, dass sie zu schielen schienen, weshalb die meisten Touristen, die in die Stadt drängten, um einen Blick auf die Festlichkeiten des Wochenendes zu erhaschen, den schmeichelhafteren Golfhandtüchern den Vorzug gaben. Zu den weiteren Bestsellern gehörten Teller und Tassen, die an diesen Tag erinnern sollten und in Massen von den Senioren der Stadt hergestellt wurden. Deren Erlös sollte dann den Renovierungsarbeiten der von einem Brand beschädigten Stadtbibliothek von Wynette zugutekommen.
Als Heimatstadt der beiden bedeutendsten Profigolfspieler war man in Wynette, Texas, an den Anblick von Promis auf
den Straßen gewöhnt, wenn auch nicht an eine frühere Präsidentin der Vereinigten Staaten. In einem Radius von achtzig Kilometern war jedes Hotel und Motel mit Politikern, Sportlern, Filmstars und Staatsoberhäuptern belegt. Überall waren Agenten des Secret Service aufgetaucht, und im Roustabout nahmen viel zu viele Journalisten die begehrten Thekenplätze in Beschlag. Aber da die örtliche Wirtschaft nur auf einen Industriezweig bauen konnte, erlebte die Stadt gerade harte Zeiten, und die Bürger von Wynette freuten sich auf gute Geschäfte. Besonders einfallsreich waren die Leute vom Kiwanis Club mit ihrem Verkauf von nicht überdachten Sitzplätzen, direkt gegenüber der Wynette Presbyterian für jeweils zwanzig Dollar.
Für die breite Allgemeinheit war es ein Schock gewesen, dass die Braut für die Trauungszeremonie die texanische Kleinstadt gewählt hatte, anstatt am Beltway von Washington ihre Hochzeit zu feiern, aber Ted war nun mal durch und durch ein Junge aus Hill Country, und für die Einheimischen hatte schon immer festgestanden, dass er nirgendwo anders heiraten würde. Unter ihren wachsamen Augen war er zu einem Mann herangereift, und sie kannten ihn so gut, wie sie ihre eigenen Familien kannten. Keine Menschenseele in der Stadt hätte etwas Böses gegen ihn vorzubringen gewusst. Selbst seine Exfreundinnen trauerten ihm noch immer hinterher. Ein solcher Mann war Ted Beaudine.
Meg Koranda mochte zwar die Tochter eines Hollywood-Stars sein, doch sie war auch pleite, obdachlos und verzweifelt und demzufolge nicht gerade in der Stimmung, auf der Hochzeit ihrer besten Freundin die Brautjungfer zu spielen. Und dies auch schon deshalb nicht, da ihre beste Freundin ihrer Meinung nach den schwersten Fehler ihres Lebens beging, indem sie den Liebling aller Bewohner von Wynette, Texas, heiratete.
Lucy Jorik, die zukünftige Braut, schritt den Teppich ihrer Suite im Wynette Country Inn ab, in der sich ihre illustre Familie für die Festlichkeiten eingemietet hatte. »Sie werden es mir nicht ins Gesicht sagen, Meg, aber in dieser Stadt sind alle der festen Überzeugung, dass Ted eine schlechte Partie macht!«
Lucy sah so aufgewühlt aus, dass Meg sie am liebsten in den Arm genommen hätte. Sie suchte selber Trost, doch sie nahm sich fest vor, ihre verzweifelte Freundin nicht auch noch mit ihren eigenen Problemen zu belasten. »Eine interessante Schlussfolgerung, die diese Landeier ziehen, wenn man bedenkt, dass du bloß die älteste Tochter der früheren Präsidentin der Vereinigten Staaten bist. Nicht gerade ein Niemand.«
»Adoptivtochter. Ich meine es ernst, Meg. Die Leute in Wynette horchen mich regelrecht aus. Jedes Mal, wenn ich ausgehe.«
Das war nicht unbedingt eine neue Information, denn Meg telefonierte mit Lucy mehrmals die Woche, doch hatten die Anrufe ihr nichts von den Zornesfalten verraten, die sich offenbar dauerhaft auf Lucys Stirn gebildet hatten. Meg zupfte an einem ihrer Silberohrringe, die ein Schmuckstück der Sung-Dynastie waren - oder auch nicht -, je nachdem, ob sie dem Rikschafahrer in Shanghai Glauben schenkte, der sie ihr verkauft hatte. »Ich würde sagen, du bist mehr als eine gute Partie für die guten Bürger von Wynette.«
»Es ist einfach zermürbend «, sagte Lucy. »Sie bemühen sich ja, zurückhaltend zu sein, aber ich kann nicht die Straße entlanggehen, ohne dass mich jemand anhält und fragt, ob ich zufällig wisse, in welchem Jahr Ted die U. S. Amateur Golf Championship gewonnen hat oder wie viel Zeit zwischen seinem Bachelor und seinem Masterabschluss verstrichen ist -eine Trickfrage, weil er beide zusammen gemacht hat.«
Meg war vom College geflogen, bevor sie auch nur einen Abschluss in der Tasche hatte, weshalb die Vorstellung, gleich
zwei auf einmal zu bekommen, ihr mehr als nur ein bisschen verrückt vorkam. Aber Lucy steigerte sich manchmal auch ein wenig zu sehr in etwas hinein. »Es ist eine neue Erfahrung, mehr nicht. Dass sich mal nicht alle lieb Kind bei dir machen.«
»Also, die Gefahr besteht wirklich nicht, das kannst du mir glauben.« Lucy schob sich eine Locke ihres hellbraunen Haars hinters Ohr. »Auf einer Party vergangene Woche hat mich eine Frau so ganz beiläufig, als würde man ein derartiges Gespräch bei einem Drink und ein paar Häppchen führen, gefragt, ob ich zufällig Teds IQ wisse, was ich nicht tat. Da ich allerdings vermutete, dass sie selbst es auch nicht wusste, sagte ich hundertachtunddreißig. Aber, nicht doch ... Ein gewaltiger Fehler, wie sich herausstellte. Offenbar brachte es Ted bei seinem letzten Test auf hunderteinundfünfzig. Und wenn man dem Barkeeper glauben darf, hatte Ted die Grippe und hätte ansonsten besser abgeschnitten.«
Meg hätte bei Lucy gern nachgehakt, ob sie sich die Sache mit der Hochzeit auch richtig gut überlegt hatte, aber im Unterschied zu Meg handelte Lucy nicht impulsiv.
Sie hatten sich auf dem College kennengelernt, als Meg eine rebellische Erstsemesterstudentin und Lucy eine intelligente, aber einsame Studentin im zweiten Jahr war. Da Meg ebenfalls bei berühmten Eltern aufgewachsen war, konnte sie Lucys Misstrauen neuen Freundschaften gegenüber verstehen. Doch trotz ihrer sehr verschiedenen Persönlichkeiten fanden die beiden zueinander, und Meg brauchte nicht lang, um etwas zu erkennen, was den anderen nicht auffiel. Lucy Jorik gab sich nach außen hin fest entschlossen, ihrer Familie keinen Ärger zu machen, doch im Herzen war sie eine Rebellin. Was man ihr jedoch keinesfalls ansah.
Mit ihren elfenhaften Zügen und den dichten Kleinmädchenwimpern sah Lucy viel jünger aus als einunddreißig. Sie hatte sich seit ihren Collegetagen die glänzenden hellbraunen Haare wachsen lassen und besaß eine Reihe von Samthaarbändern, die Meg nie im Leben getragen hätte, um sie sich aus dem Gesicht zu halten. Auch das damenhafte aquamarinblaue Futteralkleid mit dem braven Ripsgürtel wäre niemals Megs Stil gewesen. Meg hatte ihren hochgewachsenen schlaksigen Körper in mehrere Bahnen Seide gehüllt, die in Edelsteinfarben schillerten und die sie zusammengedreht über einer Schulter zusammengebunden hatte. Dazu kombinierte sie klassische schwarze Gladiatorensandalen -Größe zweiundvierzig -, die bis über ihre Waden geschnürt waren, und einen silbernen Schmuckanhänger, zu dem sie einen antiken Betelnussbehälter, erworben auf einem Markt im Zentrum von Sumatra, umfunktioniert hatte, der jetzt zwischen ihren Brüsten baumelte. Zu ihren vermutlich gefälschten Ohrringen der Sung-Dynastie trug sie einen ganzen Stapel Armreifen, die sie für sechs Dollar bei TJ Maxx gekauft und mit afrikanischen Handelsperlen aufgepeppt hatte. Sie hatte einfach Sinn für Mode.
Und reist auf verschlungenen Wegen, wie ihr berühmter New Yorker Onkel und Couturier gemeint hatte.
Lucy spielte an ihrer sittsamen Perlenkette. »Ted ist ... die bestmögliche Entsprechung dessen, was das Universum als perfekten Menschen entworfen hat. Du brauchst dir nur mein Hochzeitsgeschenk anzusehen. Welcher Mann schenkt seiner Braut schon eine Kirche?«
»Beeindruckend, das muss ich zugeben.« Am frühen Nachmittag hatte Lucy Meg mitgenommen, um ihr die verlassene Holzkirche zu zeigen, die am Stadtrand am Ende einer schmalen Gasse versteckt lag. Ted hatte sie erworben, um sie vor dem Verfall zu bewahren, und dann ein paar Monate darin gelebt, während sein jetziges Haus gebaut wurde. Obwohl keinerlei Mobiliar darin stand, war es ein reizendes altes Gebäude, und Meg konnte sehr wohl verstehen, warum Lucy es liebte.
»Er meinte, jede verheiratete Frau brauche für ihr geistiges Wohlbefinden einen Ort für sich allein. Kannst du dir etwas Aufmerksameres vorstellen? «
Megs Interpretation war zynischer ausgefallen. Welche bessere Strategie gab es für einen reichen verheirateten Mann, der vorhatte, sich selbst einen privaten Raum einzurichten?
»Wirklich unglaublich«, sagte sie nur. »Ich kann es kaum erwarten, ihn kennenzulernen.« Sie verfluchte die diversen persönlichen und finanziellen Krisen, die sie daran gehindert hatten, schon vor Monaten in ein Flugzeug zu steigen, um Lucys Verlobten kennenzulernen. Jetzt hatte sie nicht nur Lucys Polterabend verpasst, sondern war auch noch gezwungen gewesen, zur Hochzeit von Los Angeles in dem Schrottwagen herzufahren, den sie dem Gärtner ihrer Eltern abgekauft hatte.
Mit einem Seufzer setzte Lucy sich neben Meg auf die Couch. »Solange Ted und ich in Wynette leben, werde ich immer schlecht dastehen.«
Nun konnte Meg nicht mehr an sich halten, sie musste ihre Freundin drücken. »Du hast in deinem Leben noch nie schlecht dagestanden. Du hast dich und deine Schwester ganz allein vor einer Kindheit in Pflegeheimen bewahrt. Und das Weiße Haus im Sturm erobert. Und was deinen Grips angeht ... du hast einen Masterabschluss.«
Lucy sprang auf. »Den ich aber erst gemacht habe, nachdem ich meinen Bachelor in der Tasche hatte.«
Auf diesen Blödsinn ging Meg nicht ein. »Deine Arbeit als Anwältin, mit der du dich für Kinder einsetzt, hat Leben verändert, und das zählt meiner Ansicht nach mehr als ein astronomisch hoher IQ.«
Lucy seufzte. »Ich liebe ihn, aber manchmal ...«
»Was? «
Lucy wedelte mit ihrer frisch manikürten Hand und zeigte dabei ihre Fingernägel, die im Gegensatz zum Smaragdgrün, das Meg derzeit bevorzugte, in einem unglaublich dezenten hellen Rotton glänzten. »Ach Blödsinn. Ich habe nur ein wenig Bammel. Mach dir nichts draus.«
Megs Besorgnis nahm zu. »Lucy, wir sind seit zwölf Jahren beste Freundinnen. Wir kennen voneinander die dunkelsten Geheimnisse. Wenn etwas nicht stimmen sollte ...«
»Alles ist bestens. Ich bin nur ein wenig nervös wegen der Hochzeit und all der Aufmerksamkeit, die ihr entgegengebracht wird. Überall sind Presseleute.« Sie setzte sich auf die Bettkante und zog sich ein Kissen an die Brust, wie sie das auch auf dem College getan hatte, wenn etwas sie beunruhigte. »Aber ... Was ist, wenn er zu gut für mich ist? Ich bin klug, aber er ist klüger. Ich bin hübsch, aber er ist umwerfend. Ich versuche ein anständiger Mensch zu sein, aber er ist praktisch ein Heiliger.«
Meg schluckte ihre aufsteigende Wut hinunter. »Du redest, als hätte man dir eine Gehirnwäsche verpasst.«
»Wir sind alle drei bei berühmten Eltern aufgewachsen. Du, ich und Ted ... Aber Ted hat auf eigene Faust sein Glück gefunden.«
»Dieser Vergleich ist unfair. Du hast gemeinnützige Arbeit geleistet, das ist nicht gerade ein Sprungbrett, um Multimillionär zu werden.« Doch Lucy verfügte wenigstens über die Möglichkeit, sich selbst über Wasser zu halten, was Meg nie gelungen war. Sie war viel zu sehr mit Reisen in ferne Länder beschäftigt gewesen, was sie zwar unter dem Vorwand getan hatte, sich vor Ort mit Umweltfragen zu befassen und das traditionelle Handwerk zu erforschen, aber eigentlich waren es Vergnügungsreisen gewesen. Sie liebte ihre Eltern, allerdings nicht die Art und Weise, wie diese sie enterbt hatten. Warum jetzt? Hätten sie das vielleicht getan, als sie einundzwanzig war und nicht erst mit dreißig, hätte sie sich weniger als Verliererin gefühlt.
Lucy drückte ihr Kinn in das Kissen, sodass dieses sich um ihre Wangen bauschte. »Meine Eltern vergöttern ihn, und du
weißt ja, was sie von den Jungs gehalten haben, mit denen ich mich früher verabredet hatte.«
»Doch sie waren niemals annähernd so feindselig, wie meine Eltern sich meinen Freunden gegenüber verhalten.«
»Aber nur weil du dich mit Losem von Weltklasse zusammentust.«
Dagegen wusste Meg nichts zu erwidern. Zu diesen Losertypen hatte vor Kurzem ein schizoider Surfer gehört, den sie in Indien kennengelernt hatte, und ein australischer Rafting-Guide, dem eine Wuttherapie nicht geschadet hätte. Einige Frauen lernten aus ihren Fehlern. Sie gehörte offenbar nicht dazu.
Lucy warf das Kissen beiseite. »Ted hat sein Vermögen mit sechsundzwanzig Jahren gemacht, als er ein geniales Softwaresystem erfand, das Gemeinden beim Energiesparen hilft. Ein großer Schritt mit dem Ziel, ein kluges Überlandleitungsnetz aufzubauen. Und jetzt pickt er sich die Beraterjobs heraus, die ihm gefallen. Wenn er zu Hause ist, fährt er einen alten Ford-Laster mit einer von ihm selbst gebauten Wasserstoffzelle, dazu noch seine von Solarstrom betriebene Klimaanlage und all die anderen Dingen, die ich nicht verstehe. Hast du eine Vorstellung davon, wie viele Patente Ted besitzt? Nein? Nun, ich auch nicht, aber ich bin mir sicher, dass jeder Lebensmittelverkäufer in der Stadt das beantworten kann. Und das Schlimmste ist, dass ihn nichts, aber auch gar nichts aus der Ruhe bringt!«
»Klingt, als wäre er Jesus. Nur dass er außerdem reich und sexy ist.«
»Pass bloß auf, Meg. Wenn du in dieser Stadt Scherze über Jesus machst, könntest du dafür erschossen werden. So viele bewaffnete Gläubige hast du noch nicht gesehen.« Lucys besorgter Gesichtsausdruck legte nahe, dass sie selbst auch befürchtete, von einer Kugel getroffen zu werden.
Bald mussten sie zur Probe aufbrechen, und Meg blieb keine Zeit mehr für subtile Fragestellungen. »Was ist mit eurem Liebesleben? Du hast ärgerlicherweise mit den Details sehr gegeizt, und ich weiß nur, dass du auf diesem blöden dreimonatigen Sex-Moratorium bestanden hast.«
»Ich möchte, dass unsere Hochzeitsnacht etwas ganz Besonderes wird.« Sie knabberte mit den Zähnen an ihrer Unterlippe. »Er ist der unglaublichste Liebhaber, den ich je hatte.«
»Allzu viele hattest du ja nicht gerade.«
»Er ist legendär. Und frag jetzt nicht, wie ich das herausgefunden habe. Er ist der Liebhaber, von dem alle Frauen träumen. Absolut selbstlos. Romantisch. Als wüsste er, was eine Frau will, bevor sie es selbst weiß.« Sie stieß einen langen Seufzer aus. »Und er gehört mir. Fürs ganze Leben.«
Doch Lucy klang dabei nicht annähernd so glücklich, wie sie das hätte sein sollen. Meg schlug die Beine übereinander. »Irgendeinen Schwachpunkt muss doch auch er haben.«
»Da ist nichts.«
»Er trägt eine Baseballkappe, die nach hinten zeigt. Riecht morgens faulig aus dem Mund. Hat eine heimliche Leidenschaft für Kid Rock. Irgendwas muss es doch geben.«
»Nun ... « Ein Ausdruck der Hilflosigkeit huschte über Lucys Gesicht. »Er ist perfekt. Das ist der Schwachpunkt.«
Und da verstand Meg sie. Lucy wollte nicht riskieren, die Menschen, die sie liebte, zu enttäuschen, und jetzt hatte sie in ihrem zukünftigen Ehemann noch eine weitere Person, dessen Erwartungen sie gerecht werden musste.
Lucys Mutter, die ehemalige Präsidentin der Vereinigten Staaten, steckte ihren Kopf ins Zimmer. »Ihr beiden müsst jetzt los.«
Meg sprang von der Couch auf. Obwohl sie inmitten von Prominenten aufgewachsen war, hatte sie die Ehrfurcht in Gegenwart von Präsidentin Cornelia Case Jorik nie ganz verloren.
Nealy Joriks strenges Patriziergesicht unter dem honigbraunen Haar mit den hellen Strähnchen und ihr Markenzeichen, die Designerhosenanzüge, waren von Tausenden von Fotos bekannt, aber nur wenige zeigten die wahre Person hinter der amerikanischen Ansteckflagge, die komplizierte Frau, die einst aus dem Weißen Haus geflüchtet war, um quer durchs Land auf Abenteuerreise zu gehen, auf der sie Lucy und ihrer Schwester Tracy begegnet war und auch Nealys geliebtem Ehemann, dem Journalisten Mat Jorik.
Nealy starrte sie an. »Wenn ich euch beide so zusammen sehe ... Als wäre es erst gestern gewesen, dass ihr beide Collegestudentinnen wart.« Die ehemalige Präsidentin des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten wurde sentimental und konnte die Tränen nicht unterdrücken. Sie blickte sanft drein, und ihre blauen Augen glänzten. »Du bist Lucy immer eine gute Freundin gewesen, Meg. «
»Jemand musste es ja sein.«
Die Präsidentin lächelte. »Tut mir leid, dass deine Eltern nicht dabei sein können. «
Meg sah das anders. »Sie sind nicht gern lang voneinander getrennt, und dies war die einzige Zeit, die Mom sich frei-nehmen konnte, um Dad bei seinen Dreharbeiten in China zu begleiten.«
»Ich freue mich schon sehr auf seinen neuen Film. Bei ihm weiß man nie, was einen erwartet.«
»Sie wären bestimmt gern dabei gewesen, wenn Lucy heiratet«, erwiderte Meg. »Vor allem Mom. Sie wissen ja, was sie für sie empfindet.«
»Dasselbe, was ich für dich empfinde«, sagte die Präsidenten netterweise, denn im Vergleich zu Lucy hatte Meg sich als ziemliche Enttäuschung erwiesen. Jetzt jedoch war nicht der richtige Moment, sich mit ihren vergangenen Fehlern und ihrer trostlosen Zukunft aufzuhalten. Meg musste sich mit ihrer wachsenden Überzeugung auseinandersetzen, dass ihre Freundin Gefahr lief, den größten Fehler ihres Lebens zu machen.
Lucy hatte sich für nur vier Brautjungfern entschieden, ihre drei Schwestern und Meg. Sie würden gemeinsam am Altar auf das Eintreffen des Bräutigams und dessen Eltern warten. Holly und Charlotte, Mat und Nealys leibliche Töchter, scharten sich zusammen mit Lucys achtzehnjähriger Schwester Tracy und ihrem siebzehnjährigen afroamerikanischen Adoptivbruder Andre um die Eltern. In seiner von einer breiten Öffentlichkeit gelesenen Zeitungskolumne hatte Mat behauptet: »Wenn Familien einen Stammvater haben, dann ist unserer ein amerikanisches Mischlingskind.« Meg schnürte es die Kehle zusammen. Sosehr ihre Brüder ihr auch das Gefühl gaben, minderwertig zu sein, so sehr vermisste sie sie jetzt.
Völlig unvermittelt flogen die Kirchentüren auf. Und da stand er und bildete eine Silhouette vor der untergehenden Sonne. Theodore Day Beaudine.
Trompetenklänge ertönten. Gottesfürchtige Trompeten schmetterten Hallelujas.
»Jesus«, flüsterte sie.
»Ich weiß«, erwiderte Lucy im Flüsterton. »So etwas passiert ihm ständig. Er behauptet, es sei Zufall.«
Trotz allem, was Lucy ihr erzählt hatte, war Meg auf den ersten Anblick von Ted Beaudine nicht angemessen vorbereitet. Er hatte hohe Wangenknochen, eine makellos gerade Nase und ein energisches Kinn. Er könnte direkt aus einer Reklametafel vom Times Square herabgestiegen sein, doch ihm fehlte das Gekünstelte eines Dressmans.
Mit großen lockeren Schritten kam er den Gang entlang, auf seinem dunkelbraunen Haar lag ein Kupferschimmer. Gebrochenes Licht aus den Buntglasfenstern malte Edelsteine auf seinen Weg, als wäre der rote Teppich für einen solchen
Mann nicht gut genug. Seine berühmten Eltern, die wenige
Schritte hinter ihm folgten, bemerkte Meg kaum. Sie konnte
ihren Blick nicht vom Bräutigam ihrer besten Freundin lösen.
Er begrüßte die Familie seiner Braut mit leiser, angenehmer Stimme. Die auf der Chorempore probenden Trompeten schmetterten ein Crescendo, er drehte sich um, und Meg fühlte sich, als ob man ihr einen unerwarteten Schlag verpasst hätte.
Diese Augen ... Goldener Bernstein, gemischt mit Honig und umrandet von Feuerstein. Augen, die vor Intelligenz und Beobachtungsgabe glühten. Augen, die schnelle Schlüsse zogen. Als sie vor ihm stand, spürte sie, wie Ted Beaudine ihr Innerstes erforschte und alles wahrnahm, was sie so mühsam zu verbergen trachtete - ihre Ziellosigkeit, ihre Unzulänglichkeit, ihr völliges Versagen, Anspruch auf einen achtbaren Platz in der Welt zu erheben.
Wir wissen beide, dass du eine Versagerin bist, sagten seine Augen, aber ich bin mir sicher, dass du das eines Tages hinter dir lassen wirst. Falls nicht ... Nun ja ... Was kann man schon von einem verwöhnten Kind aus Hollywood erwarten?
Lucy stellte sie einander vor. »... so froh, dass ihr beiden euch endlich kennenlernt. Meine beste Freundin und mein zukünftiger Ehemann.«
Meg war stolz, nach außen hin Stärke zu zeigen, brachte aber kaum ein flüchtiges Nicken zuwege.
»Wenn ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte ...«, meldete sich der Pfarrer zu Wort.
Ted drückte Lucys Hand und lächelte in das nach oben gewandte Gesicht seiner Braut. Es war ein liebevolles, zufriedenes Lächeln, das jedoch ohne Wirkung auf die Distanz blieb, die in seinen bernsteinfarbenen Augen lag. Megs Alarmglocken läuteten. Welche Gefühle er auch immer für Lucy hegen mochte, die wilde Leidenschaft, die ihre beste Freundin verdient hatte, gehörte nicht dazu.
Das Probedinner wurde von den Eltern des Bräutigams ausgerichtet. Es war ein üppiges Barbecue für hundert Leute im örtlichen Country Club, einem Ort, der für all das stand, was Meg verachtete - verwöhnte reiche Weiße, die so fixiert auf ihr eigenes Wohlbefinden waren, dass sie keinen Gedanken daran verschwendeten, welchen Schaden ihr chemisch verseuchter, Wasser schluckender Golfplatz für den Planeten bedeutete. Und auch Lucys Erklärung, dass es nur ein halb privater Club sei und jeder hier spielen könne, vermochte ihre Meinung nicht zu ändern. Der Secret Service sorgte dafür, dass der internationale Pressetross vor den Toren blieb, wo sich auch eine Schar Neugieriger in der Hoffnung eingefunden hatte, einen kurzen Blick auf ein berühmtes Gesicht zu erhaschen.
Und berühmte Gesichter gab es überall, nicht nur aufseiten der Braut. Vater und Mutter des Bräutigams waren weltberühmt. Dallas Beaudine war eine Legende im Profigolf, und Teds Mutter Francesca war einer der bedeutendsten und besten Promi-Interviewerinnen, die das Fernsehen hatte. Die Reichen und Berühmten verteilten sich von der Gartenveranda des im Südstaatenstil errichteten Hauses bis zum ersten Tee -Politiker, Filmstars, die Elitesportler der Welt des Profigolfs und ein paar Einheimische aller Altersklassen und Ethnien: Lehrer und Ladenbesitzer, Mechaniker und Klempner, der Herrenfriseur der Stadt und ein äußerst unheimlich aussehender Biker.
Meg verfolgte, wie Ted sich durch die Menge bewegte. Er gab sich gelassen und zurückhaltend, aber überallhin schien ihn ein unsichtbarer Scheinwerfer zu begleiten. Lucy blieb an seiner Seite und vibrierte geradezu vor Anspannung, während ein Gast nach dem anderen das Paar anhielt, um zu plaudern. Ted blieb unerschütterlich, doch obwohl fröhliches Geplauder durch den Raum summte, fiel es Meg immer schwerer, ihr Lächeln beizubehalten. Ted machte auf sie eher den Eindruck eines Mannes, der eine sorgfältig kalkulierte Mission verfolgte, als den eines liebenden Ehemanns am Vorabend seiner Hochzeit.
Sie hatte gerade ein Gespräch mit einem ehemaligen Nachrichtensprecher beendet, das sich, wie vorhersehbar, darum drehte, dass sie ihrer unglaublich schönen Mutter so gar nicht ähnlich sähe, als Ted und Lucy zu ihr stießen. »Was habe ich dir gesagt? « Lucy ließ sich ihr drittes Glas Champagner von einem vorbeikommenden Kellner reichen. »Ist er nicht großartig? «
Ohne auf das Kompliment einzugehen, musterte Ted Meg mit jenen Augen, die alles gesehen hatten, obwohl er nicht mal die Hälfte der von Meg besuchten Orte bereist haben konnte.
Du nennst dich eine Kosmopolitin, wisperten seine Augen, aber das heißt doch nur, dass du nirgendwohin gehörst.
Sie musste sich auf Lucys Elend konzentrieren, nicht auf ihr eigenes, und deshalb rasch handeln. Was machte es schon aus, wenn sie ungehobelt wirkte? Lucy war an Megs direkte Art gewöhnt, und Ted Beaudines gute Meinung bedeutete ihr nichts. Sie fasste an den Stoffknoten auf ihrer Schulter. »Lucy hat gar nicht erwähnt, dass du Bürgermeister von Wynette bist ... und außerdem natürlich auch der Schutzpatron der Stadt.«
Er wirkte weder beleidigt noch geschmeichelt oder erstaunt über Megs Stichelei. »Lucy übertreibt.«
»Tue ich nicht«, widersprach Lucy. »Ich schwöre hoch und heilig, dass die Frau neben dem Schaukasten mit den Pokalen einen Knicks gemacht hat, als du vorbeigingst.«
Ted grinste, und Meg hielt die Luft an. Dieses lässige Grinsen verlieh ihm einen gefährlich jungenhaften Ausdruck, den Meg ihm nicht eine Sekunde lang abkaufte. Jetzt stieg sie voll ein. »Lucy ist meine liebste Freundin - die Schwester, die ich mir immer gewünscht habe -, aber hast du eine Vorstellung davon, wie viele lästige Angewohnheiten sie hat?«
Lucy runzelte die Stirn, versucht allerdings nicht, dem Gespräch eine andere Richtung zu geben, was Bände sprach.
»Verglichen mit meinen Schwächen sind ihre gering.« Seine Augenbrauen waren dunkler als sein Haar, aber seine Wimpern waren bleich mit goldenen Spitzen, als hätte er sie in Sterne getaucht.
Meg rückte näher an ihn heran. »Und welche Schwächen sind das genau? «
Lucy schien an seiner Antwort genauso interessiert zu sein wie Meg selbst.
»Ich bin oft ein wenig naiv«, sagte er. »So habe ich mich beispielsweise auf das Bürgermeisteramt eingelassen, obwohl ich es gar nicht haben wollte.«
»Dann willst du also bei den Leuten gut ankommen.« Meg gab sich keine Mühe, dies anders als eine Anschuldigung klingen zu lassen. Vielleicht konnte sie ihn ja aus der Reserve locken.
»Eigentlich geht es mir nicht darum, bei den Leuten gut anzukommen«, erwiderte er milde. »Ich war einfach überrascht, als mein Name auf dem Stimmzettel auftauchte. Doch damit hätte ich rechnen müssen. «
»Dir ist es schon wichtig, gut anzukommen«, warf Lucy zögernd ein. »Mir fällt niemand ein, bei dem du nicht einen Stein im Brett hast.«
Er gab ihr einen Kuss auf die Nase. Als wäre sie sein Haustier. »Solange ich bei dir einen Stein im Brett habe.«
Meg überschritt die Grenze höflicher Konversation. »Dann bist du also ein naiver Mensch, der den Leuten gefallen möchte. Was sonst? «
Ted verzog keine Miene. »Ich versuche, nicht langweilig zu sein, aber manchmal ereifere ich mich über Themen, die nicht von allgemeinem Interesse sind.«
»Fachidiot«, schloss Meg.
»Genau«, stimmte er ihr zu.
Übersetzung: Elfriede Peschel
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2011
by Blanvalet Verlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH.
Viele Bewohner von Wynette, Texas, waren der Ansicht, dass Ted Beaudine eine schlechte Partie machte. Schließlich war die Brautmutter nicht mehr die Präsidentin der Vereinigten Staaten. Cornelia war seit über einem Jahr nicht mehr im Amt. Und Ted Beaudine war immerhin Ted Beaudine.
Die jüngeren Einwohner hätten ihn am liebsten an der Seite eines Rockstars mit vielen Goldenen Schallplatten gesehen, doch diese Chance hatte er bereits gehabt und vorübergehen lassen. Ditto, Filmdiva und Modefreak. Die meisten jedoch fanden, er hätte sich eine Frau aus der Welt des Profisports suchen sollen, am besten eine aus der LPGA, der Turnierserie im professionellen Damengolf. Tatsache war aber, dass Lucy Jorik überhaupt nicht Golf spielte.
Das hielt die geschäftstüchtigen Händler vor Ort jedoch nicht davon ab, die Porträts von Lucy und Ted auf eine spezielle Golfballedition zu drucken. Die Dellen sorgten allerdings dafür, dass sie zu schielen schienen, weshalb die meisten Touristen, die in die Stadt drängten, um einen Blick auf die Festlichkeiten des Wochenendes zu erhaschen, den schmeichelhafteren Golfhandtüchern den Vorzug gaben. Zu den weiteren Bestsellern gehörten Teller und Tassen, die an diesen Tag erinnern sollten und in Massen von den Senioren der Stadt hergestellt wurden. Deren Erlös sollte dann den Renovierungsarbeiten der von einem Brand beschädigten Stadtbibliothek von Wynette zugutekommen.
Als Heimatstadt der beiden bedeutendsten Profigolfspieler war man in Wynette, Texas, an den Anblick von Promis auf
den Straßen gewöhnt, wenn auch nicht an eine frühere Präsidentin der Vereinigten Staaten. In einem Radius von achtzig Kilometern war jedes Hotel und Motel mit Politikern, Sportlern, Filmstars und Staatsoberhäuptern belegt. Überall waren Agenten des Secret Service aufgetaucht, und im Roustabout nahmen viel zu viele Journalisten die begehrten Thekenplätze in Beschlag. Aber da die örtliche Wirtschaft nur auf einen Industriezweig bauen konnte, erlebte die Stadt gerade harte Zeiten, und die Bürger von Wynette freuten sich auf gute Geschäfte. Besonders einfallsreich waren die Leute vom Kiwanis Club mit ihrem Verkauf von nicht überdachten Sitzplätzen, direkt gegenüber der Wynette Presbyterian für jeweils zwanzig Dollar.
Für die breite Allgemeinheit war es ein Schock gewesen, dass die Braut für die Trauungszeremonie die texanische Kleinstadt gewählt hatte, anstatt am Beltway von Washington ihre Hochzeit zu feiern, aber Ted war nun mal durch und durch ein Junge aus Hill Country, und für die Einheimischen hatte schon immer festgestanden, dass er nirgendwo anders heiraten würde. Unter ihren wachsamen Augen war er zu einem Mann herangereift, und sie kannten ihn so gut, wie sie ihre eigenen Familien kannten. Keine Menschenseele in der Stadt hätte etwas Böses gegen ihn vorzubringen gewusst. Selbst seine Exfreundinnen trauerten ihm noch immer hinterher. Ein solcher Mann war Ted Beaudine.
Meg Koranda mochte zwar die Tochter eines Hollywood-Stars sein, doch sie war auch pleite, obdachlos und verzweifelt und demzufolge nicht gerade in der Stimmung, auf der Hochzeit ihrer besten Freundin die Brautjungfer zu spielen. Und dies auch schon deshalb nicht, da ihre beste Freundin ihrer Meinung nach den schwersten Fehler ihres Lebens beging, indem sie den Liebling aller Bewohner von Wynette, Texas, heiratete.
Lucy Jorik, die zukünftige Braut, schritt den Teppich ihrer Suite im Wynette Country Inn ab, in der sich ihre illustre Familie für die Festlichkeiten eingemietet hatte. »Sie werden es mir nicht ins Gesicht sagen, Meg, aber in dieser Stadt sind alle der festen Überzeugung, dass Ted eine schlechte Partie macht!«
Lucy sah so aufgewühlt aus, dass Meg sie am liebsten in den Arm genommen hätte. Sie suchte selber Trost, doch sie nahm sich fest vor, ihre verzweifelte Freundin nicht auch noch mit ihren eigenen Problemen zu belasten. »Eine interessante Schlussfolgerung, die diese Landeier ziehen, wenn man bedenkt, dass du bloß die älteste Tochter der früheren Präsidentin der Vereinigten Staaten bist. Nicht gerade ein Niemand.«
»Adoptivtochter. Ich meine es ernst, Meg. Die Leute in Wynette horchen mich regelrecht aus. Jedes Mal, wenn ich ausgehe.«
Das war nicht unbedingt eine neue Information, denn Meg telefonierte mit Lucy mehrmals die Woche, doch hatten die Anrufe ihr nichts von den Zornesfalten verraten, die sich offenbar dauerhaft auf Lucys Stirn gebildet hatten. Meg zupfte an einem ihrer Silberohrringe, die ein Schmuckstück der Sung-Dynastie waren - oder auch nicht -, je nachdem, ob sie dem Rikschafahrer in Shanghai Glauben schenkte, der sie ihr verkauft hatte. »Ich würde sagen, du bist mehr als eine gute Partie für die guten Bürger von Wynette.«
»Es ist einfach zermürbend «, sagte Lucy. »Sie bemühen sich ja, zurückhaltend zu sein, aber ich kann nicht die Straße entlanggehen, ohne dass mich jemand anhält und fragt, ob ich zufällig wisse, in welchem Jahr Ted die U. S. Amateur Golf Championship gewonnen hat oder wie viel Zeit zwischen seinem Bachelor und seinem Masterabschluss verstrichen ist -eine Trickfrage, weil er beide zusammen gemacht hat.«
Meg war vom College geflogen, bevor sie auch nur einen Abschluss in der Tasche hatte, weshalb die Vorstellung, gleich
zwei auf einmal zu bekommen, ihr mehr als nur ein bisschen verrückt vorkam. Aber Lucy steigerte sich manchmal auch ein wenig zu sehr in etwas hinein. »Es ist eine neue Erfahrung, mehr nicht. Dass sich mal nicht alle lieb Kind bei dir machen.«
»Also, die Gefahr besteht wirklich nicht, das kannst du mir glauben.« Lucy schob sich eine Locke ihres hellbraunen Haars hinters Ohr. »Auf einer Party vergangene Woche hat mich eine Frau so ganz beiläufig, als würde man ein derartiges Gespräch bei einem Drink und ein paar Häppchen führen, gefragt, ob ich zufällig Teds IQ wisse, was ich nicht tat. Da ich allerdings vermutete, dass sie selbst es auch nicht wusste, sagte ich hundertachtunddreißig. Aber, nicht doch ... Ein gewaltiger Fehler, wie sich herausstellte. Offenbar brachte es Ted bei seinem letzten Test auf hunderteinundfünfzig. Und wenn man dem Barkeeper glauben darf, hatte Ted die Grippe und hätte ansonsten besser abgeschnitten.«
Meg hätte bei Lucy gern nachgehakt, ob sie sich die Sache mit der Hochzeit auch richtig gut überlegt hatte, aber im Unterschied zu Meg handelte Lucy nicht impulsiv.
Sie hatten sich auf dem College kennengelernt, als Meg eine rebellische Erstsemesterstudentin und Lucy eine intelligente, aber einsame Studentin im zweiten Jahr war. Da Meg ebenfalls bei berühmten Eltern aufgewachsen war, konnte sie Lucys Misstrauen neuen Freundschaften gegenüber verstehen. Doch trotz ihrer sehr verschiedenen Persönlichkeiten fanden die beiden zueinander, und Meg brauchte nicht lang, um etwas zu erkennen, was den anderen nicht auffiel. Lucy Jorik gab sich nach außen hin fest entschlossen, ihrer Familie keinen Ärger zu machen, doch im Herzen war sie eine Rebellin. Was man ihr jedoch keinesfalls ansah.
Mit ihren elfenhaften Zügen und den dichten Kleinmädchenwimpern sah Lucy viel jünger aus als einunddreißig. Sie hatte sich seit ihren Collegetagen die glänzenden hellbraunen Haare wachsen lassen und besaß eine Reihe von Samthaarbändern, die Meg nie im Leben getragen hätte, um sie sich aus dem Gesicht zu halten. Auch das damenhafte aquamarinblaue Futteralkleid mit dem braven Ripsgürtel wäre niemals Megs Stil gewesen. Meg hatte ihren hochgewachsenen schlaksigen Körper in mehrere Bahnen Seide gehüllt, die in Edelsteinfarben schillerten und die sie zusammengedreht über einer Schulter zusammengebunden hatte. Dazu kombinierte sie klassische schwarze Gladiatorensandalen -Größe zweiundvierzig -, die bis über ihre Waden geschnürt waren, und einen silbernen Schmuckanhänger, zu dem sie einen antiken Betelnussbehälter, erworben auf einem Markt im Zentrum von Sumatra, umfunktioniert hatte, der jetzt zwischen ihren Brüsten baumelte. Zu ihren vermutlich gefälschten Ohrringen der Sung-Dynastie trug sie einen ganzen Stapel Armreifen, die sie für sechs Dollar bei TJ Maxx gekauft und mit afrikanischen Handelsperlen aufgepeppt hatte. Sie hatte einfach Sinn für Mode.
Und reist auf verschlungenen Wegen, wie ihr berühmter New Yorker Onkel und Couturier gemeint hatte.
Lucy spielte an ihrer sittsamen Perlenkette. »Ted ist ... die bestmögliche Entsprechung dessen, was das Universum als perfekten Menschen entworfen hat. Du brauchst dir nur mein Hochzeitsgeschenk anzusehen. Welcher Mann schenkt seiner Braut schon eine Kirche?«
»Beeindruckend, das muss ich zugeben.« Am frühen Nachmittag hatte Lucy Meg mitgenommen, um ihr die verlassene Holzkirche zu zeigen, die am Stadtrand am Ende einer schmalen Gasse versteckt lag. Ted hatte sie erworben, um sie vor dem Verfall zu bewahren, und dann ein paar Monate darin gelebt, während sein jetziges Haus gebaut wurde. Obwohl keinerlei Mobiliar darin stand, war es ein reizendes altes Gebäude, und Meg konnte sehr wohl verstehen, warum Lucy es liebte.
»Er meinte, jede verheiratete Frau brauche für ihr geistiges Wohlbefinden einen Ort für sich allein. Kannst du dir etwas Aufmerksameres vorstellen? «
Megs Interpretation war zynischer ausgefallen. Welche bessere Strategie gab es für einen reichen verheirateten Mann, der vorhatte, sich selbst einen privaten Raum einzurichten?
»Wirklich unglaublich«, sagte sie nur. »Ich kann es kaum erwarten, ihn kennenzulernen.« Sie verfluchte die diversen persönlichen und finanziellen Krisen, die sie daran gehindert hatten, schon vor Monaten in ein Flugzeug zu steigen, um Lucys Verlobten kennenzulernen. Jetzt hatte sie nicht nur Lucys Polterabend verpasst, sondern war auch noch gezwungen gewesen, zur Hochzeit von Los Angeles in dem Schrottwagen herzufahren, den sie dem Gärtner ihrer Eltern abgekauft hatte.
Mit einem Seufzer setzte Lucy sich neben Meg auf die Couch. »Solange Ted und ich in Wynette leben, werde ich immer schlecht dastehen.«
Nun konnte Meg nicht mehr an sich halten, sie musste ihre Freundin drücken. »Du hast in deinem Leben noch nie schlecht dagestanden. Du hast dich und deine Schwester ganz allein vor einer Kindheit in Pflegeheimen bewahrt. Und das Weiße Haus im Sturm erobert. Und was deinen Grips angeht ... du hast einen Masterabschluss.«
Lucy sprang auf. »Den ich aber erst gemacht habe, nachdem ich meinen Bachelor in der Tasche hatte.«
Auf diesen Blödsinn ging Meg nicht ein. »Deine Arbeit als Anwältin, mit der du dich für Kinder einsetzt, hat Leben verändert, und das zählt meiner Ansicht nach mehr als ein astronomisch hoher IQ.«
Lucy seufzte. »Ich liebe ihn, aber manchmal ...«
»Was? «
Lucy wedelte mit ihrer frisch manikürten Hand und zeigte dabei ihre Fingernägel, die im Gegensatz zum Smaragdgrün, das Meg derzeit bevorzugte, in einem unglaublich dezenten hellen Rotton glänzten. »Ach Blödsinn. Ich habe nur ein wenig Bammel. Mach dir nichts draus.«
Megs Besorgnis nahm zu. »Lucy, wir sind seit zwölf Jahren beste Freundinnen. Wir kennen voneinander die dunkelsten Geheimnisse. Wenn etwas nicht stimmen sollte ...«
»Alles ist bestens. Ich bin nur ein wenig nervös wegen der Hochzeit und all der Aufmerksamkeit, die ihr entgegengebracht wird. Überall sind Presseleute.« Sie setzte sich auf die Bettkante und zog sich ein Kissen an die Brust, wie sie das auch auf dem College getan hatte, wenn etwas sie beunruhigte. »Aber ... Was ist, wenn er zu gut für mich ist? Ich bin klug, aber er ist klüger. Ich bin hübsch, aber er ist umwerfend. Ich versuche ein anständiger Mensch zu sein, aber er ist praktisch ein Heiliger.«
Meg schluckte ihre aufsteigende Wut hinunter. »Du redest, als hätte man dir eine Gehirnwäsche verpasst.«
»Wir sind alle drei bei berühmten Eltern aufgewachsen. Du, ich und Ted ... Aber Ted hat auf eigene Faust sein Glück gefunden.«
»Dieser Vergleich ist unfair. Du hast gemeinnützige Arbeit geleistet, das ist nicht gerade ein Sprungbrett, um Multimillionär zu werden.« Doch Lucy verfügte wenigstens über die Möglichkeit, sich selbst über Wasser zu halten, was Meg nie gelungen war. Sie war viel zu sehr mit Reisen in ferne Länder beschäftigt gewesen, was sie zwar unter dem Vorwand getan hatte, sich vor Ort mit Umweltfragen zu befassen und das traditionelle Handwerk zu erforschen, aber eigentlich waren es Vergnügungsreisen gewesen. Sie liebte ihre Eltern, allerdings nicht die Art und Weise, wie diese sie enterbt hatten. Warum jetzt? Hätten sie das vielleicht getan, als sie einundzwanzig war und nicht erst mit dreißig, hätte sie sich weniger als Verliererin gefühlt.
Lucy drückte ihr Kinn in das Kissen, sodass dieses sich um ihre Wangen bauschte. »Meine Eltern vergöttern ihn, und du
weißt ja, was sie von den Jungs gehalten haben, mit denen ich mich früher verabredet hatte.«
»Doch sie waren niemals annähernd so feindselig, wie meine Eltern sich meinen Freunden gegenüber verhalten.«
»Aber nur weil du dich mit Losem von Weltklasse zusammentust.«
Dagegen wusste Meg nichts zu erwidern. Zu diesen Losertypen hatte vor Kurzem ein schizoider Surfer gehört, den sie in Indien kennengelernt hatte, und ein australischer Rafting-Guide, dem eine Wuttherapie nicht geschadet hätte. Einige Frauen lernten aus ihren Fehlern. Sie gehörte offenbar nicht dazu.
Lucy warf das Kissen beiseite. »Ted hat sein Vermögen mit sechsundzwanzig Jahren gemacht, als er ein geniales Softwaresystem erfand, das Gemeinden beim Energiesparen hilft. Ein großer Schritt mit dem Ziel, ein kluges Überlandleitungsnetz aufzubauen. Und jetzt pickt er sich die Beraterjobs heraus, die ihm gefallen. Wenn er zu Hause ist, fährt er einen alten Ford-Laster mit einer von ihm selbst gebauten Wasserstoffzelle, dazu noch seine von Solarstrom betriebene Klimaanlage und all die anderen Dingen, die ich nicht verstehe. Hast du eine Vorstellung davon, wie viele Patente Ted besitzt? Nein? Nun, ich auch nicht, aber ich bin mir sicher, dass jeder Lebensmittelverkäufer in der Stadt das beantworten kann. Und das Schlimmste ist, dass ihn nichts, aber auch gar nichts aus der Ruhe bringt!«
»Klingt, als wäre er Jesus. Nur dass er außerdem reich und sexy ist.«
»Pass bloß auf, Meg. Wenn du in dieser Stadt Scherze über Jesus machst, könntest du dafür erschossen werden. So viele bewaffnete Gläubige hast du noch nicht gesehen.« Lucys besorgter Gesichtsausdruck legte nahe, dass sie selbst auch befürchtete, von einer Kugel getroffen zu werden.
Bald mussten sie zur Probe aufbrechen, und Meg blieb keine Zeit mehr für subtile Fragestellungen. »Was ist mit eurem Liebesleben? Du hast ärgerlicherweise mit den Details sehr gegeizt, und ich weiß nur, dass du auf diesem blöden dreimonatigen Sex-Moratorium bestanden hast.«
»Ich möchte, dass unsere Hochzeitsnacht etwas ganz Besonderes wird.« Sie knabberte mit den Zähnen an ihrer Unterlippe. »Er ist der unglaublichste Liebhaber, den ich je hatte.«
»Allzu viele hattest du ja nicht gerade.«
»Er ist legendär. Und frag jetzt nicht, wie ich das herausgefunden habe. Er ist der Liebhaber, von dem alle Frauen träumen. Absolut selbstlos. Romantisch. Als wüsste er, was eine Frau will, bevor sie es selbst weiß.« Sie stieß einen langen Seufzer aus. »Und er gehört mir. Fürs ganze Leben.«
Doch Lucy klang dabei nicht annähernd so glücklich, wie sie das hätte sein sollen. Meg schlug die Beine übereinander. »Irgendeinen Schwachpunkt muss doch auch er haben.«
»Da ist nichts.«
»Er trägt eine Baseballkappe, die nach hinten zeigt. Riecht morgens faulig aus dem Mund. Hat eine heimliche Leidenschaft für Kid Rock. Irgendwas muss es doch geben.«
»Nun ... « Ein Ausdruck der Hilflosigkeit huschte über Lucys Gesicht. »Er ist perfekt. Das ist der Schwachpunkt.«
Und da verstand Meg sie. Lucy wollte nicht riskieren, die Menschen, die sie liebte, zu enttäuschen, und jetzt hatte sie in ihrem zukünftigen Ehemann noch eine weitere Person, dessen Erwartungen sie gerecht werden musste.
Lucys Mutter, die ehemalige Präsidentin der Vereinigten Staaten, steckte ihren Kopf ins Zimmer. »Ihr beiden müsst jetzt los.«
Meg sprang von der Couch auf. Obwohl sie inmitten von Prominenten aufgewachsen war, hatte sie die Ehrfurcht in Gegenwart von Präsidentin Cornelia Case Jorik nie ganz verloren.
Nealy Joriks strenges Patriziergesicht unter dem honigbraunen Haar mit den hellen Strähnchen und ihr Markenzeichen, die Designerhosenanzüge, waren von Tausenden von Fotos bekannt, aber nur wenige zeigten die wahre Person hinter der amerikanischen Ansteckflagge, die komplizierte Frau, die einst aus dem Weißen Haus geflüchtet war, um quer durchs Land auf Abenteuerreise zu gehen, auf der sie Lucy und ihrer Schwester Tracy begegnet war und auch Nealys geliebtem Ehemann, dem Journalisten Mat Jorik.
Nealy starrte sie an. »Wenn ich euch beide so zusammen sehe ... Als wäre es erst gestern gewesen, dass ihr beide Collegestudentinnen wart.« Die ehemalige Präsidentin des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten wurde sentimental und konnte die Tränen nicht unterdrücken. Sie blickte sanft drein, und ihre blauen Augen glänzten. »Du bist Lucy immer eine gute Freundin gewesen, Meg. «
»Jemand musste es ja sein.«
Die Präsidentin lächelte. »Tut mir leid, dass deine Eltern nicht dabei sein können. «
Meg sah das anders. »Sie sind nicht gern lang voneinander getrennt, und dies war die einzige Zeit, die Mom sich frei-nehmen konnte, um Dad bei seinen Dreharbeiten in China zu begleiten.«
»Ich freue mich schon sehr auf seinen neuen Film. Bei ihm weiß man nie, was einen erwartet.«
»Sie wären bestimmt gern dabei gewesen, wenn Lucy heiratet«, erwiderte Meg. »Vor allem Mom. Sie wissen ja, was sie für sie empfindet.«
»Dasselbe, was ich für dich empfinde«, sagte die Präsidenten netterweise, denn im Vergleich zu Lucy hatte Meg sich als ziemliche Enttäuschung erwiesen. Jetzt jedoch war nicht der richtige Moment, sich mit ihren vergangenen Fehlern und ihrer trostlosen Zukunft aufzuhalten. Meg musste sich mit ihrer wachsenden Überzeugung auseinandersetzen, dass ihre Freundin Gefahr lief, den größten Fehler ihres Lebens zu machen.
Lucy hatte sich für nur vier Brautjungfern entschieden, ihre drei Schwestern und Meg. Sie würden gemeinsam am Altar auf das Eintreffen des Bräutigams und dessen Eltern warten. Holly und Charlotte, Mat und Nealys leibliche Töchter, scharten sich zusammen mit Lucys achtzehnjähriger Schwester Tracy und ihrem siebzehnjährigen afroamerikanischen Adoptivbruder Andre um die Eltern. In seiner von einer breiten Öffentlichkeit gelesenen Zeitungskolumne hatte Mat behauptet: »Wenn Familien einen Stammvater haben, dann ist unserer ein amerikanisches Mischlingskind.« Meg schnürte es die Kehle zusammen. Sosehr ihre Brüder ihr auch das Gefühl gaben, minderwertig zu sein, so sehr vermisste sie sie jetzt.
Völlig unvermittelt flogen die Kirchentüren auf. Und da stand er und bildete eine Silhouette vor der untergehenden Sonne. Theodore Day Beaudine.
Trompetenklänge ertönten. Gottesfürchtige Trompeten schmetterten Hallelujas.
»Jesus«, flüsterte sie.
»Ich weiß«, erwiderte Lucy im Flüsterton. »So etwas passiert ihm ständig. Er behauptet, es sei Zufall.«
Trotz allem, was Lucy ihr erzählt hatte, war Meg auf den ersten Anblick von Ted Beaudine nicht angemessen vorbereitet. Er hatte hohe Wangenknochen, eine makellos gerade Nase und ein energisches Kinn. Er könnte direkt aus einer Reklametafel vom Times Square herabgestiegen sein, doch ihm fehlte das Gekünstelte eines Dressmans.
Mit großen lockeren Schritten kam er den Gang entlang, auf seinem dunkelbraunen Haar lag ein Kupferschimmer. Gebrochenes Licht aus den Buntglasfenstern malte Edelsteine auf seinen Weg, als wäre der rote Teppich für einen solchen
Mann nicht gut genug. Seine berühmten Eltern, die wenige
Schritte hinter ihm folgten, bemerkte Meg kaum. Sie konnte
ihren Blick nicht vom Bräutigam ihrer besten Freundin lösen.
Er begrüßte die Familie seiner Braut mit leiser, angenehmer Stimme. Die auf der Chorempore probenden Trompeten schmetterten ein Crescendo, er drehte sich um, und Meg fühlte sich, als ob man ihr einen unerwarteten Schlag verpasst hätte.
Diese Augen ... Goldener Bernstein, gemischt mit Honig und umrandet von Feuerstein. Augen, die vor Intelligenz und Beobachtungsgabe glühten. Augen, die schnelle Schlüsse zogen. Als sie vor ihm stand, spürte sie, wie Ted Beaudine ihr Innerstes erforschte und alles wahrnahm, was sie so mühsam zu verbergen trachtete - ihre Ziellosigkeit, ihre Unzulänglichkeit, ihr völliges Versagen, Anspruch auf einen achtbaren Platz in der Welt zu erheben.
Wir wissen beide, dass du eine Versagerin bist, sagten seine Augen, aber ich bin mir sicher, dass du das eines Tages hinter dir lassen wirst. Falls nicht ... Nun ja ... Was kann man schon von einem verwöhnten Kind aus Hollywood erwarten?
Lucy stellte sie einander vor. »... so froh, dass ihr beiden euch endlich kennenlernt. Meine beste Freundin und mein zukünftiger Ehemann.«
Meg war stolz, nach außen hin Stärke zu zeigen, brachte aber kaum ein flüchtiges Nicken zuwege.
»Wenn ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte ...«, meldete sich der Pfarrer zu Wort.
Ted drückte Lucys Hand und lächelte in das nach oben gewandte Gesicht seiner Braut. Es war ein liebevolles, zufriedenes Lächeln, das jedoch ohne Wirkung auf die Distanz blieb, die in seinen bernsteinfarbenen Augen lag. Megs Alarmglocken läuteten. Welche Gefühle er auch immer für Lucy hegen mochte, die wilde Leidenschaft, die ihre beste Freundin verdient hatte, gehörte nicht dazu.
Das Probedinner wurde von den Eltern des Bräutigams ausgerichtet. Es war ein üppiges Barbecue für hundert Leute im örtlichen Country Club, einem Ort, der für all das stand, was Meg verachtete - verwöhnte reiche Weiße, die so fixiert auf ihr eigenes Wohlbefinden waren, dass sie keinen Gedanken daran verschwendeten, welchen Schaden ihr chemisch verseuchter, Wasser schluckender Golfplatz für den Planeten bedeutete. Und auch Lucys Erklärung, dass es nur ein halb privater Club sei und jeder hier spielen könne, vermochte ihre Meinung nicht zu ändern. Der Secret Service sorgte dafür, dass der internationale Pressetross vor den Toren blieb, wo sich auch eine Schar Neugieriger in der Hoffnung eingefunden hatte, einen kurzen Blick auf ein berühmtes Gesicht zu erhaschen.
Und berühmte Gesichter gab es überall, nicht nur aufseiten der Braut. Vater und Mutter des Bräutigams waren weltberühmt. Dallas Beaudine war eine Legende im Profigolf, und Teds Mutter Francesca war einer der bedeutendsten und besten Promi-Interviewerinnen, die das Fernsehen hatte. Die Reichen und Berühmten verteilten sich von der Gartenveranda des im Südstaatenstil errichteten Hauses bis zum ersten Tee -Politiker, Filmstars, die Elitesportler der Welt des Profigolfs und ein paar Einheimische aller Altersklassen und Ethnien: Lehrer und Ladenbesitzer, Mechaniker und Klempner, der Herrenfriseur der Stadt und ein äußerst unheimlich aussehender Biker.
Meg verfolgte, wie Ted sich durch die Menge bewegte. Er gab sich gelassen und zurückhaltend, aber überallhin schien ihn ein unsichtbarer Scheinwerfer zu begleiten. Lucy blieb an seiner Seite und vibrierte geradezu vor Anspannung, während ein Gast nach dem anderen das Paar anhielt, um zu plaudern. Ted blieb unerschütterlich, doch obwohl fröhliches Geplauder durch den Raum summte, fiel es Meg immer schwerer, ihr Lächeln beizubehalten. Ted machte auf sie eher den Eindruck eines Mannes, der eine sorgfältig kalkulierte Mission verfolgte, als den eines liebenden Ehemanns am Vorabend seiner Hochzeit.
Sie hatte gerade ein Gespräch mit einem ehemaligen Nachrichtensprecher beendet, das sich, wie vorhersehbar, darum drehte, dass sie ihrer unglaublich schönen Mutter so gar nicht ähnlich sähe, als Ted und Lucy zu ihr stießen. »Was habe ich dir gesagt? « Lucy ließ sich ihr drittes Glas Champagner von einem vorbeikommenden Kellner reichen. »Ist er nicht großartig? «
Ohne auf das Kompliment einzugehen, musterte Ted Meg mit jenen Augen, die alles gesehen hatten, obwohl er nicht mal die Hälfte der von Meg besuchten Orte bereist haben konnte.
Du nennst dich eine Kosmopolitin, wisperten seine Augen, aber das heißt doch nur, dass du nirgendwohin gehörst.
Sie musste sich auf Lucys Elend konzentrieren, nicht auf ihr eigenes, und deshalb rasch handeln. Was machte es schon aus, wenn sie ungehobelt wirkte? Lucy war an Megs direkte Art gewöhnt, und Ted Beaudines gute Meinung bedeutete ihr nichts. Sie fasste an den Stoffknoten auf ihrer Schulter. »Lucy hat gar nicht erwähnt, dass du Bürgermeister von Wynette bist ... und außerdem natürlich auch der Schutzpatron der Stadt.«
Er wirkte weder beleidigt noch geschmeichelt oder erstaunt über Megs Stichelei. »Lucy übertreibt.«
»Tue ich nicht«, widersprach Lucy. »Ich schwöre hoch und heilig, dass die Frau neben dem Schaukasten mit den Pokalen einen Knicks gemacht hat, als du vorbeigingst.«
Ted grinste, und Meg hielt die Luft an. Dieses lässige Grinsen verlieh ihm einen gefährlich jungenhaften Ausdruck, den Meg ihm nicht eine Sekunde lang abkaufte. Jetzt stieg sie voll ein. »Lucy ist meine liebste Freundin - die Schwester, die ich mir immer gewünscht habe -, aber hast du eine Vorstellung davon, wie viele lästige Angewohnheiten sie hat?«
Lucy runzelte die Stirn, versucht allerdings nicht, dem Gespräch eine andere Richtung zu geben, was Bände sprach.
»Verglichen mit meinen Schwächen sind ihre gering.« Seine Augenbrauen waren dunkler als sein Haar, aber seine Wimpern waren bleich mit goldenen Spitzen, als hätte er sie in Sterne getaucht.
Meg rückte näher an ihn heran. »Und welche Schwächen sind das genau? «
Lucy schien an seiner Antwort genauso interessiert zu sein wie Meg selbst.
»Ich bin oft ein wenig naiv«, sagte er. »So habe ich mich beispielsweise auf das Bürgermeisteramt eingelassen, obwohl ich es gar nicht haben wollte.«
»Dann willst du also bei den Leuten gut ankommen.« Meg gab sich keine Mühe, dies anders als eine Anschuldigung klingen zu lassen. Vielleicht konnte sie ihn ja aus der Reserve locken.
»Eigentlich geht es mir nicht darum, bei den Leuten gut anzukommen«, erwiderte er milde. »Ich war einfach überrascht, als mein Name auf dem Stimmzettel auftauchte. Doch damit hätte ich rechnen müssen. «
»Dir ist es schon wichtig, gut anzukommen«, warf Lucy zögernd ein. »Mir fällt niemand ein, bei dem du nicht einen Stein im Brett hast.«
Er gab ihr einen Kuss auf die Nase. Als wäre sie sein Haustier. »Solange ich bei dir einen Stein im Brett habe.«
Meg überschritt die Grenze höflicher Konversation. »Dann bist du also ein naiver Mensch, der den Leuten gefallen möchte. Was sonst? «
Ted verzog keine Miene. »Ich versuche, nicht langweilig zu sein, aber manchmal ereifere ich mich über Themen, die nicht von allgemeinem Interesse sind.«
»Fachidiot«, schloss Meg.
»Genau«, stimmte er ihr zu.
Übersetzung: Elfriede Peschel
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2011
by Blanvalet Verlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH.
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Autoren-Porträt von Susan Elizabeth Phillips
Susan Elizabeth Phillips lebt mit Mann und zwei Söhnen in der Nähe von Chicago.
Bibliographische Angaben
- Autor: Susan Elizabeth Phillips
- 2011, 2, 446 Seiten, Masse: 13,5 x 21,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzung: Peschel, Elfriede
- Übersetzer: Elfriede Peschel
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3764503971
- ISBN-13: 9783764503970
Rezension zu „Der schönste Fehler meines Lebens “
"Witzige Lektüre um die Wirrungen der Liebe."
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