Der Knochenbrecher / Detective Robert Hunter Bd.3
Thriller | Hart. Härter. Carter Die Psychothriller-Reihe mit Nervenkitzel pur
Der neue, knallharte Thriller vom Autor des "Kruzifix-Killer": Wenn es Nacht wird in Los Angeles, begibt er sich auf die Suche nach seinem nächsten Opfer. Denn er ist ein kaltblütiger Killer - und nur einer kann ihn aufhalten: Robert Hunter, Polizist und Profiler des LAPD.
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Produktinformationen zu „Der Knochenbrecher / Detective Robert Hunter Bd.3 “
Der neue, knallharte Thriller vom Autor des "Kruzifix-Killer": Wenn es Nacht wird in Los Angeles, begibt er sich auf die Suche nach seinem nächsten Opfer. Denn er ist ein kaltblütiger Killer - und nur einer kann ihn aufhalten: Robert Hunter, Polizist und Profiler des LAPD.
Klappentext zu „Der Knochenbrecher / Detective Robert Hunter Bd.3 “
Wenn es Nacht wird in Los Angeles gibt es einen Mann, der keinen Schlaf findet. Von Alpträumen geplagt, ist er auf der Suche nach seinem nächsten Opfer. Er ist ein kaltblütiger Killer. Nur einer kann ihn aufhalten: Robert Hunter - Polizist, Profiler, Held des LAPD. Er weiss, wo er suchen muss. Die Jagd hat längst begonnen. Schlaf schön, L.A.!Lese-Probe zu „Der Knochenbrecher / Detective Robert Hunter Bd.3 “
Der Knochenbrecher von Chris Carter1
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Dr. Jonathan Winston zog sich die Maske über Mund und Nase und warf einen Blick auf die Uhr des Sektionssaals Nummer 4 im Untergeschoss des Rechtsmedizinischen Instituts von Los Angeles. Es war achtzehn Uhr zwölf.
Vor ihm auf dem Stahltisch lag die Leiche einer nicht identifizierten Frau. Sie war Ende zwanzig bis Anfang dreißig, ihre schulterlangen schwarzen Haare klebten in nassen Strähnen am Tisch. Im Licht der OP-Lampe sah ihre bleiche Haut aus wie Gummi, beinahe als wäre sie nicht menschlich. Die Todesursache hatte am Fundort der Leiche nicht festgestellt werden können. Es gab kein Blut, keine Schuss- oder Stichverletzungen, keine Hämatome, keine Abschürfungen an Kopf oder Körper und keine Würgemale am Hals. Ihr Körper wies nicht eine einzige Verletzung auf - abgesehen davon, dass jemand ihr Mund und Vagina zugenäht hatte. Das dafür verwendete Garn war dick und steif, die Stiche waren unregelmäßig und ohne jede Sorgfalt ausgeführt.
»Sind wir dann so weit?«, wandte sich Dr. Winston an seinen jungen Sektionsassistenten Sean Hannay.
Dessen Blick war starr auf die zugenähten Lippen der Toten gerichtet. Aus irgendeinem Grund war er nervöser als sonst vor einer Obduktion.
»Sean, können wir anfangen?«
»Äh, ja, Doktor, tut mir leid.« Hannay sah zu Dr. Winston auf und nickte. »Es ist alles vorbereitet.« Er nahm seinen Platz rechts vom Tisch ein, während Dr. Winston das digitale Diktiergerät einschaltete, das er neben sich auf den Tresen gestellt hatte.
Er nannte Datum und Uhrzeit, die Namen der Anwesenden sowie das Aktenzeichen des Falls. Gemessen und gewogen war die Tote bereits, also konnte direkt mit der äußeren Leichenschau begonnen werden. Bevor er zum Skalpell griff, untersuchte Dr. Winston die Leiche gründlich, wobei er insbesondere nach körperlichen Merkmalen Ausschau hielt, die eventuell bei der Identifikation hilfreich sein konnten. Als sein Blick zu den Stichen am Unterleib des Opfers wanderte, stutzte er plötzlich und kniff die Augen zusammen.
»Einen Moment mal«, murmelte er, trat näher an die Tote heran und schob ihr behutsam die Beine auseinander. »Sean, geben Sie mir bitte mal die Taschenlampe.« Ohne aufzuschauen, streckte er dem Sektionsassistenten die Hand hin. Ein Ausdruck der Besorgnis trat in sein Gesicht.
»Stimmt was nicht?«, wollte Hannay wissen, während er Dr. Winston eine kleine Taschenlampe reichte.
»Ich weiß noch nicht genau.« Winston richtete den Strahl der Lampe auf die Stelle an der Leiche, die seine Aufmerksamkeit erregt hatte.
Hannay trat von einem Fuß auf den anderen.
»Für die Naht wurde kein chirurgischer Faden verwendet«, sagte Dr. Winston ins Diktiergerät. »Die Stiche sind dilettantisch und ungleichmäßig ausgeführt.« Er ging noch ein Stück dichter heran. »Außerdem sind die Abstände zwischen den einzelnen Stichen sehr groß, und ...« Er hielt inne und legte den Kopf schief. »... Das kann doch nicht sein.«
Hannay spürte, wie es ihm kalt den Rücken herunterlief. »Was ist denn?« Er trat näher.
Dr. Winston holte tief Luft, bevor er langsam den Kopf hob. »Ich glaube, der Täter hat ihr etwas in den Unterleib eingeführt.«
»Was?«
Dr. Winston sah noch einige Sekunden lang aufmerksam in den Strahl der Taschenlampe, dann hatte er Gewissheit. »Irgendwas in ihrem Körper reflektiert das Licht.«
Hannay beugte sich vor und folgte dem Blick des Rechtsmediziners. Es dauerte eine Weile, dann sah auch er es. »Verdammt, Sie haben recht. Das Licht wird tatsächlich reflektiert. Aber wovon?«
»Ich weiß es nicht, aber auf jeden Fall ist es groß genug, dass man es zwischen den Stichen hindurch sehen kann.«
Dr. Winston richtete sich auf und nahm einen kleinen metallenen Zeigestab vom Instrumententablett.
»Sean, halten Sie bitte das Licht für mich. So.« Er übergab dem jungen Assistenten die Taschenlampe und zeigte ihm, wohin er leuchten sollte. Dann beugte er sich vor und schob die Spitze des Stabs langsam zwischen zwei Stichen hindurch.
Hannay hielt die Taschenlampe ganz ruhig.
»Es ist irgendwas Metallisches«, verkündete Dr. Winston, der den Zeigestab benutzte, um das Objekt vorsichtig abzutasten. »Aber ich kann immer noch nicht genau sagen, was. Geben Sie mir Fadenschere und Pinzette, wären Sie so gut?«
Es dauerte nicht lange, bis er die Naht vollständig geöffnet hatte. Nach jedem Stich, den er durchtrennt hatte, zog er mit Hilfe der Pinzette ein Stück dicken schwarzen Faden aus dem Gewebe des Opfers und legte es in eine kleine Asservatendose aus Plastik.
»Wurde sie vergewaltigt?«, fragte Hannay.
»Im Vaginalbereich sind Abschürfungen und Hämatome zu erkennen, die von einer gewaltsamen Penetration herrühren könnten«, lautete Dr. Winstons Antwort, »allerdings könnten sie genauso gut beim Einführen des Gegenstands entstanden sein. Ich nehme ein paar Abstriche und schicke sie zusammen mit dem Faden ins Labor.« Er legte Schere und Pinzette auf das Tablett mit den bereits benutzten Instrumenten. »Dann wollen wir mal sehen, was der Täter uns hinterlassen hat.«
Hannays Körper spannte sich unwillkürlich an, als Winstons rechte Hand im Unterleib des Opfers verschwand. »Ich hatte recht. Es ist nicht gerade klein.«
Mehrere unangenehme Sekunden verstrichen.
»Die Form ist auch merkwürdig«, fuhr er fort. »Eckig, und an einer Seite hat es eine kleine Ausbuchtung.« Endlich bekam er den Gegenstand zu fassen. Als er ihn herauszog, war ein leises Klicken zu hören.
Hannay trat einen Schritt vor, um einen Blick darauf zu werfen.
»Metall, relativ schwer, sieht selbstgebaut aus ...«, stellte Dr. Winston fest, während er den Gegenstand in seiner Hand betrachtete. »Aber ich habe immer noch keine Ahnung, was ...« Mitten im Satz brach er plötzlich ab. Er spürte das Herz in seiner Brust wie wild schlagen. Seine Augen weiteten sich. »O mein Gott ...«
2
Detective Robert Hunter von der Abteilung für Mord und bewaffneten Raubüberfall des Los Angeles Police Department brauchte für die Fahrt vom Gericht in Hollywood bis zu der leerstehenden Fleischerei in East L. A. über zwei Stunden. Dass man ihn angepiept hatte, war schon mehr als vier Stunden her, aber das Verfahren, bei dem er als Zeuge geladen gewesen war, hatte sich länger als erwartet hingezogen.
Hunter war Teil einer handverlesenen Elite, wenngleich die meisten Polizisten in L. A. ihren rechten Arm dafür gegeben hätten, nicht dazuzugehören. Das Morddezernat I der Abteilung für Mord und bewaffneten Raubüberfall widmete sich ausschließlich Serienverbrechen, die stark im Fokus der Öffentlichkeit standen, sowie schweren Gewaltdelikten - Fällen also, deren Aufklärung spezielles Fachwissen und aufwendige Ermittlungen erforderte. Innerhalb des Dezernats kam Hunter eine ganz besondere Aufgabe zu: Da er einen Doktortitel in Kriminalpsychologie besaß, wurden ihm all jene Fälle anvertraut, in denen der Täter mit besonderer Brutalität vorgegangen war. Das Dezernat bezeichnete solche Fälle als UV - ultraviolent.
Die Fleischerei war das letzte in einer Reihe verlassener Ladenlokale. Die Gegend machte einen vernachlässigten, heruntergekommenen Eindruck. Hunter parkte seinen alten Buick neben dem weißen Lieferwagen der Spurensicherung. Beim Aussteigen musterte er das Gebäude. Sämtliche Fenster waren mit massiven Eisenplatten verbarrikadiert, und die Fassade wies so viele Graffiti auf, dass sich unmöglich feststellen ließ, welche Farbe sie ursprünglich einmal gehabt hatte.
Er ging auf den Officer zu, der am Eingang Wache hielt, zeigte ihm seine Dienstmarke und duckte sich unter dem gelben Flatterband hindurch. Der Officer nickte ihm zu, jedoch ohne ihn anzusehen.
Hunter stieß die Tür auf und trat ein.
Der Geruch, der ihm entgegenschlug, warf ihn fast um. Hunter musste würgen. Es war eine Mischung aus fauligem Fleisch, schalem Schweiß, Erbrochenem und Urin, die in seine Nase stach und in seinen Augen brannte. Er blieb kurz stehen, um sich den Kragen seines Hemds als provisorischen Atemschutz über Mund und Nase zu ziehen.
»Die hier sind besser«, sagte Carlos Garcia, der aus dem hinteren Raum auftauchte und Hunter einen medizinischen Mundschutz hinhielt. Er selbst trug auch einen.
Garcia war groß und schlank, hatte knapp schulterlanges dunkles Haar und hellblaue Augen. Der einzige Makel in seinem jungenhaft attraktiven Gesicht war der kleine Höcker auf seiner Nase, die er sich vor einiger Zeit gebrochen hatte. Im Gegensatz zu anderen Detectives in der Abteilung hatte Garcia ganz bewusst und zielstrebig auf eine Aufnahme ins Morddezernat I hingearbeitet. Er war seit mittlerweile drei Jahren Hunters Partner.
»Da hinten wird der Gestank noch schlimmer.« Garcia deutete mit einem Nicken auf die Tür, durch die er gerade gekommen war. »Wie war der Prozess?«
»Lang«, sagte Hunter nur, während er sich die Maske umband. »Was haben wir?«
Garcia legte den Kopf schief. »Was ziemlich Unschönes. Das Opfer ist eine weiße Frau, vielleicht Ende zwanzig oder Anfang dreißig. Sie wurde auf dem Fleischertisch da hinten gefunden.« Erneut zeigte er auf den hinteren Raum.
»Todesursache?«
Garcia schüttelte den Kopf. »Da müssen wir die Autopsie abwarten. Auf den ersten Blick lässt sich nichts erkennen. Aber jetzt kommt der Abschuss: Ihr wurden Lippen und Vagina zugenäht.«
»Was?«
Garcia nickte. »Genau. Richtig krank. Ich habe so was jedenfalls noch nicht gesehen.«
Unwillkürlich ging Hunters Blick zur Tür.
»Die Leiche ist schon weg«, fuhr Garcia fort, bevor Hunter die nächste Frage stellen konnte. »Dr. Winston war heute als Leichenbeschauer eingeteilt. Eigentlich wollte er, dass du die Leiche noch am Fundort zu sehen bekommst, aber irgendwann konnte er nicht länger warten. Die Hitze da drin hat die Fäulnis beschleunigt.«
»Wann wurde sie weggebracht?« Automatisch sah Hunter auf die Uhr.
»Vor ungefähr zwei Stunden. Wie ich den Doc kenne, hat er direkt mit der Obduktion angefangen. Er weiß ja, wie sehr du es hasst, dabei zu sein, deshalb bestand kein Grund, zu warten. Wenn wir hier fertig sind, hat er bestimmt schon ein paar Ergebnisse für uns.«
Hunters Handy klingelte. Er fischte es aus seiner Hosentasche und zog sich den Mundschutz herunter, so dass er ihm lose um den Hals hing. »Detective Hunter.«
Er lauschte ein paar Sekunden. »Was?« Als er zu Garcia herumfuhr, war sein Gesichtsausdruck wie verwandelt.
Dr. Jonathan Winston zog sich die Maske über Mund und Nase und warf einen Blick auf die Uhr des Sektionssaals Nummer 4 im Untergeschoss des Rechtsmedizinischen Instituts von Los Angeles. Es war achtzehn Uhr zwölf.
Vor ihm auf dem Stahltisch lag die Leiche einer nicht identifizierten Frau. Sie war Ende zwanzig bis Anfang dreißig, ihre schulterlangen schwarzen Haare klebten in nassen Strähnen am Tisch. Im Licht der OP-Lampe sah ihre bleiche Haut aus wie Gummi, beinahe als wäre sie nicht menschlich. Die Todesursache hatte am Fundort der Leiche nicht festgestellt werden können. Es gab kein Blut, keine Schuss- oder Stichverletzungen, keine Hämatome, keine Abschürfungen an Kopf oder Körper und keine Würgemale am Hals. Ihr Körper wies nicht eine einzige Verletzung auf - abgesehen davon, dass jemand ihr Mund und Vagina zugenäht hatte. Das dafür verwendete Garn war dick und steif, die Stiche waren unregelmäßig und ohne jede Sorgfalt ausgeführt.
»Sind wir dann so weit?«, wandte sich Dr. Winston an seinen jungen Sektionsassistenten Sean Hannay.
Dessen Blick war starr auf die zugenähten Lippen der Toten gerichtet. Aus irgendeinem Grund war er nervöser als sonst vor einer Obduktion.
»Sean, können wir anfangen?«
»Äh, ja, Doktor, tut mir leid.« Hannay sah zu Dr. Winston auf und nickte. »Es ist alles vorbereitet.« Er nahm seinen Platz rechts vom Tisch ein, während Dr. Winston das digitale Diktiergerät einschaltete, das er neben sich auf den Tresen gestellt hatte.
Er nannte Datum und Uhrzeit, die Namen der Anwesenden sowie das Aktenzeichen des Falls. Gemessen und gewogen war die Tote bereits, also konnte direkt mit der äußeren Leichenschau begonnen werden. Bevor er zum Skalpell griff, untersuchte Dr. Winston die Leiche gründlich, wobei er insbesondere nach körperlichen Merkmalen Ausschau hielt, die eventuell bei der Identifikation hilfreich sein konnten. Als sein Blick zu den Stichen am Unterleib des Opfers wanderte, stutzte er plötzlich und kniff die Augen zusammen.
»Einen Moment mal«, murmelte er, trat näher an die Tote heran und schob ihr behutsam die Beine auseinander. »Sean, geben Sie mir bitte mal die Taschenlampe.« Ohne aufzuschauen, streckte er dem Sektionsassistenten die Hand hin. Ein Ausdruck der Besorgnis trat in sein Gesicht.
»Stimmt was nicht?«, wollte Hannay wissen, während er Dr. Winston eine kleine Taschenlampe reichte.
»Ich weiß noch nicht genau.« Winston richtete den Strahl der Lampe auf die Stelle an der Leiche, die seine Aufmerksamkeit erregt hatte.
Hannay trat von einem Fuß auf den anderen.
»Für die Naht wurde kein chirurgischer Faden verwendet«, sagte Dr. Winston ins Diktiergerät. »Die Stiche sind dilettantisch und ungleichmäßig ausgeführt.« Er ging noch ein Stück dichter heran. »Außerdem sind die Abstände zwischen den einzelnen Stichen sehr groß, und ...« Er hielt inne und legte den Kopf schief. »... Das kann doch nicht sein.«
Hannay spürte, wie es ihm kalt den Rücken herunterlief. »Was ist denn?« Er trat näher.
Dr. Winston holte tief Luft, bevor er langsam den Kopf hob. »Ich glaube, der Täter hat ihr etwas in den Unterleib eingeführt.«
»Was?«
Dr. Winston sah noch einige Sekunden lang aufmerksam in den Strahl der Taschenlampe, dann hatte er Gewissheit. »Irgendwas in ihrem Körper reflektiert das Licht.«
Hannay beugte sich vor und folgte dem Blick des Rechtsmediziners. Es dauerte eine Weile, dann sah auch er es. »Verdammt, Sie haben recht. Das Licht wird tatsächlich reflektiert. Aber wovon?«
»Ich weiß es nicht, aber auf jeden Fall ist es groß genug, dass man es zwischen den Stichen hindurch sehen kann.«
Dr. Winston richtete sich auf und nahm einen kleinen metallenen Zeigestab vom Instrumententablett.
»Sean, halten Sie bitte das Licht für mich. So.« Er übergab dem jungen Assistenten die Taschenlampe und zeigte ihm, wohin er leuchten sollte. Dann beugte er sich vor und schob die Spitze des Stabs langsam zwischen zwei Stichen hindurch.
Hannay hielt die Taschenlampe ganz ruhig.
»Es ist irgendwas Metallisches«, verkündete Dr. Winston, der den Zeigestab benutzte, um das Objekt vorsichtig abzutasten. »Aber ich kann immer noch nicht genau sagen, was. Geben Sie mir Fadenschere und Pinzette, wären Sie so gut?«
Es dauerte nicht lange, bis er die Naht vollständig geöffnet hatte. Nach jedem Stich, den er durchtrennt hatte, zog er mit Hilfe der Pinzette ein Stück dicken schwarzen Faden aus dem Gewebe des Opfers und legte es in eine kleine Asservatendose aus Plastik.
»Wurde sie vergewaltigt?«, fragte Hannay.
»Im Vaginalbereich sind Abschürfungen und Hämatome zu erkennen, die von einer gewaltsamen Penetration herrühren könnten«, lautete Dr. Winstons Antwort, »allerdings könnten sie genauso gut beim Einführen des Gegenstands entstanden sein. Ich nehme ein paar Abstriche und schicke sie zusammen mit dem Faden ins Labor.« Er legte Schere und Pinzette auf das Tablett mit den bereits benutzten Instrumenten. »Dann wollen wir mal sehen, was der Täter uns hinterlassen hat.«
Hannays Körper spannte sich unwillkürlich an, als Winstons rechte Hand im Unterleib des Opfers verschwand. »Ich hatte recht. Es ist nicht gerade klein.«
Mehrere unangenehme Sekunden verstrichen.
»Die Form ist auch merkwürdig«, fuhr er fort. »Eckig, und an einer Seite hat es eine kleine Ausbuchtung.« Endlich bekam er den Gegenstand zu fassen. Als er ihn herauszog, war ein leises Klicken zu hören.
Hannay trat einen Schritt vor, um einen Blick darauf zu werfen.
»Metall, relativ schwer, sieht selbstgebaut aus ...«, stellte Dr. Winston fest, während er den Gegenstand in seiner Hand betrachtete. »Aber ich habe immer noch keine Ahnung, was ...« Mitten im Satz brach er plötzlich ab. Er spürte das Herz in seiner Brust wie wild schlagen. Seine Augen weiteten sich. »O mein Gott ...«
2
Detective Robert Hunter von der Abteilung für Mord und bewaffneten Raubüberfall des Los Angeles Police Department brauchte für die Fahrt vom Gericht in Hollywood bis zu der leerstehenden Fleischerei in East L. A. über zwei Stunden. Dass man ihn angepiept hatte, war schon mehr als vier Stunden her, aber das Verfahren, bei dem er als Zeuge geladen gewesen war, hatte sich länger als erwartet hingezogen.
Hunter war Teil einer handverlesenen Elite, wenngleich die meisten Polizisten in L. A. ihren rechten Arm dafür gegeben hätten, nicht dazuzugehören. Das Morddezernat I der Abteilung für Mord und bewaffneten Raubüberfall widmete sich ausschließlich Serienverbrechen, die stark im Fokus der Öffentlichkeit standen, sowie schweren Gewaltdelikten - Fällen also, deren Aufklärung spezielles Fachwissen und aufwendige Ermittlungen erforderte. Innerhalb des Dezernats kam Hunter eine ganz besondere Aufgabe zu: Da er einen Doktortitel in Kriminalpsychologie besaß, wurden ihm all jene Fälle anvertraut, in denen der Täter mit besonderer Brutalität vorgegangen war. Das Dezernat bezeichnete solche Fälle als UV - ultraviolent.
Die Fleischerei war das letzte in einer Reihe verlassener Ladenlokale. Die Gegend machte einen vernachlässigten, heruntergekommenen Eindruck. Hunter parkte seinen alten Buick neben dem weißen Lieferwagen der Spurensicherung. Beim Aussteigen musterte er das Gebäude. Sämtliche Fenster waren mit massiven Eisenplatten verbarrikadiert, und die Fassade wies so viele Graffiti auf, dass sich unmöglich feststellen ließ, welche Farbe sie ursprünglich einmal gehabt hatte.
Er ging auf den Officer zu, der am Eingang Wache hielt, zeigte ihm seine Dienstmarke und duckte sich unter dem gelben Flatterband hindurch. Der Officer nickte ihm zu, jedoch ohne ihn anzusehen.
Hunter stieß die Tür auf und trat ein.
Der Geruch, der ihm entgegenschlug, warf ihn fast um. Hunter musste würgen. Es war eine Mischung aus fauligem Fleisch, schalem Schweiß, Erbrochenem und Urin, die in seine Nase stach und in seinen Augen brannte. Er blieb kurz stehen, um sich den Kragen seines Hemds als provisorischen Atemschutz über Mund und Nase zu ziehen.
»Die hier sind besser«, sagte Carlos Garcia, der aus dem hinteren Raum auftauchte und Hunter einen medizinischen Mundschutz hinhielt. Er selbst trug auch einen.
Garcia war groß und schlank, hatte knapp schulterlanges dunkles Haar und hellblaue Augen. Der einzige Makel in seinem jungenhaft attraktiven Gesicht war der kleine Höcker auf seiner Nase, die er sich vor einiger Zeit gebrochen hatte. Im Gegensatz zu anderen Detectives in der Abteilung hatte Garcia ganz bewusst und zielstrebig auf eine Aufnahme ins Morddezernat I hingearbeitet. Er war seit mittlerweile drei Jahren Hunters Partner.
»Da hinten wird der Gestank noch schlimmer.« Garcia deutete mit einem Nicken auf die Tür, durch die er gerade gekommen war. »Wie war der Prozess?«
»Lang«, sagte Hunter nur, während er sich die Maske umband. »Was haben wir?«
Garcia legte den Kopf schief. »Was ziemlich Unschönes. Das Opfer ist eine weiße Frau, vielleicht Ende zwanzig oder Anfang dreißig. Sie wurde auf dem Fleischertisch da hinten gefunden.« Erneut zeigte er auf den hinteren Raum.
»Todesursache?«
Garcia schüttelte den Kopf. »Da müssen wir die Autopsie abwarten. Auf den ersten Blick lässt sich nichts erkennen. Aber jetzt kommt der Abschuss: Ihr wurden Lippen und Vagina zugenäht.«
»Was?«
Garcia nickte. »Genau. Richtig krank. Ich habe so was jedenfalls noch nicht gesehen.«
Unwillkürlich ging Hunters Blick zur Tür.
»Die Leiche ist schon weg«, fuhr Garcia fort, bevor Hunter die nächste Frage stellen konnte. »Dr. Winston war heute als Leichenbeschauer eingeteilt. Eigentlich wollte er, dass du die Leiche noch am Fundort zu sehen bekommst, aber irgendwann konnte er nicht länger warten. Die Hitze da drin hat die Fäulnis beschleunigt.«
»Wann wurde sie weggebracht?« Automatisch sah Hunter auf die Uhr.
»Vor ungefähr zwei Stunden. Wie ich den Doc kenne, hat er direkt mit der Obduktion angefangen. Er weiß ja, wie sehr du es hasst, dabei zu sein, deshalb bestand kein Grund, zu warten. Wenn wir hier fertig sind, hat er bestimmt schon ein paar Ergebnisse für uns.«
Hunters Handy klingelte. Er fischte es aus seiner Hosentasche und zog sich den Mundschutz herunter, so dass er ihm lose um den Hals hing. »Detective Hunter.«
Er lauschte ein paar Sekunden. »Was?« Als er zu Garcia herumfuhr, war sein Gesichtsausdruck wie verwandelt.
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Autoren-Porträt von Chris Carter
Chris Carter wurde 1965 in Brasilien als Sohn italienischer Einwanderer geboren. Er studierte in Michigan forensische Psychologie und arbeitete sechs Jahre lang als Kriminalpsychologe für die Staatsanwaltschaft. Dann zog er nach Los Angeles, wo er als Musiker Karriere machte. Mittlerweile lebt Chris Carter als Vollzeit-Autor in London. Seine Thriller um Profiler Robert Hunter sind allesamt Bestseller.Sybille Uplegger studierte englische und amerikanische Literaturwissenschaft und Philosophie in Bamberg und Seattle, ehe sie nach Berlin zog, um dort als freie Übersetzerin zu arbeiten. In ihrer Freizeit erkundet die sportbegeisterte Mutter eines Sohnes verschiedene Laufstrecken rund um die Hauptstadt oder ist mit ihrem Bogen auf dem Schiessplatz anzutreffen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Chris Carter
- 2012, 18. Aufl., 416 Seiten, Masse: 12 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Sybille Uplegger
- Übersetzer: Sybille Uplegger
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 3548284213
- ISBN-13: 9783548284217
- Erscheinungsdatum: 14.05.2012
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